2. Counting Stars

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Keith war überrascht gewesen, als er den Anruf aus Sydney bekommen hatte.

Sein Studium war kaum ein Jahr her und er hatte noch nicht einmal einen festen Platz in einem Orchester, geschweige denn eine richtige Anstellung irgendwo, und doch schien der Herr am anderen Ende der Leitung irgendetwas in ihm zu sehen.

"Ich habe Ihre Videos gesehen!", hatte er begeistert erzählt, "Die Leute filmen, was ihnen gefällt und Sie sind inzwischen ziemlich bekannt!"

"Wie bitte?"

Keith hatte geglaubt, der Kerl würde ihn auf den Arm nehmen, doch anscheinend hatte er tatsächlich keines seiner Worte erfunden, denn nach einer kurzen Recherche hatte Keith dutzende Videos im Internet gefunden, egal, ob auf Instagram, YouTube oder Twitter. In allen war er zu sehen, meistens, wenn er in den Straßen und auf Plätzen etwas auf seiner E-Geige spielte, doch manche waren noch aus seiner Schulzeit oder von anderen Konzerten, bei denen er mitgewirkt hatte.

Ziemlich baff hatte er dagesessen in seinem Zimmer in Tokio und hatte auf seinen Bildschirm gestarrt.

"Der Emo mit der Geige" oder "Der unantastbare Violinist" wurde er genannt. Das klang absolut bescheuert, doch er konnte schlecht raus gehen und jedem sagen, wie er wirklich hieß. Es reichte ihm schon, wenn Leute einfach so Videos über ihn im Internet verbreiteten. Auch, wenn er damit hätte rechnen sollen, da es keine Seltenheit war, als Straßenmusiker gefilmt zu werden.

Nachdem ihm also bewiesen worden war, dass der Herr am anderen Ende der Leitung nicht das Blaue vom Himmel herab log, hatte er das Telefongespräch wieder aufgenommen:

"Bitte, wiederholen Sie nochmal Ihr Angebot, ich bin ganz Ohr."

Der Mann am anderen Ende, der anscheinend alles in Bewegung setzen würde, um ihn wieder nach Sydney zu bekommen, hatte leise gelacht und Keith nochmal sein Angebot unterbreitet:

"Natürlich, sehr gerne. also, mein Name ist Coran Smythe und ich rufe Sie aus Sydney an. Ich möchte Sie für mein Projekt! Es sind alles angehende, junge Künstler in Ihrem Alter und dieses Vorhaben ist Ihr Sprungbrett, Ihre Chance!"

Er hatte weiter von einem Ballettstück erzählt, mit dem er besagtes Projekt auf die Beine stellen wollte, mit Musikern aus aller Welt. Sowohl die Anzahl der Orchestermitglieder, als auch die der Tänzer würde begrenzt sein und die Komponistin des Stückes war sogar jünger als der Violinist selber.

„Ich habe alle nötigen Verbindungen, um ordentlich Werbung zu machen, es wird drei Konzerte geben und ich verspreche Ihnen, dass das Ganze ein Erfolg wird!
Die Tänzer sind ebenfalls erst am Anfang ihrer Karriere, wenn ich mich recht erinnere, studieren sie noch, also werden Sie abgesehen von den anderen Musikern auch mit ihnen wahrscheinlich gut klarkommen.
Die Bezahlung an Sie wird leider nicht ganz so üppig ausfallen können, wie bei Profis, doch durch die Aufmerksamkeit, die sie durch dieses Projekt bekommen werden, wird es Ihnen viel leichter fallen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen."

An dieser Stelle hatte der Dirigent eine Atempause eingelegt und Keith hatte die Chance ergriffen, ihn zu unterbrechen:

"Also, um das klar zu stellen: Sie wollen, dass ich wegen diesem Stück nach Sydney komme?", hatte er mit einem leichten Flattern im Magen zusammengefasst. Alleine der Gedanke, nach Hause zurück fliegen zu können, und wenn es nur für dieses Projekt wäre, zauberte ein Lächeln auf seine Lippen.

Das Nicken am anderen Ende der Leitung war fast schon hörbar gewesen.

"Wir können Ihnen etwas mehr bezahlen, damit sie eine Unterkunft finanzieren können, aber für den Flug und den ganzen Rest müssen Sie leider selber aufkommen. Doch, vergessen Sie nicht: Letztendlich geht es um das Werk an sich, darum, zu zeigen, dass auch die, die noch nicht professionell tätig sind, etwas Professionelles auf die Bühne bringen können! Und, wohin sie auch gehen werden, ich versichere Ihnen, dass es auf Ihrem Lebenslauf hervorragend aussehen wird, wenn Sie mitgewirkt haben. Und außerdem kann ich mir niemand anderen im Geigensolo vorstellen, als Sie."

"Sie wollen mich für das Solo?!"

Es hätte Keith nicht gewundert, wenn Mr. Smythe sich doch dafür entschieden hätte, ihm den Flug zu bezahlen, wäre das ein Problem für ihn gewesen.

Er war, als er den Hörer abgenommen hatte, skeptisch gewesen, doch klang allein die Idee, wieder nach Sydney zu kommen, so verlockend, dass er eventuell sogar mitgemacht hätte, wenn sie ihm gar nichts bezahlt hätten.

Und, zugegeben, er fühlte sich geschmeichelt, dass jemand fremdes es sich so sehr zur Aufgabe gemacht hatte, ihn zu finden und anzuheuern, bloß, weil er ein paar Videos gesehen hatte.

Also hatte er dem Dirigenten zugesagt.

Es hatte sich kurz darauf herausgestellt, dass er keine Probleme mit der Suche nach einer Unterkunft haben würde, da seine Großeltern beinahe sofort angeboten hatten, ihn für die Zeit bei sich aufzunehmen.

Somit hatte er nur den Flug zahlen müssen, mit dem er zwei Wochen darauf nach über fünf Jahren in Tokio wieder nach Sydney gekommen war, sein Glück kaum fassen könnend.

Wenige Tage darauf hatte er sich mit dem Dirigenten des Stückes, Coran Smythe, der darauf bestanden hatte, dass sie sich duzten, getroffen.
Coran war ein aufgeweckter Mann mittleren Alters, ein Visionär, mit roten Haaren, einem nicht minder roten Schnauzbart und Lachfältchen in den Augenwinkeln. Bei einem Stück Kuchen hatten die beiden sich über weitere Einzelheiten unterhalten, wie die Auftrittstermine, die Anfang März nach einer intensiven Probephase stattfinden sollten, und dem Gehalt, das letztendlich doch üppiger ausfiel, als Keith es erwartet hatte.

Sogar die Noten für sein Solo hatte er schon bekommen, sodass er sie nun jetzt schon beginnen konnte, zu üben, damit er möglichst schnell mit dem Solotänzer gemeinsam würde proben können. Denn, da die Choreographie noch nicht einmal ansatzweise kreiert worden war, würde der Tänzer sich selber etwas überlegen müssen. Und dafür würde er Musik brauchen.

Coran hatte ihm auch den Termin für ein Treffen gegeben, bei dem sich alle Projektmitglieder kennenlernen sollten und bei dem ihnen auch die Komponistin des Stücks vorgestellt werden würde.

Keith hatte seine freien Tage vor diesem Gruppentreffen dazu genutzt, sich wieder mit seiner Heimat vertraut zu machen, Schwimmen zu gehen, die Zeit mit seinen Großeltern nachzuholen und, natürlich, das Solo zu üben.

Er hatte, abgesehen von seinem Anfängermodell, alle seine Geigen mitgenommen, die beiden klassischen, sowie seine drei elektrischen Modelle, mit denen er auch schon ein paar Mal in Sydneys Fußgängerzonen und Promenaden gespielt hatte.

Auch, wenn die meisten Blicke in seine Richtung zuerst etwas verwirrt waren, mochte er es, draußen zu spielen und die Reaktionen der Passanten zu beobachten.
In dunklen Konzertsälen hatte zwar alles immer eine seriöse und edle Stimmung, und es überkam einen viel öfter Gänsehaut, wenn man den Klang des großen Orchesters im Saal hörte, doch unter freiem Himmel, auf offener Straße war es nochmal was anderes.
Hier konnte er auch modernere Stücke spielen, er konnte den Leuten ins Gesicht sehen, wenn er spielte, und auch Menschen mitnehmen, die vielleicht nie zu einem Konzert gehen würden.

Keith mochte das.

Diesen Ausgleich zwischen edlen Auftritten und freiem Spielen auf der Straße.

Cora hatte gesagt, dass das Treffen in der Royal Academy of Dance stattfinden würde, da die drei Tänzer erst kurz davor erfahren würden, was auf sie zukommen würde.

Keiths Meinung nach war das etwas riskant - Was, wenn plötzlich einer von ihnen nicht wollte? - doch Coran hatte abgewunken und gemeint:

"Glaub mir, wenn du sie kennen lernst, wirst du wissen, warum uns allen klar ist, dass sie mitmachen werden."

Somit war es nun fast fünf Uhr nachmittags und Keith war auf seinem Weg zur Royal Academy of Dance, seinen Geigenkoffer in der Hand und eine schwarze Sonnenbrille auf der Nase.

Er hatte nicht ganz gewusst, ob sein Instrument erforderlich sein würde, es jedoch sicherheitshalber mitgenommen, zusammen mit den Noten des Solos. Den Rest seiner Stimme würde er erst heute bekommen.

Der Wegweisung auf seinem Handy folgend, bog er in eine Seitenstraße ein, erleichtert aufatmend, als er einen großgewachsenen jungen Mann mit langen, fast schon weißen Haaren und einem Cellokoffer auf dem Rücken von einem Eingang stehen sah.

Als er ihn nähertreten sah, blieb der Cellist stehen und ein kleines, erleichtertes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht.

"Auch hier wegen dem Projekt für Künstler am Anfang ihrer Laufbahn?", fragte er ihm verschmitzt entgegen und Keith nickte grinsen.

"Keith", stellte er sich vor, als er bei dem anderen ankam und streckte dem jungen Mann seine Hand hin.

Erfreut schüttelte dieser sie und stellte sich seinerseits als Lotor vor.

"Weißt du, ob wir reingehen müssen?", wollte Keith wissen, da ihnen noch etwas mehr als zehn Minuten blieben und Lotor zuckte mit den Achseln

"Also, gerade eben, als ich hier in die Straße eingebogen bin, sind ein paar reingegangen, die glaube ich irgendwelche Blasinstrumente dabeihatten, also wollte ich es auch gerade nach drinnen versuchen", meinte er und Keith spähte durch die Glastür ins Innere des Gebäudes.

Da ihnen nichts Besseres einfiel, traten sie letztendlich ebenfalls ein und versuchten ihr Glück an der Rezeption, von der aus sie tatsächlich weiter zu einem Tanzsaal geschickt wurden. Vor der Tür des Saales hatte sich, wie es schien, ein kleiner Haufen Musiker gebildet, ein paar mit Instrument, ein paar ohne.

Keith fand schnell die zweite Geigenstimme, eine junge Frau, zwei Jahre jünger als er, die aus Argentinien angereist war und sich ihm mit gedämpfter Stimme als Isabelle vorstellte.

Nach und nach kamen mehr Leute hinzu, bis sie sich trotz ihrer, für ein Orchester, geringen Zahl eng aneinanderdrücken mussten, um alle in den engen Gang zu passen und nicht die Wege zu blockieren.
Coran schien wirklich intensiv nach Leuten gesucht zu haben, die er für sein Projekt haben wollte.

Wenige Minuten später tauchte besagter Dirigent ebenfalls auf, Sonnenbrille in den Haaren, Aktentasche unter seinem Arm und ein strahlendes Lächeln im Gesicht.

"Also, ich muss euch alle bitten, noch ein wenig draußen zu warten, bis ich euch hinein hole, ich überbringe den drei Auserwählten jetzt erst die Nachrichten. Macht dann auch bitte Platz für den Rest des Kurses, die Stunde ist nämlich gleich vorbei und sie kommen dann alle hier raus.
Und für die, denen ich es noch nicht gesagt habe: Die Förmlichkeiten können wir gerne untereinander lassen, da ich selber keinen großen Wert darauflege und ihr schließlich mit mir zusammen und nicht für mich arbeitet. Ihr seid alle ungefähr im gleichen Alter, also sollte das gehen, wer aber nicht damit einverstanden ist, kann gerne nach der Besprechung zu mir kommen.
Dann bis gleich", schloss er mit einem aufmunternden Zwinkern und öffnete nach einem kurzen Klopfen die Tür des Saales, um hinein zu schlüpfen und drinnen zu warten, bis der Kurs zu Ende war.

Die neugierigen Blicke der Musiker folgten ihm und ein paar stellten sich tatsächlich auf die Zehenspitzen, um Näheres sehen zu können, doch als die Tür ins Schloss fiel, hatten sie nicht mehr als Blicke auf ein paar Tänzer erhaschen können. Schweigend blieben die Orchestermitglieder also im Gang zurück, sich in der peinlichen Stille mit Blicken ausweichend und darauf wartend, dass etwas geschah.

Kurz darauf war die Stunde zu Ende und sie rückten alle von der Tür weg, als diese aufging und in etwa zehn bis fünfzehn Studenten herauskamen, Trinkflaschen in den Händen und Slipper an den Füßen. Ein paar hielten Spitzenschuhe in den Händen.
Beim Vorbeigehen betrachteten sie neugierig die jungen Erwachsenen, die sie noch nie zuvor in der Academy gesehen hatten, und die Musiker sahen nicht minder neugierig zurück, erstaunt, dass keiner der Tänzer ein Tutu trug. Manche trugen zwar Tanzbodies, doch der Rest schien in Alltagsklamotten zu üben.

Mit etwas Abstand zu ihren Schülern folgte auch eine Frau, die Tür wieder hinter sich schließend und ihnen ein Lächeln schenkend.

"Ich bin mir sicher, dass es großartig wird", sagte sie und sah alle voller vertrauen an, "Coran macht nie halbe Sachen."

Sie zwinkerte den Musikern nochmal aufmunternd zu, bevor auch sie den Gang entlanglief und um die Ecke verschwand.

Stumm standen sie alle vor der verschlossenen Tür, ein paar lehnten sogar ihre Ohren dran, um besser hören zu können, was drinnen vor sich ging.

"Coran redet gerade", informierte sie ein Mädchen mit roten Haaren, die sie zu einem Zopf zusammengebunden hatte, und runzelte in ihrer Anstrengung, etwas zu verstehen, die Stirn.

Doch kaum einen Augenblick darauf musste man nicht einmal das Ohr spitzen, um zu wissen, was im Saal geschah, da ein Aufschrei und überrascht-ungläubiges Luftschnappen zu hören waren und die drei Tänzer begannen, laut durcheinander zu reden, Aufregung und Freude ihre Stimmen quietschen lassend.

Die Musiker mussten bei diesem Gefühlsausbruch kichern und wechselten amüsiert verschwörerische Blicke.

"Zwei Mädchen und ein Junge", stellte die Rothaarige fest, die die Stimmen anscheinend auseinanderhalten konnte.

Ein paar nickten.

Coran redete wieder und es war ein "Sie sind hier?!" zu hören, das anscheinend der männliche der drei Tänzer ausgerufen hatte und wieder mussten die vor der Tür Stehenden leicht lachen. Manche grinsten nun von einem Ohr zum anderen und in allen stieg die Neugierde an, endlich die drei Hauptdarsteller zu treffen, die hörbar ganz aus dem Häuschen waren.

"Coran kommt!", warnte die Rothaarige und trat schnell von der Tür zurück, während alle anderen nach ihren Instrumentenkoffern und Taschen griffen. Keith hatte seinen Geigenkoffer gerade in die Hand genommen, als die Tür schon auf ging und Coran ihnen stolz lächelnd entgegenblickte.

"Es hat alles geklappt! Nun ist es an der Zeit, kommt rein. Wir sind für euch bereit", meinte er zufrieden und lud sie mit einer großen Geste ein, den Tanzsaal zu betreten.

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