Das Leben, an mir vorbei es zieht,
es ist, als ob die Zeit vor mir flieht,
ein Rennen, ein Graus,
wie Katz′ und Maus.

Mein Weinen scheint einem Fauchen zu gleichen,
die Ruhe der Zeit der Angst zu weichen,
und so läuft sie weiter,
zieht mich weiter und weiter,
sie ist das Pferd und ich bin der Reiter.

Doch längst hab ich die Kontrolle verloren,
muss in der Asche vergangner Zeit schmoren,
und muss Träume verdrängen,
um der Zeit nachzurennen.

Eine Stunde damals ist nun ein ganzer Tag,
kein Wunder, dass kaum noch was kommen mag,
keine Überraschungen, kein Leben im Moment,
wenn die Zeit nie steht und nur immerzu vorwärtsrennt.

Was war gestern, was war heute?
Welche Momente, welche Leute?
Welches Glück, welche Trauer?
Nun bau ich wieder eine Mauer.

Was doch gerade eben war,
ist in Erinnerung ganz rar,
ist Tage, Wochen schon längst her,
das zu glauben, ist so schwer.

Mein Leben zieht an mir vorbei,
warum lässt die Zeit nicht frei,
was ihr doch nie gehört hat,
wieso bleibt alles so matt?

Ich hab das Gefühl, nicht leben zu können,
weil alles so schnell geht,
aber gleicher Wind weht,
dennoch und immerzu, ohne was ändern zu können.

»Genieß′ dein Leben, wenn du jung bist«,
aber wie, wenn Zeit alles Leben frisst,
wie, wenn Menschen kommen und gehen,
ohne sie wirklich zu verstehen,
aber dennoch alles beim Alten bleibt,
der Gang der Zeit mir Tränen in die Augen treibt.

Wie soll ich die Seele baumeln lassen,
wenn Zeit und Hektik jetzt nach mir fassen?
Wie, wenn die Zeit mir den Atem raubt,
und der Beginn jedes Monats mich umhaut?

Wie, wenn ich das Gefühl habe, nichts zu schaffen,
weil die flinke, tickende Maus fast umkommt vor Lachen?
Wie, wenn alle Träume nichtig werden,
selbst Tagträume durch Mangel an Zeit absterben?

Wie, wenn Tage wie Stunden vergehen,
alle einzelnen Atome in mir aber nach Freiheit sich sehnen?
Ich will doch nur den Fängen der Zeit entkommen,
nur eine Weile, bis ich schreiend zugeben kann:
»Ja, verdammt. Zeit, du hast gewonnen!«

08. August 2019