Kapitel 1

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Das Erste, was ich erkannte, war pures Schwarz. Ganz egal, wie sehr ich mich bemühte, Umrisse oder Schatten in dem Nichts, das mich umgab, zu erkennen, die pure Leere blickte mir entgegen. Als ich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht streichen wollte, bemerkte ich zum ersten Mal, dass ich meine Hände nicht bewegen konnte. Mein Blick wanderte an meinem Körper hinab und ich sah, dass ich auf einem Haufen trockener Äste stand, die systematisch aneinander gereiht worden waren. Wie sehr ich auch an den Fesseln, die meine Hände zusammenhielten, rüttelte, sie gaben kein Stück nach.

Plötzlich wurde es unfassbar hell und ich schloss instinktiv meine Augen. Trotz der geschlossenen Lider erkannte ich rote, tanzende Flecken, die sich mir immer weiter näherten. Ich zwang mich dazu, meine Augen zu öffnen, nur um in gleißendes Feuer zu sehen. Eine Symphonie aus gelben und rötlichen Flammen umgab mich von allen Seiten und ich konnte nicht umhin, diese Farben als schön zu empfinden. Der Geruch von Rauch und verbranntem Fleisch vernebelte meine restlichen Sinne und ich wusste, dass es meine eigene, brennende Haut sein musste.

Durch die Feuerwand erblickte ich vereinzelte, verschwommene Silhouetten, von denen tosendes Gelächter ausging. Diese Stimmen wurden unerträglich laut und ich konnte nicht anders, als zu schreien.

Schweißgebadet und nach Luft schnappend erwachte ich aus meinem immer wiederkehrenden Albtraum. Wie jeden Morgen in den letzten Wochen schob ich diesen Traum auf einige Faktoren, die zusammengenommen mein Zimmer bereits am frühen Morgen in eine Sauna verwandelten. Mein Reich bestand aus einem ausgebauten Dachboden, der wiederum ausschließlich aus Holz gearbeitet worden war. Die schwüle Julihitze und die hereinscheinende Morgensonne taten ihr Übriges, um mein Zimmer wie die Pforte zur Hölle wirken zu lassen. Ich blickte zu der Uhr auf meinem Nachttisch, die mir mit leuchtend roter Farbe die Ziffern 07:43 entgegen schrie. Seufzend legte ich den Arm auf meine Augen und verfluchte meine Albträume dafür, dass sie mir nicht eine ruhige Nacht gönnen konnten. Bereits um solch eine frühe Uhrzeit merkte ich, wie meine sonst schon eher mäßige Morgenlaune weiter in den Keller sank.

Da an Schlaf nicht mehr zu denken war, beschloss ich, mir eine ausgiebige, kalte Dusche zu gönnen und dem noch jungen Tag eine zweite Chance zu geben. Ich erhob mich aus meinem Bett und schlich zum Kleiderschrank. Als ich diesen öffnete, war das blau-weiß geblümte Kleid das Erste, worauf mein Augenmerk fiel. Ziemlich kurios eigentlich, da ich es noch nie in meinem Leben getragen hatte. Behutsam fuhr ich über den seidigen Stoff und stellte mir vor, wie sich das Kleid an meine Haut schmiegen und mich ihr näher bringen würde. Dieses in die Jahre gekommene Kleid war das liebste Kleidungsstück meiner Mutter gewesen. Obwohl es mir nie vergönnt worden war, sie kennenzulernen, vermisste ich sie.

"Besonders an Tagen wie heute", seufzte ich. Heute war ich mit 21 Jahren offiziell ein Jahr älter geworden als sie.

Ich zwang mich dazu, meine Konzentration wieder der Kleiderwahl zu widmen. Mein Blick fiel auf die große, verdeckte Staffelei, die sich in der Mitte meines Zimmers befand. Heute stand die Abgabe meines Abschlussprojektes bevor und es sollte, wie an den vorherigen Tagen, über dreißig Grad werden. Da meine Präsentation erst nach Mittag stattfinden würde, fiel meine Wahl vorerst auf ein luftiges, grünes Kleid und ich beschloss, mir später den Kopf bezüglich eines geeigneten Kleidungsstücks für die Präsentation zu zerbrechen.

Ich ging in das angrenzende Badezimmer, um mir die wohlverdiente Dusche zu gönnen. Während das kalte Wasser auf meinen Körper niederprasselte, dachte ich an meinen immer wiederkehrenden Traum zurück. Gänsehaut breitete sich auf meinem gesamten Körper aus, als ich mir vorstellte, wie es sich anfühlen musste, bei lebendigem Leibe verbrannt zu werden. Instantan spürte ich Mitleid für all den Frauen in mir aufkeimen, die damals der Hexerei bezichtigt worden waren. Menschen konnten ja so grausam sein.

Ich schüttelte den Kopf. Plötzlich tauchte das Bild von Stefans kantigem Gesicht vor meinem inneren Auge auf und versetzte mir einen tiefen Stich ins Herz. Vor vier Wochen hatte mir mein bester Freund aus Kindertagen gebeichtet, dass die Beziehung mit mir nicht weitergehen konnte, da er sich nicht zu Frauen hingezogen fühlte. Für mich war in diesem Moment die Welt zusammengebrochen, da ich mich in der kurzen Zeit, in der wir es als Paar versucht hatten, inständig in ihn verliebt hatte. Selbstverständlich hatte ich, so gut es eben möglich gewesen war, versucht, ihm in dieser Zeit beizustehen, doch Gefühle konnte man schlecht einfach rückgängig machen. 

Ich spürte, wie sich eine verräterische Träne löste und mit dem herabfallenden Wasser vermischte. Plötzlich war die Kälte des Wassers unerträglich und ich drehte den Wasserhahn zu. Nachdem ich mich abgetrocknet und mir das grüne Kleid übergestreift hatte, schaute ich in den teils beschlagenen Spiegel, der meine Silhouette nur verschwommen darstellte. Auch ohne in den Spiegel zu sehen wusste ich, welches Gesicht mir entgegen blicken würde. Meine hellbraunen, fast schon goldenen, großen Augen würden einen Hauch von Traurigkeit widerspiegeln. Die schwarz gefärbten, langen Haare würden die blasse Haut noch weißer erscheinen lassen und die Lippen würden auch ohne Lippenstift eine rosige Farbe haben.

Es war nicht abzustreiten, dass ich meiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten war. Die Blicke, die mir meine Großeltern schenkten, wenn sie mich heimlich beobachteten, sprachen Bände. Mein Versuch, mich mit einer anderen Haarfarbe wenigstens etwas von ihrem Äußeren abzuheben, hatte nicht wirklich gewirkt. Viel eher musste ich nun mindestens einmal pro Monat zum Friseur und mir den rotblonden Ansatz nachfärben lassen.

Als ich die Badezimmertür öffnete, stieg mir der Duft von frisch gebackenen Pfannkuchen in die Nase und ich spürte, wie sich ein Lächeln auf meinen Lippen formte. Seitdem ich mich erinnern konnte, war dies eine Geburtstagstradition von meinen Großeltern und mir gewesen. Wir aßen zusammen Pfannkuchen zum Frühstück, auch wenn dies bedeutete, um drei Uhr morgens aufstehen zu müssen, als mein Opa noch gearbeitet hatte. Ich steckte die noch feuchten Haare hoch und machte mich auf den Weg in die Küche. Als ich die Treppe hinunterging, hörte ich bereits, wie meine Oma ein Lied summte. Sie war das, was man gemeinhin als klassischen Morgenmenschen bezeichnete. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, als ich an die vielen Male zurückdachte, wo mein Opa und ich, definitiv keine Morgenmenschen, mit den Augen gerollt hatten, als sie uns mit ihrer viel zu guten Laune am Morgen überschlagen hatte. Heute jedoch war ich froh ob ihrer heiteren Stimmung.

Als ich in die Küche kam, blickten mir zwei gut bekannte Augenpaare entgegen. In ihnen sah ich so viel Liebe, die ich versuchte, in meinen Augen widerzuspiegeln. Doch kurz nach diesem ersten, liebevollen Augenblick folgte ein weiterer, eher trauriger Blick. Ich hatte ehrlich gesagt auch nichts anderes erwartet. Trotz der schwarzen Haare hatte die Ähnlichkeit zu meiner Mutter bei beiden wohl die Erinnerung an ihre einzige, verlorene Tochter geweckt. Ich richtete meinen Blick zu Boden, weil ich, wie so oft, nicht wusste, wie ich mit dieser Situation umgehen sollte. Schritte kamen auf mich zu und mein Kopf wurde angehoben.

Trotz ihres Alters war meine Oma eine der schönsten Frauen, die ich kannte. Mit ihren zum Bob geschnittenen, weißen Locken und strahlend grünen Augen, die im Moment etwas glasig wirkten, konnte man erahnen, wie sie in ihrer Jugend ein Männerherz nach dem anderen gebrochen hatte. Die Fältchen um ihren Mund deuteten darauf hin, was für ein positiv gestimmter Mensch sie war.

"Happy Birthday, mein Schatz!"

Zusätzlich zu den Worten erhielt ich eine kräftige Umarmung, die man von solch einer zierlichen Person nicht auf Anhieb erwarten würde. Als wir uns nach einem gemurmelten "Danke" meinerseits aus der Umarmung lösten, schauten wir uns erneut in die Augen und sie erwiderte:

"Sie wäre so stolz auf dich gewesen, Cassandra!"

Sie nahm meine Hände in ihre.

"Aus dir ist solch eine wunderschöne und kluge Frau geworden."

Ich spürte Tränen in meine Augen aufsteigen und blinzelte sie schnell weg. Als Antwort nickte ich, denn die Angst, dass meine Stimme bei dem Versuch, etwas zu sagen, abbrechen könnte, war zu groß. Ich löste mich aus dem Griff meiner Oma, als mein Opa auf mich zukam. Er war nie ein Mann von großen Worten gewesen und ließ seinen Launen eher Taten in Form von handwerklicher Arbeit folgen. Die harte Arbeit hatte seinen Körper gezeichnet, der Stärke und Bestimmtheit ausstrahlte. Umso schlimmer war es für ihn gewesen, als er seine Arbeit in der Stahlproduktion hatte aufgeben müssen, nachdem er einen Herzinfarkt erlitten hatte. Seine braunen Augen blickten mich traurig an, als er mir eine feste Umarmung gab. Wir beide verstanden uns auch ohne Worte. Ich beschloss, die Stimmung wieder etwas anzuheben.

"Genug gratuliert, lasst uns endlich Pfannkuchen essen. Ich habe riesigen Hunger!"

Wir drei fingen an zu lachen und ich hätte schwören können, dass es nur zu einem kleinen Teil aus Erleichterung war. Ich legte mir einen Pfannkuchen auf den Teller, dessen Duft mich einlullte und an längst vergangene Kindertage erinnerte. Niemand machte bessere Pfannkuchen als mein Opa. Ich schob mir ein Stück des Pfannkuchens in den Mund und seufzte aufgrund der Geschmacksexplosion.

"Bist du schon aufgeregt?", fragte meine Oma neugierig. Es dauerte eine Weile, bis ich verstand, was sie meinte. Ich hatte mich nach reichlicher Überlegung - und der Unterstützung meiner Großeltern - schlussendlich dazu entschieden, meiner Leidenschaft nachzugehen und Kunst zu studieren. Jedes Semester endete mit einem Abschlussprojekt, welches meist mit viel Mühe und Tränen entstand. Sofort überkam mich ein Gefühl der Unsicherheit. Dieses Semester bestand mein Abschlussprojekt aus einem einzigen Gemälde, dessen Thematik Persönliche Entfaltbarkeit gewesen war. Deshalb hatte ich versucht, so viel von meiner Persönlichkeit in das Bild zu geben, wie mir möglich gewesen war. Die besten Arbeiten würden ausgestellt werden, weshalb der Drang, ein gutes Ergebnis abzuliefern, ziemlich groß war.

"Ich hoffe einfach, dass ich so viel wie möglich von meiner Persönlichkeit herüber gebracht habe."

"Ach Spatz, dein Gemälde ist einfach umwerfend geworden. Sie müssen es einfach ausstellen", philosophierte meine Oma und schenkte mir eines ihrer strahlenden Lächeln, nach denen man wusste, dass alles gut werden würde.

"Ihr müsst das auch sagen. Schließlich seid ihr meine Großeltern", murmelte ich verlegen und widmete meine Aufmerksamkeit wieder dem Pfannkuchen.

Bevor meine Großeltern etwas erwidern konnten, klingelte es an der Tür. Ich blickte fragend von meinem Opa zu meiner Oma. Beide schüttelten den Kopf und bedeuteten mir, dass sie keine Ahnung hatten, wer sich auf der anderen Seite der Tür befand. Stirnrunzelnd erhob ich mich, um den unangekündigten Besuch zu empfangen. Im Geiste malte ich mir aus, wie meine beste Freundin Suz mich stürmisch überfiel und lächelte bei dem Gedanken. Es konnte eigentlich nur sie sein, die um solch eine frühe Uhrzeit auf der Matte stand.

Mit einem strahlenden Lächeln öffnete ich die Tür und blickte in das Gesicht eines unbekannten Mannes. Er war von kleiner und breiter Statur und trug einen teuren Anzug. In der rechten Hand hielt er einen Lederkoffer. Schweiß perlte von seiner Stirn herunter, den er prompt mit einem ebenso teuer wirkenden Tuch wegwischte. Seine eher neutrale Haltung gab ihm die Aura eines berechenbaren Bankiers, was mich zunehmend mehr verwundern ließ. Trotz dessen vergaß ich meine guten Manieren nicht und begrüßte ihn.

"Guten Morgen, wie kann ich Ihnen helfen?"

"Sind Sie Cassandra Sophia Winter?"

Eines musste man ihm lassen. Er kam ohne Umschweife zum eigentlichen Anliegen. Keine Begrüßung, keine Floskeln. Als Antwort nickte ich. Daraufhin öffnete er seine Ledertasche und reichte mir, nachdem er fündig geworden war, einen Brief.

"Dann gilt dieser Brief als zugestellt. Schönen Tag noch!"

Ohne eine Antwort meinerseits abzuwarten, drehte er sich um und verschwand so schnell um die Ecke, dass ich mich fragte, ob es nicht nur Einbildung gewesen war. Der Brief in meiner Hand aber ließ sich nicht leugnen. Stirnrunzelnd betrachtete ich den leicht vergilbten Umschlag. Als ich das Kuvert umdrehte und vier einfache Worte darauf erblickte, war es so, als hätte mir jemand in den Magen geschlagen. In geschwungenen, handgeschriebenen Lettern stand dort: An unsere Tochter Cassandra.

Hallo ihr Lieben,
endlich ist es soweit, das erste Kapitel ist draußen und ich freue mich, dass ihr hierhergefunden habt :)

Wie hat es euch gefallen?

Was sagt ihr zu der Protagonistin?

Und was hat es wohl mit dem Brief auf sich?

Wie jeder und jede andere auf dieser Plattform freue ich mich über euer Feedback. Ob Votes, Kommentare, private Nachrichten, Kritik, Verbesserungsvorschläge und was es nicht sonst noch gibt - ich freue mich über jedes Einzelne davon.

Neue Kapitel wird es jeweils jeden Donnerstag geben. 

Keine Sorge, solche langen Nachrichten am Ende sind eher eine Seltenheit ;)

Bis dahin verbleibe ich mit sonnigen Grüßen

Eure federwunsch ❤️

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