4. I'm Born To Run

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Obwohl die Sonne noch nicht einmal ihren Höchststand erreicht hatte, war das Thermometer schon auf über 30°C geklettert. Der Wind war nun keine leichte Brise mehr, sondern sehr viel trockener und heiß, und wenn er sich mal drehte und nicht von der Wüste aus kam, dann roch er nach Salz und Fisch.

Keith hatte sich aufgrund der sicher kommenden Hitze dazu entschieden, kürzere Hosen und ein leichteres T-Shirt zu tragen, da er hier, genauso wie in Tokio, nie einen Sommer nur in langen Hosen überleben würde. Doch schwarz würde seine Kleidung bleiben, egal, wie heiß es werden würde.

Den Geigenkoffer auf dem Rücken war er auf dem Weg zum Conservatorium of Music, wo heute, wie von Coran angekündigt, die erste Orchesterprobe stattfinden sollte.

Die restlichen Noten des Stücks hatte er sich angesehen und den gestrigen Tag hauptsächlich mit Üben verbracht. Es war manchmal ein langwieriger Prozess, vor allem, wenn man sich alle Seiten auf einmal ansehen musste, doch da würde es den anderen wahrscheinlich nicht anders gehen, schließlich hatten sie genauso wenig Zeit wie er gehabt.

Als er die Straße zum Conservatorium überquerte, sah er schon eine große Gruppe vor dem Gebäude, die am Hineingehen war, also joggte er etwas, um zu den anderen aufzuschließen.

Lotor, der ihn gesehen hatte, blieb etwas zurück, um zu warten und begrüßte Keith mit einem Kopfnicken, als er angekommen war.

"Ich hab mich schon gewundert, als ich dich nicht in der Hotelgruppe gesehen habe", bemerkte er, "Auch Verwandte in der Stadt?"

"Ja", Keith nickte, "Meine Großeltern wohnen hier. Seid ihr anderen alle im gleichen Hotel?"

"Also, er nicht, aber wir Übrigen ja", klinkte sich das rothaarige Mädchen, das beim Gesamttreffen an der Tür des Tanzsaales gelauscht hatte, ins Gespräch ein. Sie winkte sie durch die Tür, die sie ihnen aufhielt, ins Innere des Gebäudes. "Wir haben ein ganzes Stockwerk für uns. Zwei bis drei teilen sich ein Zimmer", erklärte sie, während die beiden dankend in die kühle Eingangshalle traten.

"Ah", Keith nickte. Nun war ihm auch klar, warum immer so viele Orchestermitglieder auf einmal an einem Ort aufzufinden waren. Sie gingen immer gemeinsam los.

"Und mit wem bist du in einem Zimmer?", fragte er sie, während sie mit etwas Abstand zu den anderen einen breiten Gang entlangliefen.

"Zethrid und Shay", antwortete die Rothaarige, deren Name Keith immer noch nicht kannte, und deutete auf zwei große Mädchen, die nebeneinander in der Gruppe vor ihnen liefen, "Shay spielt Fagott und Zethrid ist zusammen mit Kaji für die Perkussion zuständig." Sie zeigte auf einen jungen Mann mit breitem Rücken und blond gefärbten Haaren, deren Ansatz langsam am Nachwachsen war.

Zethrid war größer als Keith, wie er bemerkte, und stämmig, ihre kräftigen, krausen Haare in einem grellen Pink gefärbt. Sie schien fest auf beiden Beinen zu stehen und jedem Wind trotzen zu können, während Shay, die in etwa genauso groß, wenn nicht sogar ebenfalls größer als Keith war, selbst von hinten etwas Ruhigeres und Sanfteres ausstrahlte und ihre Finger in die Gurte ihres Rucksacks gehakt hatte. Aufgrund dessen unnatürlicher Form vermutete Keith, dass sich darin ihr Fagott befinden musste.

Die Gruppe bog um eine Ecke und steuerte auf eine Tür am Ende des Ganges zu, wo der Proberaum liegen musste, und von den kahlen Wänden hallten die vielen Gesprächsfetzen ihrer Unterhaltungen.

"Und du hast also Verwandte hier?", wandte Keith sich wieder an Lotor, dessen lange Haarpracht zu einem wallenden Zopf gebunden worden war, wobei vereinzelte Strähnchen sein Gesicht einrahmten.

Dieser nickte.

"Also, ja, ich bin schließlich hier aufgewachsen", meinte er schräg grinsend und zuckte mit den Schultern, "Meine Familie wohnt in Rose Bay."

Keith hatte kaum damit gerechnet, auch Leute aus Sydney im Orchester zu finden, da Coran ihm bei ihrem Treffen erzählt hatte, dass er Leute aus der ganzen Welt für dieses Projekt rekrutiert hatte, doch er freute sich auch irgendwie. Es war als würde nun eine Art Bindung zwischen ihnen bestehen, da sie beide wussten, wie es war, in Sydney zu wohnen. Es war schön.

Die Tür des Raumes war nicht abgeschlossen und so traten sie alle ein, um drinnen auf ein paar frühe Vögel zu treffen, die sich schon einspielten oder stimmten, kleine Melodieabschnitte die Luft füllend.

Der Probesaal war eher mittelgroß, die Decke jedoch höher als erwartet und alle hatten genügend Platz für ihr Zubehör und ihre Koffer. Doch Raum für ein Publikum gab es nicht mehr, da Coran nur wenige Schritte vor der Eingangstür stehen würde, wenn er dirigierte.

Die Gruppe, die gestern da gewesen war, hatte schon für jeden Stühle und Notenständer aufgebaut, und bei den richtigen Instrumenten genügend Platz nach allen Seiten gelassen, wie zum Beispiel bei den Querflöten oder der Posaune.

Rege Betriebsamkeit breitete sich aus, als sie auspackten, ihre Noten ordneten und nach links und rechts Stühle abzählend ihre Plätze suchten, um sich dort dann einzuspielen. Die Lautstärke, die sich dabei bildete, war, trotz ihrer geringen Zahl für ein Orchester, gewaltig, vor allem, als die Blechbläser begannen, einen Wettkampf mit den Holzbläsern auszutragen, bei dem das lauteste Instrument gewinnen sollte.

Sich seine Ohren zu haltend, warf Keith einen entnervten Blick nach hinten, als die Rothaarige, die anscheinend Querflöte spielte, einen so hohen und schrillen Ton mit ihrer Flöte erzeugte, dass er fast nur noch für Fledermäuse hörbar gewesen wäre.
Shay, die dabei war, ihr Rohr anzufeuchten, nahm es lachend aus dem Mund und forderte die Posaune hinter ihr auf, den durchdringenden Ton zu toppen.

Doch, wer einmal in einem Orchester gesessen hatte, wusste, dass an Lautstärke kaum etwas die Blechbläser übertreffen konnte. Zumindest, wenn immer nur zwei Personen gegeneinander antraten.

Alle Anwesenden zuckten zusammen und hielten sich die Ohren zu, als der Posaunist, ein blonder Teenager, tief Luft holte und einen so lauten Ton erzeugte, dass dieser begann, zu knattern und sich zu überschlagen.

Das entsprach nicht mehr Keiths Interpretation von Musik und er gab es auf, sich einzuspielen, da er bei dem Getöse keinen einzigen Ton seiner Geige würde hören können. Genervt rutschte er tiefer in seinen Stuhl, doch verfolgte über seine Schulter hinweg weiterhin das Geschehen.

Aber gerade, als Shay gegen den Trompeter, einen jungen Mann mit haselnussbraunem Haar, antreten wollte, wurde die Tür mit solcher Wucht aufgeschlagen, dass sie laut knallend gegen die Wände krachte.

Alle wirbelten ertappt zu Coran herum, der in weißen Shorts und einem geblümten Hemd, das sich fürchterlich mit seiner Haarfarbe biss, hineingeschritten kam, die Augenbrauen wütend zusammengezogen.

Keiner hatte Coran bisher wütend erlebt und eine angespannte Stille legte sich über den Raum, da niemand wusste, was als nächstens kommen würde.

"Ich werde wohl immer so aussehen müssen, wenn ich hier etwas Ruhe haben möchte, oder?", fragte er mit gefährlicher Ruhe, vom einen zum anderen blickend. Ein paar schüttelten schuldbewusst die Köpfe, andere hatten ihren Blick auf den Boden fixiert.

Keith musste sich ein Lächeln verkneifen.

"Nun, gut, dass ihr alle still seid, ich wollte sowieso ein paar organisatorische Dinge loswerden, jetzt, da wir endlich hier sind", fuhr Coran fort und seine Züge entspannten sich wieder etwas, als er begann, seine Partitur auf dem Notenständer auszubreiten und seinen Taktstock aus seiner Aktentasche hervorzog, "Wir sind hier nur zu Gast, deshalb wird dieser Raum am Ende wieder so verlassen, wie wir ihn vorgefunden haben. Kein Müll, keine eingeschlagenen Fenster - ja, glaubt mir, sowas kam schon mal vor - keine Farbe an Wänden, wo sie nichts zu suchen hat und so weiter. Ich verlasse mich darauf, dass ihr reif genug seid, eure Taten zu bedenken", er warf vor allem den Jüngeren einen schweren Blick zu, die mit einem Schlucken nickten, "Dann nun zum Verhalten vor, während und nach den Proben:

Ihr kommt hier her, spielt euch ein und lasst dann ein paar Stimmgeräte rumgehen. Wenn ihr eures verleiht, stellt bitte sicher, dass ihr es nachher wieder findet, ich bezahle euch kein neues.
Wenn alle gestimmt sind, wird nicht mehr gespielt, das gilt auch während den Proben. Wenn ich mit einzelnen Stimmen oder Gruppen übe, spielt keiner im Hintergrund, das stört und verlängert den gesamten Vorgang nur, während es meine Nerven kürzt. Das gleiche gilt fürs Essen. Ich werde euch genügend Pausen geben, in denen ihr so viel essen könnt, wie ihr wollt. Vor allem die Bläser will ich nicht während den Proben mit Essen erwischen, geschweige denn Kaugummis oder Bonbons. Den anderen sind Bonbons erlaubt, solange ihr nicht dazu tendiert, sie zu verschlucken, oder laut beim Lutschen zu schmatzen."

Empörtes Geflüster war von den Bläsern zu hören, die auch Bonbons lutschen wollten, doch das war immer so. Kaum wurde einer Gruppe etwas erlaubt, wollten alle anderen auch.

Letztendlich, dachte Keith, war ein Orchester im Prinzip sowas wie eine Familie, wobei jeder verschiedene Rollen einnehmen konnte. Es gab die Älteren, die meistens schon länger spielten und mehr Erfahrung hatten, die waren dann, genauso wie der Dirigent, die Eltern.
Untereinander waren alle Musiker dennoch irgendwie Geschwister, die immer gleichbehandelt werden wollten, sich gegenseitig ärgerten und herausforderten, und trotzdem gemeinsam am stärksten waren.

Coran fuhr fort, sie in die neunen Regeln einzuführen, erklärte, wo die Toilettenräume waren und was sie in den Pausen machen durften. Er erläuterte ihnen, wie er sich die künftigen Proben vorstellte, und ermahnte sie alle, ihre Instrumente immer an einem sicheren Ort unterzubringen und am Abend wieder ins Hotel oder nach Hause mitzunehmen, um zu üben. Nachdem er seine Idee für einen Probenplan mit ihnen geteilt hatte, überlegte er kurz, ob er etwas vergessen hatte, doch dies schien nicht der Fall zu sein, da er zufrieden nickte.

Mit seinem altbekannten Lächeln wieder auf den Lippen hob er endlich die Arme, den Taktstock in der Hand und bedeutete dem Orchester, sich spielbereit zu machen.

"Dann beginnen wir doch einfach mal von ganz vorne und springen ins kalte Wasser! Mal sehen, wie Axcas Komposition mit euch klingt!"

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Letztendlich hatten sie doch nicht so "ins kalte Wasser springen" können, wie Coran sich das vorgestellt hatte, da ein Teil noch nicht gestimmt gewesen war und der Rest sich auf unterschiedliche Frequenzen eingestimmt hatte, sodass sie auch nicht zusammengepasst hatten.

Keith hatte gedacht, dass die Proben bei weitem geordneter ablaufen würden, als in seinen damaligen Schulorchestern, doch anscheinend machte ihr Alter ihrem Können einen Strich durch die Richtung.

Vor allem, wenn es um den Anfang der Proben ging.

Doch, wer weiß, vielleicht würde sich das in den drei Monaten, die sie nun gemeinsam spielen würden, einpendeln?

Um ein Uhr entließ Coran sie trotz aller Strapazen am Anfang fröhlich in ihre Mittagspause, die eine Stunde dauern würde, und Keith entschied sich dazu, Lotor, die Rothaarige, die sich als Ezor vorgestellt hatte, und ein paar andere zu begleiten, die sich zum Mittagessen Sandwiches holen wollten, um diese dann am Hafen zu verspeisen.

Während Ezor mit ihren Zimmernachbarinnen plauderte, schlenderten Lotor und Keith hinterher und unterhielten sich mit den beiden jungen Männer, die sich ihnen angeschlossen hatten.

Der eine war der Trompeter des Orchesters, James Griffin, der aus Warrnambool angereist war, einer Stadt in der Nähe von Melbourne, wo er neben dem Trompetenspielen einen Surfkurs leitete. Er war nicht wirklich der Typ Mensch, mit dem Keith sich sofort anfreundete, doch er schien in Ordnung zu sein.
Sein Zimmernachbar Ryan hingegen war dem Violinisten sofort sympathisch.

Der große Bassist hatte zuerst in Moskau gelebt, bevor seine Familie nach Miami gezogen war, weshalb er zu den Orchestermitgliedern gehörte, die besser Englisch sprechen konnten. Auch wenn er das nicht oft tat, da er, soweit Keith das einschätzen konnte, ein eher schweigsamer Typ war.
Mit immer noch währendem Grauen in der Stimme erzählte Ryan, wie er beim Anflug beinahe seinen Kontrabass nicht mehr gefunden hatte und seine drei Zuhörer litten mit ihm.

Keith verstand das Gefühl schließlich nur zu gut. Etliche Male hatte er am Flughafen sein Gepäck durchgezählt, als wäre er eine Mutter, die ihre Kinder nicht verlieren durfte, einfach aus Angst, eine seiner Geigen nicht mehr zu finden. Es gab kaum schlimmeres für einen Musiker, als sein heiß geliebtes Instrument zu verlieren, weshalb die meisten ihre Instrumente hüteten wie ihren Augapfel.

Eine Viertelstunde später liefen sie mit ihren Sandwiches in Händen den Hafen entlang, auf der Suche nach einem Paar Bänke, das noch nicht von älteren Herrschaften besetzt war. In der Nähe des fünften Kais war tatsächlich noch etwas frei, sodass sie alle eng aneinandergedrückt Platz nehmen konnten, wobei Ezor sich kurzerhand auf dem Boden niederließ, da der laut ihr: „Genauso passabel wie die Bank", war. Mit einem Schulterzucken setzte sich Zethrid neben sie und auch Ryan schien dieses Argument einzuleuchten, sodass am Ende auch die übrigen genügend Platz auf ihrer Bank hatten.

"Und, glaubt ihr, das Stück wird so ein Erfolg, wie Coran es immer ankündigt?", fragte Ezor in die Runde, nachdem sie von Zethrids Sandwich probiert hatte, aus Neugierde, wie es schmecken würde, und ließ die Größere nun auch an ihrem abbeißen.

"Keine Ahnung", seufzte Lotor, der seinen linken Ellenbogen auf der Rückenlehne abgelegt hatte, "Ich hoffe mal. Ich meine, solange wir nicht kompletten Mist im Orchestergraben spielen, hängt das meiste ja von den Tänzern ab, nicht? Das Publikum sieht sie und die meisten konzentrieren sich eher darauf, was auf der Bühne geschieht und ob es mit den Tönen harmoniert. Solange die Tänzer etwas Gutes choreographieren sollte doch alles gut sein, nicht?"

Ezor wiegte ihren Kopf nachdenklich von einer Seite zur anderen.

"Er lässt es immer so klingen, als würden wir etwas weltveränderndes auf die Beine stellen, aber ist das auch so?", hakte sie nach.

"Ich glaub schon", überlegte Shay, "Schließlich ist Axca noch nicht einmal zwanzig und hat schon so ein Stück geschrieben.
Und die Tänzer choreographieren alles selber.
Wir sind alle aus verschiedenen Teilen der Welt und keiner von uns ist professionell dabei, noch nicht einmal Coran glaube ich.
Aus dem Blickwinkel betrachtet, ist es schon etwas Besonderes."

"Warte-", meinte James, seine Miene spielte zwischen Verwirrung und Schock, "Axca ist noch nicht zwanzig?!"

Shay schüttelte lachend ihren Kopf.

"Ich weiß, sie sieht so alt aus, wie Keith-"

"Ich bin nicht alt", brummte er, "Ich bin erst 22."

"-aber sie hat mir erzählt, dass sie erst am Tag der dritten Aufführung zwanzig wird."

James nickte nachdenklich, anscheinend hatte diese Information ihn wirklich überrascht, und Lotor meinte, dass sie Axca etwas zum Geburtstag organisieren sollten, wenn es soweit war, woraufhin alle nickend zustimmten.

"Von wo seid ihr eigentlich alle angereist?", fragte Keith in die Runde, neugierig, ob wirklich alle aus den verschiedensten Ecken kamen.

"Schottland", grinste Ezor, was er eigentlich aus ihrem Akzent hätte erraten können.

Ryan erzählte nochmal für alle, dass er aus Miami gekommen war und Lotor und James gaben sich als die "Aussies" ein High-Five, aus dem sie Keith freundlich ausschlossen, da er, wie James ihm freundlich erklärte: "Nach Tokio abgehauen", war.

Shay schwärmte von den Hochhäusern Manhattans und Zethrid beschrieb ihnen ihren Hund, der in Arizona auf sie wartete.

"Wir sind gar nicht der abgefahrene Teil der Mannschaft", meinte Ezor, die anscheinend am vorherigen Tag viel mehr von Zimmer zu Zimmer gegangen war, als zu üben, "Da wäre zum Beispiel Luiz, der die andere Cellostimme spielt. Er ist aus São Paulo hierhergekommen.
Oder der Pianist! Wie heißt er nochmal?"

"Kousei Arima", warf James ein und die Schottin nickte, sich wieder erinnernd.

"Mit ihm wirst du dich wahrscheinlich unterhalten können, Keith. Er kommt aus Japan, und, sagen wir so, er versteht in den Proben gerade so noch ganz gut, was vor sich geht. Sonst fehlt ihm halt meistens das Vokabular."

Keith nickte, auch wenn er nicht wusste, ob er wirklich zu dem stillen Pianisten gehen und Konversation führen sollte, bloß, weil er Japanisch sprechen konnte und ein paar Jahre in Tokio gelebt hatte.

"Viel mehr Leute hab ich mir leider noch nicht merken können", seufzte Ezor und knüllte ihr Sandwichpapier zusammen.

"Keine Sorge, du hast das sehr gut bis jetzt gemacht", meinte Lotor grinsend und tätschelte ihr den roten Schopf, sich sichtlich über ihre Informationsbeschaffung lustig machend.

Sie streckte ihm die Zunge aus.

"Ich frag mich, wie die Tänzer so sind. Fürs erste werden wir sie ja nicht wirklich sehen, oder?", lenkte Ryan das Gesprächsthema auf ihre drei weiteren Mitglieder im Projekt.

Zethrid zuckte mit den Schultern.

"Sie schienen doch ganz okay zu sein, nicht?", meinte sie und grinste leicht, "Der Solist war lustig. Lance, oder? Auch, wenn ich mir vorstellen kann, dass er leicht nerven könnte.
Ist nur ein Gefühl, ich hab das manchmal bei Menschen", meinte sie mit abwehrend erhobenen Händen auf die fragenden Blicke der anderen hin, und wandte sich an Keith: "Was wollte Coran eigentlich nach der Probe noch von euch?"

Er zuckte mit den Achseln.

"Da ich meine Geige dabeihatte und er mir die Noten vom Solo schon früher gegeben hat, wollte er, dass ich es Lance mal vorspiele, damit er weiß, wie's klingt", erklärte er, das Sandwich in seinem Magen ihn träge werden lassend.

"Und, wie ist er so drauf?", wollte Lotor wissen, der seine langen Beine vor sich ausgestreckt hatte und leicht Richtung Sonne blinzelte.

Keith überlegte.

"Ganz okay, glaube ich", er fragte sich, wie er sich ausdrücken sollte, um es möglichst treffend zu beschreiben. "Also, er war ja bei der Sitzung ganz lustig, aber als wir dann geprobt haben, war es irgendwie komisch. Ich hatte ständig das Gefühl, er würde sich über mich lustig machen und gleichzeitig glauben, ich würde ihn für dumm halten oder so. Ich glaube, wir haben den Großteil der Zeit einfach aneinander vorbeigeredet und sind deshalb ein wenig aneinandergeraten. Aber, naja", meinte er und grinste leicht, "irgendwann haben sich unsere Launen dann aber auch wieder eingerenkt und als wir uns danach noch unterhalten haben, war er eigentlich ziemlich ... nett?"

Es war schwierig, die schnellen Stimmungswechsel zwischen ihnen zu beschreiben, da Keith die meiste Zeit über nicht wusste, woher sie kamen und was überhaupt vor sich ging. Generell konnte er noch nicht sagen, was er von Lance hielt, dafür hatten sie noch nicht ganz den richtigen Mittelweg in ihrer Kommunikation gefunden.

"Es ist kompliziert ", versuchte er, seine Beschreibung abzuschließen, "Nein- er ist kompliziert. Aber ich glaube, dass er das, was er tut, wirklich mag, deshalb sollten wir eigentlich klarkommen. Und selbst, wenn er schwierig ist und nerven sollte", er warf Zethrid einen amüsierten Blick zu, "werde ich wohl damit klarkommen müssen. Und können."

Aus den Gesichtern der anderen konnte er lesen, dass sie nun absolut keine Ahnung hatten, was sie von Lance denken sollten, also schob er ein schnelles "Also, er ist okay" nach, was sie leicht schmunzeln ließ.

"Dann bin ich mal neugierig", gähnte James, der ebenfalls vom Essen müde geworden zu sein schien, und stützte sich nach hinten auf seinen Händen ab.

Abgesehen von ihnen wuselten überall Menschen herum, die ein Schiff bekommen wollten oder auf dem Weg in die Rocks waren, wo die Promenade wie immer zu Mittagszeiten unglaublich voll sein musste. Hinter ihnen hörten sie noch dumpf den Verkehr der Straßen und auch von der Harbour Bridge hallten Motorgeräusche zu ihnen hinunter. Hier und da erklang das Horn eines Schiffes und das Meerwasser schwappte in den Hafenbecken.

Wenn der Wind einen Moment lang nicht wehte, spürte man erst die beinahe schon feuchte Hitze der Hafenstadt und Keith wünschte sich in dem Augenblick nichts sehnlicher als ein Eis und eine Klimaanlage.

Die Strände mussten voll sein, überlegte er, voll mit Leuten in ihren Mittagspausen, voll mit Surfern, Schwimmvereinen und Familien. Voll von Sandburgen, Zigarettenkippen und Sandspielzeug.
Die Restaurants und Cafés mussten aus allen Nähten platzen.

"Hat wer Lust, sich kurz das Opera House mit mir anzusehen? Es ist gar nicht so weit weg", fragte Shay müde in die Runde und erstaunlicher Weise rappelten sie sich kurz darauf alle auf, um sich auf den Weg zu machen.

Während sie sich ihren Weg zwischen all den anderen Leuten hindurch bahnten und immer wieder besetzten Tischen der Restaurants auswichen, die sich am Hafen angesiedelt hatten, spürte Keith, wie seine dunklen Haare in der Mittagshitze immer wärmer wurden und ihm die Strähnen inzwischen teilweise schon im Nacken klebten.

Lotor musste sich mit seiner fast weißen Haarpracht keine Sorgen machen, ob seine Frisur in Flammen aufging, überlegte der Violinist leicht neidisch, während er sich seine Haare nun ebenfalls aus dem Nacken band, um etwas Luft zu bekommen.
Nach einer kleinen Weile bogen sie leicht ab und vor ihnen weitete sich der Weg zu einem großen Platz aus, auf dem das Opera House stand. Sie benötigten mehr Zeit, als gedacht, um zu den Treppen zu kommen, die zu dem großen Gebäudekomplex führten, doch dann standen sie letztendlich in einer Reihe davor und nahmen ehrfürchtig die gebogenen Dächer in Augenschein.

"War von euch schon mal jemand da drinnen?", fragte James leise und außer Lotor schüttelten alle anderen den Kopf.

"Ich war einmal für ein Jugendkonzert hier, als ich kleiner war", erzählte der Cellist, "Aber da waren wir im Konzertsaal und nicht im Theater, also weiß ich auch nicht, wie unsere Bühne sein wird."

Still standen sie alle da und während sie sich im Anblick der glänzenden Kacheln sonnten, begann sich in ihnen Aufregung zu bilden, nur ganz leicht, ein kleines Kribbeln im Bauch, das sich dort festsetzte und bereit war, in den kommenden Monaten größer und größer zu werden.

Auch, wenn sie etwas daran gezweifelt hatten, waren sie sich nun sicher, dass das, woran sie arbeiteten, etwas Großartiges werden würde. Und wenn nicht für die Zuschauer, dann für sie.

Denn keiner von den sieben konnte sich in dem Moment eine größere Ehre vorstellen, als in einem Saal des Opera House spielen zu dürfen.

Obwohl sie sich nicht sattsehen konnten, geschweige denn wollten, machten sie sich schweren Herzens wenige Minuten später auf den Weg zurück zum Conservatorium of Music, wo Coran sie den Rest des Tages fröhlich durch die Probe jagte.

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