Kakao und O-Saft

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Ablenken klappt mehr schlecht als recht, realisiere ich in den darauffolgenden Wochen. Auf Arbeit erledige ich meine Aufgaben wie gewohnt, und doch teilt David mir irgendwann mit, dass es für ihn und die anderen ist, als säße an meiner Stelle eine lebende Leiche im Büro. Als Marcello mich wenig später zu sich rufen lässt, ahne ich Schlimmes, aber anscheinend habe ich meinen Chef falsch eingeschätzt. Auf dem Couchtisch in seinem Büro steht ein Tablett mit zwei Tassen Kakao und er bedeutet mir mit einem Kopfnicken, mich hinzusetzen.
"Ich bin hier gleich fertig. Koste schon mal die heiße Schokolade vor." Er lächelt, während er mich auffordert und ich bin so verwundert darüber, dass ich mich bloß stumm aufs Sofa zubewege. Bei Universal hätte es diese Wellness-Sonderbehandlung nie gegeben.
"Iara", beginnt er, als er sich zu mir setzt. "Ich bin dein Chef und wenn du nicht mit mir darüber reden möchtest, weil dir das unangenehm ist, musst du das nicht tun: Aber vielleicht willst du mir erzählen, was in letzter Zeit privat so bei dir los ist." Ich zeichne das psychedelische Blumenmuster in Pink und Grün auf meiner Tasse mit dem Nagel meines Zeigefingers nach und beiße mir auf die Zunge, bis es wehtut und ich aufhören muss. Den Eisengeschmack spüle ich mit einem Schluck Kakao weg.
"Mein Freund leidet unter Depressionen", öffne ich mich schließlich. "Er ist zurzeit ein seelisches Wrack und das setzt mir zu." Marcello nickt bedächtig.
"Das verstehe ich."
"Sein Zustand beeinflusst mich stark emotional", fahre ich mit neu gefasstem Mut fort. "Ich kann nicht einschätzen, ob ich momentan autark funktioniere."
"Dann übernehme ich diese Einschätzung für dich, wenn du erlaubst." Mit einem Nicken stimmte ich zu. "Dafür, dass du dermaßen unter Druck stehst, leistest du verdammt gute Arbeit. Du bist 'ne Kämpferin, Iara, eine wirklich starke Frau. Und ich danke Gott jeden Tag dafür, dass ich dich in unser Team geholt habe."
"Jetzt übertreibst du aber", lächle ich gerührt.
"Kein Stück", erwidert er. "Ich war früher schon mal in 'ner ähnlichen Situation, und ich habe mein Herz komplett ausgeschaltet auf Arbeit. Das machst du auch, ich merke das. Deswegen will ich dich warnen. Auf Dauer geht das nicht gut. Wichtig ist jetzt vor allem, dass du ihm weiter offen entgegen trittst, und wenn er sich noch so sehr vor dir verschließt. Wenn er dich liebt und stark genug ist, dann taut er bald auf und vertraut sich dir Stück für Stück an." Marcello trinkt selbst einen Schluck Kakao. "Aber wenn nicht, dann ist er nicht der Richtige für dich, Kleine; egal, wie sehr du ihn liebst."

Stunden später im Bunker spuken mir Marcellos Worte noch immer im Kopf herum. Ich muss wohl die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass meine Beziehung in die Brüche gehen könnte. Ich muss mich tatsächlich mit dem Gedanken anfreunden, dass Tua vielleicht nicht der Mensch ist, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen werde.
"Wo hast du deine bessere Hälfte gelassen?"
"Du meinst meine schlechtere Hälfte", korrigiere ich Maurice niedergeschlagen, der vor mir aufgetaucht ist und auf mich runterblickt. Er kann ja nichts dafür, dass er ein verdammter Riese ist, aber gerade ertrage ich es nicht, wie unterlegen ich mich ihm fühle, allein durch unseren Größenunterschied. Ich schiebe mich an ihm vorbei, schleife ihn aber am Stoff seines Pullovers hinter mir her.
"Wieso lästerst du über Tua? Das ist gemein, Iara, und das weißt du ganz genau. So haben wir dich nicht erzogen", fügt er am Ende noch hinzu. Ich atme angespannt aus, ringe um meine Beherrschung.
"So meinte ich das nicht, und du hast recht", seufze ich. "Es geht ihm beschissen, deswegen ist er nicht hier, das wollte ich damit ausdrücken."
"Was macht er zu Hause?", fragt Maurice mich ernst.
"Er sagt, er macht Musik, aber vielleicht kifft er auch, keine Ahnung."
"Aber du hast ihn gefragt?" Ich nicke, weiche der Wodkaflasche aus und greife stattdessen nach dem O-Saft. "Gut", lobt Maurice mich.
"Es ist eine bescheuerte Frage, ich hätte was ganz anderes fragen sollen. Ich meine, was spielt es für eine Rolle, was er tut? Außerdem kann er mich immer anlügen, wenn er will", ächze ich dennoch. Wir fallen auf eine freie Couch. Um uns herum herrscht geschäftiges Treiben. Die Jungs von FIA haben zur Party geladen, aber es ist noch früh am Abend, so viele Leute sind noch gar nicht hier. Die, die da sind, amüsieren sich aber natürlich prächtig. Tarik und Jenn knutschen rum, Lea unterhält sich mit Sinan. Unwillkürlich muss ich daran denken, dass sie mal was miteinenader hatten, ehe sie und Maurice damals zusammenkamen. Ich nicke mit dem Kopf in ihre Richtung. "Meinst du Lea würde nochmal was mit Sinan anfangen?"
"Nee. Sie hat was mit SA4."
"Hat sie dir das gesagt?"
"Weiß ich einfach. Erzählt man sich so."
"Stört's dich?" Maurice legt die Stirn in Falten.
"Keine Ahnung, wir haben uns getrennt, obwohl wir uns lieben. Manchmal, wenn ich drüber nachdenke, hört sich das dumm an. Aber dann kommen die Erinnerungen daran hoch, dass wir uns gegenseitig nicht mehr so richtig glücklich gemacht haben. Auch nicht unglücklich, trotzdem. Es gab keine wirklich guten Gründe mehr, diese Beziehung fortzusetzen. Jetzt vögelt sie SA4 und Kris war auf Arbeit dumm genug sich auf 'ne zweite Runde mit mir einzulassen - und ich garantiere dir, Lea und ich, wir genießen unser Leben, aber der Scheiß erfüllt uns beide auch nicht lange." Er sieht mir in die Augen. "Tarik hat erzählt, dass das mit Tua deine Nerven wohl extrem auf die Probe stellt. Glaub mir, sowas würde jeden überfordern. Du bist nicht allein, Iara, vergiss das nicht. Er will auch nicht, dass eure Beziehung sich beschissen anfühlt."
"Maurice ..." Ich drehe die Limoflasche, die ich auf meinem Knie abgestellt habe. "Ich kann dir doch alles sagen, oder?"
"Immer raus damit."
"Wir sehen uns ja momentan nur einmal die Woche, und ich weiß nicht, ob ich zufrieden damit bin."
"Vermisst du ihn?" Ich nicke, presse die Lippen aufeinander.
"Es ist total seltsam, immer wenn wir jetzt zusammen sind, ist es, als wären wir in diesem Mikro-Kosmos in dem alles genau so ist, wie es sein soll. Tua wirkt dann oft ... Na ja, halt nicht krank, verstehst du?"
"Du hast Angst, dass er dir was vormacht", stellt Maurice fest.
"Es fühlt sich an, als wären wir zwei Fremde, die richtig geilen Sex miteinander haben." Maurice gibt ein Würgegeräusch von sich und ich strafe ihn mit eisigen Blicken. Er verstummt sofort. "Ich habe das Gefühl, dass er mir entgleitet. Unsere Leben verlaufen parallel, aber das ist nicht das, was ich in meiner Beziehung möchte und er genauso wenig."
"Okay, was ich dir gleich sage, ist sehr wichtig für dich, also hör mir gut zu." Maurice sieht mir eindringlich in die Augen. "Es ist keine Schande, sich von jemandem zu trennen, den man liebt."
"Sagst du das jetzt zu mir oder zu dir selbst, Maurice?", frage ich monoton.
"Ich mein's ernst, Iara. Ihr seid kein Traumpaar, das wart ihr nie. Euch war das immer bewusst. Gott, verdamm mich, du warst Praktikantin bei Universal und er fand dich geil. Erinnerst du dich nicht mehr, wie's am Anfang zwischen euch war? Ihr wart 'ne Katastrophe damals, und irgendwie seid ihr das immer noch. Warum versuchst du eurer Beziehung auf einmal ein Image überzustülpen, das gar nicht zu euch passt?"

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