Kapitel 11 - Nevis

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Meine Hand ruhte auf Blanchettes Sarg aus Glas. Es war derselbe Sargglas, in dem meine Mutter gelegen hatte.
Innerhalb und außerhalb unseres Schlosses munkelte man, dass sich das Märchen wiederholen würde. Leider stimmte es. Meine kleine Schwester erlitt dasselbe oder fast dasselbe Schicksal. Bei Blanchette war es jedoch eine Mischung aus Schneewittchens und Dornröschens Märchen. Nach dem Biss in den Apfel kam der Fluch eines hundertjährigen Schlafs, welcher nur durch den Kuss der wahren Liebe beendet werden konnte.
Am liebsten würde ich mit Blanchette tauschen. Andererseits könnte ich ihr so nicht helfen.
Ich hatte das bedrückende Gefühl, erneut an diesem Tiefpunkt zu landen. Dem Punkt, an dem ich von der Außenwelt nichts mitbekam und ich wie eine leere Hülle vor mich hin vegetierte. Dank Bellina ging es mir erheblich besser. Sie hatte mich aus dieser Art gruseligen Starre herausgeholt.
Über Nacht ereilte mich ein Traum, eine Erinnerung an die Zeit nach der Geburt meiner Schwester.
Damals gab es eine heillose Prinzenkrise. Die Ehefrauen dachten, dass alle den selben Mann geheiratet hatten - Prinz Charming oder König Charming. Der Grund war irgendein verrückter Film aus der Menschenwelt. Jede Prinzessin oder bestenfalls Königin unterstellte ihrem Ehemann das Fremdgehen. Das stürzte unsere Märchenwelt in Chaos. Zu dem Zeitpunkt ward gerade meine kleine Schwester geboren. Ich war selbstverständlich noch zu jung, um zu verstehen, was da vor sich ging. Mutter war kurz davor, Vater zu verlassen, weil die anderen sie verunsichert haben. Ihre Liebe hielt Gott sei Dank, genauso wie die der anderen.
Nach dieser Erinnerung hatte ich einen anderen. Ich war auf einer Wiese mit Bellina, als plötzlich ein Monster mit einem ohrenbetäubenden Schrei auf uns zu rannte. Das Monster packte sich Bellina und ich eilte hinterher.
Beide Träume hatten mich verwirrt. Sollten mir die Träume etwas sagen? Zeigten sie mir die Zukunft, in der ein Monster die Märchenwaldbewohner frass und eine Krise ausbrach?
Mein Blick fiel auf den Sarg, als würde ich dort Antworten finden. Wer hatte das meiner Schwester angetan und vor allem warum? Meine Schwester hatte keine Feinde, hatte nie einem Lebewesen etwas zu leide getan. Ich verstand es nicht. Der Sarg hatte eingravierte Schnörkeleien von den Zwergen. Diese hatten sich nach ihrem Märchen die Zeit genommen und den Sarg verschönert, um ihn als Denkmal zu behalten, in dem sie kleine Spatzen und andere Vögel hinein ritzten. Mit der Zeit hatten sie ein Geschäft nach dem anderen in der Menschenwelt eröffnet, das sie mit hübschen Särgen belieferten. Ihre Särge waren der Hipp - von Särgen aus Glas über Särge aus Plastik bis hin zu üblichen Holzsärgen mit gruseligen, niedlichen und schönen Verzierungen.
Alsbald würde Bellina kommen und mir ihre Geschichten erzählen. Bei dem Gedanken klopfte mein Herz unnatürlich wild. Ich hatte meine Eltern überreden können, dass Bellina mitnichten Schuld trägt und sie ein wunderbarer Mensch sei, der sich nun ein schlechtes Gewissen macht, trotz ihrer Unschuld. Nach langen Diskussionen, in denen ich ihnen hoch und heilig versprechen musste, dass in meinem Bett bei der Party nichts zwischen uns lief, hatten meine Eltern letzten Endes eingeknickt, sich bei Bellina entschuldigt und sie zu uns eingeladen.
Vorerst hätte sie noch Schule, bis sie dann danach zu mir käme.
"Wir müssen los, Schatzispatzi.", riefen Mutter und Vater mir zum Abschied zu. Die zwei wollten zu einem Vorbereitungskurs für ihr drittes Kind.
Erst da erinnerte ich mich an meinen vorherigen Gedankengang mit den zwei Märchen - das von Dornröschen und das meiner Mutter.
"Vater, warte!", ich sprintete den beiden hinterher. "Könnte es sein, dass Maleficent Schuld daran ist, nicht die Böse Königin?!"
"Darüber haben wir auch schon nachgedacht. Wir sind bereits mit Rose in Kontakt getreten. Leider weißt du ja wie sie ist. Sie ist ein eingeschüchterter Mensch und ihre Erinnerungen will sie wegen dieser einen Sache nicht aufwühlen. Wir werden aber nicht aufgeben, mach dir keine Sorgen. Wir reden später, okay?"
Daran hatte ich gar nicht gedacht. Dornröschen - ebenfalls bekannt unter dem Namen Rose - hatte sich in ihrem Schloss vor aller Welt zurückgezogen. Zu schmerzhaft waren ihre Erinnerungen an ihr Märchen. Der Prinz, der sie in anderen, romantischeren Märchenfassungen mit einem Kuss erlöst hatte, hatte sie in der wahren Geschichte vergewaltigt. Dadurch sind ihre beiden Zwillinge, die sogenannten Rosenzwillinge - ich glaube sie hießen Céleste und Cédric - entstanden. Die Königin schämte sich dafür und meidete meist jegliche Feierlichkeiten in der Öffentlichkeit. Auf Bällen ist sie so gut wie nie vorzufinden. Wahrscheinlich war es wahrlich keine sonderlich gute Idee, sie nach ihrem Märchen auszufragen, wo sie doch bei dem Fluch selbst noch ein Neugeborenes war und es danach nicht besser für die Königin lief.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro