Kapitel 22 - Zuflucht

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

•••
»by the way, I'm wearing the smile you gave me«
•••

Nova POV

--

Schlussendlich brauche ich fünfzehn Minuten um mich einigermassen vorzeigbar zu machen, doch Ryan scheint das nicht zu stören. Jules hat ihn hereingelassen und regt sich gerade darüber auf, dass Felipe bisher fast alle Filme aussuchen durfte und extra die wählt, die sie nicht so gerne mag. Felipe streitet dies im Hintergrund lauthals ab und Ryan lauscht beiden aufmerksam, wenn auch etwas belustigt über das Bild welches sich ihm bietet. Als ich dann endlich die Treppe runterkomme und bereit bin um aufzubrechen scheint er auch nicht gerade enttäuscht darüber zu sein, die Streithähne alleine lassen zu können.

„Willkommen in meinem Alltag", schmunzle ich als wir die Wohnung verlassen haben und ein leises Lachen kommt über Ryans Lippen. „Das erinnert mich an Aurora und mich als wir noch jünger waren. Das eben war ein Dauerzustand bei uns." Sofort bahnt sich die Vorstellung davon, wie Ryan und Aurora als Kinder waren, ihren Weg in meine Gedanken und lässt mich leise lachen. Gleichzeitig macht sich ein kaum bemerkbarer, dumpfer Schmerz in meiner Magengegend breit. Ich hatte als Kind niemanden der diese Rolle in meinem Leben hätte einnehmen können.

„Nova?" Ryan's Lächeln ist verschwunden, und obwohl wir mittlerweile bei seinem Wagen angekommen sind scheint es, als hätte er auch diese minimale Veränderung meiner Stimmung gespürt. Wunderbar. „Hm?", versuche ich trotzdem so zu tun als wäre alles okay, was mir aber nur einen ist-das-dein-Ernst-Blick von Ryan einhandelt. „Du weisst schon dass du mit mir reden kannst, oder?" Ich nicke und setze mich auf den Beifahrersitz. „Ich weiss. Sorry. Es fällt mir nur nicht gerade leicht über... Dinge zu reden, nicht mal bei Jules." Verständnisvoll nickend fährt Ryan los, doch ich spüre seine kurzen Seitenblicke auf meiner Haut brennen.

„Du musst nicht mit mir darüber reden wenn du das nicht willst. Wir können uns heute auch einfach einen tollen Tag - oder das, was davon noch übrigbleibt - machen. Ich hab' dich aus der Wohnung gezerrt um deine Laune zu heben, also egal was du dafür brauchst, jetzt ist der Moment mich darum zu bitten."

Ich fange schon in der Hälfte von Ryan's kleinem Vortrag an zu lächeln - wobei das keine Bewegung war über die ich Kontrolle gehabt hätte, ich habe einfach angefangen zu lächeln. Ich weiss nicht wieso, aber es fühlt sich an als würden Ryan und ich uns schon jahrelang kennen. Aus irgendeinem Grund sagt er immer das Richtige, er gibt mir genug Platz um selbst darüber entscheiden zu können was ich mit ihm teilen will, und er versteht es wenn ich mal nicht reden möchte. In den letzten Tagen reicht es mir sogar völlig aus wenn er überhaupt in meiner Nähe ist um mich besser fühlen zu lassen.

Ich kann nicht in Worte fassen was es ist, doch irgendwas versprüht der Italiener. Etwas beruhigendes. Bei ihm fühle ich mich nicht klein oder bescheuert, ich schäme mich nicht für das was mit Max passiert ist. Er verurteilt mich nicht, er ist einfach da.

„Danke, Ryan. Im Ernst." Meine Stimme klingt genauso müde wie ich mich fühle, doch trotzdem freue ich mich auf die Überraschung. Und ich hoffe Ryan spürt das. „Nicht dafür Nova. Willst du Musik hören?" Ich nicke, froh über den Themenwechsel, und mit nur einer Handwegung in Richtung des Bordcomputers teilt Ryan mir mit, dass ich mir die Musik aussuchen darf. Was er mir kein zweites Mal sagen muss. Für den Rest der Fahrt lauschen wir beide schweigend den Liedern von Alter Bridge und Creed, welche anscheinend auch Ryan's Geschmack zu treffen scheinen. Jedenfalls beschwert er sich mit keiner Silbe.

Als wir anhalten sehe ich vor uns eigentlich nur das Meer, doch erst als Ryan mich an den dazugehörigen Strand führt dämmert es mir wie schön dieser Ort eigentlich ist. Und wie menschenleer. Natürlich, die Strände hier sind nicht dasselbe wie an der kalifornischen Küste, doch einen komplett menschenleeren Strand zu finden ist auch in Seattle nicht einfach. Inwzischen haben wir unsere Schuhe und Socken ausgezogen und laufen dem Meer entgegen - noch immer stumm.

Erst als das kalte Wasser sich um meine Fussgelenke schmiegt atme ich zum ersten Mal heute bewusst tief ein, schliesse die Augen und sehe nicht die Bilder meiner Vergangenheit vorbeiflitzen. Stattdessen rieche ich das Meer, spüre das kalte Wasser vermischt mit dem Sand und nehme Ryan's ruhige Ausstrahlung mit jedem Atemzug in mich auf. Mein Puls, der den ganzen Tag nicht zur Ruhe gekommen ist, entspannt sich und das Gefühl, immerzu kurz vor einer Panikattacke zu stehen, verschwindet.

„Besser?" Die Stimme des Italieners ist rau. Ich nicke, lächle, öffne die Augen und schaue ihn an. „Viel besser." Das Grinsen welches sich daraufhin auf Ryan's Gesicht breitmacht ist unbezahlbar, und instinktiv lehne ich mich seitlich gegen seinen Arm. Keine Minute später legt er diesen um meine Schultern und zieht mich sanft noch etwas fester an sich.

Wieder lauschen wir für ein paar Minuten dem Meer, bis ich mir einen Ruck gebe. „Ich habe geträumt", fange ich leise an und spüre sofort Ryan's Blick auf mir. „Ich war wieder in der Highschool. Eigentlich war es mehr eine Erinnerung als ein Traum, weil die Handlung wirklich geschehen ist. Was an genau dieser Erinnerung anders ist sind seine Worte. Sie haben sich in mein Gedächtnis gebrannt."

Du wirst mich wollen.

Ich schüttle den Kopf. „Ich hatte so Angst dass er Recht behalten würde. Und davor was er tun würde, wenn nicht. Ich hatte niemanden an den ich mich hätte wenden können." Stumm drückt Ryan meine Schulter und legt sein Kinn auf meine Haare. „Hat er denn Recht behalten?" Ich schüttle den Kopf. „Nein. Aber die damit verbundenen Panikattacken sind trotzdem geblieben."

Instinktiv erinnere ich mich an die vielen Male in denen ich weinend auf der Mädchentoilette bei den Sporthallen sass, da dort kaum jemand das Badezimmer benutzte. Wie oft ich mir selbst gut zureden musste, mir selbst Atemtechniken beigebracht habe um nicht zu hyperventilieren. Keiner wusste davon.

„Du hattest heute Nacht eine?" Obwohl Ryan's Satz mehr wie eine Feststellung als eine Frage klingt nicke ich trotzdem und erhalte ein leises Schnauben als Antwort. „Du glaubst nicht wie gerne ich ihm in dieser Sekunde eine reinhauen will", grummelt der Italiener und auch wenn seine Stimme ruhig klingt, spüre ich seine Anspannung. Ich seufze und lege meine Arme um seinen Bauch. „Heute nicht, Blauauge."

Offensichtlich ungewollt grunzt Ryan leise, was mich wieder grinsen lässt. „Ich muss mich noch immer bei dir revanchieren für diesen wundervollen Spitznamen."

„Das schaffst du nie."

--

Nachdem wir zuerst eine Weile aufs Meer hinausgestarrt haben wurde es dann doch zu kalt, und wir haben uns mit einer Decke, die Ryan natürlich mitgenommen hat, etwas weiter weg vom Meer in den Sand gesetzt. Gerade hat mir der Italiener erklärt dass dieser Strand hier nicht so einfach zu finden und deshalb einer seiner Zufluchtsorte ist. Wobei ich mich automatisch gefragt habe, in welchen Situationen Ryan einen Zufluchtsort wie diesen braucht, wodurch ich zur Feststellung gekommen bin, dass ich ihn eigentlich kaum kenne. Seine Vergangenheit, jedenfalls.

„Warum eigentlich nur One-Night-Stands?"

Überrascht dreht der Italiener seinen Kopf zu mir und sieht mich etwas überrumpelt an.

„Was?"

Ich setze mich auf. „Warum willst du nur One-Night-Stands haben?" Einen kleinen Moment presst Ryan die Lippen fest aufeinander, doch ich will die Frage nicht zurücknehmen. Was schlussendlich auch nicht nötig ist, denn er fängt an zu sprechen. „Es ist etwas kompliziert. Ich bin etwas kompliziert." Die Worte bringt der Italiener zunächst zittrig über die Lippen, doch als ich ihn nicht unterbreche spricht er mit sichererer Stimme weiter. „Ich verliere Menschen sobald sie mir zu wichtig werden", lauten seine nächsten Worte, was mich stutzig werden lässt.

„Es ist als würden alle die Flucht ergreifen wenn sie mich richtig kennenlernen. Ich hatte als Jugendlicher einige Beziehungen und es hat immer darin geendet, dass ich zu kompliziert war. Zu verkorkst. Ich würde nicht sagen dass ich unter Bindungs- oder Verlustängsten leide, doch seit wenigen Jahren habe ich das mit der Beziehung aufgegeben. Ich scheine einfach nicht der Typ dafür zu sein, was in Ordnung ist, aber ich will ja trotzdem auf meine Kosten kommen - vorzugsweise nicht nur durch Eigenarbeit, wenn du verstehst." Ein schiefes Grinsen macht sich auf Ryan's Lippen breit, und ich hebe die Augenbrauen.

„Daher also die One-Night-Stands", zähle ich eins und eins zusammen, woraufhin Ryan nickt. „Genau." Er sieht mich nicht an, doch ich kann den leichten Schmerz trotzdem in seinem Blick spüren nachdem der Italiener schweigt. „Wir sind alle irgendwie verkorkst", seufze ich leise und lege meinen Kopf auf seine Schulter. „Und eine Beziehung ist selten immer unkompliziert. Du wirst jemanden finden, Ryan. Eine Person die dich auch verkorkst genauso in ihrem Leben haben will wie wenn du es nicht wärst."

Ryan lächelt, diesmal sieht es aber anders aus als sonst. Es wirkt müde. Er sieht mir in die Augen als ich meinen Kopf so verrenke dass ich sein Gesicht sehen kann, und für einen kleinen Moment wandern unsere Blicke über unsere Gesichter. Dann sieht Ryan wieder auf das Meer hinaus, legt wie eben auch schon seinen Arm um meinen Körper und zieht mich erneut fest an sich.

„Du hast ein gutes Herz, Nova. Ein zu gutes Herz."

--

Kleiner Einblick in die Gefühlswelt unseres Italieners!

Meinungen?

Vergesst das Sternchen nicht <3

- Xo, Zebisthoughts

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro