Kapitel 28 ✔️

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Rosalie

Nach einer ganzen Stunde, in der ich nur auf dem Boden liege und weine, komme ich langsam wieder auf die Beine und versuche mich zu sammeln.

Ich habe es so gewollt.
An der Situation bin ich selbst schuld.
Ich habe kein Recht dazu, mich jetzt zu bemitleiden.

Ich vermisse James.
Wir kennen uns nicht lange, aber er hat vom ersten Tag an etwas verändert.
Ich vermisse seine Stimme und seine Witze. Die Art und Weise, wie er mich umsorgt und angesehen hat.

Das alles habe ich verloren ...

Wie genau ich aus dem Laden komme und ihn abschließe, um mich dann auf den Weg nach Hause zu machen, weiß ich nicht. Aber auch mein verheultes Ich kennt den Weg in die Einsamkeit.

Ich habe so viele Fragen.
So viele Fragen an James.

Wieso war ein Mann wie er in meiner Nähe?
Wieso war er hier und hat für einen Moment nur für mich existiert?

Er hätte mir zu jeder Zeit sagen können, wer er ist.
Hätte mir sagen können, dass ich mehr Respekt vor ihm haben, mich angemessener verhalten und nicht so kindisch sein soll.

Bei Gott, ich habe New Yorks angesehensten Mann Prinzessin getauft!
Wie bescheuert kann man sein?
Wie verrückt muss ich geworden sein?
Von allen guten Geistern verlassen ...

Aber wieso hat er denn kein Sterbenswörtchen gesagt?
Fand er das lustig?
Lustig, wie lächerlich ich mich damit gemacht habe?
Wollte er das irgendwann an die große Glocke hängen?
Dass ich kleines, dummes Mädchen keine Ahnung davon hatte, mit wem ich mich unterhalte?

Was hat er damit bezwecken wollen? Mir mein Leben retten, mir seine superteuere Sonnenbrille schenken, mich zu sich nach Hause nehmen –
Was sollte das alles?

Ich kann es drehen und wenden, aber nie komme ich zu einem schlüssigen Grund, der harmlos erscheint.

Es gibt einfach keine Logik dafür, dass der Millionär und wohl heißeste Junggeselle New Yorks sich mit dem bettelarmen Mädchen von der Straße abgibt.
Es ergibt keinen Sinn.
Zumindest keinen, der schön für mich ist.

Er muss sich bloß amüsiert haben ... Und ich bin auf ihn hereingefallen ...

Es musste wohl so kommen.
So kommt es schließlich immer, nicht? Das naive Mädchen verguckt sich in den schönen Schein eines Prinzen und ist zu blind, um zu erkennen, dass sich hinter seiner Mauer doch nur wieder ein selbstsüchtiger, rachsüchtiger, perverser und gewalttätiger Kerl versteckt.

Ich will eigentlich nicht so viel nachdenken.
Meine Gedanken lassen meinen Kopf wie einen Luftballon aufgehen und verzögern dann dessen Zerstörung.
Alles an mir schmerzt und jeden Tag ist es schlimmer geworden.
Ich weiß gar nicht, worüber ich mehr trauern und wütend sein soll. Über mich? Sollte ich wütend auf mich sein? Oder doch auf James?

Das Schlimmste ist die Dunkelheit, die mich seit seiner Abwesenheit wieder befällt. So wie jetzt, während ich nach Hause laufe und von Dämonen angefressen, vom Laufen ins Rennen übergehe.

Dunkel.
Hell.
Dunkel.
Hell.
Dunkel.

Die Kegel der Straßenlaternen wechseln mit der Dunkelheit der Welt. Ich sehe auf den Boden, während ich renne. Der Gegenwind kühlt meinen Körper und ich werde immer schneller.
Nicht hochgucken!
Nicht in die Augen eines Mannes!
Niemals in seine Augen.

Alle paar Meter flackert ein Lichtblitz an meinen Augen vorbei und verschwindet dann hinter mir. Es ist, als ob selbst das Licht vor mir flieht.

Eine Laterne.
Dunkelheit.
Laterne.
Dunkelheit.
Zwei Autos und wieder ist es dunkel.

Ohne Plan tragen meine Füße mich den Weg zurück nach Hause, obwohl ich durchaus mit einem Abzweig in eine andere Richtung gerechnet habe.

Traurig öffne ich die Haustür zu meiner Wohnung und kaum schlägt die Tür zu, mache ich das, was ich immer mache. Ich lasse mich mit dem Rücken zur Tür hinabsinken und heule mir die Augen aus dem Kopf. Es ist nicht unbedingt wegen James. Vielmehr bringt mich die Einsamkeit wieder zu ihm. Zu dem, der mein Leben überhaupt begonnen hat. Meinem Erzeuger ... oder doch meinem Dad?

Es sind die Erinnerungen, die mir vor den Augen tanzen und ich versuche mir einzureden, dass es ein schöner Tanz ist. Aber dass man auch mit Schmerzen tanzen kann, war mir nie bewusst.
Der Moment, in dem meine Gegenwart verschwindet und mein Zuhause wieder auftaucht und da dieses Mädchen sitzt und hoffnungsvoll auf ihren Vater wartet, ist unerträglich.
Das kleine Wesen, das vorbeifahrenden Autos zählt und darauf wartet, dass der vertraute schwarze Wagen mit dem bekannten Fahrer im schwarzen Anzug und dem Aktenkoffer unter dem Arm vor dem Haus parkt und die Tür aufschließt. 
Und wie jeden Tag um Punkt vier Uhr ... kommt er.

Ich versuche das Mädchen aufzuhalten, aber kaum entweicht meiner Kehle ein Laut in die Dunkelheit steht das Mädchen vor meinen Augen auch schon vor der Tür und schwingt sie auf, um ihn zu begrüßen.
Ich will sie warnen.
Ich will sie warnen.
Aber seine alleinige Erscheinung ist Warnung genug.
Er torkelt.
Sie bemerkt sein blasses Gesicht und die rote Nase und bei diesen schwarzen Augen und dem Geruch der einen Würgreiz verursacht, weiß sie, dass die Tür hätte verschlossen bleiben sollen.

Aber Fehler passieren. Manchen Menschen öfter, als anderen.
Manche Leute lernen aus ihren Fehlern, treten nicht zweimal in dasselbe Fettnäpfchen.
Ich gehörte nicht dazu.
Jeden Tag stand ich wieder an dieser hölzernen Tür und habe die vorbeifahrenden Autos gezählt, bis das erwünschte endlich parkte. Ich habe daran geglaubt, nur zu träumen. Ich war sicher, ich würde irgendwann aufwachen und alles wäre so wie früher. Aber früher war einmal ...

Jeder neue Tag war ein Versprechen für sich. Jeder neue Tag lehrte mich dieses Leben und welche Opfer es mit sich brachte, wenn man einen Menschen liebte.
Liebe bedeutete Loyalität, Mitgefühl, Selbstopferung und Vergebung.
Und ich liebte meinen Dad mehr als jeden anderen Menschen auf diesem Planeten. Ihm würde ich immer loyal sein, für ihn würde ich stets zurückstecken und fühlen und seine Fehler vergeben.

Liebe war und ist die süßeste Art der Zerstörung. Und ich sollte es am besten wissen, war meine Welt doch mehr als einmal in Flammen aufgebrannt.
Aber ich habe es nur hingenommen.
Ich habe mich nicht gewehrt.
Heute tue ich das.
Heute wehrt und sträubt sich in mir alles, was einmal taub war. Nur dass ich heute lediglich mich selbst bekämpfe. Mit allen Mitteln.
Ja, mit allen Mitteln versuche ich mir die Bilder aus dem Kopf zu schlagen, prügle meinen Schädel mehr als einmal gegen die Haustür und strample mit den Beinen, als würde ich die Schatten an den Wänden damit vertreiben können. Hässlich und grässlich kratzen meine Fingernägel über meine Unterarme, über all die Stellen, an denen die Dunkelheit nach mir greift und mich wie Ketten umschließt. Wimmernde Laute entweichen meinem zerbrochenen Ich, als ich mich nach einiger Zeit aufrapple und auf allen Vieren durch den Flur in Richtung Wohnzimmer krabble.

Wie von selbst beginnt mein Körper zu zittern und ich schaffe es nicht, ein Schluchzen zu unterdrücken.
Wieso bin ich so schwach?
Ich weiß wieso.
Wieso verfolgt er mich?
Weil es so viel Spaß macht.
Wieso bin ich allein?
Weil es so besser ist.

Mein Kopf beantwortet mir jede meiner Fragen und schneidet die Wunden noch tiefer. Alles tut weh und ich weiß gar nicht, ob ich aus Angst oder vor Schmerzen weine.
Ich will wieder in James' Armen liegen. Nur ganz kurz, um zu wissen, dass ich nicht allein bin.
Ich will, dass alles wieder so ist, wie vor ein paar Tagen.
Dass ich bei ihm einigermaßen heil war, fällt mir erst jetzt auf.
In der Nähe dieses Mannes hatte ich mehr Selbstbewusstsein und Freude. Meine Seele hatte ihre Ruhe, weil Licht bei ihm einfach stärker war als Dunkelheit.

James hat nichts hinterfragt von den Dingen, die er gesehen hat. Da waren keine Fragen, die mich ausgequetscht haben, kein Mitleid um meine Person.
Ich konnte einfach alles vergessen.
Es gab nur ihn und mich. 
Ein Gefühl von Sicherheit.
Jetzt war es weg.

Ein erneutes Knacken kommt aus der Wohnecke und meine Lungen hören augenblicklich auf Luft zu schnappen.
Alles an meinem Körper versteift sich. Panisch schaue ich mich um. Als ich in einer hektischen Bewegung mit dem Magen vor etwas stoße, stöhne ich vor Schmerz einmal auf. Wie automatisch rolle ich auf den Rücken, doch mit dem Druck auf die Wunden dort, wird es nicht angenehmer. Alles. Tut. Weh.
Mühselig versuche ich mich aufzurappeln, doch mein linker Fuß ist nicht auf die Belastung vorbereitet und knickt unangenehm weg.
Nur mühselig kann ich mich an der Wand abstützen und in einer einigermaßen aufrechten Position halten.
Mein Herz rast, mein Körper ist zum Zerbersten angespannt. Jeder Muskel hält mich zusammen, während ich mit jeder Zelle auseinander zu fallen scheine.

Es ist zu viel für mich. Das alles ist einfach zu viel ...

Als ich die Augen schließe, sammeln sich in meinem Inneren sofort ein paar schlechte Erinnerungen zusammen.
Wie immer sitze ich wie vor einer Kinoleinwand und darf gepeinigt Revue passieren lassen, welche Dinge mir alle widerfahren sind.

So oft saß ich mit ähnlichen Schmerzen wie heute auf meinem Bett, habe geweint und mich an ein Kühlpack geklammert, als sei es mein Rettungsanker.
Jedes Mal hatte ich ein blaues, rotes, grünes Gesicht und meine Wangenknochen waren aufgeschürft und bluteten. Ich glaube, ohne MakeUp hätte ich meine gesamte Schullaufbahn nicht überlebt.
Zwar haben sich die meisten Schüler sowieso kein Stückchen für mich interessiert, doch das ein oder andere Kommentar habe ich über mich ergehen lassen müssen.

– Flashback –

»Na Schlampe, hast Aua-Aua gemacht?«
Man sollte meinen, das Niveau und die Sprüche von Oberstufenschülern sei anspruchsvoller als "Aua". Aber Schule kann man auch mit Kindergarten vergleichen.
Mit gesenktem Kopf laufe ich an der lachenden Gruppe vorbei und will einfach nur so schnell wie möglich zu meinem nächsten Kurs.
»Scheint so, als würde Lernen auch weh tun, scheiß Streberin!«, kommt es von links und ich atme traurig aus.
Ich weiß, dass ich scheiße aussehe, aber müssen sie mir das so vor Augen führen?
Es war die Faust meines Dads, der die Fernbedienung des Fernsehers nicht gefunden hatte. Dann ist er ausgerastet. Er hat mir ins Gesicht geschlagen, meinen Kiefer an eine andere Stelle gerückt und ich habe ein paar neue Blutergüsse.
Fürs Lernen habe ich keine Zeit.
Was ich brauche, kann ich eben.
Und nur weil die anderen sich nachts auf Partys volllaufen lassen und am nächsten Tag nicht mehr wissen, dass sie eine Matheklausur, anstatt einer Englischklausur schreiben, muss ich mich nicht schlecht fühlen.
»Hört doch mal auf, Leute! Scheint so, als hätte unser Mäuschen eine harte Nacht hinter sich
Es klingt nicht einfühlsam. Er sagt es in einem perversen Ton und ich zucke unbemerkt zusammen.
Nicht hinsehen ... Nicht hinsehen ...
Okay, ich habe das widerliche Grinsen gesehen.
Wenn sie auch nur eine Ahnung hätten, mit wem ich mich in der Nacht herumschlagen muss ...
»Der Kerl scheint ihr mal die Leviten gelesen zu haben! Dumme Schlampe
»Geschieht ihr nur recht!«
Sie lachen, bis die Schulglocke mich davon erlöst. Jeden Tag dasselbe Spiel ...

Irgendwie schaffe ich es humpelnd ins Badezimmer. Kaum sitze ich auf dem Klodeckel weine ich einfach weiter. Mein Vater schwirrt mir durch den Kopf. Ich bin vollkommen verwirrt. Überall sehe ich seine roten Augen aufblitzen.
Als ich in den Spiegel blicke, zerreißt mich mein eigener Anblick.

Wer starrt mich da eigentlich an?
Wer ist dieses Häufchen Elend?
Kann es noch lachen?

Ich versuche es. Versuche, meine Lippen zu heben. Aber mehr als eine hässliche Fratze kann ich nicht aus mir machen.
Kaum zu glauben, dass ich nur noch eine Fassade bin ...
Ich dachte, ich könne die alten Narben hier hinter mir lassen, wieder zurück zu dem kleinen zufriedenen Mädchen in mir finden. Doch das Leben hier ist nicht anders als dort.
Ich bin kein Stückchen voran gekommen.
Ich spiele nur ein Spiel. Ein Spiel mit mir selbst. Ich mache mir etwas vor.
Jeden Tropfen Blut, die aufgerissene Haut, das Brennen und Ziehen. Ich habe geglaubt es wäre weg, genauso wie mein Vater. Aber was man aus den Augen verliert, verliert man nicht auch aus dem Sinn.
Da an der Wand, an meinem Handtuch, im Waschbecken, sogar auf meiner Zahnbürste klebt sein Gesicht. Ich kann sein grausames Lachen wie eine leiernde Kassette in meinen Ohren abspielen.

Er ist genau hier. Er war nie woanders.
Er hat nie aufgehört, mich zu schlagen. Er tut es noch immer.
Er greift nur zu anderen Mitteln ...

Wer hätte gedacht, das die noch viel brutaler sein würden.

»Bist du eigentlich noch ganz bei Trost!?«
Mit einem Ruck drückt er mich gegen eine Wand und zerquetscht meine Handgelenke.
Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe oder weswegen ich nicht mehr bei Trost bin. Warum diese Dinge passieren, hat er mir nie erklärt.
Seine Gründe scheint er selbst vergessen zu haben. Er handelt seit langem schon nur noch aus einer Trance heraus. So zumindest scheint es mir.
»Wieso bist du so hübsch
Die Frage kommt überraschend. Sein plötzlich sanftes Streichen über meine Wange ebenso.
Erschrocken zucke ich zusammen. Mein Kopf weicht ihm aus.
Seine Berührungen sind unangenehm. Die sanften fühlen sich komischer an, als die, die wehtun.

»Du bist ihr so ähnlich ...«
Seinem Blick entfließt Faszination.
Wenn ich nicht so eine Angst vor ihm hätte, wäre ich jetzt vielleicht geschmeichelt. Meine Mutter war eine schöne Frau. Ich sehe ihr gern ähnlich. Doch er macht aus Schönheit einen Vorwurf.
»... Und das kotzt mich an!«, brummt er plötzlich. Seine Stimmung kippt und ehe ich mich versehe, kippe ich nach rechts zu Boden.
Da ist es! Die ersten drei Tritte fliegen wie Blitze über mich hinweg. Ich spüre sie kaum.
»Du bist ein mieses und dummes Stück Dreck! Es ist billig, wie du sie kopierst! Du wirst niemals so wie sie sein!«
Er schlägt mich, bis er sie nicht mehr in mir sehen kann ...

Das Gesicht im Spiegel grinst mich weiter an. Die roten Augen funkeln amüsiert. Sie wissen, woran ich mich erinnere. Irgendwie bringt das alles in mir zum Überlaufen.
Außer mir krümme ich mich von rechts nach links, versuche das Elend von mir zu schütteln und das Lachen in meinem Kopf zu pausieren. Nichts hilft. Ich verliere komplett die Kontrolle, bewege mich manisch, bewege mich panisch.
Als ich wieder in die roten Augen im Spiegel starre, zieht mein Körper den kürzeren. Meine Faust prescht hervor und zerschmettert das Spiegelglas.
Dann ist es plötzlich unheilvoll still.

Habe ich gerade meinen Vater geschlagen?

[überarbeitet am 10.8.24]

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