TAPE 13《It's a trap》

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Der Zeiger meines Weckers schlug auf Es-ist-eindeutig-zu-früh. Auch Stunden nach Shanes Abgang war mir sein Befehl nicht aus dem Kopf gegangen und damit auch nicht der Aufruhr, der in mir herrschte. In meinen eigenen vier Wänden umhergeirrt, hatte ich mir jede erdenkliche Beleidigungsvariation für Shane zusammengebraust. Diesen inneren Machtkampf stillzulegen bemüht, hatte ich sogar nach einer der philosophischen Sammelbänder in meinem Regal gegriffen, diesen Versuch aber schnell wieder verworfen, weil ich zuvor mit Shane über die Bücher gesprochen hatte und damit wieder an der Quelle meiner Wut angelangte. Resultierend daraus hatte ich also erst relativ spät in den Schlaf gefunden, aus dem ich nur wenige Stunden später von dem schrillenden Ton meines Weckers entrissen wurde. Wenn ich Stunden zuvor gedacht hatte, dass das Einschlafen das Schwierigste wäre, so änderte sich meine Meinung am Morgen schleunigst. Nein, schlimmer war es danach aus dem Bett zu kommen.

Den Gähnanfall im Zaum haltend, brachte ich einen halbwegs geraden Kajalstrich zustande und gab der weiterhin schlafenden Elvana in meinem Bett einen Stupser von der Seite. Ihre einzige Reaktion bestand auf einem müden Stöhnen und dem demonstrativen Lass-mich-in-Ruhe Move indem sie das Kissen über den Kopf zog und wie gewohnt zum Weiterschlafen ansetzte. Gib ihr noch fünf Minuten. Der Vorabend hat ihr ganze Energie beansprucht, redete ich mir bei ihrem Anblick ein und beneidete sie gleichermaßen dafür, dass sie ihre enge Beziehung mit dem Bett länger fortführen konnte.

Die letzten Feinheiten meines Make-ups vollendet, trat ich vor den Spiegel glättete mein Chiffonhemd und beschloss nun wirklich, dass es an der Zeit war ihre Hoheit zu wecken. Während ich an meiner Frisur fummelte, sprach ich etwas lauter in den Raum hinein:

»Steh auf Elvana, sonst kommen wir zu spät.«

Keine Antwort. Ich blickte auf meine Armbanduhr herab und riss erschrocken die Augen auf, als das Ziffernblatt zehn nach sechs anzeigte. Schnell ließ ich von meinen Haaren ab und stellte mich mit verschränkten Armen vor die Bettkante.

Dann muss es wohl auf die harte Tour sein. Mit aller Kraft, die ich in diesem übermüdeten Zustand zusammenkratzen konnte, schob ich Elvanas liegenden Körper bis an den Bettrand. Immer weiter und weiter schob ich sie der Kante entgegen, bis ein dumpfer Knall an meinen Wänden wiederhallte.

»Auaa...«

Lächelnd warf ich mich auf das Bett und blickte über den Rand zu ihr runter. Eine auf dem Boden wälzende Elvana funkelte mich böse an.

»Einen wunder wunderschönen guten Morgen«, trällerte ich fast schon schreiend und sie hielt sich auf der Stelle die Ohren zu.

»Zu laut. Viel zu laut«, murrte sie leidend auf. Ich ignorierte es und machte mich dran ihre einige Kleidungsstücke aus meinem Schrank auf das Bett zu werfen.

»So weckt man doch keinen Menschen! Verdammt, ich hätte drauf gehen können.«

Ich warf ihr einen ist-das-dein-Ernst-Blick zu, den sie mit verzogenem Gesicht und sich den Rücken mit der freien Hand massierend erwiderte.

»Uff... mein Rücken.«

»Jetzt hab dich nicht so. Von diesem kleinen Abstand wirst du schon nicht ums Leben kommen. Zudem hast du dir all das selbst zu verdanken, wenn du so viel trinkst und uns beiden damit eine Strafe vom Chef einbringst«, erwähnte ich so beiläufig wie nur möglich. Mit dem gewünschten Effekt, wie ich entzückt feststellte.

Elvanas Vogelnestmähne schoss vom Bettrand in mein Sichtfeld und mit weit aufgerissenen Augen starrte sie mich an:

»Was?«

»Wenn du nicht arbeitslos auf der Straße landen möchtest, würde ich dir empfehlen dich schleunigst zu erheben. Unsere Schicht beginnt heute eine Stunde eher, die restlichen Details erkläre ich dir auf dem Weg, Unser Taxi wird in einer halben Stunde unten sein.«

Durch meine Worte angespornt sprang Ela regelrecht von ihrer Position auf, was sich kurz darauf als ein fataler Fehler erwies. Denn sobald sie auf ihren beiden Beinen stand, schwankte sie plötzlich vor sich hin, stolperte über ihre eigenen Füße und landete ein weiteres Mal mit dem Gesicht auf den Boden.

»Nochmal aua«, gab sie gepresst von sich und ich drückte die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen, um nicht laut loszulachen.

»Ich habe eine Kopfschmerztablette und ein Glas Wasser auf die Kommode neben dir gelegt du Tollpatsch. Nimm sie ein bevor du dir wirklich noch irgendwelche Knochen brichst.«

»Nicht wahr!«, schrie Ela aufgebracht aus, als wir uns den Aufzügen näherten.

»Bitte sag mir, dass das irgend so ein schlechter Witz ist. Sag mir bitte, dass wir den ersten April haben.«

»Da muss ich dich leider enttäuschen.« Ich unterdrückte mir ein breites Grinsen beim Anblick ihres Gesichtsausdrucks. Daraufhin vergrub sie ihr Gesicht zwischen ihren Händen, was dazu führte, dass ihre glanzvollen blonden Haare nach vorne fielen, ehe sie sich aufrichtete und ein purpurrot ihrer selbst zum Vorschein kam.

»Oh nein... nein, nein. Wie scheiße peinlich ist das denn. Sag mir wenigstens, dass mein Schnarchen nicht so schlimm gewesen ist...bitte.«

Ich schüttelte den Kopf.

»Ich habe mich wirklich gefragt wie solche Laute aus so einer zierlichen Person überhaupt rauskommen können.«

»So schlimm?«, fragte sie und wurde noch rötlicher im Gesicht.

»Derart, dass ich, wäre ich in deiner Situation vor Scham Mr. Caprino kaum noch unter die Augen getreten, sondern geradewegs meine Kündigung bei ihm per Post eingereicht hätte.«

Elvana riss erschrocken die Augen auf und nun musste ich noch heftiger Lachen. Ich lehnte mich an der Wand ab und verpasste ihr danach einen leichten Hieb auf die Schulter als sie wie versteinert dastand.

»Na... ich ziehe dich doch nur auf«, sagte ich, aber die Verunsicherung ließ nicht von ihr ab und Sorgenfalten zierten weiterhin ihre einst so schöne glatte Haut.

Ich nickte ihr zu.
»Es ist alles in Ordnung. Vertrau mir.«

Durch meine besänftigt, lächelte sie mich an und ehe ich etwas hinzufügen konnte, öffnete sich bereits die Aufzugstür zu unseren Arbeitsplätzen.

Ich gähnte auf. Elvana und ich setzten uns an unsere Schreibtische und gaben uns so sehr der Arbeit hin, dass die Zeit an uns vorbeirauschte. Während Elvana mit der Formulierung eine E-Mail beschäftigt war, das sie an ein Weinunternehmen sendete bei denen sie nächsten Donnerstag zu einer Weinprobe zu erscheinen hatte, kümmerte ich mich indessen um die Zubereitung des Kaffees.

Müde rieb sich Elvana über die Augen, als ich das nächste Mal aus der kleinen Küche heraustrat und mit den beiden warmen Tassen in der Hand auf sie zulief.

»Ich habe das perfekte Heilmittel gegen unsere Müdigkeit«, sagte ich enthusiastisch und stellte die eine Tasse auf ihren Schreibtisch ab.

»Ohh Aurora du bist ein Schatz«, sagte sie und sog den warmen erfrischenden Duft des Kaffees verträumt in sich ein. Diese kleine Glückseligkeit wurde schnell durch den alltäglichen Klang des Aufzugs unterbrochen und ein unsichtbarer Schalter in unseren Köpfen legte sich um, als Shane aus dem Aufzug trat. Elvana, die sich trotz der unangenehmen Lage von gestern nicht zusammenreißen konnte, brachte ein freundliches „Guten Morgen, Sir", heraus. Ein monotones Morgen erfolgte, ehe Shane keine Anweisungen an uns gebend, die Bürotür hinter sich schloss und uns beide mit verstörten Mienen zurückließ.

»Was soll das jetzt heißen?« Elvana klang beängstigt.

»Ich denke, dass bedeutet, wir sind nochmal ganz gut davongekommen."

Das waren wir nicht wie sich herausstellte, denn ein relativ gut gelaunter Jack gesellte sich Stunden später zu uns. Er war offensichtlich nicht seit fünf Uhr auf den Beinen.

»Guten Morgen die Damen.«

Meine Nachbarin lockerte vor Schreck den Griff um ihre Tasse, als sie erkannte wer vor ihr stand. Ihre Augen weiteten sich wie zwei Untertassen.

»Ich... ich...«, stammelte sie rum.

Ausnahmsweise mal wusste Jack worauf sie hinaus wollte, denn er unterbrach sie mit einem ruhigen Ton.

»Mach dir keine Gedanken wegen gestern. Jeder hat schon Mal zu weit ins Glas geguckt.«

Ach... sie soll sich also keine Gedanken machen? Wer war denn der, der wie sich ein Kleinkind aufgeführt hat, weil sein teures Hemd vollgekotzt war?

»Es tut mir wirklich leid Mr. Cunningford. Ich werde ihnen das Geld des Hemdes zurückerstatten...«

»Alles in Ordnung. Ich habe genug von denen. Eins mehr oder weniger macht jetzt auch nicht viel aus.« Pff der Witz war gut du Dramaqueen. Elvana bedankte und entschuldigte sich wohl gefühlt zum tausendsten Mal, wobei sie dabei vor Nervosität den Inhalt ihrer Tasse leicht verschüttete und dann zur Küche eilte. Derweilen lehnte Jack an der Wand gegenüber von mir und hatte seinen Blick stetig auf mich gerichtet, dass ich aber bis dato gekonnt kein einziges Mal erwidert hatte. Ich wusste, dass er es mit Absicht tat, aber auf seine Spielchen würde ich mich nicht einlassen. Auch dies entpuppte sich als eine Wunschvorstellung, denn kurz darauf legten sich zwei große männliche Hände an die vordere Kante meines Schreibtisches ab, gefolgt von seinem Körper, der sich in meine Richtung runterbeugte. Diese aufdringliche Geste tat ich mit einem aufgesetzten Lächeln auf dem Gesicht ab und lehnte mich entspannt in meinem Sessel zurück.

»Kann ich Ihnen behilflich sein, Sir?«

»Das hoffe ich doch. Unsere Unterhaltung gestern konnte nämlich leider nicht zu Ende geführt werden.« Ein schelmisches Grinsen bereitete sich in seinem Gesicht aus. Es harmonierte unglaublich mit seinen eisblauen Augen, die mich wäre Jack nicht so ein Idiot nicht kalt gelassen hätten.

»Oh wirklich?«, tat ich auf ahnungslos und jonglierte den Stift in meiner Hand.

»Also wissen Sie... für mich klang das mehr als eindeutig.«

Er lächelte noch breiter und ich fragte mich was ihn so sehr erheiterte.

»Sie gehören anscheinend zu der Sorte Frau, die ganz schwer zu überzeugen ist. Ich liebe Herausforderungen. Das wird mir eine Menge Vergnügen bereiten.« Genüsslich schloss er sich die Augen.

»Das bezweifle ich, Sir. Außer stapelweise Papierkram und langweiligen Konferenzen wird uns nichts anderes verbinden. Außerdem sollten Sie sich in so kurzer Zeit nicht von meinem hübschen Aussehen täuschen lassen. Ich habe weitaus mehr zu bieten.« Ich wusste, dass ihn diese Aussage anturnte.

Er öffnete gerade den Mund, um mir zu antworten, doch da erklang das schrille Klingeln des Bürotelefons neben mir

»Ja bitte?«, fragte ich, nachdem ich den Hörer an mein Ohr gedrückt hatte.

»Ich erwarte Sie und Ms. Harvis in meinem Büro«, sagte Shane und legte auf.

Das Telefon in meiner Hand haltend, blickte ich es verdutzt an.

»Meine Dienste werden beansprucht, Mr. Cunningford. Falls Sie noch etwas benötigen, wenden Sie sich bitte an die anderen Kollegen in den unteren Abteilungen.«

»Die werden mich mit Ihren Leistungen nicht befriedigen können«, raunte er mir, die Augen dabei zu Schlitzen verzogen, zu.

»Wie dem auch sei. Dieses Gespräch ist hiermit noch nicht beendet.« Dann verschwand er, bevor ich eine spitze Bemerkung meine Lippen verließ. Endlich.

Die Unterlagen übereinander lagernd, suchte ich Elvana auf um sie so behutsam wie möglich zu Shanes Büro zu bewegen. Wie ich jedoch schon befürchtet hatte, malte sie sich die schrecklichsten Szenarien aus, sodass das nervöse Tippen ihrer Füße das einzige Geräusch darstellte, als wir vor dem Schreibtisch unseres Chefs gestellt hatten und gebannt auf seine Erwiderung warteten. Dieser ließ sich von Elvanas Gehammpel nicht stören, beschäftigte sich den Kopf kein einziges Mal anhebend mit einem Ordner das vor ihm liegend aufgeschlagen war, sodass weitere qualvolle Sekunden der Ungewissheit dahinstrichen. Folterte er sie mit Absicht?

»Ms. Harvis haben Sie den Termin für die Weinprobe schon vereinbart?« Mit einer unnatürlichen Geschwindigkeit unterzeichnete er ein Blatt Papier und zog das nächste heran.

»J-Ja Sir, das habe ich.« Sie schluckte mehrmals, aber auch das änderte nichts an ihrer gebrochenen Stimmlage.

»Und die Einladungen?«, fuhr er unbeirrt fort.

»Ich bin im Augenblick noch mit der Konzeption der Sitzordnung beschäftigt.«

Er nickte nachdenklich und nahm den Kugelschreiber dabei unbemerkt zwischen seine Lippen. In dieser Zwischenzeit tauschten Elvana und ich prompt fragende Blicke aus. Worauf sollte diese Fragerunde hinauslaufen?

»Ich habe sie hierhergebeten, weil ich möchte, dass sie Ms. Duront in die organisatorische Planung miteinbinden. Somit wird Ihnen ein wenig Arbeit abgenommen und wir sparen kostbare Zeit. Machen Sie Sie vertraut mit den Fakten. Ich möchte an diesem Abend keine Probleme, es muss alles auf dem besten Stand sein.« Mir fiel es schwer diesem Gespräch zu folgen, auch wenn ich meinen neutralen Gesichtsausdruck wie eine festgeklebte Maske wahrte.

»Sie wollen mich nicht anschreien?«, platzte es ungewollt aus meiner Nachbarin heraus und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mir nicht dieselbe Frage gestellt hatte. Erstmals an diesem Tag hob Shane seinen Kopf und richtete seine Augen geradewegs auf Elvana.

»Nein Ms. Harvis. Diese Sache ist geklärt. Ms. Duront und ich haben uns gestern darüber unterhalten.« Ich schenkte ihr von der Seite ein ermunterndes Lächeln.

»Zumindest ist es fürs Erste abgehackt«, fügte er nun wieder hart hinzu.

»Ein derartiges Auftreten dulde ich kein zweites Mal.«

Elvana starrte, die Tatsache völlig ignorierend, dass Mr. Ich-lasse-wann-und-wo-ich-will-den-Chef-raus es tatsächlich wagte und zuzuschreiben, was wir außerhalb der Geschäftsräume durften und was nicht. Damit schoss er viel zu weit über die Schusslinie und es lag förmlich ein Widerspruch auf meiner Zunge, aber ich riss mich zusammen. Nur ihretwegen, weil sie so glücklich aussah.

»Nein, nie wieder, Sir. Ich verspreche es Ihnen«, bestärkte sie ihm in seinem tadelhaften Verhalten Ach Ela...

Ich erreichte nicht einmal meinen Arbeitsplatz, da wandelte sich Elvanas Stimmung schlagartig. Mit einem wahnsinnigen Hüftschwung, den ich ihr nun wirklich nicht zugetraut hätte, tanzte und hüpfte sie hinter der verschlossenen Bürotür von Shane, ehe sie mich wie aus dem nichts in eine feste Umarmung zog.

»Danke, danke, danke. Du bist ein Schatz«, rief sie begeistert aus und ihr kindliches Kichern lockte mich aus der Reserve. Ich erwiderte ihre Umarmung zwar zunächst recht zurückhaltend und steig, dann aber strich ich ihr sachte über den Rücken.

Sie löste sich von mir und blickte mich an.

»Ich danke dir für alles. Ich hätte dir auf einem anderen Wege gerne von meiner nicht allzu schönen Vergangenheit erzählen wollen, aber mein erster Eindruck hat mich nicht enttäuscht. Ich wusste es...«

Ich legte meinen Kopf leicht zur Seite.

»Was wusstest du Fräulein?«, neckte ich sie.

»Dass ich dir vertrauen kann«, gab sie fröhlich von sich. Augenblicklich entwich mir das Lächeln aus dem Gesicht, mein Atem vollführte einen Salto und krachte zu Boden. Vertrauen.

»Das Mittagessen wartet aber jetzt auf uns. Ich sterbe vor H-... Hey ist alles in Ordnung?« Auf Anhieb fiel ihr Enthusiasmus und Sorge zeichnete sich mit jeder kleinen Falte auf ihrem Gesicht auf. Die erzeugte Anspannung durch ihre Worte war ihr aufgefallen.

»Eh...i-ich kann nicht. Mir ist wieder eingefallen, dass ich in der Pause ein paar Sachen für meinen Haushalt holen wollte.« Ich entfernte mich von ihr und ging auf meinem Schreibtisch zu, derweilen ihr verwunderter und trauriger Blick sich in meinem Rücken verfestigte. Meinen Blick weiterhin auf meinen Schreibtisch gerichtet streifte ich mir meine Jacke über, schnappte mir eilig meine Tasche und nahm nach einigen großen Schritten den Aufzug, ohne Elvanas Antwort abzuwarten.

Sobald er außer Reichweite war, ließ ich auch das aufgesetzte 'Ich bin mega happy' Gesicht fallen. Es erdrückte mich, dass ich sie schamlos anlog. Ich wollte es nicht, aber mir blieb keine Wahl. Draußen angekommen versuchte ich die frische Luft einzuatmen und mich zu beruhigen. Behutsam fasste ich mich an den Hals, doch es schien weiterhin wie zugeschnürt. Das würde nichts bringen, ich brauchte einen freien Kopf und deshalb streckte ich in der nächsten Sekunde auch meine Hand aus und winkte ein Taxi herbei. Nur weg von hier Aurora...

Ich bin müde, kaputt, zerbrochen in der Bemühung es jedem recht zu machen. Verzweifelt, ängstlich, labil von dem Gedanken sie könnten einen kleinen Kritikpunkt an mir finden und mich damit zugrunde richten. Es jedem recht zu machen verlangt seinen Tribut und ich bin diesen Kampf allmählich leid... diesen endlosen Weg der Perfektion nachzuahmen. Das mühsame hinaufklettern der eisernen Mauern, um dann wie immer hart auf dem Boden zu fallen und erneut diesen brennenden Schmerz spüren zu müssen. Ich spüre es... spüre wie mein Herz sich zusammenzieht, meine Lunge sich zuschnürt... ich bin wertlos .... ich sehe und fühle es, obwohl sie einst sagten sie würden mir vertrauen. Es ist nicht ihre Schuld, sondern meine. So sehr habe ich mich in meinem Hass verstrickt, mir meine Bedeutungslosigkeit eingeredet. Es tut mir leid, denn mir ist klar, dass ich verloren habe, indem ich mich und alle anderen Menschen in eine bestimmte Kategorie verpackt habe. Letztendlich werde ich Ihnen nicht guttun und sie mir ebenfalls nicht. Wir werden uns vernichten, werden zerbrechen, zusammenfallen und nicht mehr zusammenzufügen sein, sodass sich meine Befürchtungen am Ende bewahrheiten, dass ich trotz allem alleine bin. Allein und zu nichts zu gebrauchen.

01.03.2011
Aurora

Ich legte mein Notizheft auf den kleinen Holztisch ab. Meine Finger strichen über die vertraute Schrift. Früher hatte ich es geliebt meine Gefühle morgens während der Busfahrt in dieses kleine Notizheft zu schreiben und der Gedanke mir sie einige Jahre später wieder zu Gemüte zu führen, hatte etwas Verlockendes an sich gehabt.

Heute beim Überfliegen dieser vertraulich fremden Passagen, empfand ich jedoch nichts als Schmerz. Schmerz, den ich auch damals empfunden hatte. Das war mein letzter Eintrag gewesen, das einzige Mal, dass ich nach den Ereignissen dieses Bündlein geöffnet hatte. Danach waren mir meine Worte aus dem Munde gestohlen, meine Gedanken ins Wachkoma versetzt und meine Gefühle zum Tode verurteilt worden. Ich war verwundet, so sehr, dass ich das tiefe Loch in meiner Brust mehr denn je willkommen geheißen hatte. Vertrauen. Einst habe ich dieses Wort geliebt, ich hatte es geliebt, dass er mir vertraute und ich ihm genauso. Bedingungslos. Was ich hingegen nicht wusste war, dass Vertrauen nicht einfach nur ein einfaches Konstrukt aus Buchstaben war. Es war eine Waffe... eine unglaublich starke und zerstörerische Waffe auf, das geradewegs auf mich gezielt hatte. Die negativen Assoziationen mit diesem Wort hatten zur Folge gehabt, dass ich sie in meinem tiefen Inneren eingesperrt hatte, wo sie meiner Kontrolle unterlag. Was ich aber nicht kontrollieren konnte, waren Elas Sätze, die den Konflikt in mir erneut auslösten. Sie sorgten dafür, dass dieses Wort nun hellhörig wurde und wieder anfing an seinem Käfig hin und her zu zerren, sich zu wehren. Ich schloss die Augen. Ich wollte das nicht. Ich wollte ihr das nicht antun.

Du musst deine Distanz wahren! tadelte ich. Du musst dich auf das wesentliche konzentrieren. Ich wollte Elvana nicht mit demselben Schmerz zurück lassen den ich selbst bei meinem Überlebenskampf angefochten hatte.

Regelrecht erdrückt von diesem schlechten Gewissen hatte ich mich schnurstracks in ein kleines Café außerhalb unseres Viertels von dem Taxifahrer absetzten lassen, aber ich stellte mit einem flüchtigen Blick auf die Wanduhr verblüfft fest, dass meine Pause sich langsam dem Ende zuneigte. Meine Sachen in meine Handtasche verstaut, suchte ich nach meinem Portmonee, bis ein auf mich fallender Schatten mich stoppte. Die Glaswände des Cafés, die mich von allen Seiten mit dem Licht der Sonne begünstigten, wurden plötzlich von dem Kellner vergrault, der mir zuvor meinen bestellten Kakao serviert hatte. Auch jetzt zierte ein höfliches Lächeln seine attraktiven Gesichtszüge, wodurch mir erst auf dem zweiten Blick der Strauß Rosen in seiner Hand auffiel.

»Verzeihen Sie die Störung. Sind Sie Ms. Duront?«

»Ehm...ja«, antwortete ich verwirrt angesichts dessen, dass der Kellner, den ich in meinem Leben nie zuvor gesehen hatte meinen Namen kannte. Sichtlich erleichtert darüber, die Richtige angesprochen zu haben, fügte er weniger unbehaglich hinzu:

»Die sind uns auf Ihren Namen hier abgegeben worden.« Er reichte mir das Bündel Rosen entgegen. Stirnrunzelnd bedanke mich höflich bei ihm. Als der Kellner sich entfernte, ließ ich automatisch meine aufgesetzte Miene fallen und fuhr vorsichtig mit den Fingern durch die weichen Blüten, ehe ich eine winzige Karte inmitten derer streifte. Dinner heute Abend, meine Schöne?

Was zum Henker.... Jack!

Ungläubig las ich mir die Nachricht ein weiter Mal und noch einmal durch.

Wie dreist konnte man nur sein! Wütend hob ich den Blick und wollte gerade den Zettel in der Mitte zerreißen als mich plötzlich eine Erkenntnis traf und ich in meiner Bewegung innehielt.

Moment mal. Woher wusste er, dass ich....

Mein Kopf schoss in die Höhe und eilig blickte ich mich in meiner Umgebung, bis ich vor dem Gebäude eine Gestalt ausmachte.

Das war doch nicht, verdammt dieser... Er war mir gefolgt! Da stand er angelehnt an seiner nach Luxus triefendem Auto, die die Hände lässig in die Hosentasche gesteckt und blickte mich wissentlich und selbstsicher an. Hinzu kam noch die angehobene Augenbraue, als sich unsere Augen begegneten. Eine klare Provokation.

Na warte...

Ich bedeutete einem der Angestellten mir die Rechnung zu bringen.
Diese Rosen werden gleich auf deinem Kopf landen, mein Freund. Mal sehen, ob du dann noch so blöd grinsen kannst. Wütend schnappte ich mir meine Jacke und meine Handtasche und war drauf und dran mich nach draußen zu stürzen, wäre da nicht eine Idee, die in meinem Kopf plötzlich Gestalt annahm.

Ein breites Grinsen legte sich über meine Lippen.

Ich blickte mich um, Ausschau nach einer perfekten Verkörperung meiner Vorstellungen haltend. Gerade bannten sich die ersten Zweifel an, bis ich eine alte Dame entdeckte, die seelenruhig alleine an einem Tisch saß und in einem Buch vertieft war. Ein letztes Mal wand ich mich zum Fenster und begegnete Jacks Blick. Er sah mein Lächeln und seines verblasste ein wenig. Die Augen zogen sich zu schlitzen, aber auch das würde ihm nicht weiterhelfen. Ich beachtete ihn nicht mehr sondern schlenderte an den Tisch zu, vor dem ich in einem gewissen Abstand schließlich stehen blieb. Die alte Dame bemerkte mich erst später, da ich mich nicht von der Stelle rührte.

»Guten Tag. Entschuldigen Sie bitte die Störung, aber sehen Sie den jungen gutaussehenden Mann da draußen?«, fragte ich sie und sie blickte über ihre Brille hinweg aus dem Fenster.

»Ja annähernd kann ich ihn noch erkennen«, antwortete sie mit ihrem prüfenden Blick.

»Perfekt. Nun junge Dame, ich soll Ihnen auf seine Bitte hin diese Rosen überreichen.«

Überrascht schnappte sie nach Luft und da sie nichts unternahm, drückte ich ihr den Strauß praktisch in den Schoss.

»Er ist etwas schüchtern, Madame. Nehmen Sie es ihm nicht übel, dass er es Ihnen nicht selbst überreichen konnte. Er braucht noch einen Moment, um sich zu sammeln. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag«, sagte ich ihr zum Abschied zuwinkend und irritiert blickte sie mich zunächst hinterher, aber dann nahm sie die Karte in die Hand und ich hätte am liebsten einen Freudenschrei ausgelassen, als sich eine zärtliche Röte auf ihren herabhängenden Wangen zeichnete. Dann begab ich mich nach draußen. Jack war nun nicht mehr zurückgelehnt. Verwirrt sah er in das Café, wo die alte Dame nun aus dem Fenster lächelnd zu ihm winkte. Er tat es ihr verunsichert gleich. Schmunzelnd blieb ich mit verschränkten Armen neben ihm stehen.

»Wissen Sie, ich hasse rote Rosen. Die sind so, wie soll ich sagen... simpel und so gewöhnlich. Absolut langweilig. Sie haben mich enttäuscht, Sir. Ich habe Sie ausdrücklich darum gebeten mich nicht zu unterschätzen. Ich dachte Sie hätten tatsächlich verstanden, dass ich anderen Frauen nicht ähnle. Das ist schade. Wirklich schade.« Ich wagte einige Schritte auf ihn zu, bevor ich mich zu ihm bückte und ihm ins Ohr raunte:

»Außerdem wünsche ich Ihnen viel Vergnügen beim Abendessen mit der netten Dame, Mr. Cunnigford.«

Mit einer schnellen Handbewegung warf ich meine lange Haarpracht nach hinten und ging fort, ohne auf seine Antwort zu warten.

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