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ELIAN

Als Elian erwachte vermisste er den Geruch des Waldes. Statt Petrichor und Laub, roch er frisch gewienerten Boden und spürte hartes Holz unter seiner Schulter. In seinem Mund hatte sich en fauliger Geschmack bereit gemacht. Wo war er? Als er die Augen langsam öffnete musste er sich erst an die Helligkeit gewöhnen, die hier herrschte.
Er lag auf dem Fußboden seines Flures, vor ihm die geöffnete Wohnzimmertür. Durch sie drang das Licht.
Seine Wangen waren feucht. So, als hätte er gerade geweint.
Was war geschehen? Warum war er nicht mehr im Wald? Wo war sein Korb, der mit den Pilzen?
Er stemmte sich hoch und nahm mit einem Mal den Geruch von Whiskey wahr. Er ging von seinem T-Shirt aus, auf dem ein großer Fleck prangte.
Er wollte gerade sein Schlafzimmer betreten, als er ein protestierendes Maunzen hörte. Figaro stellte sich ihm in den Weg.
„Ist ja gut, Großer", murmelte er, bevor er sich abwandte und den Weg zur Küche einschlug, um seinen Kater zu füttern. Sobald er den Napf gefüllt und hingestellt hatte war er auch schon wieder leer und sein Kater saß noch immer davor.
„Kleiner Fresssack." Er grinste, als Figaro auch diesmal alles verputzte und dann zufrieden ins Wohnzimmer trottete, um in der Sonne ein Schläfchen zu halten.
Im Schlafzimmer suchte er sich frische Kleidung heraus und warf sowohl einen Blick in den Spiegel, als auch auf die Uhr. Seine kinnlangen Haare waren verwuschelt. Sie lagen kreuz und quer auf seinem Kopf. Abgesehen von dem Fleck auf seinem Shirt war auch seine Kleidung unversehrt. Doch es war andere, als er im Wald getragen hatte. Vor zwei Tagen war er dort gewesen. Was war in der Zeit seiner Erinnerungslücke geschehen? Hatte er so viel Alkohol getrunken, dass er alles vergessen und sein Glas verkippt hatte? Wie war er wieder nach Hause gekommen und wo waren seine Pilze?

Seine Gedanken wurden jäh durch das schrille Klingeln eines Telefons unterbrochen. Seines Telefons. Er nahm ab.
„Hallo?"
„Ah, mein Sohn! Wie geht es dir? Du meldest dich gar nicht mehr so oft."
„Entschuldigung, aber wer sind Sie? Ich denke, sie haben sich verwählt." Wer war diese Frau?
„Ganz sicher nicht! Matteo, was redest du für einen Unsinn?"
„Ich kenne keinen Matteo, mein Name ist Elian." Sie schnappte nach Luft und flüsterte etwas über eine Elea und dass sie recht gehabt hätte. Im Hintergrund tuschelte eine weitere Stimme. Was sollte das denn jetzt?
„Wissen Sie was, ich komme mal vorbei, um mich zu überzeugen, dass sie meinen Sohn nicht gefesselt in einer Ecke sterben lassen. Sie wohnen doch in der Dorfstraße 12, oder?" Woher wusste sie seine Adresse? War sie eine alte Frau, deren Sohn schon längst umgezogen war, die sich allerdings nicht daran erinnern konnte?
„Ich werte Ihr Schweigen jetzt als ein Ja. Ich bin in fünf Minuten da."

Tatsächlich klingelte es genau fünf Minuten später an der Haustür. Etwas geistesabwesend drückte er den Öffner und schlug sich kurz danach mit der Hand gegen die Stirn. Warum öffnete er einer fremden Frau?
Kurz darauf standen jedoch zwei Frauen vor seiner Tür. Eine etwas ältere - er schätzte sie auf Anfang fünfzig - und eine jüngere Frau. Sie war Mitte dreißig.
„Herr Crola, öffnen Sie uns doch bitte die Tür." Seinen Nachnamen musste sie am Klingelschild gelesen haben.
Er drehte den Schlüssel im Schloss und öffnete, blieb jedoch im Türrahmen stehen.
„Warum genau sind Sie hier?" Seine erste Frage klang forsch, doch er hatte jede Berechtigung dazu, schließlich tauchten die beiden Frauen vor seiner Tür auf.
„Mein Name ist Palmgren. Eva Palmgren. Ich bin Psychologin." Was wollte eine Psychologin bei ihm? „Ich würde jetzt wortwörtlich mit der Tür ins Haus fallen und sie bitten, sich einmal zu setzen. Wir müssen einiges besprechen."
Interessiert öffnete er die Tür ein Stück weiter.
„Warum können wir das nicht hier klären?"
„Ich denke, Sie sollten sich wirklich setzen." Ihre Stimme war fest, so als würde sie solche Gespräche täglich führen. Tat sie wahrscheinlich auch.

Widerwillig gab er den Rahmen frei und ließ die beiden Frauen eintreten. Die, die angerufen hatte, blickte ihn mitleidig an. Was konnte denn so schlimmes kommen?
Er schloss die Tür und folgte den beiden ins Wohnzimmer, wo sie sich bereits gesetzt hatten. Frau Palmgren saß kerzengerade auf seinem Sofa und blickte ihn durchdringend an.
„Setzen Sie sich." Dass es soweit kommen würde, dass er in seinen eigenen vier Wänden zu etwas aufgefordert wurde, hatte er nicht gedacht.
„Ich fange direkt an. Wir haben bereits miteinander gesprochen. Ich denke, das war vor etwa zwei Monaten. Da sagten Sie mir jedoch, Ihr Name wäre Matteo." Matteo. So hatte ihn die Frau am Telefon genannt, die ihn nun interessiert musterte.
„Ich kenne Sie aber nicht."
„Dazu komme ich gleich. Ich denke einmal, Sie haben keine Geschwister, oder?"
„Doch, eine Schwester." Sein Blick wanderte zum hellbraunen Holzfußboden.
„Aber keine Brüder, oder?" Frau Palmgren sah ihn noch immer mit diesem Blick an, der bis in seine Seele zu reichen schien. Er konnte sich ihren Fragen nicht entziehen, musste ihr antworten.
„Nein."
„Sagen Ihnen die Namen Ilya und Luan etwas?"
„Nein, beide nicht."
„Gut. Folgender Sachverhalt: Sie kamen vor zwei Monaten zu mir, weil Sie unter partieller Amnesie leiden. Zu deutsch wären das Erinnerungslücken. Ich habe Sie nach weiteren Auffälligkeiten gefragt und Sie beschrieben, dass Sie unter anderem unter starken Kopfschmerzattacken und dem Hochkommen alter Erinnerungen, sogenannten Flashbacks, leiden würden. Außerdem finden Sie in Ihrer Wohnung ab und zu Dinge, die Ihnen nicht gehören. Stimmt das?"
Er nickte stumm, darauf wartend, dass sie fortfuhr.
„Im Verlauf des Gesprächs konnte ich bereits einige Krankheiten, wie etwa Migräne oder Depressionen ausschließen. Nach einem Gespräch mit ihrer Mutter", ein Seitenblick zu der Frau neben ihr, „noch einige weitere. Wir haben uns danach einmal in der Woche gesehen und sie berichteten davon, dass sich die Symptome häufen würden. Außerdem nannten Sie mir zweimal einen anderen Namen. In der dritten Sitzung Ilya und in der folgenden Luan. Sie hatten sich mir jedoch als Matteo vorgestellt."
Er konnte sich nicht an diese Frau erinnern. Wann sollte er bei ihr in psychologischer Behandlung gewesen sein? Und warum sollte er sich als Matteo vorgestellt haben? Oder als Ilya?
„Nach Beratung mit einem Kollegen bin ich zu einer Diagnose gelangt. Vorab möchte ich jedoch erwähnen, dass sie nichts mit Schizophrenie zu tun hat, selbst wenn beide Diagnosen des Öfteren verwechselt werden."
„Was ist es denn nun?" Unruhig tippte sein Fuß auf dem Boden, seine Finger ver- und entknotete er immer wieder.
„Sie sind Matteo. Sie sind Ilya. Sie sind Luan. Und Sie sind Elian. Wer Sie außerdem sind, weiß ich noch nicht. Ihre Diagnose lautet Dissoziative Identitätsstörung, kurz DIS, auch bekannt als multiple Persönlichkeit."
Er schluckte.

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