| 46 | 𝐌𝐢𝐥𝐞𝐬

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Doch der Morgen kam schneller als gedacht. Warme Boten der Sonne kündigten den nächsten Tag an und weckten mich viel zu früh. Murrend legte ich einen Arm über mein Gesicht und wollte nichts sehnlicher als wieder in den Schlaf zu sinken. Dort war alles friedlich - keine Probleme, keine rivalisierenden Gangs und kein Szenario, indem Kian und ich bald sterben würden. Nur wollte es mir nicht gelingen. Der Schlaf blieb aus und ich lauschte unwillkürlich den Surren der Grillen im trockenem Gras.

Der verbrannte Geruch hing nach all der Zeit immer noch in der Luft. Keine Ahnung wie oft es bereits geregnet hatte, doch die Schmach, die der Brand in dieser Nacht hinterlassen hatte, ließ sich nicht abwaschen.

Die Ruine der alten Halle war ein Sinnbild für grenzenlose Kriminalität, Willkür und Rücksichtslosigkeit. Mir graute es bei dem Gedanken daran, dass die Hydra sich vom Drogengeschäft abgewandt hatte und dennoch in einen Krieg steuerte. Und Jackson wollte scheinbar auch nichts daran ändern. In seinen Augen war es gut so - trotz der absehbaren Zukunft und der Folgen dessen was kommen würde.

Das Leben erschien mir noch nie so hoffnungslos.

Genervt blinzelte ich gegen die Sonne an. Am Rande meines Sichtfelds erhoben sich die zerstörten Ränder der Hallenwand. Das Dach hatte den Brand nicht überlebt und war zusammengebrochen. So hatte ich freien Blick in den wolkenlosen Himmel. Die Fassade der Halle war abgebröckelt, einiges an Gegenständen wurde achtlos zurückgelassen und Trümmer waren rings um das zerfallene Gebäude im trüben Gras verteilt.

Ja, die Hydra hatte nun eine neue Halle, aber auch neue Probleme.

Stöhnend richtete ich mich auf und sah auf den leeren Platz neben mir. Kian war anscheinend schon wach - und nicht mehr da. Seine Jacke, die er vergangene Nacht als Decke missbraucht hatte, lag zusammengeknüllt auf den Boden neben seinem Helm. Also konnte er nicht weggefahren sein. Hätte ich ihm auch nicht zugetraut. Nie würde er im Stich lassen. So wie ich ihn...

Widerwillen stand ich auf und streckte meine Glieder. Ein unangenehmes Knacksen ertönte. Der harte Boden tat offensichtlich nicht allzu gut.

„Kian?" rief ich ins nichts. Hier draußen war vollkommene Stille. Kein Vogelzwitschern, kein Motorenlärm und sonst weiter nichts. Als wäre alles Leben mit dem Brand ausgelöscht wurden. Nur der Gestank blieb. Ein Zeuge aus längst vergangenen Zeiten. Mich wunderte nichts weshalb die Hydra diesen Ort damals gewählt hatte. Hier konnte man eine Ewigkeit bleiben ohne entdeckt zu werden.

Noch müde und nicht ganz bei Sinnen umrundete ich den verbrannten Haufen. „Kian?"

„Hier drüben", kam es zurück und ich beschleunigte meine Schritte. Dann fand ich ihn auf der anderen Seite der Halle. Das Gras unter meinen Schuhen war so trocken, dass es knirschte und mein Ankommen ankündigte, doch Kian wandte sich mir nicht zu. Er zeigte mir nur seinen Rücken, während er auf einen Erdhaufen starrte. Die Hände hatte er dabei in den Hosentaschen vergraben, während er fast schon melancholisch auf die beiden Gräber blickte. Dabei konnte er davon doch gar nichts wissen?

Zögerlich stellte ich mich neben ihn. „Wer liegt hier?", fragte er. Seine Stimme irgendwie gebrochen und sein Blick nicht deutbar für mich.

„Loan... und theoretisch John", gab ich krächzend zurück.

„Theoretisch?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Man hat seine Leiche nie finden können."

„Aber ihr geht davon aus, dass er tot ist?"

Verwundert zog ich meine Augenbrauen hoch. Was waren das denn für Fragen? „Hast du die Halle gesehen? Ich will mir den Brand gar nicht erst vorstellen. Niemand hat versucht sie zu löschen und als Jackson hier ankam, hat er nur Loan vorgefunden - tot. Von John fehlte jede Spur. Wahrscheinlich haben ihn die Flammen aufgezerrt. Er muss tot sein, sonst hätte er sich gemeldet."

„Das dachten wir von dir damals auch." Autsch.

Ich schwieg. Sah auf die Gräber. Mein letzter Besuch war von bösen Erinnerungen getränkt. Damals hätte Jackson beinahe meinen Onkel erschossen und ich wurde wenig später rausgeworfen. So befreiend es auch wahr, dass endlich die Wahrheit rausgekommen war, es war unvorstellbar schmerzhaft. Doch Jackson hatte ganz gut reagiert. Er hatte sich nur Sorgen gemacht. Verständlich. Nur würde er dieses Mal seine Wut ungefiltert rauslassen. Zu viel war zwischenzeitlich passiert.

„Was sollen die Fragen und woher wusstest du von den Gräbern?"

Endlich sah Kian mich an. „Hör ich da Misstrauen?" Bevor ich etwas entgegnen konnte, sprach er bereits weiter. „Sind nicht die ersten Gräber, die ich sehe, und der Brand ließ dies vermuten. Außerdem habe ich nachgedacht."

„Und worüber?"

„Über unsere beschissene Situation. Darüber, dass du nicht fortgehen willst und darüber, dass wir gejagt werden." Er zögerte. „Wir müssen unsichtbar werden, wenn wir überleben wollen, ohne abzuhauen."

Ich schmunzelte. „Klingt als hättest du alles ganz gut durchdacht. Was schwebt dir so vor?"

„John", sagte er als würde das alles weitere erklären.

Ungeduldig und verwirrt verzog ich das Gesicht. „Und? Was soll mit dem sein? Er ist tot."

„Genau. Tot. Für tot erklärt und beerdigt obwohl man keine Leiche gefunden hat. Eure Gang hat ihm die letzte Ehre erwiesen, da sie einfach eins und eins zusammengezählt haben. Durch die kriminellen Geschäfte konnten sie keine Polizei einschalten und große Ermittlungen anstellen. Sie mussten seinen Tod einfach hinnehmen." Mir schwebte Böses vor. „Und genau das werden wir auch tun."

Ich konnte mein Lachen nicht verhindern. „Uns tot stellen?! Ernsthaft?" Noch immer sah er mich ernst an. Sofort erstarb mein Lachen. „Nein!"

„Doch."

„Nein!" Er verzog keinen Muskel. „Kian, nein!", fauchte ich sauer. „Wie soll das denn irgendwas lösen?! Wie soll ich so der Hydra beistehen? Meine Verantwortung wahrnehmen, hm? Sie werden wieder Verlust hinnehmen. Wem hilft das?"

Sein Blick wurde mitfühlend. „Uns."

„Nein!" Aufgebracht ging ich einen Schritt zurück, fuhr mir durch die Haare. „Ich kann nicht... ich... Das ist doch dasselbe wie abhauen! Das ist sogar noch dreister und feiger!"

„Du regst dich gerade nur auf, weil du weißt, dass ich recht habe. Es ist die beste Lösung. Wir täuschen unseren Tod vor und können in Ruhe unsere nächsten Schritte überlegen. Unsere Gangs beobachten und wenn wir Glück haben, dann verschwindet die Armenia. Sie sind doch nur wegen uns hier!", versuchte er mich zu überzeugen. „Und wenn sie weg sind, zurück in New York, dann kommen wir wieder. Lassen uns etwas einfallen und können vielleicht bei deiner Hydra unterkommen, ohne, dass sie je von der Armenia und deinen Lügen erfährt."

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