2.

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Die Kapseln geben ein leises Zischen von sich, als sie herunterfahren. Aufregung pulsiert durch mich, als sich die blauen Anzeigen zu grün verfärben.

Über uns am Himmel hängt Pangaea. Die neue Heimat von 7000 Menschen. Auf den ersten Blick sieht sie ähnlich aus wie die Erde – genau darum geht es. Wie schnell die Menschen auf diesem Schiff den Planeten wohl als ihre Heimat bezeichnen werden?

Das ist der Moment, in dem eine ungelesene Nachricht auf dem Bildschirm vor mir aufleuchtet. Wahrscheinlich das Update von der Erde. Beiläufig öffne ich sie.

Nur eine Sekunde später wünsche ich, ich hätte es nicht getan.

Sehr geehrte Passagiere der Nostromo,

es ist uns eine Ehre, dass Sie diese Mission auf sich genommen haben. Gemäß unserer Daten haben Sie soeben das Wurmloch verlassen, weswegen diese Nachricht aktiviert wurde. Das Wurmloch ist gemäß unserer Berechnungen nach Ihrem Eintritt kollabiert.

Wir hoffen, Sie sind wohlauf und haben die Kryoreise gut überstanden.

Wie Sie wissen, sind Sie Pioniere für unsere neue Heimat. Die Erde ist Ihnen zu immerwährendem Dank verpflichtet. Sie sind der Neuanfang.

Allerdings geht jeder Neuanfang mit Opfern einher. Die Aufgabe dieser Nachricht ist es, Sie mit dem Ihren bekannt zu machen.

Das Ziel der Besiedlung von Pangaea ist es, Altlasten abzuwerfen. Um dies sicherzustellen, wird die Kommunikation zu Ihrer Person auf der Erde eingeschränkt. Ihre Angehörigen werden angehalten, ihr Leben ohne Sie weiterzuleben. Das Gleiche sollten Sie versuchen. Sie sind Pioniere.

Leben Sie ohne Altlasten.

Um dies sicherzustellen, wurden sämtliche Kommunikationswege zur Erde auf Ihrem Schiff mit dem Eintritt in das Wurmloch zerstört. Nicht davon betroffen ist die Datenbank an Bord der Nostromo, die Ihnen Auskunft gibt über das, was wir bis heute über diesen Planeten wissen. Nutzen Sie sie weise.

Wir haben kurz nach Ihrem Aufbruch von der Erde eine unbemannte Rakete mit neuen Kommunikationsmitteln losgesendet. Sie wird auf 20 % der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen und in 153 Erdjahren bei Ihnen eintreffen. Bis dahin erwarten wir, dass Sie eine stabile Form des Zusammenlebens entwickelt haben und die Zusammenarbeit mit der Erde aufgenommen werden kann.

Mögen Sie es besser machen, als wir es getan haben.

Ich ignoriere die Unterschriften von über fünfzig irdischen Staatsoberhäuptern.

In diesem Moment öffnen sich die Kryokapseln. Die Nachricht wird auf jedem Bildschirm in der gesamten Nostromo angezeigt.

Jemand beginnt zu schreien.

Zwei Tage später bin ich völlig ausgelaugt. Ich habe bis zu zehn Gespräche gleichzeitig geführt, habe beruhigt und im Zaun gehalten, habe Medikamente verteilt und die Sec-Bots koordiniert. Ich habe Menschen dabei angeleitet, ihre Wunden zu verbinden, die sie sich im Streit zugezogen haben oder als sie die Fäuste in die Wände der Nostromo gerammt haben.

Und ich habe dafür gesorgt, dass wir auf Kurs nach Pangaea bleiben.

Jetzt leiste ich Jabari Gesellschaft, während sich die Lage langsam beruhigt. Es gibt allerdings keine Worte mehr für das, was er durchmacht.

„Ich habe sie im Stich gelassen, Auri", flüstert er. „Was habe ich nur getan?"

Ich sorge dafür, dass es in Jabaris Kabine immer warm ist. Wenigstens diese Erinnerung an seine Heimat kann ich ihm schenken.

„Du wolltest immer nur das Beste für sie", versuche ich, ihm gut zuzureden. „Du hast dir nichts vorzuwerfen."

„Ich werfe mir alles vor."

Als ich Jabaris Raum verlasse, fallen mir Scherben auf dem Flur auf. Daneben liegt ein Sammelsurium elektronischer Bauteile, auf denen basierend ich vermute, dass es sich einmal um ein Datapad handelte.

Ich weiß, dass es nicht Eriks ist. Er hat seines schon am ersten Tag in der Luftschleuse entsorgt, nachdem sich mit absoluter Sicherheit herausgestellt hatte, dass er damit nicht mehr in Kontakt mit der Erde treten kann.

„Auri!" Ich würde diese Stimme immer und überall erkennen.

In dem Moment, als ich bei Alicia ankomme, weiß ich schon, worum es geht. Es ist Izabela.

Es gab nicht viele Regeln für diejenigen, die sich um einen Platz auf der Nostromo beworben haben. Mindestens 25 Jahre alt, maximal 50. Bestnoten im Gesundheitstest. Keine Vorstrafen, unverheiratet, nicht schwanger. Alle Personen, die die Kapazität für Letzteres gehabt hatten, wurden vor der Abreise untersucht. Das Problem war, dass zwischen diesem Test und der tatsächlichen Abreise 48 Stunden lagen.

„Wie ist es möglich, dass das bisher niemandem aufgefallen ist?", flüstert Alicia und Izabela schüttelt nur den Kopf, Tränen in den Augen.

Sie ist im sechsten Monat schwanger.

„Was können wir für dich tun, Izabela?", frage ich. „Hast du Schmerzen?"

„Nein", flüstert sie. „Ich musste nur ... Alicia ist ... ich dachte ..."

7000 Passagiere und ich habe in den letzten zwei Tagen keine Zeit gehabt, mit Izabela zu reden.

„Wir finden eine Lösung", sagt Alicia. „Es wird alles gut."

„Die Kommunikation zur Erde ist abgeschnitten", füge ich hinzu. Als sowohl Alicia als auch Izabela zusammenzucken, geht mir auf, dass das nicht die beste Formulierung war. „Das bedeutet", führe ich meinen Gedanken weiter, „dass du mit keinerlei Konsequenzen von dieser Seite zu rechnen hast."

„Auri, vielleicht lässt du uns einen Augenblick allein", bittet Alicia und ich breche ab. Die Worte verknoten sich in mir. Ich soll nicht helfen.

„Natürlich." Hätte meine Stimme so geklungen, wie ich mich gerade fühle, hätte ich kein Wort herausbringen können. „Was immer euch hilft", schiebe ich hinterher, dann ziehe ich mich zurück.

Am liebsten würde ich mich in die hinterste Ecke des Schiffes zurückziehen und nie wieder herauskommen. Ich konnte den Menschen nicht helfen, dabei war das doch meine Aufgabe, meine einzige Aufgabe.

Alles in mir zieht sich zusammen.

Alicia von allen Personen ... ausgerechnet von ihr musste ich zurückgewiesen werden.

Es tut so weh.

Aber was würde ich jemandem raten, der sich in meiner Position befindet? Ruhig durchatmen. Weitermachen. Immer weitermachen.

Das gilt in meinem Fall ganz besonders.

Ich kann das.

Langsam entspanne ich mich wieder. Gerade rechtzeitig, um eine leise Frage mitzubekommen.

„Jabari?"

Es ist Akiko, die an Jabaris Zimmertür geklopft hat. Leise geselle ich mich zu den beiden, halte mich aber verborgen. Ich will nicht stören.

Jabari hat die Hände vor dem Gesicht, aber als er Akikos Stimme hört, blickt er auf. „Was machst du hier?", krächzt er. Seiner Stimme hört man seinen Aufruhr eindeutig an.

Akiko dagegen sieht nicht aus, als hätte ihr die desaströse Nachricht von der Erde viel ausgemacht. Aber sie trägt die schwarzen Haare nicht mehr zu Zöpfen geflochten. Stattdessen fallen sie ihr in Wellen über den schmalen Rücken.

„Darf ich hereinkommen?", fragt sie Jabari.

Als der breitschultrige Mann nickt, lächelt sie und betritt das Zimmer.

Akiko hält ihr blumenbedrucktes Buch in der Hand. „Es ist nicht digital", sagt sie leise. „Es war von den Maßnahmen nicht betroffen."

Jabari mustert sie wortlos, als könnte sie ihm die Last von den Schultern nehmen.

„Darf ich dich zeichnen?", flüstert Akiko. Sie schlägt ihr Buch auf einer Seite auf und obwohl die Perspektive für mich wieder ungünstig ist, kann ich die Zeichnung von Jabari sehen. Auf ihr grinst er hoffnungsvoll und hat die Arme ausgestreckt, als könnte er die ganze Welt umarmen.

Es ist ein Vorher-Bild.

„Es wird nicht verloren gehen", erklärt Akiko. „Ich werde einen sicheren Ort auf Pangaea finden und ich werde es dort deponieren, wenn ich einmal nicht mehr lebe. Es wird seinen Weg zurück zur Erde finden. Vielleicht sogar zu deiner Familie. Stell dir einmal vor, die Kinder deiner Nichten werden dich immer noch kennenlernen."

Jabari mustert Akiko aus dunklen Augen. Mehrfach öffnet er den Mund, um etwas zu sagen, aber kein Wort kommt heraus.

Als er dann die Worte findet, ziehe ich mich zurück. Es ist ein Augenblick, den Akiko und Jabari miteinander teilen und ich möchte mich nicht dazwischendrängen. Sie brauchen mich nicht.

Wie kann es sein, dass die furchtbare Nachricht von der Erde die Menschen dazu bringt, zusammenzurücken? Wie kann es sein, dass sie jetzt die Worte füreinander finden, die ihnen vor einem Monat noch gefehlt haben?

Wieso brauchen sie mich nicht mehr?

Für sie ist keine Zeit vergangen.

Für mich schon.

Aber ich habe mich nicht verändert. Ich verändere mich nie. Alles in mir fühlt sich wieder verknotet an.

Nach und nach statte ich allen Passagieren des Schiffs einen Besuch ab. Erik, der einen Businessplan auf einem Blatt Papier entwirft. Walter, der die Lösung für die Gleichung entwickelt, die ihn vorher so frustriert hat, dass er ein Reagenzglas an der Wand zerschmettert hat. Christin, aus der die Verse nur so heraussprudeln, nachdem sie die Reise zum Mars damit verbracht hat, auf eine leere Seite zu starren. Merle, die Pläne für die Architektur der ersten Siedlungen entwirft.

Sie alle haben eine Aufgabe. Sie alle wissen, was zu tun ist.

Keiner von ihnen braucht mich.

Also ziehe ich mich ins Cockpit zurück und beobachte, wie wir in die Atmosphäre von Pangaea eindringen. Es ist, als hätte sie ihre Arme zu uns ausgestreckt und würde uns willkommen heißen.

Ich bin noch im Cockpit, als der Boden langsam näherkommt, ein breiter Flecken steiniger Erde, von dem die Wissenschaftler der Erde behauptet haben, dass die Landung der Nostromo den geringsten Schaden verursachen würde.

Ich bin noch im Cockpit, als die Nostromo einen Feuerstrom in Richtung Oberfläche schickt. Und ich bin auch immer noch im Cockpit, als sich Stille über das Schiff herabsenkt.

Ich fahre die Maschinen herunter. Ein System nach dem anderen wird abgeschaltet, weil es nicht mehr gebraucht wird.

Es frustriert mich, so viel Aufmerksamkeit auf diese simplen Aufgaben zu richten, aber ich habe keine andere Möglichkeit. Denn die Menschen auf diesem Schiff brauchen mich nicht mehr. Wenn ich mich mit den simplen Aufgaben beschäftige, kann ich dem Schmerz vielleicht entgehen.

Schließlich öffne ich die Landeklappen.

Das ist der Moment, in dem mir auffällt, dass ich den Countdown vergessen habe.

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