Kapitel 37

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Immer tiefer und fester bohrten sich die Finger der Richterin in seinen Hals. Sie kratzen Lex' Haut auf und hinterließ rote Fäden. Während sein Gesicht immer bleicher wurde, nahm das Dröhnen in seinen Ohren zu. Inzwischen war es so laut, dass es selbst seine Gedanken überschattete. Seine Sicht begann zu verschwimmen. Das war sein Ende. Die alte Frau hatte recht. Ihm würde Schlimmes widerfahren.

Als sich die Atmosphäre sprunghaft veränderte. Ein Gefühl aus der tiefsten Finsternis abseits des Risses legte sich wie Rauchschwaden in die Gasse. Eine Schwärze, die alles Lebendige zu verschluckten drohte, ließ jegliche Geräusche verstummen.

Wie ein Block aus Eis gefror die Richterin verängstigt in der Bewegung. Sie lockerte den Griff, der bis eben noch Lex die Luft zum Atmen geraubt hatte.

Der Stadtteil legte den stinkenden Geruch ab, den es als Gewand allgegenwärtig trug und kleidete sich in ein wohlduftendes Kleid, das nach geschmolzenem Honig roch. Einen Duft, der auf der Stelle Lex' Magen umdrehen ließ. Seine Muskeln verkrampften.

„Was ist das?", fragte sie, als sich dicke pechschwarze Klauen um die Fassade der Wand schlängelten. Auf Fensterhöhe brach es gar den Putz von der Mauer ab, stumm auf den Boden rieselte.

Lex hatte bisher das Glück gehabt, diese abscheuliche Monstrosität nur als Geruch wahrgenommen zu haben. Jenes Monster erwachte allerdings gerade aus seinem tiefen festen Traum, in den es weder gewollt hatte, noch so lange liegen mochte. Und nun schlich es schlaftrunken und verwirrt im frühen Licht der Sonne aus der Seitengasse heraus.

Junis Rechnung wäre perfekt, allerdings war sein Sturz nicht einkalkuliert. Nur sich selbst konnte Lex für seine Situation verantwortlich machen.

Die Panik befiel die Wachen. Denn plötzlich war der Jungen unter ihnen nicht mehr von Wichtigkeit. Ging es nämlich um die eigene Haut, so waren sie auf einmal ganz schwach und klein.

In einer ruckartigen Bewegung schaffte es Lex, sich freizukämpfen und die so dringend benötigte Luft in seinen Körper fließen zu lassen. Rasend hob und senkte sich sein Brustkorb. Er wusste nicht, wann er wieder neue Luft zu sich nehmen durfte. Das Fiepsen in seinen Ohren betäubte weiterhin seine Wahrnehmung.

Kaum gelangte die Richterin zu der Erkenntnis, dass dieses Biest nicht aus ihrer Welt gekommen war, reckte es bereits seinen Kopf um die Häuserecke.

Etwas, das der Kreuzung einer Gottesanbeterin und einer Eule gleichkam und mit tiefschwarzen Tentakeln, die vermeintlich unkontrolliert herumpeitschtenund die Umgebung abtasteten, versehen war, lief erhaben auf sie zu.

Dieses Wesen war die Abartigkeit in Person. Vollständig sein Körper enthüllend, gab es seine gigantischen Schwingen preis, die wohl – wären sie nicht so gigantisch - zu einer Libelle hätten gehören können. Es tarnte sich vollkommen in den Schatten der Gasse, genau dort, wo die hellen weißen Strahlen der Sonne nicht reichen würden. Die Finsternis gebot im Schutz - ein Versteck. Der Schatten - sein Zuhause. So wich es den neugierigen Blicken der Menschen aus.

Lex erstarrte. Er lag diesem Monster Auge zu Auge gegenüber. Alle Haare seines Körpers stellten sich auf. Er wusste, was dieses etwas mit seiner Beute anstellte. So vergaß er die Präsenz der Richterin neben ihm.

Erneut waren es die Worte der alten Frau, die in seinem Kopf schwirrten. Doch dieses Mal hatte er seine Entscheidung noch nicht getroffen.

Das Monster mag das Aas genauso wie die sich wehrenden. Ignorierst du es, ignoriert es dich.

Vorhin schien sie richtig gelegen zu haben. Der rechte Pfad hatte ihm nur Ärger gebracht und seine Verfolgung fast enden lassen. Doch jetzt? Die Situation war eine ganz andere.

Er atmete ein, versuchte an etwas Schönes zu denken und schon überfluteten sich seine Gedanken mit den Erlebnissen, die er mit Liam erfahren hatte. Wie sie in bunter Natur und schönem Wetter bei der alten Eiche gebadet oder sich im Winter gegenseitig mit Schnee beworfen hatten. Es waren nur die freudigen und lachenden Momente, an die er sich erinnerte. Liams Lächeln, seine Liebe, sein Kuss. Lex begann zu lachen.

Das Lachen eines Verrückten oder vielmehr das eines gerade verrückt Werdenden. Es war erstaunlich, wie groß der Wunsch in Liams Nähe zu sein und mit ihm den Rest des Lebens ausklingen zu lassen, ihn beruhigte und selbst dieses monströse Präsenz vor ihm überschattete. Sein Puls fiel herab auf einen normalen Schlag. Seine Atmung verlangsamtem sich, seine Haltung entspannte sich. Seine Panik verschwand.

Dabei war er bei weitem nicht in Sicherheit und sowohl die Richterin als auch die Wächter keine Armlänge von ihm entfernt.

„Hilfe! Das Wesen stehe uns bei!", schrie einer der vor Angst zu Stein erstarten Wachen. Offenbar lösten auch sie sich aus ihrer Bewegungslosigkeit.

In einer schieren Agonie hob einer der Wächter seine Waffe. Zitternd richtete er sie auf die Abnormalität, die sich bedroht vor ihm aufblähte. Die Tentakeln standen wie die Stacheln eines Igels starr in alle sämtliche Richtungen ab. So groß wie die Häuser selbst. Sie kratzen an den Glasscheiben und Steinen. Dabei hinterließen sie tiefe Spuren in der Fassade. Es öffnete alle seiner Münder - drei an der Zahl, die in jede Richtung blickten und offenbarte nicht nur die tausenden spitzen Zähne, sondern auch die vielen Zungen, die, voller Widerhaken, nichts was sie jemals ergriffen, wieder loslassen würden.

Dann löste sich ein Schuss des Fäustlings.

Für einem Moment schien die Zeit anzuhalten. Die Ruhe vor dem Sturm, während der graue Rauch der Waffe sorgenfrei und spöttisch in spiraler Form in den Himmel emporstieg.

Ein Fehler. Schnell. Zu Spät. Das Biest stürmte nach vorne. Wirbelte auf seinem Weg alles auf wie ein unbändiger Tornado, der sich durch Gebirge, Städte und Wälder fraß. Steine, Kiesel, Dreck, Bretter schleuderten genauso wie Lex, die Richterin und ihre begleitenden Wachen durch die Gasse. Sie hatten das friedliche Monster erzürnt.

Unsanft donnerte Lex gegen die Wand, sah wie die törichte Wache in dem massiven Pranken des Monsters zerquetsch wurde.

Vor Schmerzen gepeinigt, wandte Lex sich von dem Blick des Ungeheuers ab. Er brauchte nicht hinschauen, um das Gräuel, das sich hinter ihm abspielen musste, zu erahnen. Denn die Leidensschreie des gerade Massakrierten waren ähnlicher Natur wie jene, die er in der Vergangenheit vernommen hatte - das Ergebnis das gleiche und übrig blieb die Pistole, die noch immer grauen Dampf spuckte.

„LEX!", schrie ein aufgebrachter Liam völlig außer Atem, als er die prekäre Situation seines Freundes wahrnahm. Er stand auf den Dächern. Ein wahrlich guter Ort, die Gasse des schlafenden Monsters zu beobachten, aber ein schlechter, um Lex in seiner Verzweiflung zu unterstützen. Er hievte ein Seil, das sie vorbereitet hatten, über die Kante, sodass es dumpf auf den Boden aufschlug.

Lex griff das Tau. Es war rau und die Fasern schnitten in seine Handinnenflächen. Es bedurfte ihn mehr Kraft, als er gedacht hatte, sein Gewicht mit den Händen zu halten, als das Seil von Juni, dem großen Don und Liam in gleichmäßigen Zugbewegungen nach oben geschleift wurde. Er versuchte die Situation hinter sich zu verdrängen, schloss seine Augen. Die Schreie, die Angst und der Kampf der anderen gegen diese Bestie ließen in ihm die Panik neu erblühen. Lex wurde mit jedem Zentimeter, den er am Tau nach oben gezogen wurde, immer hysterischer. Er hatte Angst. Riesige Angst. Doch letztlich griffen ihn die starken Arme vom Großen Don, die ihn über die Brüstung auf das Dach in die Sicherheit zogen.

„Du bist schwerer als du aussiehst!", beschwerte sich dieser. Sein Gesicht war von der Anstrengung gerötet und doch gleichzeitig blass von dem Grauen das sich auf dem Boden abspielte. Er musste sehr stark an sich halten, sich nicht von diesem Alptraum zu übergeben.

„Wir spielen mit Mächten denen, wir nicht gewachsen sind!", sagte er und schaute Juni an, der wie ein Verrückter dastand und mit ausgestreckten Armen sein Werk betrachtete. Ein finsteres Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, das gleichzeitig ein wenig Wahnsinn preisgab, als er sah, dass die Wächter ihren Kampf gegen die Verzweiflung und das Wesen gleichermaßen verloren. Von seinem sicheren Posten aus genoss er jeden Stoß der Tentakeln, die die hilflosen Männer durchbohrten. Der Horror, den niemand sehen wollte, vor dem sich alle fürchteten, die Mächte von der anderen Seite – freigesetzt und brutal, zerrissen und massakrieren und exekutierten die Unterstehenden. Juni genoss jede einzelne Sekunde.

„L-E-!", Liam konnte kaum das einsilbige Wort sprechen, denn die Tränen ertränken seine Fähigkeit zu sprechen. Ohne Rücksicht auf die anderen fiel er seinem Freund um den Hals, riss ihn zu Boden und verkroch sich weinend vor Erleichterung in seiner Fetzenjacke. Dabei ließ er seinen Gefühlen freien Lauf, ohne sich zurückzuhalten. Fussel stand neben ihnen, leckte Lex' Wunden und knurrte wie üblich Juni an.

So war die einzige noch lebende Person die Richterin, die aus ihren Ohnmacht erwachte. Die Reglosigkeit, die sie bis eben noch gehabt hatte, verschwand. Sie schüttelte ihren Kopf, versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Doch alles, woran sie dachte, war Rache. Wutgetrieben richtete sie sich auf. Gefangen in ihren eigenen Kopf getrieben von dem Hass, den sie säte, wurde sie schlussendlich von ihrem eigenen Zorn übernommen.

„Ihr entkommt mir nicht!", brüllte sie. Neben ihr lagen die zerfetzten Körper der Wachen, deren Leichen soeben noch immer von dem Monster geschändet wurden. Während der eine Fäustling seinen tödlichen Schuss bereits abgegeben hatte, hing der andere unberührt an dem, was vom Unterleib des Wächters übrig geblieben war. Geladen und einsatzbereit. Ohne Rücksicht auf ihr einges Leben sprintete sie zu dieser Waffe und richtete sie zum Dach.

Als ihr Blick zum ersten Mal Juni traf. Ihre Augen vergrößerten sich. Ihre Hände begannen zu zittern. Seine fast schon wahnsinnige Präsenz spiegelte sich in ihren Pupillen wieder.

„Du lebst?", fragte sie. Überwältigt von Gefühlen betätigte sie den Abzug. Sie schrie aus ihrem tiefsten Inneren. Die Kugel verfehlte Juni. Das Geschoss schlug in den Stein zu seinen Füßen ein ließ ihn splittern. Ob es an ihren Tränen lag, der Ungenauigkeit der Waffe oder ihrer Angst dem Tod ins Gesicht zu blicken, ließ sich nicht sagen.

Juni zuckte nicht einen Moment mit der Wimper. Er stand über ihr. Er hatte die Macht und er genoss den Moment in vollen Zügen. In voller Erhabenheit schaute er auf die Richterin herab.

Das Monster betrachtete den Schuss als erneuten Angriff. Ihr Schicksal ähnlich unausweichlich wie das der Wachen. Ihre Schreie weckten die Krähen.

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