Kapitel 12

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Die pechschwarzen Krähen versammelten sich voller Vorfreude auf das kommende Mahl. Sie saßen geduldig auf den hölzernen Balken und schielten gierig herab. Die Stärkeren pickten die Schwächeren um die besten Plätze. Genauso wie es sich am Boden darstellte, die Starken drangsalierten die Schwachen in die hintere Reihe. Dieses Spektakel wollte sich niemand entgehen lassen.

Der flehende Mensch - ein Arbeiter, dem die Sabotage der Fischerei vorgeworfen wurde, bettelte buchstäblich darum, seiner Geschichte glauben zu schenken. Seine Stimme klang voller Verzweiflung immer wider versuchte er gegenüber den tauben Ohren der Richterin seine Unschuld zu beteuern. Doch diese blickte auf ihn herab, lachte über ihn. Ihre zwölf schwarzgekleideten Geschworenen packten in voller Gewohnheit ihre Dokumente zusammen. Und die Gläubigen warteten geduldig, betrachteten wie die fettesten Krähen das Schauspiel. Der geschunden Körper, dessen Gesicht auf der linke Seite verschoben war, war offenbar von einem Stumpfen Gegenstand getroffen worden, der seinen Kiefer zum Brechen gebracht hatte. Seine Nase zeigte in den Himmel und hier und da klebten Schuppen eines Karpfens zwischen seinem Barthaaren.

Die Hände fest verschlugen auf den Rücken; Ketten hielten seine Beine fest in der Position. Sie hinderten ihn an der ersehnten Flucht. Festgeschnallt auf einem erhöhten Podest – umzingelt von all den freien Menschen, die sich bald an seinem Schicksal ergötzen würden. Alle Schaulustigen wussten, dass es sich heute nicht um einen einfachen Diebstahl handelte. Dem Mann stand eine grausame Hinrichtung bevor.

Lex beobachtete das Geschehen. Er kannte den Mann. Keine Sekunde hatte er die Züge vergessen, die ihn fast das Leben gekostet hatten und diese widerwärtige Stichwunde auf seinem Oberarm hinterlassen hatten. Dieses abwertende Grinsen, als ihm die Luft abgedrückt wurde, schwebte ihm im Geiste. Aus Angst, der Mann könne ihn wiedererkennen – die Gläubigen gar auf ihn aufmerksam machen - stand er weit abseits mit Juni und Liam.

„Ich weiß nicht, wer des Nachts durch die Straßen schleicht und Menschen dermaßen massakriert. Aber es ist kein Einzelfall", sagte Juni. Er schien den Gesprächen unten nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt zu haben. Dennoch verharrte sein Blick auf der Richterin.

Lex' und Liams Gesichtsfarbe hatte sich von dem Anblick dieser armseligen verlorenen Seele auf besagtem Schlafplatz immer noch nicht erholt. Kreidebleich glich ihr Aussehen dem einer zu lang liegengelassenen Leiche und nun befürchteten sie, dass sie das Gesehene auch in den nächsten Träumen begleiten würde.

„Eines steht fest. Die Straßen sind nicht sicher!", sagte Lex.

„Die Straßen waren nie sicher", entgegnete Liam. „Aber so etwas habe ich noch nie gesehen. Noch gehofft sehen zu müssen."

„So etwas hat noch niemand gesehen. Aber ich will wissen, was es ist. In einem Punkt waren alle Berichte gleich. Zuerst kam ein süßlicher Geruch, dann ein unmenschlicher Schrei voller Schmerzen und Verzweiflung", stellte Juni fest. „Was auch immer es war, ihr solltet die Straßen meiden! Es kann sein, dass es wieder kommt und Liam, vielleicht suchst du dir einen anderen Schlafplatz, der besser im Auge der anderen liegt."

„Er kann bei mir schlafen", sagte Lex.

„Wie dem auch sei. Wo das ist, ist mir völlig gleich. Hier!", er warf den beiden jeweils ein Säckchen zu, gefüllt mit Silber- und Kupfermünzen.

„Was ist das?", fragte Liam.

„Eure Bezahlung für gestern."

„Gestern war kein Job. Das war die Rache für den kleinen Don!", rief Liam bestürzt.

„Wenn du das Geld nicht brauchst, gib es wieder her", sagte Juni und wartete. Der innere Kampf zwischen dem Beutel, der ihm das Essen der nächsten Tage sicherte und der Wunsch, diese Tat als Akt der Rache getan zu haben, spielte sich deutlich auf Liams Stirn wieder. Seine Gedanken wurden allerdings unterbrochen vom hölzernen Hammer, der das Urteil fällte. Der Klang, der so wohlbekannte Schrecken durch die Adern der Armen fließen ließ, denn aus unerklärlichen Gründen waren es die Elendsgetrieben und Verlassenen, die den dumpfen Schlag am lautesten hörten und am meisten fürchteten - die, die als Abschaum der Bevölkerung als unterstes Fach angesehen wurden. So erwischte auch Lex sich, wie er unbewusst fröstelte und seine eigenen Arme streichelte.

„Diese Person ist verantwortlich für das, was dem kleinen Don zugestoßen ist. Sie hat diesen widerlichen, unfairen und verhängnisvollen Prozess geführt. An dieser Person möchtest du Rache ausüben, Liam! Nicht an diesem Arbeiter", sagte Juni und deute auf die Richterin.

Die klagenden Schreie, die verbitterte Miene, die monströse Furcht nahmen alle Schaulustigen wahr. Der junge Mann wurde von dicken Armen über den Boden geschleift zu einem Balken, an dem Eisenketten heruntergingen. Am Ende dieser waren Haken geformt aus demselben Material, rostig, spitz und rundgeschliffen. Seine Hände wurden fester auf seinem Rücken verschnürt, sodass sie alsbald blau anliefen und das Blut sich in den Oberarmen zu stauen begann. Man legte ihn auf den Rücken.

„Ich schwöre, es war nicht ich, der die Fischerei zerstört hat!", schrie der Mann, in einem letzten Kräftezerren.

„Oh, ich weiß. Wir haben Blutspuren gefunden. Wir bezweifeln nicht eine Sekunde deine Unschuld, die Fischerei beschädigt zu haben."

„Dann bin ich doch unschuldig?", sagte der Mann voller Begeisterung. Alle beteiligten hielten inne, warteten auf die klärenden Worte der Richterin.

„Natürlich nicht. Es ist dein Verschulden, jene Zerstörer entkommen zu lassen. Aber sei unbesorgt. Wir schicken den Verantwortlichen ebenso in den Spalt wie dich! Wir wissen auch schon, wie wir ihn finden werden."

Kreidebleiche wurde sein Gesicht und auch Lex vernahm diese fast geflüsterten Worte, als säuselte die Richterin ihm direkt ins Ohr.

„Wir sollten gehen. Was, wenn er uns erkennt? Komm, Lex", forderte Liam, dem die plötzliche Anspannung von Lex nicht entgangen war und auch seiner Stimme schwang ein panischer Unterton bei. In der Hoffnung, ihn zu beruhigen, griff er seine Hand.

Lex zitterte am ganzen Körper. Er wusste, was ihn von allen anderen unterscheiden würde; der Verband an seiner Schulter und er würde ihn nicht abnehmen können.

„Beruhige, dich Lex!", sagte Juni, der die Zunahme der Atmung und das unkontrollierte panische Zittern, sowie den unterdrückten Schrei der Angst mitbekam.

„Wir sollten gehen!", wiederholte Liam deutlicher.

„Nein! Wenn ihr jetzt geht, macht ihr nur auf euch aufmerksam. Das ist es, was sie erreichen möchte. Sie erhofft sich, dass die Verantwortlichen genau das tun. Jemand, der nichts davon weiß, weiß nicht, dass sie nach Verbänden schauen, also hätte er keinen Grund zu gehen. Ich wette mit euch, in den Gassen links und rechts stehen Wachen und warten genau auf diesen Moment. Schaut! Selbst die Richterin sieht sich um. Wir gehen, wenn die Massen gehen und versuchen eins zu werden mit der Menge", sagte Juni unbeeindruckt die Richterin fokussierend. Er hatte ihren kläglichen Versuch durchschaut.

Seine Erklärung war so einleuchtend, dass Liam ohne Widerrede nickte. Dennoch ließ er die Hand von Lex nicht los, sondern griff sie stattdessen fester.

Was folgte waren die längsten zehn Minuten Überlebenskampf, die Lex je erlebt hatte. Die Hände des Mannes wurden auf dem Rücken in Seilen verschlungen. Die rundlichen Haken wurden dem vor Schmerzen schreienden, liegenden Mann in die Augen gerammt, sodass sie sich in den Knochenhöhlen verkeilten. Eine Drehvorrichtung wickelte die Stahlketten um den Balken. Zunächst lag der Mann am Boden, dann kniete er, schließlich bückte er sich und zuletzt stand er auf seine Zehenspitzen, bis ihm schließlich die Körpergröße zu knapp wurde und er an den Augen noch oben gezogen wurde. Er strampelte, doch jede Bewegung ließ die scharfen Spitzen der Haken tiefer in seine Schädeldecke eindringen. Das Bewusstsein verloren die wenigsten, die meisten schrien. Die auslaufenden Augen und das Blut drangen in die Münder und verwandelten die Schmerzensrufer in Röcheln und Gurgeln. In der Regel gab es zwei Möglichkeiten. Entweder der Mann hatte Glück und die Schädeldecke gab nach, sodass sich das Metall in Hirnmasse presste, oder seine Augen barsten nach außen und riss die vordere Schädeldecke mit sich. Was dazu führte, dass dem Haken zwei neue Löcher zur nächsten Befestigung gefunden werden mussten. Erst wenn Nase, Ohren, Mund und Augen nicht mehr funktionierten, erlöste das Schwert den Verurteilten.

Einige schrien mit ihm – wahrscheinlich Familienangehörige. Andere applaudierten, ergötzten sich jeden Momentes der furchtbaren Hinrichtung. Die meisten waren still, ließen den Schrecken auf sich wirken, fröstelten, zitterten. Doch niemand wand sich ab. Niemand verpasste auch nur eine Sekunde der letzten Momente. Bis der Kopf ruckartig nach unten glitt und die Gliedmaßen leblos und unbeweglich herabbaumelten, nur noch von letzten Nerven zuckend.

Das Röcheln verstummte. Blut, Speichel, Hirnmasse und andere Flüssigkeiten liefen der Hose des Verurteilten herunter, tropften auf das Holz und wurden eins mit dem alten zurückgebliebenen Überresten vergangener Verbrecher. Mit dieser Hinrichtung erklärten die Gläubigen, dass es keine Gefangene geben werde, sollten sie jemals herausfinden, wer sich hinter der Verwüstung der Fischerei befand.

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