REISE IN DIE ZUKUNFT - Erinnerungen

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Hey ihr. Hier mal etwas schwerere Kost, die uns einen Einblick gibt, wie es Penny in den 5 Jahren ohne Sam ergangen ist und vielleicht schon das ein oder andere erklärt, was im letzten Kapitel passiert ist, oder vielleicht noch kommt. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen.

>Penny's Sicht<

Ich zwang mich zur Ruhe und ging zur Hintertür hinein in die Halle. Schwer lehnte ich mich an die Tür und versuchte das grade erlebte zu verarbeiten...zu begreifen. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Erst machte Steele so einen schlechten Scherz mit mir und dann stand da tatsächlich Sam vor mir. Frustriert fuhr ich mir mit den Händen über die Augen bis in die Haare. Ich musste unbedingt aus diesem Alptraum aufwachen, der sich so schmerzhaft real anfühlte.

Als ich aufschaute entdeckte ich eine Atemschutzausrüstung am Prüftisch liegen, die verkratzt und verrußt war. Zögernd ging ich hinüber und schaute auf sie hinunter. Vorsichtig, als könne sie sich jeden Moment in Luft auflösen, legte ich die Hand auf die Flasche, an der Stelle, wo ihre Nummerierung aufgesprüht war. Ich wischte darüber und zum Vorschein kam die rot aufgesprühte 01 - Sam's Flasche. Niemand anders trug diese Nummer. Nie wieder hatten wir nach seinem verschwinden mit dieser Flasche diese Nummer wieder vergeben. Genau so wie wir niemals seinen Platz neu besetzt hatten.

War mir eben schon der Atem gestockt, als ich nur Sam's Stimme gehört hatte, zog sich nun etwas schmerzhaft in meiner Brust zusammen. Meine Atmung wurde schwer als ich versuchte gegen den Schmerz anzukämpfen. Ich konnte noch immer nicht glauben, dass die Begegnung mit Sam grade wirklich passiert war.

Wie automatisch löste ich die Flasche von seinem Gurtzeug und zögerte nur kurz, bevor ich vorsichtig daran roch. Der Geruch von Rauch und Sam's unverwechselbarer Duft überschatteten den starken Eigengeruch des Equipments trafen mich augenblicklich. So lange schon hatte ich ihn nicht mehr riechen können. Nun trieb er mir sofort die Tränen in die Augen und warf unliebsame Erinnerungen von Schmerz und Pein auf.

Jupiters Tor geriet in Bewegung und ich wusste, dass die anderen wieder von ihrem Einsatz zurück waren. Mein einziger Gedanke war Flucht. Niemand sollte mich so sehen...niemals wieder. Ich lief so schnell ich konnte aus der Halle, bis ich den Schulungsraum erreichte. Ich schloss die Tür hinter mir und lehnte mich dagegen, während ich einfach nur leer vor mich hinstarrte, ohne irgendetwas zu fixieren. Ich wollte einfach nur allein sein, um mich fassen zu können, denn mein Herz raste und meine Atmung hatte sich so beschleunigt, dass man meinen könnte, ich wäre grade vom Joggen gekommen. 

Er war es wirklich. Sam. Er war wieder da. Er lebte. Oh Gott! Er lebte!

Heiße Tränen brachen sich Bahn und ich schlug die Hände vor's Gesicht - Ein verzweifelter Versuch, sie zu stoppen oder wenigstens mein Schluchzen zu dämpfen, während ich nun an der Tür hinunter rutschte, um am Boden angekommen, meine Knie mit den Armen zu umschlingen und mein Gesicht in ihnen zu verbergen. 

Die Erinnerungen holten mich so plötzlich ein, mit all dem Leid und dem Schmerz, von dem ich geglaubt hatte, es lange überwunden zu haben. Ich dachte so oft an Sam, aber hatte es geschafft, mich nur noch an die schönen Augenblicke mit ihm zu erinnern. Nun holten mich die verdrängten Momente ein und es tat noch immer genau so weh, wie damals. Die Wunde hatte Narben hinterlassen, die nun alle wieder aufbrachen und es schmerzte scheinbar sogar noch mehr.

"SAM!", rief ich immer und immer wieder, während ich mich durch die Trümmer der alten Mühle arbeitete. Ich schaute in jede Lücke, stemmte Mauerstücke zur Seite, wo ich einen Hohlraum drunter vermutete, nur um dann enttäuscht festzustellen, dass auch dieser wieder leer war. Meine Handschuhe waren zerfetzt, meine Hose an unzähligen Stellen ebenfalls. Meinen ganzen Körper bedeckten Schrammen und blaue Flecken wo ich mich an etwas gestoßen hatte, wenn ich ausgerutscht war."SAM!"

"Penny, er ist nicht hier. Wir haben doch alles schon drei Mal abgesucht und selbst Saturn's Wärmebildkamera hat nichts von ihm entdecken können. Komm, wir müssen eine Brandwache aufstellen und ..." Ich ignorierte Ellie's Einwand, als sie über die Trümmer zu mir herüber geklettert kam. 

"Er muss hier sein. Es kann nicht sein, dass er einfach verschwunden ist."

"Penny." Ihre Hand auf meiner Schulter, ließ mich stocken. Aber nur einen Moment."Das Feuer war kurzzeitig außer Kontrolle. Er könnte..." Sie brach ab, aber sie brauchte es nicht auszusprechen. Ich wusste, worauf sie hinaus wollte. 

"Nein. Er ist auch nicht verbrannt. Dafür hatten wir das Feuer zu schnell im Griff. Er muss hier irgendwo sein." Heiße Tränen, die ich bisher noch hatte zurückhalten können, abgelenkt von der Suche nach Sam und der verzweifelten Hoffnung, dass er hier irgendwo war, brachen sich Bahn und verschleierten mir die Sicht, während ich die Suche fortsetzte und jeden Stein umdrehte, den ich zwischen die Finger bekam. 

Und ich hatte wirklich jeden Stein umgedreht. Ich war auch danach jeden Tag selbst dort gewesen, hatte mir frei genommen, um jeden Handgriff zu überwachen, den die Mitarbeiter der Entsorgungsfirma machten, während sie den groben Schutt der zusammengestürzten Mühle entsorgten, aber auch um selbst anzupacken. Erst als alles bis auf die noch stehenden Grundmauern frei geräumt worden und noch immer keine Spur von Sam zu finden gewesen war, musste ich mich der Wahrheit fügen, dass Sam wirklich nicht dort war. 

Und doch wollte und konnte ich es nicht glauben, dass er tot sein sollte und seine sterblichen Überreste vollkommen verbrannt waren. Das Feuer war weder heiß genug noch hatte es lange genug gebrannt. Und doch war nicht einmal ein Fetzen seiner Dienstkleidung aufgetaucht oder sonst irgendetwas von ihm, außer sein verschmortes Funkgerät, das heute noch ganz hinten in meinem Spint lag.  

Ich dachte unwillkürlich an meine Begegnung mit Sam vor wenigen Minuten zurück. Er sah noch immer genau so aus, wie damals. Kein graues Haar, kein noch so kleines Fältchen um Augen oder Mund mehr - nicht einmal ein Lachfältchen. Es schien, als wäre er all die Jahre nicht gealtert. Sollte die Geschichte stimmen, die Polonium und Crompton uns damals aufgetischt hatten? Hatte nicht Sam eben selbst gesagt, dass er durch eine von Polonium's Maschinen hier gelandet war?

Ich stürmte in die Polizeiwache, nachdem Steele mir erzählt hatte, dass Polonium und Crompton noch immer bei ihrer Geschichte von einer Zeitmaschine blieben, deren Kurzschluss beim Einschalten die Mühle in Brand gesetzt hatte. Ich hatte keine Geduld mehr. Sam war nun seit über einer Woche fort und es zerriss mich nicht zu wissen, wo er war oder was mit ihm geschehen war. 

Wenn ich denn mal schlief, träumte ich von ihm, wie er in der Mühle von den Trümmern und Balken erschlagen wurde oder verbrannte und er rief mich immer um Hilfe. Jedes Mal und immer kam ich zu spät oder konnte nichts tun, musste zusehen, wie er verbrannte oder von der einstürzenden Mühle erschlagen wurde. Jeder Tag, der verging, machte mich unruhiger, weil ich wusste, dass mit jedem Tag die Chance sank, ihn lebend wiederfinden zu können. 

"Penny? Was kann ich für dich tun?", hörte ich Rose's Stimme und ich wandte mich ihr zu. Auf dem Screen hinter ihr konnte man den Verhörraum sehen, in dem Malcolm die beiden verhörte, die ich suchte. Ich wusste, wo der Verhörraum war. Nachdem ich bei der Eröffnung der Wache Dienst hatte schieben müssen, hatten Sam und Malcolm mir eine private Führung gegeben. Wir hatten so viel Spaß gehabt an diesem Nachmittag, als Sam sich einen Scherz erlaubt und Malcolm in einer seiner eigenen Zellen eingesperrt hatte.

Ich ignorierte Rose's Proteste, als ich nach hinten stürmte und die Tür zum Verhörraum aufriss. Malcolm sprang sofort von seinem  Stuhl auf, aber er war nicht schnell genug. Ich hatte diese verrückte Proffessorin so schnell am Kragen gepackt und das Fliegengewicht zu Boden geworfen, dass niemand etwas dagegen tun konnte.

"Wo ist er? Bei Gott, Sankt Florian und allem was mir heilig ist, ich habe nichts zu verlieren, wenn sie mir nicht sofort sagen, wo ich ihn finden kann!" Bei meinen Worten wurden ihre Augen groß und ich sah für einen kurzen Moment Panik darin aufflackern, bevor sie sich wieder fasste und mich grimmig ansah.

"Ich weiß es doch selbst nicht. Er wird wohl irgendwo in der Zukunft gelandet sein."

"Hören sie auf mit diesem Schwachsinn. Wo. Ist. Er?", fauchte ich sie durch zusammengebissene Zähne an, während ich Malcolm's Hand von meiner Schulter abschüttelte.

"Wie ich sagte. In der Zukunft. Aber nach dem Kurzschluss kann ich unmöglich sagen, wo genau, wenn ich die Daten von dem Laptop nicht auslesen kann", erwiderte sie mir gelassen, fast schon ein wenig gleichgültig.

"Der im Feuer verschmort ist. Hören sie endlich auf damit und erzählen sie mir zur Abwechslung mal, wo ich ihn finden kann."

"Wie ich bereits sagte: Ohne die Daten, kann ich nichts machen, so gerne ich auch helfen würde."

"Wenn sie das so gerne würden, dann verdammt nochmal, tun sie es auch!", schrie ich sie an und zog sie mit einer Leichtigkeit auf die Beine, um sie an die Wand zu knallen, die mich im Nachhinein selbst erstaunte."Sie sind schuld, dass er weg ist. Nur sie wissen, wo er ist und wenn es ihn wirklich das Leben gekostet hat, dann beten sie zu Gott oder woran immer sie glauben, dass ich sie nie wieder in die Finger kriege!", keifte ich sie an, während Rose sich zwischen uns arbeitete und meine Hände von ihrem Kragen löste und Malcolm mich packte, um mich aus dem Raum zu zerren. Ich sträubte mich, wo ich nur konnte, während mir Tränen der Wut und Verzweiflung über meine Hilflosigkeit über die Wangen rannen.

"Penny, komm erstmal wieder runter. Das kannst du nicht machen", sprach Malcolm auf mich ein, als er mich los ließ, kaum dass sich die Tür des Verhörraumes hinter uns geschlossen und uns allein im Flur davor zurückgelassen hatte.

"Ich mache wenigstens überhaupt was, während ihr hier mit den Schuldigen ein Kaffeekränzchen nach dem anderen veranstaltet", wandte ich arg ein und verbarg meine verheulten Augen hinter meiner Hand - eine Geste die hoffentlich frustriert wirkte und nicht so verzweifelt, wie ich tatsächlich war.

"Wir verhören die beiden, Penny. Es ist alles, was wir tun können, in der Hoffnung, dass sie von selbst zur Vernunft kommen und reden, oder sich zumindest verplappern und wir eine Spur kriegen. Was sollen wir sonst deiner Meinung nach tun? Wir haben Tage lang die ganze Gegend abgekämmt, weil du der Meinung warst, dass er vielleicht vor dem  Einsturz aus der Mühle hat entkommen können und vielleicht verletzt irgendwo Zuflucht gesucht hat. Wir haben die Mühle auseinander gepflückt bis wir ganz sicher sein konnten, dass er nicht dort ist. Wir haben landesweit Such- und Vermisstenmeldungen nach Sam raus gegeben, selbst Scotland Yard hält die Augen auf. Wir können nicht mehr tun."

"Wir können sie zwingen, die Wahrheit zu sagen!", begehrte ich arg auf und schaute Malcolm wütend an - so wütend, dass er einen Moment zurück zuckte. 

"Und wie? Mit dem Auftritt, den du da eben hingelegt hast, bringst du sie eher noch dazu zu schweigen, statt den Mund aufzumachen. Jeder Anwalt bis London würde sich die Finger danach lecken, die beiden zu vertreten und hier raus zu holen wenn wir sie so schickanieren. Die beiden wären so gut wie auf freiem Fuß und dann kriegen wir gar nichts mehr aus denen heraus." Das war nicht das, was ich hören wollte und doch musste ich Malcolm Recht geben. Ich atmete frustriert aus und merkte jetzt erst, dass ich den Atem angehalten hatte, während seiner Rede. 

"Was können wir denn sonst noch tun, Malcolm?"

"Ich weiß es leider auch nicht, Penny. Aber ich weiß zumindest eines." Ich sah wieder zu ihm auf,  als er einen Moment schwieg und entdeckte nun den Hauch eines Lächelns auf seinem Gesicht, wenn es auch nur ein trauriges war."Sam hat mir oft erzählt, wie sehr er dich dafür bewundert wie kontrolliert du bist, dass du immer jede Situation sofort im Griff hast und dich niemals von Gefühlen übermannen lässt, immer konzentriert und logisch an alles heran gehst. Finde diese Person in dir wieder und du kannst alles durchstehen."

"Das ist leichter gesagt, als getan, wenn dir das genommen wurde, was dir mehr bedeutet hat, als dein eigenes Leben", erwiderte ich mit brechender Stimme, während ich stur zu Boden sah und mit an den Seiten geballten Fäusten wieder gegen die Tränen ankämpfte. Ich registrierte, dass Malcolm eine Hand hob und mir entgegenstreckte, doch ich wollte keine aufmunternden Gesten oder gutgemeinte Worte. Sie alle bedeuteten nichts, weil nichts davon meinen Kummer lindern oder Sam zurückbringen würde. Also floh ich, rannte aus der Polizeistation und die Straße hinunter, rannte, bis ich das Haus meiner Eltern erreichte, ohne wirklich registriert zu haben, wohin ich lief. Die Tür hatte sich geöffnet, noch bevor ich die Haustür erreicht hatte und war im nächsten Augenblick in die Arme meines Vaters gefallen, als der Mangel an Schlaf und Nahrungsaufnahme und auch die Anstrengungen der letzten Tage ihren Tribut von meinem Körper forderten und mich in gnädiger Ohnmacht versinken ließen.

Danach hatte ich mein Leben wieder einigermaßen leben können. Ich spulte meinen Alltag ab, als wäre ich eine Maschine. Ich funktionierte einfach, doch ich hatte keine wirkliche Freude mehr an irgendwas. Ich distanzierte mich vom Team und meinen Freunden, vergrub mich so in Arbeit, dass ich mir sogar noch Papierkram mit nach Hause nahm. Norman hatte einmal hinter vorgehaltener Hand zu den Zwillingen gesagt, dass ich ihm seit Sam's Verschwinden Angst mache, weil ich mich benähme wie ein Zombie. Bis auf das mit ausgestreckten Armen und stöhnende zeitlupenartige dahinwatscheln, kam ich dieser Beschreibung wohl recht nahe. Das hatte ich mir sogar damals eingestehen können, als ich mich Abends zu Hause im Spiegel betrachtet hatte. Ich hatte stark abgenommen, denn obwohl ich mich zum Essen zwang, schmeckte nichts wirklich. Ich konnte zwar schlafen, doch ich träumte jede Nacht von Sam. Manchmal waren es gute, manchmal schlechte Träume, doch sie rissen mich jede Nacht mehrmals aus dem Schlaf, um mir die Tränen in die Augen zu treiben und mir bewusst zu machen, wie sehr er mir fehlte. 

Alle bemühten sich sehr um mich, doch ich schloss jeden aus. Ich hatte keine Freude mehr am Leben und ich sah auch keinen Sinn mehr darin, ohne Sam. Ich hätte niemals gedacht, dass ich einmal so emotional abhängig von einem Menschen sein würde, doch Sam zu verlieren, war der schlimmste Verlust, den ich jemals beklagen musste. Ob ich unzufrieden damit gewesen war, dass ich ihm nicht meine Gefühle hatte beichten können? Ob ich dem Wunschdenken nachtrauerte, niemals erfahren zu haben, ob er mich auch liebt? Ob ich ein schlechtes Gewissen hatte, weil ich nicht mit ihm hineingegangen oder ihm zumindest früher versucht hätte zu Hilfe zu kommen? Oder ob ich einfach nur liebestoll und psychisch labil war? Ich konnte es nicht sagen. Ich hatte es so oft versucht, für mich raus zu finden, aber es blieb am Ende immer nur die Erkenntnis, dass er mir so schmerzlich fehlte, dass es sich anfühlte, als würde mir jemand das Herz mit der bloßen Hand aus der Brust reißen. 

Wochen wurden zu Monaten und die Welt drehte sich weiter. Viel zu schnell, für meinen Geschmack, fanden sich alle damit ab, dass Sam nicht mehr da war. Es war für alle Normalität geworden und niemand sprach noch viel von ihm oder dem Unfall an der Mühle. Bis zu dem Tag, als Sam's Bruder und dessen Frau eine schwere Entscheidung getroffen hatten.

"Ihr wollt eine Beerdigung abhalten?", fragte ich entgeistert, nachdem Charly und Gwen die gesamte Mannschaft des Rettungsteams ins Kabeljau-Kaffee gebeten hatten. 

"Penny, schau endlich nach vorne. Er kommt nicht mehr wieder", wandte Charly sich mit sanfter und mitfühlender Stimme an mich, doch ich konnte und wollte das nicht verstehen. 

"Er ist dein Bruder, Charly. Wie kannst du so etwas sagen? Polonium hat gesagt, dass er in der Zeit gereist sein könnte. Er könnte jederzeit wieder hier auftauchen, wenn ihre Geschichte stimmt."

"Und das ist das Schlagwort: Wenn ihre Geschichte stimmt und dann weißt du noch lange nicht, ob er in die Vergangenheit oder in die Zukunft und wenn ja wie viele Jahre voraus er gereist ist. Halte nicht an etwas fest, was unmöglich sein könnte. Sam würde wollen, dass du weiter machst und dein Leben lebst."

"Charly hat Recht, Penny. Du allein hast deine Zukunft in der Hand und Sam gehört der Vergangenheit an. Wir sollten ihn wirklich beerdigen. Dann wirst du auch damit abschließen und wieder vorwärts schauen können", sprang Ben seinem Freund nun bei und sprach sanft auf mich ein, während er mir eine Hand auf die Schulter legte. Er war der einzige, der sich nicht davon hatte abschrecken lassen, dass ich mich vollkommen zurückgezogen hatte. Er hatte mir so manches Mal ein offenes Ohr geliehen und noch Öfter eine Schulter an der ich mich hatte ausweinen können. Wenn man sich distanzierte, musste man sich nichts anhören, was man nicht hören wollte, aber man fand auch keinen Trost - und wie tröstlich eine Umarmung oder ein urteilsfreier Zuhörer waren, hatte ich dank Ben das ein oder andere Mal erfahren dürfen. 

"Wie soll ich mit etwas abschließen, wenn nicht einmal ein Körper da ist, den man beerdigen kann? Nur weil er über ein Jahr fort ist und die Behörden deshalb meinen, dass er tot ist, heißt es noch lange nicht, dass er es auch wirklich ist."

"So ist nun einmal das Gesetz, Penny und wir werden schon etwas finden, was wir beerdigen können. Jeder von uns hat irgendetwas von ihm. Ein Andenken, ein Geschenk, eine Erinnerung. Jeder, der will, kann das ins Grab legen und statt seiner Beerdigen. Wichtig ist nur das, was wir im Herzen behalten und dort wird Sam immer leben."

"Entschuldige bitte, Gwen, aber dein esoterisches Gerede hat null Sinn und Verstand. Ihr tut doch alle bereits so, als wäre alles normal. Kaum einer spricht doch noch von Sam. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ihr ihn vergessen wollt."

"Penny, ich hab wirklich Verständnis für deine Trauer, aber vor allem für dich wird es Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen. Du hast dich so sehr verändert. Sam wäre geschockt, wenn er das wüsste. So unfair warst du doch niemals", wandte Charly nun ärgerlich ein und ich senkte meinen Blick wütend, aber auch schuldbewusst zu Boden. Er hatte ja Recht."Die Zwillinge schlafen jeden Abend mit Tränen in den Augen ein, weil wieder ein Tag vergangen ist, an dem ihr Onkel nicht nach Hause gekommen ist. Du bist ebenfalls nicht mehr du selbst und kommst nicht mehr wirklich zur Ruhe. Wir alle trauern um Sam und wir werden ihn niemals vergessen. Wenig oder gar nicht über ihn zu reden, ist unsere Art, mit der Trauer umzugehen, weil es auch uns schmerzt, wenn wir es tun, aber vor allem machen wir alle es nicht, um dir und den Zwillingen nicht noch mehr weh zu tun, weil ihr so sehr darunter leidet. Versuche es wenigstens, von ihm Abschied zu nehmen, Penny. Sieh endlich ein, dass er nicht mehr zurückkommen wird. Allein von der Logik her ist es unmöglich, weil die Maschine bei dem Brand zerstört wurde. Tröste dich mit dem Gedanken, dass er irgendwo gestrandet ist und das beste aus seiner Situation macht und sein Leben lebt. Für uns allerdings wird er für immer fort sein. Also lass uns damit abschließen."

"Macht, was ihr für richtig haltet", entgegnete ich nur, bevor ich mich umwandte und aus dem Kaffee stürmte. Charly's Ansprache hatte einen Punkt in meinem Herzen getroffen, der sich Hoffnung nennt und er hatte ihn erstickt, wie ein Feuer, dem man den letzten Sauerstoff entzogen hatte. 

Die Beerdigung war abgelaufen, wie Charly es vorhergesagt hatte. Jeder hatte etwas mitgebracht und vor der Ansprache des Pfarrers in den offenen Sarg legen können. Der eine brachte ein Foto mit, der andere ein Geschenk, das er einmal von Sam bekommen hatte oder irgendetwas, was ihn an Sam erinnerte. Steele hatte einen Satz seiner Dienstkleidung in den Sarg gelegt. Obwohl ich mich dagegen sträubte, Sam aufzugeben, hatte ich ein Foto von uns beiden beim Tanzen in seiner Uniform versteckt. Wenn jeder etwas aufgab, sollte ich dem nicht nachstehen und ich hatte noch einen Abzug von dem Foto. So konnte wenigstens keiner sagen, ich hätte es nicht versucht.

Nun wünschte ich mir, ich hätte es nicht getan, denn tatsächlich hatte diese Beerdigung etwas in mir verändert und ich konnte nicht einmal sagen, ob es die Beerdigung selbst gewesen war oder das, was danach geschehen war. Hätte ich Polonium und ihrem Gehilfen doch damals nur geglaubt. Hätte ich doch nur gewartet, ob er wirklich wiederkehren würde. Dann hätte ich viele einsame Jahre gehabt, aber ich wäre nicht in der Zwickmühle gefangen, in der ich nun steckte.

"Was ziehst du für ein trübes Gesicht, Penny? Heute ist dein Hochzeitstag. Lach mal!", forderte Ellie mich neckend auf, während sie hinter mir stand und den letzten Feinschliff an meiner Frisur vollbrachte.

"Mir kam nur grade der Gedanke, dass ich mir diesen Tag immer anders ausgemalt hatte."

"Womit du sagen willst, dass du es dir mit einem anderen Mann vorgestellt hattest?!" Ich nickte betrübt, als ich meinen Schleier noch einmal richtete."Er kommt nicht mehr zurück Penny. Du hast lange genug gewartet und Ben ist gut zu dir. Er macht dich glücklich. Oder nicht?", wandte Ellie nun sanft ein, als sie ihre Hände tröstend auf meine Schulter legte und sich unsere Blicke im Spiegel vor uns begegneten. 

"Sicher tut er das. Er kann nichts dafür, dass ich Sam nicht wirklich loslassen konnte..."

"Das wirst du niemals können, dafür kenne ich dich lange genug", fiel Ellie mir ins Wort und als ich im Spiegel aufschaute, entdeckte ich ein Schmunzeln in ihren Mundwinkeln, dass mich ansteckte. Nach drei Jahren und mit Ben's Verständnis und Liebe konnte ich das heute alles objektiver betrachten, als damals - was nicht hieß, dass er mir nicht immer noch fehlte.

"Ist es fair, Ben zu heiraten, wenn ich einen anderen liebe?", fragte ich sie dann nachdenklich und Ellie schaute von meinen Haaren wieder in meine Augen im Spiegel. 

"Der andere ist nicht hier und er wird vermutlich auch niemals wieder kommen. Du liebst Ben auch. Vielleicht nicht so sehr, wie du Sam geliebt hast, aber genug, um glücklich mit ihm zu sein. Sei glücklich Penny. Nichts anderes hätte Sam auch von dir erwartet", sprach sie dann aus, was sie mir so lange schon einzubläuen versuchte. Nur sie wusste von meinen Zweifeln. Ich seufzte resigniert.

"Du hast wohl Recht. Eines unserer Kinder ist bereits unehelich geboren. Ich möchte nicht unbedingt, dass es dem nächsten genau so ergeht."

"So etwas hat heutzutage auch nur noch Bedeutung für solche Old-School-Typen, wie du es bist", neckte sie mich nun und boxte mich sanft aber grinsend gegen die Schulter.

"Ich bin nicht Old-School. Ich bin nur traditionsbewusst."

"Was nur ein anderes Wort dafür ist. Du hast in der Nacht nach der Beerdigung Ablenkung und Trost in Ben's Armen gesucht. Daran ist nichts verwerfliches", neckte sie mich weiter.

"Ich war stockbesoffen, weil ich diese falsche Trauerfeier anders nicht mehr ausgehalten hätte."

"Jeder trauert auf seine Weise und wir sind beide nicht böse darüber, dass wir dieser Nacht mein Patenkind zu verdanken haben. Oder?!" Ich konnte nicht anders und musste lachen, ehe ich ihr zustimmte. Nach Sam hatte nur Ellie diese Art an sich, dass sie mich aus den trübsten Gedanken wieder ins Sonnenlicht ziehen konnte. Auch Ben hatte einen wundervollen Humor. Er hatte sich um mich gesorgt und war sehr aufmerksam gewesen. Nach der Beerdigung war dann eins zum anderen gekommen und war ich am nächsten Morgen noch verkatert und geschockt von meinem Handeln in der Nacht zuvor gewesen, hatte ich doch danach immer öfter Zuflucht in seinen Armen gesucht. Es tat gut, geliebt zu werden und immer wieder für ein paar Augenblicke oder auch Stunden die schmerzhafte Realität vergessen zu können. Trotzdem hatte ich mit niemandem dieses besondere Band teilen können, dass ich mit Sam gehabt hatte. Er hatte mich aufgeheitert, egal wie niedergeschlagen ich gewesen war, er hatte mich geneckt und meine Laune aufgebessert, wenn sie mal im Keller gewesen war und allein das Wissen, ihn um mich zu haben, hatte mich vor Freude auf Wolken schweben lassen. Immer. Seit er fort war, wandelte ich nur noch mit Bleischuhen auf der Erde - zumindest fühlte es sich so an. 

"Ich wünschte, Sam wäre hier."

"Wenn er hier wäre, stände er entweder jetzt auf seine Braut wartend vor dem Altar, oder du müsstest Angst haben, dass er deine Hochzeit gleich sprengen würde."

"Lass das Ellie. Ich kann das nicht mehr hören", wandte ich genervt ein, nachdem ich bei ihren Worten bereits die Augen verdreht hatte.

"Was? Die Wahrheit, dass Sam dich mindestens ebenso geliebt hat, wie du ihn?" Ich warf ihr nur einen Blick zu, der für sich sprach. Ich konnte dieses Gerede nicht mehr hören. Sam war weg und alle wollten, dass ich weiter machte im Leben. Selbst wenn es die Wahrheit gewesen wäre, konnte ich mir doch nichts davon kaufen."Jeder hat es gesehen und gewusst, Pen. Nur ihr nicht."

"Nenn mich nicht so", fuhr ich sie an, als ich zu ihr herum fuhr und sie hob entschuldigend die Hände. Niemand durfte mich seit drei Jahren so nennen. Es war jedes Mal, als würde mir jemand ein Messer ins Herz stoßen, weil immer nur Sam mich so genannt hatte.

"Entschuldige", murmelte Ellie betreten, als sie meinen Schleier ebenfalls nochmal richtete."Du siehst wunderschön aus. Bereit, einen neuen großen Schritt in deinem Leben zu machen?"

"Irgendetwas in mir begehrt dagegen auf, aber wie ihr alle immer sagt: Es ist wohl nur mein Wunschdenken und die Tatsache, dass ich kalte Füße habe."

"Du wirst sehen, irgendwann wirst du zurückblicken und dir sagen, dass es richtig war, das heute zu tun." Ich nickte nur, atmete noch einmal tief durch und stand auf. Ellie gab mir lächelnd ihr okay, ehe wir den Raum verließen, damit ich nur 5 Minuten später von meinem Vater vor den Altar geführt wurde, wo er mich für den Rest meines Lebens Ben übergeben hatte, dem Vater meines ersten Sohnes und des Kindes, das bereits in mir heranwuchs.

So sehr Ben es auch versucht hatte, hatte er niemals eine Chance gehabt, so lange Sam da gewesen war. Erst lange nach seinem Verschwinden und erst, als ich begonnen hatte, es zu akzeptieren, hatte ich Ben's Avancen wirklich zur Kenntnis genommen, sein Interesse erst dann registriert. Er sah gut aus und er war ein guter Freund, also hatte ich mich gehen lassen, hatte mit ihm wieder lachen und in seinen Armen den Schmerz vergessen können, der tief in meinem Herzen getobt hatte, so dass ich ihn in eine dunkle Ecke verbannen und eine Mauer darum herum hatte bauen können. Ich hatte mich in ihn verliebt und auch wenn ich all die Jahre glücklich mit dem Leben gewesen war, das er mir geschenkt hatte und mit ihm selbst auch, hatte ich Sam doch niemals vergessen können. 

Ich träumte so manche Nacht von ihm und ich drehte mich nach jedem männlichen Touristen mit rotbraunen Haaren um, um sicher zu gehen, dass es nicht doch Sam sein konnte. Selbst wenn ich mit Ben zusammen war, flackerten Bilder hinter meinen geschlossenen Lidern auf, die allesamt mit Sam zu tun hatten und aus meinem Wunschdenken heraus resultierten. Es war nicht fair Ben gegenüber und dennoch hatte ich gedacht, dass meine Liebe für Sam mit der Zeit schwinden und Sam in den Hintergrund rücken würde. Es war auch besser geworden, wenn auch nur langsam, aber nun, wo Sam wieder da war, stürmte alles auf mich ein und gleichzeitig blieb die Angst, dass er wieder verschwinden und mich dann vollends zerstört zurücklassen würde. 

Ich durfte das nicht mehr zulassen. Damals war ich nur für mich selbst verantwortlich gewesen. Heute hatte ich eine Familie. Zwei kleine Kinder, die mich brauchten und auch ihren Vater. Was wäre ich für eine schlechte Ehefrau und Mutter, wenn ich mich bei der erstbesten Gelegenheit einem anderen an den Hals werfen würde, nachdem ich Ben in der Kirche ewige Liebe und Treue geschworen hatte? Dabei war es das einzige, was ich wollte. Ich hatte niemals etwas so sehr gewollt, wie Sam umarmen und küssen zu können und ich hatte es nie zuvor so sehr gewollt, wie heute. Wenn die Gerüchte damals gestimmt hatten, wäre das mein Verhängnis. Ich würde niemals die Kraft haben, ihn abzuweisen, wenn er mich wirklich liebte, weil es das war, was ich mir immer gewünscht hatte. Aber es würde Ben und die Kinder enttäuschen und verletzen. Das durfte ich nicht zulassen. Niemals. 

Fortsetzung folgt...

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