31 - Plastikblattglanz

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Es war ca. 20.30 Uhr, als Clara das Auto auf dem engen Parkplatz der Tierarztpraxis parkte. Eliotts Mutter hatte sich nicht noch einmal gemeldet, also schienen sie und Katharina noch dort zu sein. Nachdem die beiden ausstiegen und zur Eingangstür liefen, fiel Eliott auch das Auto seiner Eltern auf. Sie öffneten die Tür und gingen einen kurzen Gang entlang, der zu einem Sekretärinnentresen führte. Dieser war jedoch nicht besetzt, sondern zeigte nur ein kleines handgeschriebenes Schild auf dem „Bitte Klingel betätigen" stand. Die Praxis hatte vermutlich schon geschlossen und nur noch das Nachtpersonal war da.

Rechts von ihnen war eine Glastür auf der mit milchigen Buchstaben „Wartezimmer" stand, also bewegten Clara und Eliott sich dahin. Ein großes, schlankes Mädchen mit hellbraunen Haaren war so weit auf ihrem Stuhl runtergerutscht, dass sie schon fast lag; Katharina, Eliotts Schwester. Neben ihr saß eine Frau mittleren Alters, die sofort aufsah, als Eliott den Raum betrat; Frau Anderson. Auch sie sah ziemlich fertig aus. „Das ging aber schnell, schön dass du da bist", lächelte sie müde und umarmte Eliott. Es war zwar nicht einmal 21 Uhr, aber scheinbar hatten die beiden schon Stunden ohne Veränderung dagesessen und nichts getan, außer zu warten. Nachdem sie Eliott begrüßt hatte, streckte sie Clara ihre Hand entgegen, zwang sich zu dem besten Lächeln, das sie noch zustande bekam und sagte „Ich bin Patricia, schön dich kennenzulernen". Clara entgegnete ihren Namen und konnte es nicht verhindern, dass schon gleich weiter auf sie eingeredet wurde: „Du musst ja wahnsinnig sein, jetzt einfach noch ewig hierhin zu fahren", Frau Anderson widmete sich nun wieder Eliott „Du hast dich doch bedankt, oder? Wir müssen ihr noch Tankgeld wiedergeben. Erinnerst du mich später noch dran?". „Mama, jetzt mach da nicht so ein riesiges Drama drum", antwortete Eliott, er hatte seit seiner letzten Freundin von vor fünf Jahren noch nie wieder ein Mädchen mit nach Hause gebracht. „Na hör mal, sie hat dich extra den ganzen Weg gefahren, habt ihr morgen nicht Unterricht?", lies Frau Anderson Eliott nicht so mit sich sprechen, doch bevor der Streit weiter ausarten konnte mischte sich Clara ein: „Alles gut, das war mein Vorschlag, es war schließlich eine wichtige Situation". Katharina war mittlerweile auch aufgestanden, vermutlich war sie am Schlafen gewesen, als die beiden gekommen waren, und stellte sich kurz vor.

„Schon etwas Neues von Camilla?", fragte Clara nun die Frage die vermutlich schon länger im Raum schwebte, jedoch Eliott bis jetzt nicht ausgesprochen hatte, aus Angst nur schlechte Neuigkeiten zu hören.

„Nein, noch ist sie nicht wieder aufgewacht", begann Frau Anderson und sprach schnell weiter, als sie die Panik in Eliotts Augen sah, „aber das ist normal. Ihr Zustand hat sich zumindest nicht verschlechtert und das ist alles worauf wir hoffen. Keine Neuigkeiten sind gerade gute Neuigkeiten."

„Und wenn sie aufwacht, ist dann alles gut?", fragte Eliott, aber eigentlich konnte er sich die Antwort denken; Wenn das passiert, ist schon ein riesiger Schritt geschehen, aber auch das war Garantie für nichts. Er fragte nicht noch einmal wie genau passieren konnte, dass sie auf die Straße gelaufen war, weil er wusste, seine Mutter gab sich selbst schon die Schuld dafür.

Fürs erste setzten sich alle wieder auf die schmalen und ungemütlichen Wartestühle, die definitiv nicht dafür gemacht waren, dass man hier längere Zeit verbrachte. Das hier war kein Krankenhaus mit Kantine, Snackautomaten und Ähnlichem. Eigentlich gaben die Besitzer nur ihre Tiere ab und holten sie nach einem Anruf spätestens am nächsten Tag wieder ab. Aber keiner wollte gehen. Alle wollten da sein, wenn es irgendeine Veränderung gab.

Nachdem alle etwas zur Ruhe gekommen waren, fragte Eliott, was genau bei der Operation passiert war und was Camilla genau hatte. Katharina und Frau Anderson erklärten abwechselnd, wobei Katharina sich scheinbar wesentlich besser die Einzelheiten gemerkt hatte; Camilla hatte einen Schien- und Wadenbeinbruch, der, wenn man die Schmerzen außen vorließ, aber nur nebensächlich war und erst in den nächsten Tagen operiert werden sollte. Das schlimmere war ein kollabierter Lungenflügel, der scheinbar Verdacht auf einen Lungenriss oder ähnliches geweckt haben sollte. Aber keiner der beiden hatte es genug verstanden, um es genauer erklären zu können. „Und in der OP jetzt musste irgendwie diese freie Luft im Brustkorb abgesaugt werden", erklärte Katharina weiter.

Die OP sollte um 16.30Uhr beendet gewesen sein, seitdem war Camilla in einer stets überwachten Sauerstoffbox untergebracht. Jedes Tier würde eine andere Zeit zum Aufwachen benötigen und das könnte bis zu 8 Stunden dauern. Auch dann würden sie Camilla nicht mit nach Hause nehmen können, hieß es schon im Vorhinein, aber genaueres würden sie erst erfahren, wenn es soweit war.

Seit mehr als 4 Stunden lag sie also schon regungslos in dieser Box, niemand wollte sich das vorstellen müssen.

Die Zeit verging somit weiter, ohne dass jemand ein Wort sagte. Kaum vorstellbar, dass die anderen schon so lange hier gesessen hatten. Während andere Familien gerade glücklich den Abend beendeten und Eliotts Kommilitonen vermutlich gerade am Feiern waren, saßen sie hier und starrten das kleine Zimmer an. Die drei Zeitschriften, die auf dem schwarzen Glastisch in der Mitte lagen. Das kleine Aufgestellte Regal mit allen möglichen Flyern aus Unternehmen in der Nähe. Die Uhr, die ungefähr über Eliott platziert war, weswegen er sie nicht sehen, dafür aber umso lauter und vor allem langsam ticken hören konnte. Katharina sah aus, als wäre sie schon wieder am Einschlafen. Auch seine Mutter hatte die Augen geschlossen. Clara starrte die kleine Palme neben dem Eingang an. Vielleicht fragte sie sich gerade, ob die Blätter echt oder aus Plastik waren, da diese unnatürlich glänzten. Vielleicht dachte sie auch gerade darüber nach, warum sie hier hingefahren war oder vielleicht sogar, wann sie endlich wieder zurückkonnte? War sie einfach nur aus Höflichkeit dageblieben? Eliott hasste es, einfach nur dazusitzen. Erstens fühlte er sich so verloren, weil er nichts tun konnte, um Camilla zu helfen und zweitens fingen seine Gedanken an immer und immer lauter und penetranter zu werden, wenn er mit diesen alleine gelassen wurde. Außerdem bemerkte er, dass Clara immer noch nicht auf die Nachricht geantwortet hatte, die sie vorhin im Auto bekommen hatte. Seitdem sie hier waren, hatte sie noch nicht wieder ihr Handy in die Hand genommen. Die anderen vermissten sie sicher schon. Vielleicht hatten sie noch weitere Nachrichten geschrieben. Aber Clara hatte nie den Nachrichtenton an, das hatte sie mal erklärt. Nur ihr Anrufton war immer an. So oft hatte sie früher erwähnt, er könnte immer anrufen, wenn er etwas brauchte, egal welche Uhrzeit es war. Er war der Junge, für den sie extra nachts den Ton angelassen hatte. Ob das immer noch so war? Oder ob es jetzt wegen jemand anderem war? Oder hatte sie ihn schon längst wieder ausgestellt und beschloss sich wieder um sich selbst zu kümmern? Denn bis heute hatte sie so gewirkt.

Als könnte Clara seine Gedanken lesen, nahm sie nun doch ihr Handy aus der Hosentasche und tippte darauf herum. Was sie wohl geantwortet hatte? Stand sie zu ihm oder hatte sie sich eine Ausrede einfallen lassen? Auf jeden Fall schien sie nicht die Lust zu haben mit einem ihrer Freunde ein Gespräch anzufangen, denn sie konnte in der Zeit bevor sie das Handy in der Hosentasche verschwinden ließ nicht viel mehr als drei oder vier Nachrichten geschrieben haben.

Die Zeit verging weiter und es musste mittlerweile sicherlich schon 23 Uhr sein, als endlich eine Arzthelferin oder ähnliches in das Wartezimmer trat und vorsichtig „Familie Anderson?" fragte. Auch wenn alle auf diesen Moment gewartet hatten, hatte keiner damit gerechnet und keiner war darauf vorbreitet. Frau Anderson nickte. Keiner konnte etwas sagen, weil niemand wusste, ob das Auftauchen der Arzthelferin ein gutes oder schlechtes Zeichen war.

„Camilla ist gerade aufgewacht, ihr habt eine wirkliche Kämpferin", waren die Worte die allen einen Stein vom Herzen fallen ließen. Die nächsten Erklärungen nahm fast niemand mehr wirklich auf, da jeder in Gedanken versank, diesmal jedoch vor Freude. „Erst wenn das Risiko von Narkosekomplikationen ausgeschlossen ist, dürfen wir unsere Patienten entlassen. Wie sie wissen, handelte es sich um eine sehr kritische Operation und auch der Allgemeinzustand ihres Tieres ist sehr kritisch, deshalb ist ein stationärer Aufenthalt bis morgen Pflicht. Wir können dann die Überwachung und Sicherheit gewährleisten, die sie braucht. Für jetzt haben wir erst einmal die nötigen Schmerzmittel und Medikamente verabreicht, um alle Begleiterscheinungen zu vermindern", erklärte die Helferin. Außerdem meinte sie, dass sich der Zustand weiter bessern würde, wenn es nicht zu unerwarteten Wendungen kam.

Noch immer sagte niemand etwas. So lange hatten sie auf das Ergebnis gewartet und jetzt, wo es soweit war, klang es so surreal. Ihr Zustand war so schlecht und jetzt sollte es ihr doch langsam wieder besser gehen?

„Ich würde sie bitten gleich nach Hause zu fahren, es gibt nichts mehr, was sie für Camilla tun können. Ihre Nummer haben sie angegeben, als sie angekommen sind? Dann würden wir sie bei einer wesentlichen Verschlechterung des Zustandes sofort informieren. Für jetzt braucht sie aber erst einmal Ruhe. Vorne am Empfang können sie sich eine Nummer abholen unter der wir morgen für sie zur Verfügung stehen. Ab ca.12 Uhr können sie anrufen und sich darüber informieren, ob sie Camilla schon wieder nach Hause holen können. Alles Genauere besprechen wir dann", redete die Helferin weiter, doch niemand machte irgendeine Anstalt, sich zu bewegen, also betonte sie noch einmal: „Das Warten hat ein Ende, ich würde vorschlagen, sie holen sich jetzt auch ein bisschen Schlaf. Zu Camilla dürfen sie frühestens morgen Mittag".

Eliott war der erste, der langsam aufstand. Er konnte es noch gar nicht glauben. Auch wenn er es niemals gesagt hätte, er war eigentlich in der Überzeugung gekommen, Camilla in ihren letzten Stunden zu begleiten. Aber scheinbar hatte sie doch noch viele glückliche Stunden, Tage und vielleicht sogar Jahre vor sich. Er wollte das fast gar nicht glauben und er wusste, es konnte immer noch etwas Schlimmes passieren, aber langsam breitete sich Freude in ihm aus. 

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