Siebtes Kapitel

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Vielleicht. Das hatte er nun geschrieben und ich war zu verwirrt, als dass ich hätte antworten können. Es war bizarr so etwas zu schreiben, nachdem er derartig verletzt wurde und dennoch hatte es mich dazu gebracht, aus der Wohnung zu flüchten. Ich hatte eine dunkle wärmende Strickjacke über meine dünne Bluse gezogen, als ich die Tür hinter mir zufallen ließ und nun auf dem verlassenden Flur vor dem Aufzug stand. Das fahle Mondlicht, das durch die schmalen Fenster fiel, spiegelte sich in dem matten Kronleuchter an der Decke, der dem kurzen Korridor noch zusätzlich Licht spendete.

Ratlos stand ich vor den eisernen Türen und wusste nicht, was ich jetzt tun sollte. Eigentlich wollte ich nur Luft schnappen, kurz nach draußen auf die Straße, doch die brütende Hitze und der stetige Verkehr würden es mir nicht einfacher machen, tief einzuatmen, ohne das Gefühl zu haben, ersticken zu müssen. Oder ich rannte vor seiner Nachricht davon, die so simple zu mir gefunden hatte, binnen Sekunden mich erreicht hatte, um mich aus der Bahn zu werfen. Wie konnte nur ein einzelnes Wort so etwas auslösen? Wusste er, dass er mich derartig verschreckt hat? Er musste es wissen, sonst hätte er sie nicht abgeschickt.

Wahllos drückte ich irgendeinen Knopf auf dem Bedienungsbrett, ehe die Türen des Fahrstuhles hinter mir zu glitten. In der Kabine war es noch wärmer und ich war zu sehr damit beschäftigt, mich auf meine Atmung zu konzentrieren, als das ich rechtzeitig bemerkt hätte, dass wir nach oben statt nach unten fuhren. Vielleicht hätte ich die Treppe nehmen sollen, doch auch das wäre bei dieser Hitze nicht merklich angenehmer gewesen.

Mit einem Ruck kam ich zum stehen und wurde aus den Gedanken gerüttelt. Jemand drängte sich an mir vorbei. Das Kleid eines dürren Mädchens streifte meine Beine und sie warf mir einen entschuldigenden Blick zu, ehe sie hinaus trat und mich in der verlassenen Kabine zurück lies. Kurzerhand von Panik erfasst zwang ich mich durch den schmaler werdenden Spalt der sich schließenden Türen und stolperte auf den Gang hinaus. Irritiert drehte sich die Jugendliche erneut zu mir um und bewegte ihren Mund, als würde sie fragen wollen, ob alles in Ordnung ist. Verstehen tat ich sie nicht, doch ihr Blick sprach von alleine. Sie fragte, ob ich Hilfe benötigte und ich schüttelte entschieden den Kopf. Das tat ich nicht. Nur bei dem Sortieren meiner Gedanken, doch meine Bitte würde sie nicht annehmen, deswegen verzichtete ich auf einen Rat.

Langsam ließ ich meine abwehrenden Hände sinken, woraufhin sie achselzuckend ihre Tasche schulterte und im Dunkel verschwand, jedoch nicht ohne zuvor noch einmal die Stirn kraus zuziehen und mich auf eine derartige Weise zu mustern, dass es mir kalt den Rücken hinunterlief. Als könne sie in mein Inneres sehen, um zu überprüfen, ob ich den freundlichen Kontakt mit der körperlichen Gesundheit pflegte. Gewissermaßen war es abschreckend und innerlich hoffte ich, sie nie wieder sehen zu müssen, doch sie war immerhin so freundlich gewesen, mich nach meinem Gemütszustand zu fragen, weshalb ich ihr ihren Röntgenblick entschuldigte und nicht weiter darüber nachdachte.

Stattdessen musterte ich nun meine Umgebung, in die ich mich willkürlich hinein gezwängt hatte. Meine Hand schwebte über dem Knopf, der mir in Kürze die Fahrt nach unten wieder ermöglichen würde, doch etwas hielt mich davon ab, ihn niederzudrücken. Die goldenen Ziffern, die das Stockwerk verkündeten. Nicht einundzwanzig, mein Zuhause. Nicht das Foyer. Top Floor.
Plötzlich begann mein Herz an zu rasen und ohne darüber nachzudenken, was ich da gerade tat, entfernte ich mich von der eisernen Kabine und folgte dem kurzen Gang bis zu einer Tür am Ende. Sie war in einer der Bordeauxrot gestrichenen Wänden eingelassen und brach nun das matte Licht, wodurch sie den Anschein erweckte, zu leuchten. Noch nie war ich hier oben gewesen, noch nie auf dem Dach eines Hauses in New York und noch nie hatte mich solch eine Aufregung gepackt. Ich spürte sie in meinen Armen, wie sich das stetige Kribbeln auf meine Schultern übertrug. Ich musste mehrere Male schlucken, um den Staub in meinem Hals hinunter zu würgen, der sich in diesem Moment dort ausgebreitet hatte. Es war schlimmer als das Herzrasen vor einer schwierigen Klausur und ich hatte das Gefühl, unter Strom zu stehen. Vielleicht war es auch nur wegen der Nachricht, die mich derartig aus der Bahn geworfen hatte oder die bevorstehende Prüfung, doch mein Herz beschleunigte sich, flatterte aufgeregt in meiner Brust und erweckte den Anschein, als wolle es jede Sekunde die Flügel ausbreiten und sich befreien. Wie ein aufgeregter Vogel, dem sein erster aufregender Flugversuch bevorstand. Unausweichlich und doch magisch anziehend. Das war es wieder, das Wort. Vielleicht. Es verbarg sich ständig in meinen Gedanken und ich hatte das Gefühl, als würde es mich verfolgen. Als würde Josh mich verfolgen.

Energisch wischte ich diesen Gedanken beiseite und trat entschlossen einen Schritt vor. Meine Hand berührte das kühle Metall und ließ mich kurz zurückschrecken. Ehe ich es mir jedoch anders überlegen konnte, drehte ich den Knauf zur Seite und zu meiner Überraschung leistete die Tür, die mir den Weg aufs Dach eigentlich versperren sollte, keinen Widerstand und ließ sich problemlos aufziehen. Vielleicht war es wegen der Gerüchte eines Selbstmordes, die in den letzten Jahren kursierten, dass ich gleichzeitig so überrascht und doch erfreut war. Sie sollte mir eigentlich jeglichen Versuch verwehren und doch ermöglichte sie mir den Weg in den Himmel.

Vorsichtig stieg ich über die Schwelle und betrat das Dach. Hier oben war es deutlich frischer und ich schlang meine Arme um meinen Oberkörper. Plötzlich war alles ruhig um mich herum, die bebende Menschenmasse war verschwunden, jeglicher Anwohner von der Bildfläche gefegt, beinahe einsam fühlte es sich hier oben an. Es war unmöglich, dass dies zu New York gehörte. Die Stadt, die niemals schlief. Obschon ich wusste, dass es der Realität entsprach. Über mir breitete sich der gesamte Nachthimmel aus, wie eine weitgehendes Gemälde, dass sich in einer Kunstgalerie über den Köpfen der Schaulustigen und Kunstliebhabern erstreckte. Ein niederschmetterndes Etwas, das dich durch seinen atemberaubenden Anblick gen Boden drückte. Es nahm mir die Luft und ich war so in das tiefe dunkle Blau vertieft, dass ich erst bei dem Knall bemerkte, dass ich die Tür nicht daran gehindert hatte, zuzufallen. Der Knall ließ mich hochschrecken und aus meiner Starre des Staunens erwachen. Ich wirbelte herum, packte den Knauf und rüttelte daran. Doch auftun tat sich gar nichts. Es war grotesk, dass sie trotz des Verdachtes, dass sich hier oben jemand das Leben genommen hatte, die Tür nach innen hin verschlossen, als wären sie sich sicher, dass es in niemands Interesse lag, wieder hinein zu finden.
Doch auch das berührte mich nicht. Meine Hand glitt von dem Knauf, der mich und mein Zuhause voneinander trennte, streifte meine Beine und ließ mich erschaudern, als ich die Sterne über mir sah.

Noch nie hatte ich Sterne über New York gesehen. Nicht auf diese Art und Weise. Von einem Dach aus beobachtet, wo der Himmel nicht zugemauert war, die Wolken nicht von Dunst zu unterscheiden waren und die Abgase die Himmelskörper nicht überlagerten. Ich verspürte eine plötzliche Stille in mir, die mich heimsuchte und sich in mir verankerte. Schöner als Hawaii, kälter als Bristol. Sie kam so unvorhersehbar, dass ich mir reflexartig die Hand auf mein Herz presste, um zu überprüfen, ob es noch schlug.

Ich wusste nicht wie lange ich sie einfach nur anstarrte, ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren, doch es fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Eine faszinierende Ewigkeit. Ich ließ mich auf den Boden gleiten, ohne den Blick abzuwenden. Kleine Kiesel bohrten sich in meine Marlenehose und ließen mich kurz zusammenzucken, ehe ich wieder das Gleichgewicht fand. Auf dem Rücken liegend wand ich meinen Kopf in alle Richtungen, während meine Haare den rauen Beton streiften und ich förmlich spürte, wie sich Dreck in meiner ungezähmten Pracht verfingen. Doch auch das prallte an mir ab. Nichts schien mich mehr zu kümmern. Meine Mutter hätte den Alarmstand ausgerufen und Dad zu einer Krisensitzung beordert, wenn sie bemerken würde, dass ich nicht in meinem Zimmer war. Doch in diesem Moment war es mir egal. Joshs Nachricht hatte etwas in mir ausgelöst, was sich nicht mehr stoppen ließ. Vielleicht kontrollierte er mich doch mehr, als er glauben wollte, denn plötzlich schien es, als würde ich mich vor meinen Eltern aufrichten können. Vielleicht hatte ich es schon die ganze Zeit gekonnt und es hatte nur einen Auslöser benötigt, sich dem wilden durchdringenden Blick Moms zu widersetzen. Maybe.

Als ich mich aufrichten wollte bemerkte ich eine Berührung an meiner Schulter. Automatisch wich ich zurück, um so viel Abstand wie möglich zwischen mich und die Person zu bringen und erhob meine Hände zu einer abwehrenden Haltung, ehe mein Herzschlag vibrierte, um dann zu beschleunigen. Und dieses Mal nicht wegen etwas, das mir den Atem raubte, obschon auch dies hier meinen Mund offen stehen ließ.

Vor mir stand eine Person, die meine Hände zittern ließ. Ruhig, gelassen und autoritär. Mom wäre vor Freude aus der Haut gefahren, könnte sie seinen Anblick nun so erhaschen.

Josh stand da. Mit einer Decke unter dem Arm und einem zaghaften, aber bestimmten, Lächeln auf den Lippen, eine Hand zögerlich erhoben. Seltsam verengt begann er, sein Erscheinen zu erklären. Wenn auch ungeschickt.

Phel? Er machte einen kurzen Schritt auf mich zu Ist dir kalt? Wortlos übergab er mir seine Decke und hockte sich neben mich. Zwar war die laue Wärme noch immer zu spüren, dennoch war ich ihm dankbar. Durchaus auch einfach nur für diese Geste. Ich wusste es nicht.

Ja? erwartungsvoll zog ich eine Augenbraue hoch, doch so richtig ansehen konnte ich nicht. Unser letztes Treffen endete damit, dass er vor mir geflüchtet war. Das sollte kein Déjà-vu werden. Und ich war mir sicher, dass er es auch zu keinem kommen lassen wollte. Dennoch. Was machst du hier?

Er seufzte angestrengt und wand seinen Blick ab, um ein Blick auf die Sterne zu erhaschen, auch wenn ich keinen definieren konnte. Es ist schön hier begann er und wechselte so abrupt das Thema, dass ich ihn erst verwirrt, dann entrüstet ansah, wovon er jedoch nichts mitbekam. Er war in den wundervollen Anblick vertieft und schien in seinen komplizierten und verwirrenden Gedanken vertieft. Seine Hände ruhten regungslos in seinem Schoß und er erweckte nicht den Eindruck, als wolle er etwas sagen. Dieser Ort war beinahe magisch, denn nicht nur mich zog er in seinen Bann.

Die Sterne sind wundervoll ich lehnte mich nach hinten und deutete auf die abertausend kleinen Punkte von wirbelndem Licht, die den Himmel sprenkelten und wie immer kleiner werdende Lichter einer großen Stadt wirkten. Wie die Lichter Manhattans, die ich kannte, wie meine Westentasche.

Ein Lächeln verzog seine Lippen. Ja, das sind sie antwortete er, während ich die Decke ausbreitete und andeutete, er solle sich setzen. Nebeneinander lagen wir nun da. Die Sterne im Blick und unter uns die blickenden künstlichen Lichter, die Meilen entfernt schienen. Kannst du sie sehen? Die Sternbilder? Nun wirbelten seine Hände durch die Luft. Der kleine Wagen er deutete nach links Der Orion. Nun war es an mir, zu lächeln.

Ein Astronomiegenie? Ich spürte, wie mein Herz sich langsam beruhigte und ich kurz die Augen schloss, ehe ich antwortete Und das dahinten ist der Polarstern? Ich zeigte in die grobe Richtung eines besonders hellen Lichtes.

Nun konnte er sich nicht mehr halten. Astronomiegenie! Ich glaube, dass ist der Mond!

Entrüstet schaute ich auf Kann ja nicht jeder so perfekt sein! Da studiere ich eher Politikwesen!

Wirtschaftsgenie? Sein Lachen klang ehrlich und das stimmte mich seltsamerweise friedlich, statt nachzubohren und ihn nur noch mehr zu frustrieren.

So halbwegs Ich seufzte und ließ meine Hand wieder sinken.

Darauf erwidern tat er nichts und so starrten wir beide das Phänomen an, dass uns unser ganzes Leben lang in New York verweigert worden war.

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