- Kapitel 18: Katzengold im Himmel -

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Sie nahmen den etwas leichteren Abstieg in westliche Richtung, parallel zur Steilwand. Der sanfte Wind reichte für die eine oder andere Brise, die Asavi die Haarsträhnen aus dem Gesicht wehte. Urplötzlich blieb Zar wie angewurzelt stehen und streckte seinen Arm ruckartig aus, sodass sie gegen ihn stieß.

Die absolute Unerschütterlichkeit seines Armes erinnerte sie an die Weise, wie unbewegt und still er seine Waffen handhabte. Sie hatte ihn noch nie zittern sehen, was vielleicht seine totale Treffsicherheit und die läppischen neun Schuss erklärte, mit denen er den Engel in der verlassenen Stadt über Asavi hingerichtet hatte. Wenn man die wie auch immer gearteten Schwachstellen eines Engels traf, dann war vielleicht auch ein gesamtes Magazin an Hochgeschwindigkeitspatronen überflüssig. Nur gab es keine Schwachstellen. Diese Monster bestanden aus solidem Gestein. Die bluteten.

Jetzt aber hob Asavi alarmiert ihren Blick und spähte an den Stämmen der Hainbuchen vorbei ins Unterholz. Zuerst lösten sich nur die Stangen eines Hirsches, der in Ruhe die sommergrünen Blätter von den niedrigen Zweigen rupfte, aus dem tiefgrünen und bunt getupften Wald vor ihnen, dann sein eleganter, hochgeschossener Körper. Eigentlich ein idyllisches Bild und Asavi atmete erleichtert aus. Ob die Tiere ebenfalls fühlten, dass etwas nicht so war, wie es sein sollte? Oder lebten sie einfach in ihren neu erschlossenen Lebensräumen, zufriedener, glücklicher, da es nun weniger Lärm und Verschmutzung gab?

Neben dem Hirschbock erschienen drei Hirschkühe, die ebenfalls gemächlich an den Sträuchern knabberten und vorsichtig zwischen den hier und da aufragenden Felsen hindurch staksten. Es war eine kleine Herde, stellte Asavi fest, als nun im Schattenspiel der Blätter immer mehr der äsenden Paarhufer trotz ihrer guten Tarnung auftauchten. Doch das war für Asavi kein Grund, so zu erstarren.

Ganz gleich, wie pittoresk die sich entfaltende Szene vor ihnen war, hielt sie Zar nicht für einen friedlichen Tierenthusiast. Als wollte er Asavis Zweifel untermalen, ließ er den Gurt seines Sturmgewehrs von der Schulter gleiten und das riss Asavi aus der naiven Vorstellung, hierbei handele es sich um eine versteckte Vorliebe seinerseits. Nahrung war immer knapp und vielleicht war das hier die beste Gelegenheit, die sie die kommenden Wochen erhielten, um an proteinreiche Nahrung zu gelangen. Wohin auch immer sie unterwegs sein würden, nachdem Csaba und Zar ausgeschnappst hatten, wer sich von wem gefangen nehmen ließ.

Doch dann erkannte sie, weswegen Zar wirklich plante, Gebrauch von seinem Maschinengewehr zu machen. Asavi hielt die Luft an, um sie nicht verräterisch durch die Zähne einzusaugen, und versteifte sich, als sie zwischen den Buchen eine menschliche Gestalt erblickte. Keineswegs Csaba, mindestens vier Mal so groß und mit vierzehn Augen.

Es war ein Engel. Asavi schoss einen panischen Blick zu Zar, der nach wie vor versteinert neben ihr stand, mit der Waffe auf ihn zielte und sich selbst keinen Millimeter rührte. Sie befanden sich entgegen der Windrichtung und Asavi wunderte sich, wie Engel wohl rochen.

Die gigantische Kreatur hockte zusammengesunken und mit gebeugten Knien inmitten des Waldes, unbekümmert angesichts der Herde zwischen ihren gesplitterten Flügeln, die mit eben jenem sanften Licht pulsierten, das Asavi an ein schwaches Stromfeld erinnerte.

Der Wind brachte die Baumkronen zum wogen und die Sonnenflecken ließen vereinzelte Mineralsplitter in den reglosen Schwingen des Engels aufblitzen. Gold und Feldspat, Quarz und sogar Pyrit durchzogen die langen Federn, die über seinen Schultern und dem Rücken schwebten, als erwehrten sie sich der Schwerkraft. Asavi war es unmöglich, ihre Irritation einzuordnen, und trotzdem verknotete sich ihr Hirn beim Anblick des würfeligen Pyrits, der zwar einen goldähnlichen Schimmer besaß, dennoch so völlig anders aussah, als das echte Gold daneben. Pyrit, oder Katzengold, entstand nur unter anoxischen, sauerstofffreien Bedingungen, meistens tief unter der Erde, was seine Anwesenheit in diesen luftigen Flügeln mehr als verkehrt machte.

Er regte sich nicht, seine Augen waren halb geschlossen, als sein menschliches Gesicht ebenfalls der kleinen Herde zugewandt war. Die schneeweißen Haare seines reglosen Hauptes waren so lang, dass sie sich zwischen seinen kräftigen Zehen ringelten und in feinen Strähnen durch die Äste der Sträucher fielen.

Asavis beobachtete das Monster mit schmerzhaft hämmerndem Herz. Er war so groß, wie ein Findling, landschaftsfremd und unheimlich, eine vorangegangene Macht demonstrierend, die ihn dazu bewegt hatte, hier in diesem Wäldchen zur Rast zu kommen. Aber er rührte sich nicht, als wäre er tatsächlich zu Stein erstarrt. Aber bei genauerer Betrachtung hob und senkte sich sein Brustkorb leicht. Unter seinen Rippen schlug ebenso ein Herz, wie unter Asavis. Seine langen Arme hingen schlaff an seinem muskulösen Torso herab und die kräftigen Beine waren leicht gebeugt, als wäre er mitten im Schritt erstarrt. Seine Haut war nicht wächsern wie die des Engels, der Asavi beinahe getötet hatte, sondern ergraut, rau und uneben, wie Stein.

Als der Engel einen tiefen Atemzug nahm und dabei ein gutturales Pfeifen ausstieß, zuckte Asavi zusammen. Auch Zar verkrampfte die Hände um das Gewehr und seine fingerlosen Handschuhe knirschten leicht auf dem Metall der Waffe. Warum zögerte er?

Asavi zog die Pistole aus ihrem Hosenbund. Der Engel ließ die Luft wieder ausströmen. Langsam, gemächlich und beinahe in Zeitlupe. Warum zögerte er?

Zar schluckte schwer und zielte nach wie vor untätig auf den Kopf des Monstrums. Erst da kam Asavi der Gedanke, dass er vielleicht ebenso fasziniert von ihm war, wie sie selbst. Es geschah fast nie, dass man einen Engel einfach beobachten konnte, ohne vor ihm davon zu laufen oder gefressen zu werden. Und ein Riese wie der hier war Asavi noch nie untergekommen.

Doch Zar jagte diese Biester gegen Geld, setzte das nicht eine gewisse Vertrautheit mit ihnen voraus? Wieder fiel Asavi auf, wie wenig sie eigentlich von dem Mann wusste, der regungslos neben ihr stand und auf die größte Bedrohung der Menschheit, seit dem Erfinden der Atombombe zielte.

Die Herde beachtete den Engel gar nicht, als wäre er Luft. Langsam aber doch drehte der Wind und brachte ein dumpfes Grollen mit sich. Dann riss der Leithirsch seinen Kopf in die Höhe. Seine Nüstern blähten sich und kurz darauf war die ganze Herde in Aufruhr. Sie hatten Asavi und Zar gewittert, was unweigerlich bedeutete, dass der Engel ebenso merkte, dass sie da standen.

Asavis Finger kribbelte am Abzug, doch irgendetwas hielt sie davor zurück, abzudrücken. Sie biss die Zähne so fest zusammen, dass ihr Kiefer schmerzte, und warf Zar einen panischen Blick zu, den er nur unschlüssig erwiderte. Der Engel rührte sich nicht und die Herde nahm Reißaus.

Doch als die letzte Hirschkuh im Unterholz verschwunden war, drehte der Engel träge seinen Kopf. Er blinzelte mit vierzehn schweren Lidern und richtete seinen menschlichen Blick direkt auf Asavi und Zar. Er fand kaum die Zeit, sein breites Maul zu öffnen, da drückte Zar auch schon ab. Die Kugeln schlugen in seine Brust und der Engel hob seine Arme schwerfällig vor seinen Körper, als könne er damit die zerstörerische Gewalt der Munition aufhalten. In Wirklichkeit durchschlugen Zars Kugeln kaum seine steinerne Haut und mit einem Blinken und melodischem Aufprall sprangen die meisten Geschosse zischend ins Unterholz.

Der Engel schrie mit hohler, schriller Stimme und richtete sich schließlich zu seiner vollen Größe auf, streckte die Beine und suchte Halt in seiner Umgebung.

Zar ließ den Abzug erst los, als sich das Monster mit einem gutturalen Kichern gegen die Flaum-Eiche zu seiner Linken stemmte und den Baum dabei beträchtlich zur Seite neigte. Die steinernen Federn seiner Flügel pflügten durch die Erde und entwurzelten das strauchige Unterholz in der näheren Umgebung wie ein Farmer sein Gemüse.

Asavi fiel das erste Mal auf, wie gigantisch das Wesen überhaupt war. Es wirkte alt und unendlich. Die weißen, langen Haare und die schweren Flügel, die aus so viel Gestein bestanden, dass die feinen Lichtäste inmitten der einzelnen Federn mehr wie irisierende Drähte schimmerten, erweckten den Anschein, er wäre lediglich eine gemeißelte Statue und kein Lebewesen. Der Unterschied zwischen dem wächsernen Gesicht des Engels, den Zar über ihr getötet hatte, und dem gebieterischen Antlitz dieses Wesens, war jetzt im goldenen Sonnenlicht wie Tag und Nacht.

Das Reißen der Wurzeln und das dröhnende Knarzen von brechendem Holz bohrte sich in Asavis Trommelfell. Sie drehte auf dem Absatz um und rannte. Ganz gleich, wie viel Munition Zar in den Engel pumpte, der Engel tat bloß seinen Unmut mit einem dumpfen Knurren kund.

Doch auch, als Zar endlich das Feuer einstellte und ihr mit einem Fluch hinterherjagte, dröhnte das Knattern von Geschossen über den Wald. Sie erklommen das Plateau erneut und Asavi blieb stolpernd stehen. Durch die Baumkronen blinkte die schwarze, schlanke Form eines Kampfhubschraubers inmitten des unmöglich blauen, klaren Himmels. Das dumpfe Grollen rührte von seinen Rotorblättern her und entsprang nicht der düsteren Wolkenfront am Horizont, so wie Asavi irrtümlich die Vermutung gehegt hatte.

Zar kollidierte schmerzhaft mit ihr und beförderte sie beide zu Boden. Sie verlor das Gleichgewicht und stieß einen gepressten Schrei aus. Sie schlug hart mit der Stirn auf dem unebenen Waldboden und schürfte sich das Kinn an einer Wurzel auf, ehe Zar über sie stürzte.

Asavi grub ihre freie Hand in die Erde, doch der abschüssige Hang leistete gemeinsam mit der Schwerkraft seine Arbeit und sie rutschten abwärts. Zar fluchte, fand selbst keinen Halt und rollte mit Asavi den Hang seitlich herunter, direkt auf den Steilhang zu. Sein Sturmgewehr bohrte sich schmerzhaft in Asavis Seite und sie selbst verlor ihre Pistole aus den Händen. Erde und vertrocknetes Laub prasselte auf sie nieder und der Boden bebte unter den Bewegungen des Engels. Kurz bevor Asavi über die Kante des Steilhangs schlitterte, bekam Zar einen der Jungbäume zu fassen und schlang ihr seinen anderen Arm um die Taille. Asavis Sturz wurde mit einem heftigen Ruck beendet und sie trat mit einem Aufschrei in den sich unter ihr auftuenden Abgrund.

Kleinere Kiesel und vertrocknete Eicheln schossen an ihnen vorbei und Asavi kniff die Augen zusammen. Zar half ihr, festen Boden unter die Füße zu bekommen, und gemeinsam kämpften sie sich weiter den Hang hinauf, bis sie die Kuppe erreichten.

Der Engel ragte so hoch wie die Eichen um ihnen herum in die Höhe und wurde immer noch vom Kampfhubschrauber in die Mangel genommen. Er kreischte auf, als das Geschütz am Helikopter den Boden unter ihnen zum Erzittern brachte. Die Schüsse knallten durch das Laubwerk, schlugen in Rinde und Erde und streiften das kolossale Monstrum.

Zar zog Asavi wieder nach oben und sie fragte sich, ob es nicht klüger war, sich fallen zu lassen, wenn hier oben direkt über ihren Köpfen ein Helikopter alles, was er an Feuerkraft besaß, auf den riesigen Engel ballerte. Zumal Jazmin und Helene immer noch in der Höhle direkt unter ihnen waren. Für einen furchtbaren Augenblick malte sich Asavi aus, dass ihre Zuflucht durch das Dröhnen und Getrampel des Engels einstürzte und die beiden Frauen unter sich begrub. Doch Zar schob sie einfach weiter, stieß sie regelrecht vorwärts und sie rannten am Rand des Plateaus halb im Schutz der Stämme bis hin zum Kalksteinaufschluss und somit aus dem letzten Schutz des Waldes.

Der Engel schrie so laut, dass die Äste vibrierten. Für einen kurzen Moment verdoppelte sich Asavis Blickfeld. Sie presste sich die Handballen auf die Ohren und stieß selbst einen Schrei aus, der teils von der Panik, teils von dem plötzlichen Schmerz in ihren Knochen herrührte. Wie gelähmt fiel sie hart auf die Knie und es bedurfte schließlich Zars festem Griff, um sie weiter den nackten Fels hinaufzustoßen.

»Bist du wahnsinnig?!«, schrie er über den Lärm hinweg, aber Asavi registrierte seine Worte bloß undeutlich anhand der Vibrationen seines Körpers, während sein Griff um ihren Oberarm so fest wurde, dass ihre Finger, die sie in ihre Schläfen grub, anfingen zu pochen. »Los, los!«

Zar brüllte sie weiter über den Lärm an und Asavi extrapolierte den halben Inhalt seiner Sätze durch rudimentäres Lippenlesen. Der aggressive Helikopter, der ihnen gerade das Leben rettete, gehörte den Varai. Die Rotorblätter erzeugten dermaßen heftigen Wind, dass Asavi kurzzeitig das Gleichgewicht verlor und Zar sie erneut dran hinderte, den steilen Felsgrat wieder hinunter zu stürzen. Er rief ihr etwas zu und deutete mit dem Arm in die Luft. Asavi schüttelte nur den Kopf, verstand über den Lärm kein Wort, während der Engel den Wald umdekorierte. Sein wütender Schrei verebbte und von Asavis Körper löste sich ein unendlich schweres Gewicht, das ihr zuvor noch das Gleichgewicht entrissen hatte.

Die Muskeln des Engels spannten sich außerordentlich und Asavi beschlich ein mieses Gefühl. Er sah aus, als würde sein neues Unterfangen wahnsinnig viel Energie kosten. Er ging in die Hocke und hievte seine steinernen Flügel vom Boden. Die Kugeln knallten zischend und knisternd in das feine Lichternetz zwischen den Federn und zerbarsten in gleißend weißen Funken, prallten von den Felssplittern ab, rissen sie in Stücke und schleuderten harte Fragmente in alle Richtungen.

Asavi blieb der Mund offen stehen, als sie das erste Mal Zeugin dieser rohen Macht wurde, die den Engeln innewohnte. Woher auch immer sie kamen, was sie auch waren und wie sehr sie auch unter der Atmosphäre der Erde litten, dieser Engel trotzte der Schwerkraft in grauenvoller Schönheit. Er streckte seine Flügeln ungeachtet der Bäume in seinem Rücken weit aus und zerteilte die harten Eichenstämme ohne Widerstand. Sein Nacken sah aus, als bestünde er aus Drahtseilen, während ihm dieser Kraftakt alles abverlangte.

Asavi zitterten die Knie und sie klammerte sich hilflos an Zar, der aber mindestens ebenso Schwierigkeiten hatte, auf seinen langen Beinen nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Der Helikopter senkte sich und eine Strickleiter fiel zu ihnen herunter. Asavi starrte nach oben und erkannte zwei Soldaten in marineblauen Uniformen mit geschlossenen Visieren, die wild gestikulierten.

Zar packte sie fest um die Taille und zog sie hinüber zur Strickleiter, die durch den tosenden Wind gefährlich hin und her schaukelte. »Wehe du lässt los!«, brüllte er so nahe an ihrem Gesicht, dass sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten, und schob sie auf die Sprossen.

Asavi schloss ihre Finger um das glänzende Metall der Stäbe. Zar sprang neben ihr auf die Leiter und presste sie fest gegen sich, als hätte er tatsächlich Angst, dass sie wieder losließ. Aber wir können die anderen nicht zurücklassen, wollte Asavi schreien, doch sämtliche ihrer Muskeln verkrampften sich bei dem Anblick der gigantischen, steinernen Monstrosität, die sie aus ihren zornigen Augen anstarrte.

Der Helikopter stieg, um sie in Sicherheit zu bringen, doch der Engel hatte sein Gleichgewicht gefunden und sah nicht aus, als wolle er sie entkommen lassen. Die Welt zog in Zeitlupe an Asavi vorbei. Der Engel stieß sich vom Boden ab. Seine massigen Schwingen rissen die Eichen in einem Umkreis von zwanzig Metern um, durchschnitten das Holz mit ihren Splittern wie ein warmes Messer durch Butter glitt, und katapultierten das Monstrum in die Lüfte.

Der Helikopter wich ruckartig zur Seite aus, um dem Sprung des Engels zu entgehen, und dabei wurden Asavi und Zar heftig durch die Luft geschleudert. Zar packte sie automatisch fester und dabei rutschte ihr Hemd nach oben. Seine Finger gruben sich fest in ihre Seite und wie vor der Höhle durchfuhr Asavi ein elektrisierendes Kribbeln, das sich von ihrem Haaransatz bis zu ihren Zehen durch ihren Körper zog.

Der Engel streckte seine langen Arme aus, spreizte die klauenartigen Hände und schlug ein zweites Mal mit den Flügeln. Die schiere Menge an verdrängter Luft, brachte die kräftigen Stämme der Bäume zum Knarzen und scheuchte sämtliche übrigen Vögel, die in panischer Flucht das Weite suchten, aus dem Laubdach des Waldes. Entgegen allen physikalischen Naturgesetzen hob sein aus durch und durch Gestein bestehender Körper vom Boden ab.

Der Helikopter taumelte durch die Luft, wie ein Segelboot im Sturm und Asavi wurde schlecht. Zar lockerte seinen Griff um ihre Mitte, um seine Pistole zu zücken. Er schoss auf den Arm des Engels, sodass das dunkle Blut in einem Sprühregen auf den Wald niederging. Keinen Moment später war der Engel direkt vor ihnen. Seine Schwingen pfiffen durch die Luft, sangen in unzähligen harmonischen Dreitönen und begleiteten seine außerirdische Missachtung der irdischen Naturgesetze wie eine musikalische Untermalung im Film.

Seine große Klauenhand verhakte sich in der Sprosse, auf der Zar stand. Dann packte er zu und zog seinen Arm zurück.

Der Helikopter kippte und Asavis Magen drehte sich um. Zar fluchte dicht an ihrem Ohr und sein heißer Atem prickelte ihr im Nacken. Er entleerte das gesamte Magazin mitten in das überirdisch anmutende Gesicht des Engels und erhielt dabei endlich Unterstützung aus dem Helikopter. Zar holte mit einem Bein aus, und ließ seine Ferse auf die Finger des Engels krachen, wieder und wieder, bis das Monster durch einen letzten, heftigen Tritt bestärkt durch den Wirbelwind aus gesplittertem Stein den Halt verlor.

Mit einem schrillen Kreischen ließ der Engel ab von ihnen und wich mit einem weiteren Flügelschlag vor dem Helikopter zurück. Zars Arm spannte sich heftig an, als er sich nur noch mit einer Hand an der Leiter festhielt und durch die Wucht seines eigenen Tritts beinahe den Halt verlor.

»Wehe, wenn du loslässt!«, schrie sie und ihre Blicke trafen sich. In Zars Augen funkelte derselbe irrwitzige Funken, der sie dazu bewog, seinen gesunden Menschenverstand anzuzweifeln. Doch dieser ungesunde Menschenverstand hatte ihr nun schon zum zweiten Mal den Arsch gerettet und entfachte, bestärkt durch das Adrenalin, einen ähnlichen Schimmer in ihrem Blick. Sie grinsten einander breit an.

Der Helikopter gewann endlich an Höhe und die Strickleiter wurde eingezogen. Asavi kroch als Erste über die Kante, schleppte sich in Sicherheit und drehte sich keuchend auf den Rücken. Zar folgte ihr und wurde durch die Kurve, die sie flogen unsanft auf Asavi geschleudert. Mit einem erstickten Geräusch presste er ihr die Luft aus den Lungen, ehe er sich auf seine Ellenbogen stützte, um ihr nicht auch noch eine Kopfnuss zu verpassen.

Schwer atmend trafen sich ihre Blicke. Zar sah vollkommen zerzaust aus. Seine blonden Haare waren vom Wind plattgedrückt und gleichzeitig gegen den Strich gekämmt worden, sein Gesicht war blutbesprenkelt und seine Augen derartig geweitet, dass Asavi einfach anfing zu prusten. Es quoll aus ihr hervor, bis ihr die Tränen kamen, und Zar ebenfalls nach einigen verwirrten Momenten zu lachen begann. Er ließ mit bebenden Schultern den Kopf hängen und Asavi drehte den Kopf zur Seite, damit ihr seine Haare nicht an der Nase kitzelten.

»Du erdrückst mich!«, kicherte sie hysterisch und verschluckte sich an ihrem eigenen Atem, der ihr Zars Geruch in die Lungen trieb. Schweiß und Erde, warmes Leder und eine Note, die ihr gänzlich unbekannt war. Das Adrenalin jagte ihnen immer noch durch die Körper, als sich die Türen des Transporthelikopters schlossen und zumindest den Fahrtwind aussperrten. Dadurch wurden allerdings Schritte laut, die auf dem metallenen Boden klapperten. Das Stiefelpaar kam neben den beiden Geretteten zum Stehen und eine weibliche, leicht säuerliche Stimme meldete sich zu Wort.

»Würde bitte jemand diesen Schießwütigen von meiner Tochter zerren?«


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