45. Anthony, mein Ex

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„Warte, wer ist jetzt schwanger?“

„Meine Mom.“

„Und du nicht.“

„Um Gotteswillen, nein.“ Liam atmet laut aus und lehnt sich zurück. Ich beiße in meinen Bagel und reiche ihn dann Toby. Wir tun heute etwas, das wir sehr sehr selten tun. Wir teilen. Also völlig einvernehmlich.

„Also bekommt ihr 'nen Bruder“, stellt Liam fest.

„Oder eine Schwester“, ergänze ich.

„Natürlich wird es ein Junge“, schmatzt Toby sicher.

„Woher willst du das jetzt wissen?“

„Du musst dir das so vorstellen: Wir sind bis jetzt zwei Männer und zwei Frauen in der Familie. Jeder bekommt einen Anteil an Aufmerksamkeit. Du bist 'n Krebskind, Zoe, also hast du noch 'ne Extraportion bekommen. Die Frauen liegen also vorne und deswegen müssen wir jetzt nachziehen.“ Fassungslos betrachte ich ihn und schüttele den Kopf.

„Was laberst du da eigentlich für einen Mist?“

„Das war mathematisch echt hochwertig. Zerstör es nicht“, mault er und ich ziehe belustigt die Augenbrauen hoch.

„Wie war deine letzte Matheklausur nochmal? Bei welcher Aufgabe hast du aufgegeben?“, provoziere ich ihn.

„Und wie war der Sex mit Jackyboy? Was habt ihr vergessen?“, kontert er ziemlich schlecht und irgendwie auch gut und obwohl Liam schon Bescheid weiß, ist es trotzdem nicht lustig.

„Du kannst echt grausam sein“, murmele ich und ziehe die Knie an die Brust.

„Zoe, da bist du ja“, keucht auf einmal Jesus aus einigen Metern Entfernung und ich sehe auf. Er hastet auf uns zu und stolpert mit seinen Sandalen mehrmals auf dem kleinen Pfad vom Gebäude zu uns.

„Hi Mr. Birch“, freue ich mich unheimlich ihn zu sehen und vor uns stützt er sich mit den Händen auf den Oberschenkeln ab. Wie ein Marathonläufer. Noch unsportlicher als ich.

„Hat Megan dir nicht von unserer Extraeinheit erzählt?“ Megan? Achja, Ginger.

„Wann denn?“

„Seit zwanzig Minuten.“ Ich sehe auf Tobys Handy.

„Aber da hat doch gerade erst meine Pause begonnen“, stelle ich fest und Birch sieht nicht so aus, als würde er sich demnächst ohne mich verdünnisieren.

„So ist das im Business, meine Liebe, die Talentierten müssen immer Opfer bringen.“ Toby verschluckt sich an seinem Wasser und ich wünsche ihm, dass er erstickt. Er lacht so sehr, dass selbst Birch etwas irritiert wirkt. Liam ist da dezenter, er verkneift es sich. Birch fässt sich an die Stirn und schließt die Augen, als würde er sehr schwer nachdenken.

„Na gut, na gut, was hast du als nächstes für Unterricht, Schatz?“

„Französisch.“ Er lächelt ziemlich erleichtert und greift nach meinem Handgelenk.

„Jaja, Bonjour und Au revoir, mehr lernt ihr da ja eh nicht. Davon kann ich dich freistellen“, strahlt er mich an und zieht mich hoch.

„Viel Spaß, Zoe-Schatz.“ Ich weiß echt nicht, was schlimmer ist. Vielleicht passiert heute das Coolste, was überhaupt je in Französisch passiert ist und ich verpasse es. Vielleicht kommt ja Obama vorbei. Und die Aula besucht der bestimmt nicht. Nur die Französischräume, genau Zoe. Birch schleppt mich zur Bühne, wo auch ein paar andere von den armen Spasten rumhocken.

„Habt ihr noch ein Stück geschafft?“, fragt er und die überwiegend männlichen Mitschüler sehen von ihren Handys auf. Sie kauen Kaugummi oder trinken Energydrinks.

„Klar, wir sind durch“, antwortet einer, der meinen Ehemann spielt, wenn ich mich richtig erinnere.

„Gut, dann kannst du ja mit Zoe nochmal eure gemeinsamen Szenen im zweiten Akt durchspielen, Matty.“ Sehr attraktiv, mein Typ heißt Matty. Er ist nicht besonders begeistert darüber, dass er jetzt doch noch nicht fertig ist.

„Mr. B., ich muss zu Französisch“, mault er und schenkt mir keinen Blick.

„Da stelle ich dich von frei, mein Lieber.“ Er verdreht die Augen und steht auf. Jetzt sieht er mich doch einmal an und zieht die Augenbrauen hoch.

„Komm“, murmelt er rau und weist auf einen Teil der Bühne, der so weit wie nur möglich von Birch entfernt ist.

„Jesus ist überall“, meint er dann noch und räuspert sich. So schlecht sieht der eigentlich gar nicht aus. Breite Schultern, blond und etwa so groß wie Toby. Er hat irgendetwas an sich, was ihn sehr interessant und attraktiv macht. Keine Ahnung was, aber er ist nicht gerade unschön anzusehen.

„Stört' s dich, wenn wir nichts machen?“, fragt er mich und senkt dabei die Stimme. Wir sehen beide zu den anderen rüber, die mit Birch irgendwas besprechen und dann auch anfangen zu üben. Jesus sieht allerdings ziemlich beschäftigt aus und daher zucke ich nur mit den Schultern.

„Bin da auch nicht sonderlich scharf drauf.“ Matty lacht leise und er hat ein schiefes Lächeln. Also sein einer Mundwinkel zieht sich sehr nach oben.

„Sehr gut“, sagt er und setzt sich wieder, den Rücken an die Wand gelehnt.

„Und wie bist du in die Scheiße hier rein gerutscht? Bist ja Jesus' Liebling geworden“, feixt er schon etwas und das ganze hört sich schon fast wie Schadenfreude an. Ich antworte nicht und setze mich mit einem guten Abstand neben ihn. Er spielt Bubble Witch Saga und kratzt sich am stoppeligen Kinn. Krass, wie braun er ist.

„Bist Tobys Schwester, oder?“, fragt er irgendwann, als ich ihn schon fast vergessen habe und die Jungs dabei beobachte, wie sie über die Bühne rennen und mit den Armen flattern. Ich bejahe, nachdem mir wieder eingefallen ist, was er gefragt hat.

„Kranker Typ“, lacht er dann leise.

„Hey“, fällt ihm anscheinend gerade was ein und er dreht sein Gesicht zu mir.

„Hast du nicht den Ball ins Gesicht bekommen?“, fragt er mich und ich spüre, wie ich rot werde. Woher weiß er das denn jetzt?

„Jaaa“, ziehe ich das leise in die Länge.

„Ey, das tut mir echt leid. Da ist aber nichts kaputt gegangen, oder?“ Verwirrt sehe ich ihm jetzt doch in die Augen, verdammte Scheiße, was für Augen.

„Du warst das?“ Er nickt entschuldigend und fässt sich an den Hinterkopf.

„Da ist alles in Ordnung“, beruhige ich ihn. Er lächelt leicht und lässt den Blick auf mir.

„Und sonst so?“ Was soll ich denn darauf antworten?

„Alles cool.“ Er nickt nochmal, widmet sich dann wieder seinem Handy.

„Zoe, Matty?“ Na toll, ich dachte, wir haben mal ein paar Minuten Ruhe, aber Birch sieht das wohl anders.

„Ich muss jetzt los. Habe ganz vergessen, dass ich Aufsicht bei einer Klausur habe. Ihr macht bitte einfach weiter“, eröffnet er uns dann allerdings und schwebt vondannen.

„Dann bin ich jetzt weg“, meint Matty nur Sekunden später und steckt sein Handy ein.

„Hast du jetzt auch Schluss?“, fragt er mich dann allerdings und die eleganten Elefanten auf der Bühne packen auch ihre Sachen ein. Ich nicke und er sieht nochmal nach, wie spät es ist.

„Der Bus ist gerade weg. Soll ich dich mitnehmen? Du bist bei mir auf dem Weg, wenn du noch da wohnst, wo du letztes Jahr gewohnt hast.“ Das ist ja mal eine Logik. Er bemerkt, dass ich verwirrt bin.

„Toby hat letztes Jahr 'ne Home gemacht.“ Ahja, davon habe ich keine Ahnung. Aber da wohne ich immer noch, ja. Wir gehen mit den anderen nach draußen und die Wege trennen sich bei den meisten. Matty hat ein eigenes Auto. Nichts teures, aber ein Auto ist es. Ich steige ein und er fährt los. Er macht das Radio an und das Fenster auf und hey, wie gerne würde ich jetzt meine wunderschönen Haare im Wind fliegen lassen. Ups, da war ja was. Mit zwei, drei Zentimetern wirkt das nicht so cool. Matty hat seinen Arm nach draußen gelehnt und kaut immer noch Kaugummi. Die Sitze riechen nach Kippen, Pfefferminze und diesen Raumerfrischern. Echt kontraproduktiv.

„Hast du dir die abgeschnitten?“, fragt er, den Blick auf die Straße geheftet, obwohl es nicht sonderlich voll ist.

„Nop.“ Mehr sage ich nicht und er scheint es zu checken.

„Aber jetzt ist alles cool, oder?“, fragt er und sieht mich kurz an. Er wirkt sogar etwas nervös.

„Alles cool“, bestätige ich und lächele.

„Kannst du deinen Text schon?“, fragt er und man merkt, dass er krampfhaft versucht, das Thema zu wechseln. Irgendwie niedlich. Obwohl das oft so ist. Es macht Menschen nervös, über mich und den Krebs zu reden. Sie denken, mich verletzt das. Sie glauben, sie würden mich damit kränken. Und weil die Menschen eben so dumm sind und so einfältig, spiele ich das oft hoch, um sie zu ärgern. Und weil ich Menschen allgemein nicht sonderlich leiden kann.

„Nicht wirklich“, antworte ich ihm aber.

„Ich auch nicht. Hab' echt gar kein Bock auf die Aufführung“, lacht er und spuckt seinen Kaugummi aus.

„Wieso spielst du dann mit?“, frage ich ihn und mir fällt auf, dass er mich das vorhin auch schon gefragt hat.

„Irgendwas musste ich ja wählen und auf Chor hatte ich nicht so wirklich Lust“, erklärt er sich und zuckt mit den Schultern.

„Was machst du so, Zoe?“, fragt er mich dann und setzt seine Sonnenbrille auf. Wie ein schlechter Teenie-Film. Nur, dass er nicht schlecht ist.

„Mein Leben ist langweilig“, erkläre ich ihm, was auch gar nicht so unwahr ist. Er kramt mit einer Hand in seinem Rucksack nach einer Flasche Wasser. Also schlecht fährt er ja nicht, aber auch nicht wirklich sicher. Er lässt das Lenkrad los und dreht den Deckel ab.

„Lenken wird auch überbewertet“, murmele ich und nehme ihm die Flasche ab. Er lacht leise und wartet, dass ich ihm sein Wasser wiedergebe.

„Die Straße ist gerade und fast leer.“

„Und du bist in deiner Probezeit.“ Damit hat er nicht gerechnet. Er trinkt, dann gibt er mir die Flasche und ich trinke auch. Wir fahren nur noch ein paar Minuten, dann sind wir da und er hält vor unserem Gartentor.

„Dann sehen wir uns wohl morgen“, verabschiedet er sich und ich sehe kurz zum Haus. Da sind Toby und Anthony und ich kann meinen Blick nicht abwenden. Sie sitzen auf der Veranda und ziehen an ihren Kippen. Noch haben sie mich nicht gesehen.

„Dein Ex?“, fragt Matty. Ich antworte nicht, starre sie nur weiter an. Da ist nicht dieses blöde Miststück Vanessa, sie sind alleine und jetzt sehen sie mich. Ich drücke die Tür auf und will gerade aussteigen.

„Hey Z.“, sagt Matty plötzlich. So nennt mich sonst nie jemand außer Toby. Er greift nach meinem Handgelenk und zieht mich zu sich. Bevor ich wirklich checke, was er macht, hat er mich auch schon geküsst. Es ist ganz anders als Jack zu küssen oder Anthony. Seine Lippen sind weich, die Wange etwas kratzig, aber er schmeckt gut. Er bewegt seinen Mund nur minimal und irgendwie ist das seltsam, aber auch schön. Er hält immer noch meine Hand fest und streicht mit dem Daumen über meinen Handrücken. Das macht er wegen Anthony. Eigentlich ein echt guter Plan. Ich meine, das mit Jack war irgendwie echt dämlich. Also die Idee, dass Anthony damit eifersüchtig würde. Woher sollte er das denn auch wissen? Wie soll er davon erfahren? Das hier kann er sehen, er sitzt ja fast neben uns. Es wird ihn neidisch machen. Und Matty küsst gut, wir haben echt alle was davon. Er löst sich von mir, bleibt aber mit seinem Gesicht immer noch nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. Ich habe die Augen geschlossen.

„Danke“, hauche ich unfreiwillig, weil das gerade echt unerwartet war. Aber gut. Sehr, sehr gut. Und verwirrend. Aber gut. Ich drehe mich im Kreis.

„Keine Ursache, Zoella.“

„Bist ein Schatz, Matthew.“ Er grinst und seine Zähne streifen meine Lippen.

„So heiße ich doch gar nicht.“

„Und ich auch nicht Zoella“, lache ich leise und realisiere, dass wir jetzt bestimmt schon Minuten halb aufeinander hocken. Perfekt.

„Wir sehen uns.“ Ich nicke ganz leicht und berühre seine Stirn. Er küsst mich auf die Wange und sieht kurz über meine Schulter. Er beißt sich ammüsiert auf die Lippen, mein Gott ist der perfekt.

„Tony sieht begeistert aus“, sagt er und lässt mich dann los. Jetzt weiß ich, warum er so attraktiv auf mich wirkt. Er ähnelt Toby unglaublich. Der Spitzname, das Lächeln, seine Art. Einfach alles. Er ähnelt meinem Bruder aber er ist es nicht und das macht ihn, sagen wir, interessant. Er drückt nochmal kurz seine Lippen auf meine und dann steige ich aus. Tatsächlich, Anthonys Blick ist unbezahlbar.

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