3. Kapitel

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Nachdenklich lasse ich meinen Blick über meinen Körper wandern. Dabei frage ich mich, was schlimmer aussieht: Die dicken Ringe unter meinen Augen oder das dunkle Hämatom, was sich auf meiner rechten Schulter befindet.

Ich verziehe mein Gesicht, als ich sie bewege. Ein stechender Schmerz zieht sich durch meinen Arm und strahlt bis in meinen Brustkorb. Verdammter Wixer, der mich gestern mit seiner Kugel getroffen hat.

Großzügig schmiere ich mir Voltaren auf die Schulter und genieße den kühlenden Effekt der Schmerzsalbe. Gleichzeitig erweckt der süßliche Geruch meine Lebensgeister, sodass ich nach ein paar Minuten im Bad fertig bin und angezogen in der Küche stehe.

Dort lehne ich mich an die Arbeitsplatte und warte darauf, dass meine Kaffeemaschine damit beginnt den Kaffee zu produzieren. Ich beiße meine Zähne zusammen, als ich über die letzte Nacht nachdenke. Ich kann nicht zählen, wie oft ich in den drei Stunden, die ich schlafen konnte, keuchend aufgewacht bin. Ständig habe ich die leeren Augenhöhlen der Frau vor mir gesehen, mir vorgestellt, wie die Spitze eines Messers sie durchbohrt hat und bis in ihr Gehirn vorgedrungen ist. Angewidert schüttle ich mich und ziehe die Tasse unter der Maschine hervor, in der sich endlich mein Lebenselixier befindet.

Der Geschmack des Kaffees sorgt dafür, dass ich die Gedanken an meine schrecklichen Träume verdrängen und auf die wesentlichen Dinge konzentrieren kann. Ich muss diesen Mörder schnell finden, damit er nicht nochmal zuschlägt. Noch solch einen Anblick kann ich nicht ertragen.

In der nächsten halben Stunde quäle ich mich durch den Verkehr und rege mich über einige unfähige Autofahrer auf, bis ich endlich das Revier erreiche. Ich parke auf dem für mich reservierten Parkplatz direkt neben der Eingangstür und betrete meinen Arbeitsplatz.

Auf dem Weg zum Besprechungsraum wünsche ich einigen Kollegen einen guten Morgen, ohne sie dabei jedoch richtig anzusehen. Im Raum angekommen, werde ich schon von meinem Team begrüßt. Sie sehen deutlich besser aus als ich, obwohl sie länger als ich in der Bar geblieben sind. Aber sie waren im Gegensatz zu mir auch nicht noch an einem Tatort gewesen.

„Hast du privat noch weiter gefeiert?", begrüßt mich Caleb und mustert mich mit einem spöttischen Blick. Ich trage heute nur eine normale Jeans von mir und ein T-Shirt, da dieses nicht so hart an meiner Schulter reibt, wie es ein Hemd tun würde. Giftig feuere ich einen vernichtenden Blick zu meinem Partner ab, den das aber wie erwartet nicht stört.

„Nein. Ich habe Arbeit für uns besorgt." Sam und Mike sehen sich kurz nicht begeistert an. Wahrscheinlich haben sie gehofft, mal einen Tag nur alte Akten aufarbeiten zu können. Aber leider wollen uns die gewalttätigen Mitmenschen der Stadt auf Trab halten und liefern uns regelmäßig neue Arbeit.

Ich nehme die Akte entgegen, die Jenny mir reicht und ziehe die gläserne Wand in die Mitte des Raumes. Dann beginne ich, die Fotos dort aufzukleben, die sich in der Akte befinden.

Als erstes präsentiere ich meinem Team ein Foto der Leiche. Hinter meinem Rücken höre ich ein kurzes Würgen, als sie die leeren Augenhöhlen entdecken. Ich trete zur Seite und tippe auf das Bild der augenlosen Frau. „Unser Opfer. Serena Whitmann. Sie ist gestern Nacht in ihrer Dusche ermordet worden. Der Täter hat keine Fingerabdrücke hinterlassen, auch eine Tatwaffe fehlt. Genauso wie die Augen", gebe ich ihnen eine Kurzfassung.

Neben das Opfer schreibe ich ihren Namen, das Alter und ihre Adresse mit einem Edding. Dabei stelle ich fest, dass ich nach all den Jahren immer noch nicht in der Lage bin, ordentlich an dieser Wand zu schreiben. Aber mit viel Phantasie kann man die Worte entziffern, die ich dort hingeschrieben habe.

Ich pappe einen weißen Zettel in die Mitte der Wand und zeichne ein großes Fragezeichen darauf. „Uns fehlen Informationen über das Opfer, ein Motiv, die Tatwaffe und Spuren zum Mörder." Bei jedem Schlagwort mache ich einen Pfeil von dem Fragezeichen weg, dann drehe ich mich zu meinem Team um.

„Jenny, du informierst dich über das Opfer. Finde alles heraus was geht, befrage Angehörige, Freunde oder die Putzfrau. Wir brauchen alles über sie, was wir finden können.
Mike und Sam, ihr seht Euch das soziale Umfeld des Opfers an. Befragt die restlichen Nachbarn, versucht jemanden zu finden, der ein Motiv haben könnte, dieser Frau die Augen auszustechen", weise ich sie an und sehe zufrieden, wie sie sich ihre Kopie der Akte vom Stapel nehmen und an ihren Schreibtischen verschwinden. Dann sehe ich zu Caleb, der weiterhin vor mir steht. „Und ich darf nach Hause gehen?", rät er frech und ich verkneife es mir, darauf eine ernsthafte Antwort zu geben.

„Wir verhören den Nachbarn, der den Notruf gewählt hat. Danach fahren wir zu Kathy in die Gerichtsmedizin und holen uns ihren endgültigen Bericht ab."

Caleb nickt und folgt mir rüber zum Verhörraum. „Bist du dir sicher, dass du mit reingehen willst?", fragt er dann vor der Tür und ich blicke verwirrt zu ihm hoch. In Momenten wie diesen hasse ich es, dass er mich um einen Kopf überragt. Ich bin sein Chef, aber fühle mich körperlich wie sein Schüler. „Wieso nicht?", frage ich dämlich nach und er zeigt auf mein Gesicht.

„Naja mit deiner Visage...das sieht erschreckend aus." Schnaubend schlage ich seine Hand weg und betrete entschlossen den Verhörraum. Das plötzliche Öffnen der Tür erschreckt den mittelalten Mann, der bereits wartend am Tisch sitzt. Er zuckt kurz zusammen und entspannt sich, als er unsere Marken erblickt, die wir uns an unseren Gürtel geklemmt haben. Da wir heute beide nur innerhalb des Reviers arbeiten, haben wir darauf verzichtet, uns unsere Uniformen anzuziehen.

Synchron setzen Caleb und ich uns auf die Stühle auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches und ich mustere den Mann im Schnellverfahren. Schütteres, bereits ergrautes Haar, seine Augen sehen leicht trüb aus und Speckfalten sind unter seinem Hemd zu sehen. Sein Aussehen erinnert mich an einen schmierigen Zuhälter, den ich vor einigen Monaten mal hier verhören musste.

„Mein Name ist Darren Reynolds, das ist mein Partner Caleb Harrison. Wir untersuchen den Mord an ihrer Nachbarin Serena Whitmann", erkläre ich knapp und ziehe Caleb die Akte aus der Hand, die er noch immer festhält. Kurz werfe ich einen Blick hinein und stelle erfreut fest, dass Jeremy bereits alle Personalien des Mannes aufgenommen hat und auch in seinem Bericht das Telefonat des Notrufes kurz zusammengefasst hat. Vielleicht hätte ich den Kerl zu dem Fall dazu ziehen sollen, immerhin hatte er die Leiche gefunden und scheint trotz seiner trotteligen Art ordentlich zu arbeiten. Vielleicht mache ich das später noch, jetzt fährt er bestimmt sowieso noch Streife und ist nicht hier.

„Was genau haben Sie gehört?", frage ich und sehe den Mann wieder an. Er heißt John und ich finde, dass dieser Name absolut nicht zu ihm passt.

John unterdrückt ein Seufzen, da er diese Antwort vermutlich schon einige Male geben musste. „Ich habe einen Schrei in der Wohnung über mir gehört. Das war untypisch für sie, da ich sonst nie etwas von ihr gehört habe. Sie war immer eine ruhige Nachbarin gewesen. Erst dachte ich, sie hätte vielleicht einen Typen bei sich, aber dann hatte es so komisch gepoltert. Kurz darauf waren Schritte im Flur zu hören, daraufhin habe ich den Notruf verständigt."

Ich nicke leicht und sehe im Augenwinkel, wie Caleb sich zwei Stichpunkte auf seinem Block notiert. „Männliche Schritte?", hake ich nach und John sieht mich dämlich an. „Wie?"

Genervt beuge ich mich leicht zu ihm vor. „Schwere Schritte, wie von einer großen Person. Oder eher leichte, schnellere, die auf eine Frau hindeuten könnten."

John überlegt. „Eher männlich, aber es ging so schnell, ich habe da gar nicht wirklich drauf geachtet."

Mit jedem weiteren Wort, was seinen Mund verlässt, komme ich mehr zu der Erkenntnis, dass uns dieses Gespräch nicht nach vorne bringen wird. Eine weitere Frage muss ich ihm dennoch stellen. „Haben Sie irgendwas Ungewöhnliches gesehen oder gehört? Am Abend oder einige Tage davor?"

John schüttelt mit dem Kopf, dann aber hält er in der Bewegung inne. „Doch, da ist was", fällt ihm ein und ich sehe ihn hoffnungsvoll an. Caleb hält seinen Kugelschreiber dicht über dem Block, um schnell die nun folgende wichtige Information mitzuschreiben, mit der wir beide rechnen.

„Der Nachbar von unten stellt neuerdings immer sein Fahrrad im Hausflur ab. Das nervt. Kann man da nichts gegen unternehmen? Ich komme kaum zu meinem Briefkasten."

Enttäuscht lässt Caleb seine Hand mit dem Kugelschreiber sinken, während ich resigniert meine Augen schließe und mich darauf konzentriere, die Kontrolle zu behalten. Es dauert einige Sekunden, bis ich mich gefasst habe. Dann blicke ich John mit einem möglichst freundlichen Lächeln auf den Lippen an. „Tut mir leid, da müssen Sie sich an Ihre Hausverwaltung wenden. Vielen Dank für Ihre Zeit und die Antworten. Wir melden uns bei Ihnen, sollten wir noch Rückfragen haben. Sollte Ihnen noch etwas einfallen, lassen Sie es uns bitte wissen", rattere ich höflich unsere Standardfloskel herunter, auch wenn ich weiß, dass wir von diesem Kerl niemals nützliche Informationen erhalten werden.

John verabschiedet sich von uns und verlässt den Raum. Ich sehe ihm ausdruckslos hinter und weiß nicht, ob ich verärgert oder traurig sein soll. Wir brauchen mehr Informationen, sonst werden wir den Mörder nie finden. Aber bisher stehen wir auf der Stelle. Dieser Nachbar war wirklich meine größte Hoffnung, um mehr über den Täter zu erfahren. Aber da habe ich mich gewaltig getäuscht.

Glucksend lacht Caleb neben mir auf und ich bemühe mich, ihm nicht in die Fresse zu schlagen. An meinem ausdruckslosen Blick scheint er meine schlechte Laune zu bemerken und verstummt. „Naja. Immerhin wissen wir, dass es wahrscheinlich ein männlicher Täter war", sagt er schnell.

„Wunderbar. Wahrscheinlich", wiederhole ich sarkastisch und stehe auf. Ich denke nicht, dass einer der anderen Nachbarn mehr mitbekommen hat. Vielleicht finden Mike und Sam bei ihrer Befragung noch etwas heraus, aber mehr als den Schrei oder Schritte wird vermutlich niemand gehört haben.

Missmutig schreiten Caleb und ich zum nächsten Punkt auf unserem Tagesplan über. Wir fahren bei Kathy vorbei, aber auch dieser Besuch liefert uns keine neuen Erkenntnisse. Das Opfer starb durch einen Stich durch ihre Augenhöhlen bis ins Gehirn.

Das Erfolgreichste an unserem Trip durch die Stadt ist der Döner, den wir uns nach dem Besuch bei Kathy an einer Imbissbude gönnen. Danach fahren wir wieder zurück zum Revier. Ich verziehe mich in mein Büro, während sich der Rest des Teams im Besprechungsraum ansammelt, um die jeweiligen Ergebnisse auszutauschen. Als alle versammelt sind, stoße ich auch dazu.

Leider haben auch meine Kollegen nicht mehr Erfolg gehabt als ich selber. Serena war Kellnerin in einer Bar am Strand, hatte keine Probleme mit ihren Nachbarn, ihre Freunde beschreiben sie als eine ausgeglichene Person, die keine Feinde hatte. Grandios.

Auch die anderen Nachbarn haben nicht mehr gehört als John.
Missmutig stelle ich mich vor die Wand mit unseren Informationen, die ich nur um ein paar klägliche Details über das Opfer ergänzen kann. Mein Gehirn arbeitet, versucht einen Weg zu finden, dem Mörder doch noch auf die Schliche zu kommen.

Mit dem Edding in der Hand kommt mir dann eine Idee. „Die Tatwaffe. Konzentrieren wir uns auf die Tatwaffe. Durchsucht alle Mülleimer in der Umgebung, fahrt von mir aus zu den Deponien und schaut, ob ihr etwas entdeckt. Mehr Anhaltspunkte haben wir nicht, um das...das hier..." Ich tippe mit dem Edding auf das Fragezeichen und verhasple mich in meinem eigenen Satz als ich entdecke, dass es zwei Augen und einen Penis erhalten hat. „...das da...zu klären", beende ich ihn dann stockend und sehe mein Team vernichtend an, das lauthals anfängt zu lachen, da sie es endlich mal wieder geschafft haben, mich so richtig aus dem Konzept zu bringen.

Caleb lacht dabei am lautesten, was für mich bedeutet, dass er diese grandiose Idee hatte. Zielsicher fliegt mein Edding zu ihm herüber und trifft ihn am Unterarm, den er rechtzeitig vor sein Gesicht hält.

„Ich hasse Euch", knurre ich, kann aber nicht verhindern, dass ich selbst leicht Grinsen muss.

Diese kleinen Momente sind der Grund, weshalb wir nicht vollständig durchdrehen bei all dem Leid, was wir manchmal erblicken.

Dennoch müssen wir nun einen Mörder entlarven. Endlich einen Hinweis entdecken, mit dem wir arbeiten können.

Und ich muss Jeremy finden. 

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