Kapitel 21 - Das Wiedersehen

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Vor drei Jahren - Ellas Sicht:

Meine Gedanken waren bei Jamie, als ich auf der Couch im Wohnzimmer saß. Es fühlte sich so falsch und unwirklich an, dass wir nie mehr miteinander reden konnten. Mein Bruder würde nicht mehr zurückkommen, obwohl ich jede Sekunde damit rechnete, dass er durch die Tür kommen würde. Er hatte mich im Stich gelassen und nun würde ich mich für den Rest meines Lebens verantwortlich machen, dass er nicht mehr hier war und ich ihn nicht hatte aufhalten können. Ich war Schuld an seinem Tod und diese Last würde mich von nun an begleiten.

Jamie war vielleicht oft ziemlich leichtsinnig gewesen, aber trotzdem blieb er der beste Bruder, den ich mir hätte wünschen können. Er war für mich da gewesen, als ich meinen ersten Liebeskummer gehabt hatte. Er hatte mich zum Lachen gebracht, wenn ich mich nur ins Bett verkriechen und weinen wollte. Fürs eine schlechte Arbeit hatte er sogar die Unterschrift unserer Mutter gefälscht, als ich ihn darum gebeten hatte. Ohne ihn hätte ich niemals Patrick kennengelernt. Jamie hatte uns einander vorgestellt, weil er intuitiv gewusst haben musste, dass wir uns gut verstehen würden. Wir waren nach kürzester Zeit zusammengekommen, hatten uns vor ein paar Monaten verlobt und nun würde ich ihn heiraten, ohne, dass mein Bruder dabei war. Das ganze war wie ein schlechter Film, der einfach nicht echt sein konnte. Ich wollte es nicht wahrhaben und versank in all dem Kummer, der sein Tod mit sich gebracht hatte.

Ich trug Jamies Pullover und atmete den vertrauten Duft ein, der nach wie vor da war. Es gab mir Trost und das Gefühl, als wäre er gerade bei mir. Und als ich den Kopf hob, kam es mir auch so vor. Ich blickte in sein Vertrautes Gesicht und ein Stich machte sich in meinem Herzen breit.

,,Jamie", flüsterte ich, meine Stimme brüchig vor Emotionen.

Jamie lächelte mich sanft an, seine Augen voller Zuneigung. ,,Hey, Ella", sagte er leise.

,,Ich hätte dich aufhalten sollen, verdammt. Aber ich wusste nicht wie. Du hast nicht auf mich gehört und ich konnte nur mitansehen, wie du gegangen bist. Es ... es tut mir so leid.''

,,Du musst dich nicht entschuldigen, Ella. Wenn sich jemand entschuldigen muss, dann bin ich das. Ich hätte auf dich hören sollen. Du hast mich gewarnt und ich hatte es ignoriert. Und nun können wir es nie wiedersehen.''

Ich wusste, dass dieses Gespräch nicht echt sein konnte, aber es fühlte sich echt an. Ich musste träumen oder mein Verstand bildete es sich einfach ein, dass er gerade mit meinem toten Bruder sprach, weil wir uns nicht ausgesprochen hatten.

,,Du hattest schon immer deinen eigenen Willen, weißt du. Er hat dich aber auch zu dem Bruder gemacht, den ich unglaublich geliebt hatte. Selbst wenn ich mir dieses Gespräch nur einbilde: Es tut gut mit dir reden zu können und dir nochmal zu sagen, wie sehr ich dich lieb hatte.''

,,Was redest du denn da, Ella? Ich bilde mir dieses Gespräch ein und nicht du! Ich bin tot und du bist am Leben. Meine Seele muss sich also diesen Moment ausdenken, weil ich dafür schuldig fühle, dass ich nicht auf dich gehört habe.''

Diese Aussagen verwirrte mich.

Warum dachte Jamie, dass er sich es einbilden würde, dass er mit mir sprach?

War es nicht umgekehrt?

,,Ja, du bist tot und ich muss das vermutlich träumen. Trotzdem ist das Ganze schon seltsam'', gestand ich und dachte nach.

Ich streckte meine Hand nach seiner aus, wobei ich sehr wohl diese Berührung spürte. Ich riss die Augen noch mehr auf und war mich nicht mehr so sicher, ob ich das hier wirklich träumte. Es fühlte sich viel zu real an. Ich kniff mich zur Probe in dem Arm und nahm Augenblick einen leichten Schmerz wahr. Ich bildete das mir also nicht ein.

Aber warum war dann Jamie hier?

,,Jamie, das Ganze ist mir unheimlich. Ich bin zumindest eindeutig real. Ich weiß aber nicht, wie das bei dir ist.''

,,Was? Du bist also die lebendige Ella? Ich bilde mir das nicht ein.''

Ein seltsames Schweigen legte sich über uns, während wir uns gegenseitig ansahen, unsere Gedanken wirbelten durcheinander. Die Gewissheit, dass ich real und lebendig war, während Jamie als Geist erschienen war, brachte eine Welle der Verwirrung über mich.

„Aber wie ist das möglich? Wieso kann ich dich sehen, selbst wenn du tot bist", flüsterte ich schließlich, meine Stimme kaum mehr als ein Hauch.

Jamies Ausdruck war genauso ratlos wie meiner. „Ich weiß es nicht, Ella. Vielleicht sind die Grenzen zwischen den Welten verschwommen, vielleicht ist es ein Wunder."

Ein unheimliches Kribbeln lief mir über den Rücken, als ich darüber nachdachte, was das bedeuten könnte.

War es möglich, dass ich tatsächlich mit meinem toten Bruder sprach, dass er nicht nur eine Erinnerung oder ein Traum war, sondern wirklich hier war?

Jamie erzählte mir, dass er abbiegen wollte und dann von einem Auto erfasst worden war, das ihn weggeschleudert hatte. Der Fahrer hatte nicht mal angehalten, um zu sehen, wie es ihm ging. Das machte mich unheimlich wütend, aber ich versuchte dennoch ruhig zu bleiben, weil ich hören wollte, was er da gerade zu mir sagte. Ihm war klar gewesen, dass er gestorben sein musste und das nächste, was er mitbekommen hatte war, dass er bei mir im Wohnzimmer stand. Es war ein Geschenk und unheimlich zugleich. Ich hatte meinen toten Bruder, doch mir war durchaus bewusst, dass es keineswegs normal war, mit einem Toten reden zu können. Mom schien ihn nicht sehen zu können. Am Abend saß er bei uns am Tisch und sie nahm keine Notiz von ihm. Von da an war mir klar, dass niemand außer mir ihn sehen konnte. Ich stellte es nicht ihn Frage und sah die Chance darin, dass wir noch einander hatten.

Um mir wirklich sicher sein zu können, ob nicht jemand sonst so etwas gerade durchmachte, schrieb ich einen Internetbeitrag. Als mir aber niemand nach mehreren Tagen antwortete, gab ich die Hoffnung auf. Selbst Patrick vertraute ich mich nicht an und es blieb mein behütetes Geheimnis.

Und so lebte ich weiter, mit Jamie an meiner Seite, mit seinem Geist, der mich begleitete, mich tröstete, mich liebte. Denn selbst im Tod war er noch immer mein Bruder, mein bester Freund, mein Verbündeter im Leben und im Tod.

1051 Wörter

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