Bonus: Anna √

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Anna - Gegenwart

Es ist wohl zu viel des Guten zu erwarten, dass alles auf Anhieb funktioniert. Allein die Tatsache, dass ich öfter mit Aella Taysten, dem Mädchen, das mein Untergang hätte sein sollen, in einem Raum saß, um über ein Buch zu sprechen, war absurd.

Wir hatten sozusagen mehrere Versuche hinter uns und jedes Mal stapfte Aella genervt aus meinem Zimmer, nachdem sie kapitelweise das Gelesene kommentiert hatte. Ich dachte beim ersten Mal, sie würde das Interesse verlieren, und teilweise war das auch so. Aber seltsamerweise kam sie immer wieder zurück.

Sie war wohl nicht die Person, die schnell aufgab. Genauso wenig dachte ich, dass sie der Mensch war, der so unglaublich bescheuerte Fragen stellen konnte, auf die ich einfach keine Antwort fand.

»Ich verstehe das nicht; er hat einen Tierschwanz am Hintern. Werden die Hosen speziell mit einem Loch genäht oder wird es später hineingeschnitten?«, wollte sie von mir wissen, obwohl ich nicht einmal einer der Autoren von ›The Cruel Prince‹ war. Von all den Dingen, die dort passierten, war ausgerechnet dieses Thema das, was sie beschäftigte. Ich glaube, ich drehe durch.

»Ich weiß es nicht«, sagte ich. Mit gerunzelten Augenbrauen musterte sie mich mit einem durchdringenden Blick. Ihre Augen waren unterschiedlichfarbig und anfangs hatte ich Angst davor. Aber mittlerweile schien ich mich an sie gewöhnt zu haben. Sie wirkten nicht mehr so kalt wie bei unserem ersten Treffen.

»Du hast es doch mehrmals gelesen, warum hast du keine Antwort darauf?« Weil ich mir keine Gedanken über den Tierschwanz von Cardan mache, sondern wie er Jude für sich gewinnt.

»Ich habe es nicht deswegen gelesen.«

Mit ungläubigem Blick lehnte sie sich zurück, während sie auf dem Teppich saß. Hinter ihr befanden sich mein Bettgestell und ein rundes, orangefarbenes Kissen.

»Das wird wohl ein Rätsel bleiben. Ob er diesen Tierschwanz in seine Hose steckt? Tut das nicht weh oder läuft er frei damit herum? Stand da etwas davon? Habe ich das überlesen?«, fragte sie sich selbst nachdenklich.

Ich betrachtete Aella gegenüber von mir. Sie wirkte so durchschnittlich auf mich. Immer normaler und menschlicher, als ich anfangs von ihr gedacht hatte.

»Ich glaube, du bist die Einzige, die sich diese Fragen stellt«, rutschte es aus mir heraus. Aella fuhr hoch und ich dachte, sie würde mir eine Ohrfeige geben. Eigentlich hatte sie das noch nie getan. Aber ihre früheren Drohungen hatten dennoch Spuren hinterlassen. Es war einfach diese Ausstrahlung an ihr, die einem das Blut gefrieren ließ. Vielleicht kannte ich sie aber immer noch nicht richtig, selbst nach all der vergangenen Zeit.

»Findest du?«

Was? Meint sie das gerade ernst?

»Willst du mich veralbern?«, wollte ich ungläubig von ihr wissen, was hier los war. Statt verärgert zu sein, grinste Aella mich an. Bei ihr ist definitiv eine Schraube locker.

»Nein, ich stelle einfach berechtigte Fragen. Sagen wir mal, dieser Tierschwanz wird über den Winter buschig, verliert er dann Fell, wenn es wärmer wird? Würdest du das nicht wissen wollen?«

Verwirrt von ihrer Fixierung starrte ich sie einfach nur an. Ich hätte erwartet, dass wir über die Handlung, Romantik oder fantastische Inhalte sprachen, aber nicht über einen...Tierschwanz.

Es wurde an meine Tür geklopft und ich bat die Person herein. Es war Rose.

»Stör ich gerade?«, fragte sie und zuckte zusammen, als sie Aella bemerkte. Ich bat sie schnell hinein und sie schloss zügig die Tür hinter sich.

»Gut, dass du da bist, Rose. Ich hätte da mal eine Frage an dich...«, fing die beängstigende Person im Raum an zu sprechen. Allmählich bekam ich Kopfschmerzen von ihr. Dass das möglich wäre, hätte ich genauso wenig gedacht.

Unsicher, was vorging, nahm Rose auf dem Boden Platz und wurde von Aella auf verdrehte Weise über das Buch aufgeklärt. Dann stellte sie auch ihr die Fragen.

Der neu hinzugekommene Mitglied des eigentlich nicht existierenden Buchclubs grübelte tatsächlich darüber nach und langsam verlor ich meinen gesunden Menschenverstand. Das alles hatte ich mir definitiv anders vorgestellt.

»Es macht schon Sinn, Antworten zu bekommen. Normalerweise hätte ich die Dinge einfach hingenommen und weitergelesen, aber jetzt frage ich mich auch, wie das aussehen könnte«, meinte Rose. Aella stieß sie zufrieden an. »Siehst du, wenn man logisch darüber nachdenkt, bekommt man Fragezeichen... Denkst du, er kann Kunststücke mit dem Tierschwanz machen, eine Tasche damit halten oder ihn wie eine Peitsche nutzen?«

Meine neue Freundin begann tatsächlich über die Fragen meiner alten, nicht wirklichen Peinigerin nachzudenken. Langsam verlor ich die Beherrschung.

»Es reicht! Seit Wochen kommen wir nicht voran, weil dir solche bescheuerten Ideen in den Sinn kommen. Es ist einfach unerträglich«, stieß ich keuchend aus. Meine Nervengrenze wurde erreicht.

Aella setzte sich ordentlich hin. Sowohl Rosa als auch sie starrten mich an.

»Ja, das ist in Ordnung, bleib ruhig. Ich dachte, bei einem Buchclub oder was auch immer dies für ein Treffen sein soll, tauscht man sich aus«, sagte das dunkelhaarige Mädchen erst ganz nüchtern, begann aber dann zu lachen. Auch Rose brach in Gelächter aus.

Was geht hier vor? Was soll das alles?

Aufgebracht stand ich auf und warf mein Buch auf mein Bett. Sofort bereute ich es und untersuchte es auf mögliche Schäden wie einen Patienten. Zum Glück war nichts zu sehen.

Erleichtert atmete ich auf.

»Anna, du hast total die Kontrolle über dich verloren. Seit wann wirfst du deine lieben Bücher durch die Gegend? Bringe ich dich etwa so in den Wahnsinn?«, japste Aella amüsiert. Rose wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, die vom Lachanfall kamen. Ich prustete los.

»Das ist echt nicht lustig«, schnaufte ich und räumte mein Buch ordentlich ins Regal. »Doch, ist es«, gluckste meine Freundin, während sie sich das Gesicht säuberte.

»Es ist schon irgendwie witzig, wie du diese Gespräche hier wolltest, aber es passt dir nicht, worüber gesprochen wird. Ich nehme an, dass ich anders lese als du. Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich so denke wie du. Wenn du das möchtest, kannst du gleich mit dem Spiegel reden«, kicherte Aella und stand auf.

Ich verzog den Mund, weil sie recht hatte. Zuvor hatte ich einen gewissen Eindruck von ihr, den ich nicht loswerden konnte, und jetzt stand ich hier und forderte meine Gesprächsthemen, anstatt auch andere in Betracht zu ziehen.

Ich setzte mich hin, nachdem ich mich abgeregt hatte. Aella nahm es als eine Art Einladung wahr, sich uns anzuschließen. Nun waren wir schon zu dritt in dieser seltsamen Konstellation.

»Gut, der Tierschwanz ist ein Gesprächsthema. Erwarte jedoch nicht von mir, dass ich vernünftige Antworten dazu geben kann. Das Buch bietet keine genauen Hinweise dazu. Dafür möchte ich aber auch über meine Themenpunkte sprechen, wie zum Beispiel die Magie.«

Aella wurde hellhörig und lächelte. »Meinetwegen. Aber dazu habe ich keine Ahnung, da kenne ich jemanden, die Flüche und andere Dinge in der Realität ernst nimmt.«

Noch bevor ich mich versah, telefonierte sie bereits und fünf Minuten später stand Aellas Freundin Brea vor meiner Tür. In ihrer Hand hielt sie Tarotkarten und ein Büchlein.

»Wenn das ein Buchclub ist, muss ich aus dem Tagebuch den Skandal vorlesen. Es handelt von Verrat, Affären und Mord. Also die perfekte Geschichte«, stammelte die Freundin von Aella mit den kringeligen Haaren aufgeregt.

Nun, damit habe ich erst recht nicht gerechnet.

Brea stieß Aella an, um Platz zu machen, und öffnete bereits das Tagebuch. Der Roman und das absurde Thema zuvor gerieten in den Hintergrund. Ich hätte nicht gedacht, dass es mich plötzlich nicht stören würde. Im Gegenteil, ich freute mich wirklich über diese komplizierte und dennoch ungezwungene Zusammenfügung.


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