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,,Es ist eine sehr angenehme Empfindung, wenn sich eine neue Leidenschaft in uns zu regen anfängt, ehe die alte noch ganz verklungen ist. So sieht man bei untergehender Sonne gern auf der entgegengesetzten Seite den Mond aufgehen und erfreut sich an dem Doppelglanz der beiden Himmelslichter."

~ Johann Wolfgang von Goethe

»Es wird stürmisch«, bemerkte Drosselfell, als sie die Eiche hinaufkletterten, die Fuchsauge schon längst als ihr Zuhause angesehen hatte.

Am frühen Morgen des Tages waren sie ausgeflogen (so nannten die Himmelkatzen es, auf Patrouille zu gehen) und der hellgrau gestreifte Kater hatte ihr das Territorium seines Clans gezeigt; die Trainingseiche mit ihren tief hängenden, sicheren Ästen, den Ahornbaum, von dem aus man eine fantastische Aussicht hatte und den Finkenbaum, auf dem es sich gut jagen ließ, wenn man kletterte, die Grenzflüsse und -bäche zum SturmClan und NachtClan und schließlich den Donnerweg, den sie bereits kannte.

Fuchsauge stimmte Drosselfell knurrend zu, als der Wind wie Dornenranken an ihrem Fell riss, bereit, sie in die Tiefe zu ziehen. Donnergrollen, furchterregend wie das Knurren eines Wolfsrudels, drückte ihr auf die Ohren. Die beiden Katzen hatten es eilig, in ihre Nester zu kommen, sich in den weichen Polstern aus Taubenfedern einzurollen und das Gewitter wie eine unangenehme Erinnerung nach draußen zu verbannen.

Die dunkle, rot-weiße Kätzin wollte diesem Wunsch so schnell wie möglich nachgehen, als Falkenmut, aufgeregt mit den Flügeln schlagend, auf dem breitem Ast vor ihr landete. Fuchsauge spürte in der trockenen, spannungsgeladenen Luft, dass etwas Schreckliches passiert sein musste und sie folgte der HimmelClan-Kriegerin wortlos. Sobald sie merkte, dass sie auf den Heilerbau zuliefen, wollte sie einen schmerzvollen Wutschrei ausstoßen. Hatte Rabentraum das Junge sterben lassen? Sie hat es versprochen! Blind vor Zorn stürmte sie durch den Eingang und stieß Falkenmut aus dem Weg.

Doch Rabentraum hatte ihr grausames Werk bereits vollendet. Von ihren Pfoten tropfte das Blut, hell, rein und unschuldig. In der dunkelsten Ecke des Baus lag ein kleiner, lebloser Körper, nur so groß, wie ein glatt geschliffener Flussstein. Der süßliche Geruch des roten Lebenssaftes traf Fuchsauges Nase und es kostete sie all ihre Selbstbeherrschung, die Heilerin nicht in Stücke zu reißen.

»Was hast du ihm angetan?«

Die schwarze Kätzin wischte ihre Pfoten seelenruhig an einem Blatt ab. Es machte Fuchsauge rasend.

»Ich habe getan, was getan werden musste«, sagte Rabentraum.

»Mit welchem Recht?«, fauchte Fuchsauge. »Wer gab dir die Erlaubnis dazu?«

»Mit dem Recht einer Heilerin.« Sie sah ihr unerschrocken in die Augen. »Mit welchem Recht beurteilst du meine Fähigkeiten? Du magst schlau sein, Fuchsauge, aber du besitzt nicht die Erfahrung und Einsicht eines Heilers. Sieh ihn dir an! Von nun an wird es ihm besser gehen.« Die silberschwarze Kätzin verließ den Bau.

Fuchsauge näherte sich dem Jungen mit gerunzelter Stirn. Die blutige Flanke hob und senkte sich schwach und unstetig, wie die gestörte Oberfläche eines Teiches. Unter dem Blut zogen sich leichte, braune Streifen wie Wellen durch das struppige Fell. Der braun-weiße Kater wirkte noch winziger als an dem Tag vorher, als sie ihn aus der Fuchsfalle gerettet hatte. War das alles umsonst gewesen?

Spinnenweben, rot gefärbt, zierten den schmächtigen Rumpf anstelle eines Beines. Er würde niemals jagen oder kämpfen können. Was für ein tapferer, kleiner Kater. Gedanklich hatte Fuchsauge ihn bereits Sperling genannt, nach den kleinsten, aber zähesten Vögeln. Sie wollte nie, dass er ihr ans Herz wuchs, aber sie fürchtete, er hatte es schon getan.

Wie lange dauerte für immer? Fuchsauge war sich nicht sicher, aber sie dachte, dass der Sturm es war.

Drei Tage lang saßen die HimmelClan-Katzen schon in ihren Nestern fest, ohne Essen oder irgendeine Ablenkung von ihrem tristen Leben. Die schwarzen Wolken wollten sich genauso wenig verziehen wie Fuchsauges Hunger und der stetige Regen, der die Rinde der Eiche in Bächen hinablief, oder Blitz und Donner, die die Luft stumm oder krachend zerrissen.

Fuchsauge lag gelangweilt und grübelnd in ihrem weichen Nest. Sie fragte sich, ob der Sturm die anderen Clans erreicht hatte und ob ihre Freunde in Sicherheit waren. Nachtweide und ihre Jungen, Eulenfeder und Feuerstrom und Federherz. Selbst über Schattenstern und Graupelz, die sie verraten hatten, dachte sie oft nach.

Aber am meisten quälte sie Mondschimmer. In ihren Träumen wanden sich Schlieren aus knochenweißem Mondlicht durch die Dunkelheit, die sie immer umgab. Und wenn sie ihr Gesicht vor der grellen Helligkeit verbarg und ihre Gedanken mit einem Mantel aus schwarzen Schatten verhüllte, erblickte sie den Mond, der kalt und gefühllos am Himmel stand, wie eine Scheibe aus Eis. Dann würden die Stimmen in ihren Ohren wie Echos erklingen, dem Lied der Nachtigall und dem Flüstern des Nebels gleich. Bis sie den Worten entflohen war, die sie verfolgten, war sie aufgewacht und hatte deren Bedeutung vergessen. Kamen die Stimmen wieder?

»Was zum Himmel? Wer ist denn mäusehirnig genug, bei diesem Wetter draußen herumzulaufen?«

Eine vor Wasser triefende, dunkle Katze trat in ihren Bau. Fuchsauge wollte Alarm schlagen, um den ominösen Fremden zu verschrecken, erkannte aber rechtzeitig Krähenfluch, der seine Flügel ausschüttelte und zielgerichtet das Wort an sie richtete.

»Eichelhäherstern bittet dich, zu ihm zu kommen.«

»Dann muss er seinen Verstand verloren haben.«

Der schwarze Kater zuckte mit den Flügeln. »Er will dir die Wahrheit erzählen.«

Schlussendlich trieb sie die Neugier doch dazu, ihren gemütlichen Bau zu verlassen und sich in das gefährliche Unwetter zu begeben. Die Wahrheit. Wissen ist Macht.

Der dunkelbraune Anführer mit der Narbe an der Flanke war nicht allein. Als sie eintrat, drehte sich eine helle, schildpattweiße Kätzin um, deren weiße Flecken wie Wolkenfetzen in ihrem Fell hingen. Jung in ihrer Gestalt, strahlte sie doch eine Weisheit jenseits allem aus, was Fuchsauge je gesehen hatte und in ihren himmelblauen Augen lag das Wissen der Welt.

Zum ersten Mal in ihrem Leben verstand sie, dass Federherz nie weise, sondern immer nur intelligent gewesen war, verstand den Unterschied zwischen Weisheit und Intelligenz. Wo die eine mit Erfahrung Seite an Seite ging, wie eine alte Freundin und so tief und beständig war wie der Sternenhimmel, glich die andere einem Einblick in alles Vorhandene und wirkte mit der Schärfe eines reißenden Flusses. Und Feder am Himmels Aura strahlte so viel Weisheit aus, wie die ganzen Sterne der Nacht zusammen.

Als die Kätzin ihren Namen nannte, durchfuhr Fuchsauge ein Verständnis wie einer der Blitze, die draußen vom Himmel herabfielen. Sie wusste, dass es um etwas Größeres ging, als den Sturm und musste nicht raten, wer die Fremde war.

»Die Gründerin des HimmelClans.«

Feder am Himmel neigte anmutig den Kopf und spreizte ihre unschuldsweißen Flügel, um sie in ihrer ganzen Pracht darzustellen. Sie reflektierten das zuckende Licht des Gewitters wie der Mond und leuchteten in der Dunkelheit.

Eichelhäherstern neben ihr wirkte wie eine Maus verglichen mit einem Adler. Der dunkle, braune Kater musste Fuchsauges Aufmerksamkeit auf sich lenken, indem er mit dem Schweif winkte.

»Es wird Zeit, dass du erfährst, warum du hier bist. Die Wahrheit, wenn du so willst.«

In den folgenden Augenblicken wurden Fuchsauges Verstand und Willensstärke auf eine harte Probe gestellt und es gab mehr als einen Moment, in dem sie den Bau fast wutentbrannt verlassen hätte, so groß war die Absurdität dessen, was die zwei Anführer ihr berichteten. Natürlich. Sie kam sich dumm vor. Nichts geschieht aus Zufall.

Sie erinnerte sich daran, wie Drosselfells Augen geleuchtet hatten, als sie ihren Namen genannt hatte und daran, wie komisch sie es fand, dass Eichelhäherstern sie so bereitwillig aufgenommen hatte. Der Fuchs wird den Himmel zu den Sternen tragen. Es war alles geplant. Drosselfell hatte sie gesucht, weil der HimmelClan glaubte, dass sie die Auserwählte war und sie retten sollte, wie die Prophezeiung es voraussagte. Sie bewunderte ihn, weil er sie überlistet hatte ... trotzdem fühlte sie sich verraten, gerade weil sie es ihm nicht zugetraut hatte.

Auch war sie sich nicht sicher, ob sie die Auserwählte sein wollte. Gewiss, es schmeichelte ihrer Eitelkeit und ihrem Stolz ungemein, nur bestand die Frage, wovor sie die HimmelClan-Katzen retten sollte, ob sie es verdient hatten und was für sie dabei herausspringen würde.

»Nehmen wir an, ich sei die Auserwählte...«

»Du bist die Auserwählte«, sagte Feder am Himmel in einer Stimme, die nichts als Respekt duldete.

»Warum sollte ich euch helfen?«

Eichelhäherstern runzelte die Stirn. »Wir haben dich hier aufgenommen wie eine von uns. Und unsere Sache ist gerecht.«

»Wie kann ich das wissen?«

Feder am Himmel legte einen Flügel vertraulich über ihren Rücken. »Lass mich dir eine Geschichte erzählen.«

Fuchsauge schüttelte sie ab. »Eure Geschichte, meinst du.«

Die Gründerin schnurrte. »Unsere Geschichte.« Sie suchte sich einen gemütlichen Platz, aber Fuchsauge blieb lieber stehen. Im Stehen ist man vorbereiteter. Und weniger beeinflussbar, das hatte sie von Federherz gelernt.

Feder am Himmels Geschichte gestaltete sich als die unglaublichste und doch nachvollziehbarste, die Fuchsauge je gehört hatte. Zugegeben, das waren nicht viele, denn als Schülerin hatte sie sich mehr für wilde Kämpfe als für den Ältestenbau interessiert. Sie begann zu der Zeit, als Eichelhäherstern den Clan führte.

»Ich habe Blattwechsel über Blattwechsel im SternenClan verbracht und auf meinen Clan herabgesehen«, sagte die schildpattweiße Kätzin, »doch was ich beobachtete, ließ mich immer besorgter auf die Zukunft der Himmelkatzen blicken. Sie wurden immer übermütiger, flogen immer höher und stellten sich über die anderen Clans, weil sie vom SternenClan mit Flügeln gesegnet worden waren.«

Fuchsauge spähte hinüber zu Eichelhäherstern, aber der Anführer hatte seinen Kopf beschämt gesenkt und sah niemandem in die Augen.

»Ich gebe zu, dass sie einen Fehler begingen und ihre Schwächen hatten«, miaute Himmel weiter, »aber sie sind nicht vollendet! Sie sind Katzen, keine perfekten Wesen, und als solche sollten sie behandelt werden.«

»Was ist passiert?«

»Sie flogen hoch, zu hoch. Bis zum SternenClan. Sie wollten ihm näher sein, als alle anderen Katzen und dafür wurden sie bestraft. Der SternenClan, verletzt in seiner Unantastbarkeit, verbannte sie zu dem Leben, das sie jetzt führen. Seelenlos. Untot. Hast du je eine Katze hier essen sehen? Oder schlafen? Wir atmen nicht, wie normale Wesen. Wir fühlen nichts. Nicht den Wind in unserem Fell und nicht die Wärme einer anderen Katze. Hast du dich nicht gewundert, warum Rabentraum keine Kräuter hat? Unverwundbar. Warum wir so viele sind? Hier leben alle HimmelClan-Katzen, die es gibt, SternenClan oder nicht. Verflucht zu einem Leben in Abgeschiedenheit und Trostlosigkeit. Ehrgeiz und Einsamkeit, unsere Worte. Hätte ich je gedacht, dass ich sie einmal hassen könnte?«

»Es scheint mir ein fairer Preis zu sein für die Unsterblichkeit«, sagte Fuchsauge.

»Wir sind nicht unsterblich«, warf Eichelhäherstern ein, »sondern untot. Wir leben nicht.«

»Und was soll ich dagegen tun?« Für Fuchsauge klang dieses Leben nicht im mindesten beklagenswert. Sie stellte sich vor, was sie alles tun könnte, mit unendlich viel Zeit und unbegrenzten Möglichkeiten. Die HimmelClan-Katzen könnten die Welt verändern und stattdessen baten sie eine abtrünnige Kriegerin um Hilfe.

»Wir wollen nicht, dass du uns rettest, Fuchsauge«, sprach Feder am Himmel. »Wir sind an einem Zeitpunkt angekommen, an dem es uns egal ist, ob wir leben oder sterben. Es gibt nur zwei Dinge, wobei wir deine Hilfe brauchen: die Erlösung von diesem Schicksal, und Rache am SternenClan.«

Ein Funke, der das Interesse der getigerten Kätzin weckte, wie der Anstoß einer Pfote einen schlafenden Krieger; und der ihren Geist wachrüttelte wie der Wind, der an den Ästen der Himmelseiche zerrte. Nur ein kleiner Funke, aber er setzte ihr ganzes Herz in Brand.

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