Schatten der Gesellschaft

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Hast du je versucht, einen Schatten zu beobachten? Ihn mit deinen Augen festzuhalten, wie er sich bewegt, wie er sein Aussehen verändert, wie er verschwindet und an anderer Stelle wieder auftaucht? Nein? Mach dir keinen Kopf darüber. Das machen die wenigsten Leute, und noch weniger denken länger darüber nach. Ich schon. Ich habe eigentlich mein ganzes Leben damit verbracht, mir über die Schatten Gedanken zu machen. Denn ich bin selber einer.

Weißt du, ich habe jede Sekunde meines Daseins als Schatten gehasst. Gut, vielleicht nicht jede Sekunde. Aber viel zu viele davon. Doch von vorne, so kannst du mir ja bestimmt nicht folgen. Ich gehöre einer Art Geheimbund an, der sich „Die Gesellschaft“ nennt. Oder gehörte. Ach, egal. Die Gesellschaft hat viele Ziele. Aber alle dienen einem Zweck: Die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Hört sich doch gar nicht so schlecht an, meinst du?

Ha! Hast du eine Ahnung. Die Gesellschaft verfolgt unter anderem auch die Taktik, die Menschen, die der Menschheit in ihren Augen Schaden zufügen, zu... eliminieren, heißt das hochgestochene Wort dafür. Andere nennen es einfach nur umbringen. Oder abmurksen. Das Ergebnis ist dasselbe.

Und dafür sind wir, die Schatten, da. Wir sind weder gut noch böse, wir sind ein Zwischending. Wir sind Meister der Tarnung und der Veränderung. Siehst du einen von uns, ist er in der nächsten Sekunde verschwunden. Tja, das ist mein Job. Andere würden es vielleicht Auftragskiller nennen, ich nenne es Schatten. Und den Namen bevorzugt die Gesellschaft auch. Alles Andere klingt so brutal. Und wir sind nie brutal, wir tun unsere Pflicht, immer in dem Glauben, die Welt besser zu machen. So jedenfalls erklärt es uns die Gesellschaft. Und auch ich habe es immer geglaubt.

Es gibt aber einen Grund, warum ich meine Arbeit jetzt verachte. Ich bin nicht stark genug. Ich habe versagt, aber ich weiß nicht, ob das wirklich etwas Schlechtes ist. Vielleicht kannst du dir ein Urteil darüber bilden, das objektiver ist als meines. Vor einigen Jahren, da bekam ich einen Auftrag, wie schon viele Male zuvor, die Welt um eine Person zu erleichtern. Ich verhielt mich professionell- schließlich ist es doch nur ein Job.

Und dann... dann sah ich sie. Andere würden es vielleicht Liebe auf den ersten Blick nennen- aber das war es nicht. Es war eine... Ausstrahlung, die niemand sonst auf der Welt hatte. Ich weiß bis heute nicht, warum diese Frau eliminiert werden sollte, und ich werde es wohl auch nie verstehen, aber ich weiß, dass sie etwas Besonderes ist. Sie ist keine schlechte Person, jemand wie sie... kann die Welt einfach nicht zu einem schlechteren Ort machen.

Und seitdem fühle ich mich schlecht. So vielen Menschen habe ich das Leben genommen, ohne Fragen zu stellen, ohne zu zögern. Woher weiß ich denn, dass sie nicht genauso wie diese Frau waren? Woher weiß ich, dass sie alle nicht auch etwas Besonderes waren? Vielleicht habe ich es einfach nur nicht wahr genommen.

Jetzt habe ich das Gefühl, dass ich ein schlechter Mensch geworden bin. Bin ich nicht eigentlich jemand Schlechtes, der so vielen Menschen das Leben gekostet hat? Und weißt du, ich kann mit dieser Schuld einfach nicht mehr leben. Deswegen, deswegen ist das hier jetzt der Abschied. Für immer. Auf dass die Welt ein besserer Ort werde

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