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Wenn Paule im Schwarzeichenwald unterwegs ist, dann nur, um nach Stinkmorcheln zu suchen, aus denen Oma Canusa eine leckere Suppe kocht oder um sich mit einem der Nacktkobolde zu treffen und ihnen No-Wer gegen Bargeld auszuhändigen. Bisher hat er mordsmäßiges Glück gehabt, jedes Mal heil wieder nach Hause gekommen zu sein. Heute jedoch hat er Pech und Luna gleich mit. Sie waren zu laut, haben zu lebhaft gequasselt.

Die Baumkraxler sind groß wie Schäferhunde, schwarz geschuppt und sehen aus wie Säuglinge, die auf allen Vieren über den Waldboden krabbeln. In Dunkelfurts Tierpark sehen sie harmlos aus. Mit Beruhigungspillen vollgepumpt hocken sie in ihren Käfigen und lassen sich mit Blutkonfekt füttern, das man für zwei Kupfertaler am Eingang bekommt. Hier jedoch, in ihrem natürlichen Lebensraum sind es furchtbare Kreaturen, die alles zwicken, zwacken und vernaschen, was sich bewegt und in dessen Adern Blut fließt.

Luna kreischt und hört sich so gar nicht mehr nach Luna an.

„Paule! Lauf! Hinter dir!"

Paule blickt sich nicht um, er ist doch nicht blöd! Er rennt hinter die nächstbeste Eiche und schmeißt sich auf den Boden, schaufelt noch ein paar Handvoll Laub auf sich, macht sich steif wie ein Brett und und bleibt ganz ruhig liegen.

„Auf den Boden legen, Luna! Auf den Boden!"

Doch Luna scheint ihn nicht zu hören oder sie will ihn nicht hören. Die Baumkraxler krauchen an Paule vorbei, drehen sich nicht mal nach ihm um, und flitzen hinter der leckersüßen Luna her. Paule hebt vorsichtig den Kopf. Er kann Luna nicht mehr sehen, doch er hört die Blutsauger mit den Kiefern klappern. Oh Luna, was machst du? Jetzt hört er sie wieder kreischen. Das Herz rutscht ihm in die Hose.

„Mein Notizbuch, ihr Scheißviecher, gebt mir mein Notizbuch wieder!"

Paule glaubt, sich verhört zu haben. Luna wird von den fiesesten Gestalten verfolgt, die diese Gegend zu bieten hat und sorgt sich um ihr Buch? Was steht da drin? Die Weltformel? Der Weg zum Heiligen Gral? Mädchen sind komisch. Was soll er tun? Liegen bleiben und hoffen, dass Luna sich irgendwie selber hilft oder aufspringen und den Baumkraxlern zeigen, was ein echter Schwarzrock ist? Es kämpft in Paule, er ist hin und hergerissen. Das schmerzt.

Eigentlich ist aber klar, was zu tun ist. Paule weiß nur nicht wie. Gerade als er sich hochwuchtet und sich das Laub von den Klamotten klopft, bemerkt er, wie sich das Licht im Wald verändert. Die lustigen Sonnenstrahlen, die gerade noch durchs grüne Eichenlaub funkelten, verschwinden, es wird schummriger, beinahe neblig. Da braut sich was zusammen. Kein Gewitter, überhaupt nichts, was mit Regen, Schnee und Wind zu tun hat, sondern was ganz anderes. Da ist ein Wallen und Brodeln in der Luft, Farben, die aus allen Richtungen heranhuschen, sich vereinen, eine Wolke bilden.

Eine rosa-bonbonfarbene Wolke. Paule stockt der Atem. Jetzt sieht auch er die kleine gedrungene Gestalt, mehr breit als hoch, ein Schatten, nicht mehr. Die Gestalt hebt die Arme und wirbelt sie herum, die Wolke folgt ihren Bewegungen. Ein Stimmchen krächzt etwas wie „Donnerdrummel, Fegesack, Wunderwölkchen, Schlabberback!"

Dann beginnt der Budenzauber. Die rosa Wolke zuckt und ruckt als müsse sie sich übergeben und wirbelt schließlich mit einem ohrenbetäubenden Heulen in Richtung der Baumkraxler. Es blitzt und flitzt, es hämmert und dämmert, es brodelt und lodelt. Zick, zack, zutzerack, ab ist der Sack! Blitze bretzeln durch den Wald. Klafterweise prasseln Äste und Zweige auf die Erde.

Paule hat sich hinter eine Eiche gekauert. Er riecht verbranntes Holz und versengtes Waldgras. Zwei der Baumkraxler liegen zappelnd auf dem Rücken, ihre Leiber brennen lichterloh, platzen hier und da auch schon auf, was einen tierischen Gestank verursacht. Paule wird schlecht.

Der dritte Kraxler hat es weit auf eine Eiche hinauf geschafft. Paule fragt sich, was er da oben will, dann sieht er Luna, die noch viel weiter oben auf einem Ast hockt. Wie ist sie da hoch gekommen? Paule versteht die Welt nicht mehr. Luna verblüfft ihn immer mehr und er fragt sich ernsthaft, ob ihre gemeinsame Begegnung ein Zufall sein konnte. Der Herrscher über alles Leben hat dir ein Mädchen geschickt, das dich aus deiner Komfortzone boxt, Paule Schwarzrock. Genau so isses! Er merkt, dass er mit sich selber spricht, was ihm tierisch peinlich ist. Eine dumme Angewohnheit, die er schon ewig mit sich rumschleppt. Paule zwickt sich in die Wange.

Da blitzt es wieder, heftiger als zuvor und der dritte Baumkraxler stürzt als lebendige Fackel vom Baum. Kurz darauf springt auch Luna herunter, flink und behende, wie Paule es bei noch keinem Menschen gesehen hat. Sie nimmt den Rucksack vom Rücken, zieht eine Trinkfklasche heraus, löst den Deckel und nähert sich den toten Kraxlern, die jetzt nur noch milde vor sich hinrauchen. Luna tunkt die Flasche tief in ihre aufgeplatzten Leiber. Es gluckert und blubbert. Luna scheint glücklich zu sein.

„Ein Wahnsinnszeug soll das sein, dieses Kraxlergekröse! Laut meinem Handbuch 'Die Magie der Zwischenlande' kann man damit die allerbesten Wahnsinnstrips zusammenbrauen, tausend Mal besser, als wenn man No-Wer von Rauschfaltern transformieren lässt! Danke Paule, dass du mir das hier gezeigt hast! Du bis der Hammer!"

Luna springt ihm um den Hals. Paule riecht das stinkige Baumkraxlerzeug und muss würgen. Hat Luna denn nichts weiter im Sinn, als den nächsten Vollrausch? Wenn sie einen Musterschüler aus ihm machen will, dann bringt er sie von dem ganzen Drogenkram weg. Eine Hand wäscht schließlich die andere.

Paule blickt sich um. Die kleine Gestalt mit den rudernden Armen ist verschwunden, die rosa Wolke löst sich auf und verteilt sich in alle Winde, als wäre sie niemals hier dagewesen.

„Hast du eine Ahnung, wer das war?"

Luna zuckt mit den Schultern.

„Keinen blassen Schimmer, aber er hat uns mächtig aus der Patsche geholfen!"

Sie schnippt sich Borkenkrumen aus dem Gesicht. Ihr Shirt ist an der Seite eingerissen. Paule sieht ihre Tattoos, den Kopf des Drachen. Komisch. Gestern Abend, bei Luna im Zimmer, hatte er da nicht das Maul aufgerissen und Feuer gespuckt? Jetzt hat er die Augen geschlossen, sein Kopf ruht auf den Vordertatzen.

„Sag mal, deine Körperbilder, sind die lebendig?"

Luna grinst.

„Vielleicht! Ich liebe magisches Zeug! Weißte doch!"

Es ist höchste Eisenbahn, zu verduften, doch bevor sie gehen, läuft Luna noch einmal zu den rauchenden Kadavern und hebt etwas auf.

„Mein Buch. Ich gehe doch nicht ohne mein Buch hier weg! Kackviecher!"

Sie tritt mit voller Wucht gegen einen der ausgebrannten Kraxler. Klong! Etwas Goldenes rutscht unter dem Schuppen-Körper hervor. Ein kleiner Bilderrahmen. Paule hebt ihn auf.

„Wie kommt denn der hierher?"

Rätsel über Rätsel. Luna nimmt ihm den Rahmen aus der Hand und steckt ihn in ihren Rucksack.

„Das finden wir raus!"

Paule schlägt vor, den gleichen Weg zurück und um den Wald herumzugehen. Sicher ist sicher. Etwa eine halbe Stunde Fußmarsch ist es noch bis zum Kinderheim auf der Traudelhöhe.

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