TAPE 15《Run Baby Run》

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»Nein, nein, nein! Die Eisskulpturen kommen jeweils in die Nähe der Bühne und das Orchester wird links daneben aufgebaut. Genau, ja etwas mehr rechts und stopp!«

Mit einem Klemmbrett in der einen Hand und einem Stift in der anderen ausgestattet, gab Elvana dem Personal Anweisungen zum Aufbau der Location. Ich zu diesem Zeitpunkt hatte mich auf eine der vielen Stühle, die in diesem Saal verteilt waren, gesetzt und betrachtete mit wachsender Belustigung Spektakel vor Augen. Eine höchst strenge, durchgreifende Elvana sehen zu bekommen, war ein Ereignis, das ich mir im Leben nicht entgehen lassen wollte.

»Hey, Sie da! Kommen Sie her! Ich hatte ausdrücklich Porzellangeschirr angeordnet. Nun sehe ich hier rote Muster an den Seiten. Es sollten goldene Verzierungen auf Teller und Besteck werden, abgestimmt zu den Kronleuchtern. Nehmen Sie all das wieder mit. Das nützt mir nichts.«

»Aber Ma'am das sind...« Der junge Kellner in Uniform ließ überfordert den Blick über den ganzen Saal schweifen.
»Wir haben bereits alles zusammengestellt und das Besteck ist passend dazu abgestimmt.«

Ein Ausdruck entstand auf Elvanas Zügen, welche ich nie für möglich gehalten hätte. Gepresst drückte sie die Lippen aufeinander, reckte ihr Kinn leicht nach vorn und zog die Augenbrauen zusammen, sodass schwache, zierliche Falten auf ihrer Stirn entstanden. Sie gab mit einem Handzeichen zu deuten, dass der Kellner sich ihr nähern sollte. Dieser zögerte einen Moment, denn ihm schien die deutlich strenge Haltung Elvanas ebenso nicht entgangen zu sein. Trotz dieser Unsicherheit, die ihm ins Gesicht geschrieben war, führte er ihren Befehl aus. Im Folgenden ertönte das harte Tippen der Kugelschreibermiene auf dem Brett, als Elvana demonstrativ auf ihre Unterlagen deutete.

»Hier steht schwarz auf weiß Gold. Goldene Verzierungen. Und sehen Sie die Unterschrift dort unten? Sehen Sie das? Shane Caprino steht hier drauf.«

Nachdem er den Namen vorgezeigt bekam, schnappt der junge Bursche hörbar nach Luft und fummelte nervös an seiner mintgrünen Fliege, die dem Dresscode der Angestellten entsprach.

»Wollen Sie ihm vielleicht erklären, dass das nicht mehr umgebaut werden kann? Wollen Sie wirklich Shane Caprino einen Wunsch ausschlagen?«, fragte sie bissig und der Kellner verneinte heftig mit dem Kopf schüttelnd.

»Also gut. Wenn Sie in keine Konfrontation mit ihm geraten wollen, dann rate ich Ihnen sich an die Arbeit zu machen. Ansonsten wird das Ganze recht unschön für Sie enden.« Ich hatte Mühe mein Lachen zu verkneifen, als ich aus dem Augenwinkel mitverfolgte, wie bei Elvanas mehr als weniger offensichtlichen Drohung all die Farbe aus dem Gesicht des Kellners entwich.

»Haben wir uns verständigen können?«, hackte sie nochmal kurz angebunden nach, da keine Reaktion seinerseits zu sichten war.

»Selbstverständlich, Madame. Wir machen uns sofort an die Arbeit«, bestätigte dieser und eilte schnellen Schrittes davon.
Ich klatschte vergnügt in die Hände, während ich mich vom Stuhl erhob und zu ihr hinübertrat. Das Lachkonzert in mir unterdrückend, gesellte ich mich zu ihr, indes ich meinen Blick durch den Saal schweifen ließ.

»Ich wusste, dass du auch noch ganz andere Seiten in dir trägst, aber dass du so skrupellos sein kannst, das wäre mir nie in den Sinn gekommen.«

»Ha.Ha. Mach dich nur über mich lustig«, sagte sie gereizt und seufzend wandte ich mich zu ihr. Mir war klar, dass sie das nicht mit Absicht tat und dass ihr das ebenfalls nicht gefiel wie streng und unhöflich sie die Mitarbeiter behandelte, aber der Stress stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben, saugte begierig all ihre Energie.

»Es wird alles gut werden. Wir haben doch schon vieles erledigt. Die Dekoration ist fast aufgebaut. Sieh doch!«sagte ich und deutete auf die kristallklaren Kronleuchter, den Skulpturen und den Statuen abseits am Eingang.

»Wir kriegen das zeitlich hin.«

Ein verzweifeltes Jammern schlich aus Elvanas Kehle; ein klarer Ausdruck dessen, dass die Erschöpfung mehr an Freiraum gewann.
»Nichts kriegen wir hin. Schau dir das Mal an«, murrte sie und richtete ihren Blick auf die halbfertig aufgestellte Bühne und auf die Mitarbeitet die jeweils mit Lichtern, mit Tischdecken und anderen Kleinigkeiten durch die Umgebung wanderten.

»Es ist das reinste Chaos«, sprach sie niedergeschlagen aus und fuhr sich dabei durch den lockeren Zopf aus dem einige Strähnen herausfielen.

»Die Leinwand muss noch aufgebaut werden und das Catering ist auch noch nicht ganz fertig. Wo wir gerade dabei sind, komm mal mit.«

Mich unsanft am Arm packend, schleifte sie mich an einen großen, runden Tisch, auf dem etliche Spezialitäten abgestellt waren.

»Die Vorspeise werden wir so lassen.« Sie deutete auf einen Tisch links neben mir.
»Aber mit der Hauptspeise und dem Dessert bin ich noch einigermaßen unzufrieden.«

»Das ...«, sagte sie, nahm einen Löffel und befahl mir den Mund aufzumachen. Verdutzt starrte ich sie an und öffnete den Mund zum Protestausruf, aber da spürte ich schon die warme Brühe in meinem Mund. Nachdem ich diese Portion fertig hatte, befahl Elvana mir erneut den Mund aufzuklappen, um etwas anderes zu kosten.

»Ok, welches sollen wir nehmen? Welches schmeckt besser?«, fragte sie. Da sie mich mit einem ungeduldigen Blick taxierte, antwortete ich noch mit vollen Mund:

»Definitiv zwei.« Blitzartig fing sie an in ihren Unterlagen zu kritzeln.

»Wirklich? Aber ich dachte eins wäre besser. Mhh... Was ist mit diesen hier? Das wurde extra aus Dänemark....«, fing sie an weiter vor sich hin zu plappern und wollte mir den nächsten Nachtisch zudrücken. Von diesem Vorhaben hielt ich sie ab, indem ich unbeirrt ihren Arm umfasste.

»Ela stopp! Lass den Löffel sinken.«

»Aber das Dessert!«, schmollte sie mit nach vorne verschobener Unterlippe.

»Das Dessert rennt nicht weg. Jetzt leg gefälligst den Löffel weg!«, gab ich strenger von mir als ich überhaupt beabsichtigt hatte. Durch meinen Tonfall aufhorchend, sackten Elvanas Schultern müde runter und sie der Löffel landete mit einem ohrenbetäubenden klirren in den zugehörigen Krug. Ich fasste sie sachte an den Schulten und suchte ihren Blick.

»Du bist ja total angespannt. Atme aus...«

»Aurora«, fing sie beschwingt an, doch ich schüttelte den Kopf.

»Tu was ich dir sage.«
Sie erwiderte nicht ganz überzeugt meinen Blick. Aber dennoch tat sie es.

»Gut und jetzt schließe deine Augen. Sehr gut... «, sagte ich als sie meine Anweisungen befolgte.

»Jetzt möchte ich, dass du ein und dann wieder ausatmest. Nehm nur den Luftzug wahr, blende deine Umgebung aus. Konzentriere dich auf die Gleichmäßigkeit deiner Atemzüge und nicht auf dieses Durcheinander um dich herum.«

Schweigend verfolgte sie meine Worte und kurz darauf hob und senkte sich ihre Brust. Sie wiederholte diesen Prozess einige Male und je öfter sie es vollführte, desto mehr gewann ihr Gesicht wieder an Farbe.

»Super«, sagte ich und nahm meine Hände von ihren Schultern. Ihre Schokobraune Augen trafen auf meine.

»Du darfst nicht deine innere Ruhe verlieren, Elvana. Wir haben noch ganze zwei Tage vor uns, verstanden? Es wird alles gut. Das Personal arbeitet rund um die Uhr. Sie werden ihr Bestes geben und rechtzeitig fertig werden. Aber indem du deine Frust raus lässt und dich wie eine Furie benimmst hilfst du niemanden. Ich weiß, dass du verzweifelt bist, aber sonst bin ich doch immer diejenige die die böse Stiefmutterrolle übernimmt und du das nette unschuldige Mädchen, das ihren gläsernen Schuh verliert.«

Mit einem Vergleich zu Cinderella entlockte ich ihr ein halbes Lachen. Na endlich!

»Du hast ja recht. Ich hätte ein wenig netter mit dem Personal umgehen müssen, aber denkst du es gefällt mir so? Letzte Jahr bei einer Gala wurden sieben Angestellte entlassen, weil sie nicht konkret Mr. Caprinos Anweisungen befolgt haben. Glaubst du wirklich, dass ich wegen einer kleinen irrsinnigen Verzierung so viel Randale machen würde.«

Sie lächelte verbittert.

»Nein, ich hasse es. Doch ich muss es konsequent durchziehen. Denn Aurora, ich möchte nicht dafür verantwortlich sein, dass einer dieser Angestellten hier....«, sagte sie und deutete auf all die Menschen, die mit dem Aufbau beschäftigt waren.

»....dass sie ihren Job verlieren. Mit dem Gedanken könnte ich nicht weiter machen.« Ihre Gesichtszüge fielen erneut und auch ihre Körpersprache sprach eine eindeutige Message aus. Wir waren wieder am Anfang angelangt.

Um die Stimmung zu heben, klatschte ich in die Hände.

»Also gut. Welches Dessert sollte ich nochmal probieren?«

Dass würde eindeutig ein viel zu langer Tag werden.

Gut gelaunt eine Melodie vor sich hin summend, strich Elvana über die Liste, während bei der tatkräftigen Zusammenarbeit beim Personal bedankte, ehe ich die Seitentreppe der Bühne nahm.

Als ich auf die kleine Blondine zulief, hatte sie weiterhin den Blick gesenkt auf das Klemmbrett gerichtet. Das Klappern meiner Schuhe, welches meine Ankunft jedoch ankündigte, riss sie aus dieser Starre. Ohne jegliche Vorwarnung zu bekommen, warf sich höchst erfreut in meine Arme und drückte mich in eine enge Umarmung. Völlig überrumpelt stand ich einige Sekunden da, doch nach anfänglichem Zögern erwiderte ich diese herzhafte Geste mit derselben Warmherzigkeit. Dann löste sie sich von mir und stellte sich neben mich, sodass ich mit ihr gemeinsam einen Blick auf ihre Heftführung werfen konnte.

»Schau dir das bitte an«, rief sie überglücklich aus und tippte energisch über ihre Mitschrift. Beim genauen beobachten fiel mir auf, dass sie eher auf die Notizen aufmerksam machen wollte, die bereits mit einem Häkchen am Rande versehen wurden.

»All das ist fertig. Wir können es wirklich schaffen«, jubelte sie begeistert und klatschte sich mit Elan in die Hände. Ich musste bei ihrer übereifernden Geste laut auflachen.

»Ich hab's dir doch gesagt. Du musst nur die Ruhe bewahren. Der Rest ergibt sich von selbst.«
Mit einem zustimmenden Nicken umklammerte sie plötzlich meine linke Hand. Liebevoll fühlte sich das Streicheln ihrer Hände auf meinen Fingerknochen an.

»Ich danke dir. Für alles. Ich meine, dass wir die letzten Stunden weit kommen sind, habe ich nur deinem Optimismus zu verdanken«. Ihre Augen durchflutete eine so große Aufrichtigkeit und Dankbarkeit, dass mein Lächeln leicht erblasste und ich den Blick nicht standhaltend auf meine Finger richtete.

Sie ist so echt...
Ich währenddessen Lüge sie von vorne bis hinten an.
Ab der Sekunde, wo sie die Wahrheit erfährt, wird sie mich hassen. Ich werde ihr wehtun.

»Hey, nun bist du diejenige die zweifelt«, rief Elvana neckend aus und ihr Händegriff, den sie verstärkt hatte, brachte mich aus der Kammer mit meinen trübseligen Gedanken heraus. Mein Stimmungswechsel war ihr also nicht entgangen. Und natürlich schob sie dies auf die jetzige Sache zu. Ich schüttelte kaum merklich den Kopf. Wenn sie nur wüsste...

»Das wird alles ganz toll werden«, war nun sie es die mich aufmunterte.

Wie hatten wir von der einen auf die andere Sekunde die Rolle austauschen können?

»Lass uns gehen. Für heute ist genug getan.«

Mit diesen Worten begaben wir uns stillschweigend zur Garderobe, an der wir uns unsere Jacken überzogen.

»Hörst du mir überhaupt noch zu?«

Oh.

»Eh ja... ja klar, wo waren wir nochmal stehen geblieben?«

»Ich habe gesagt, dass wir hier morgen nicht mehr gebraucht werden. Das kann auch vom Büro aus erledigt werden.«
Ich nickte ihr zu.

»Das Allerwichtigste habe ich zum Glück erledigt. Die Zimmer für Mr. Caprinos Gäste stehen bereit. Die habe ich als erstes er...«

»Wie... was hast du gesagt?«
Als hätte ich durch Elvanas Worte einen Stromschlag erlitten, sprang ich beinahe auf und durchbohrte sie regelrecht mit einem aufmerksamen Blick.

»Die Gäste von Mr. Caprino meine ich. Ich habe ihnen Zimmer in diesem Hotel reserviert. In der Penthouse Suite für einige Tage.«

»Sie bleiben länger?«, fragte ich sichtlich überrascht und etwas überrumpelt von all den neuen Informationen.

»Ja, da Mr. Caprino einige Tage danach seinen 25.Geburtstag feiert, bestand Mr. Cunningford darauf mit der versammelten Gruppe eine große Überraschungsparty zu planen. Das musste aber unter uns bleiben. Mr. Caprino darf nichts wissen.«
Sie zwinkerte mir zu.

»Unser Boss kann sich bei solchen Freunden echt glücklich schätzen.«
Allzu gerne hätte ich bei ihrer Aussage lauthals in ein hysterisches Lachen verfallen.

Glücklich schätzen? Ich persönlich wäre freiwillig aus dem Fenster gesprungen, als überhaupt dieselbe Luft wie sie zu atmen. Das lag dann wohl eher im Auge des Betrachters.

Das Wichtigste für mich in diesem Augenblick war, dass sie hierbleiben würden.

Den ganzen Abend, bis in die Nacht und darüber hinaus. Damit blieb mir reichlich viel Freiraum, um meiner blühenden Fantasie freien Lauf zu lassen.
Das war gut. Sehr gut sogar.

»Renn!«, durchbrach sein schroffer Tonfall die Stille dieser grausamen Nacht. Die hohen Bäume von denen wir umzingelt wurden, ragten bedrohlich über uns auf und gaben mir zusätzlichen zu diesen Worten das Gefühl noch mickriger und schutzloser zu sein. Die Äste griffen nach mir und die Schatten, die die Bäume auf mich warfen, verschluckten mich mit einem Mal. Ab da begriff ich, was sich vor meinen Augen abgespielt hatte, hatte sich wirklich ereignet. Ich konnte mich nicht regen, mich nicht wehren. Ich wollte meine Arme um mich schlingen, mich schützen, aber selbst das konnte ich nicht. Nur diese finsteren Augen, die sich an mich festgehaftet hatten, sorgten dafür, dass ich nicht hier auf dieser dreckigen Erde unter mir zusammenbrach. Während meine Beine heftig zu zittern begannen, konzentrierte ich mich einstig nur auf ihn. Die Platzwunde an seiner Lippe schwoll an, sodass das dunkle Blut auffällig zu Schimmern begann und das schweißgebadete Oberteil, das er trug sich weiterhin perfekt an seine muskulöse Statur anschmiegte. Er atmete unkontrolliert tief ein und aus, derweilen sein strenger und mahnender Blick auf mir lag.

»Nein Shane. Sie werden...«

»Ich sagte geht!« befahl er von erneutem und umfasste grob meine Arme. Ein wilder Ausdruck hatte sich in seinem Gesicht breit gemacht und es schien, als würde er jeden Moment die Kontrolle über sich verlieren wenn ich noch einmal Einwende erhob.

Dicht hinter mir dröhnte das klagende Weinen von Jessica in meine Ohren im selben Moment, als ich ein munteres Summen von Zac wahrnahm.

Als Shane begriff, dass meine Starrköpfigkeit auch dieses Mal zum Verhängnis werden würde, wurde sein Blick aufgelöster und er atmete schwer aus. Dann fasste er mich so plötzlich am Nacken, dass ich erschrocken nach Luft schnappte. Shane ließ sich davon nicht stoppen, denn er presste seine Stirn gegen meine und blickte mir tief in die Augen.

»Bitte Aurora geh. Ich werde mich darum kümmern. Ich will dich nur in Sicherheit wissen.«

»Was ist mit dir?«, flüsterte ich kaum hörbar und blickte runter auf seine Lippen. Ohne dass ich mich noch zusammenreißen konnte, rannen stumm einzelne Tränen über meine Wagen.

»Leute wir müssen los!« Es war die Stimme Mias, die sich außer Puste, weil wir so schnell gerannt waren, an einem der Bäume angelehnt hatte. Panik schwang in ihrer Stimme mit, doch Shane blickte mir weiterhin ruhig und unbeirrt in die Augen.

»Ich werde nachkommen, Babe. Ich verspreche es dir«, sagte er und fuhr vorsichtig mit dem Daumen über meine Tränen.

»Du lügst...«, winselte ich und bevor ich mich gegen ihn auflehnen konnte, spürte ich bereits seinen festen Griff um meine Taille und dann seine weichen gierigen Lippen auf meinen. Zum ersten Mal interessierte es mich nicht, was die anderen dachten und noch weniger interessierte es mich, dass seine Freunde in unserer Nähe standen und uns beobachten konnten. Ich umfasste hektisch seine Haare und mit einem festen Druck presste er mich noch näher an sich. Seine Lippen waren weich, äußerst zart, doch dieses Mal war der Kuss aus purer Verzweiflung, nicht auf Leidenschaft, nicht auf einen lustvollen Kampf bedacht, den Shane gerne anzettelte. Sondern aus ganz simpler Zuneigung und Verzweiflung. Hinter diesem Kuss steckten viel mehr Worte, als er mir je sagte und sagen konnte. Dies war seine Art, um mir alles zu sagen, was er aus tiefstem Herzen wollte. Mich.

Sekunden später löste ich mich, so sehr mein Körper auch schrie es nicht zu tun, von ihm und richtete meine Brille zurecht. Die Tränen hatte aufgehört Tränen zu vergießen.

»Versprich es mir, Shane. Versprich mir, dass du uns einholen wirst.«

Ein schelmisches Grinsen bildete sich auf seinem ermüdeten, attraktiven Gesicht, doch bevor er etwas sagen konnte, hörten wir es. Die Sirenen und das Geschoße in unmittelbarer Nähe.

Meine Augen wurden groß und ich umfasste Shanes Handgelenkt, dessen Blick sich in die Richtung aus dem die Geräusche stammen richtete. Als er sich wieder zu uns drehte, hatte er einen ernsten und bestimmten Gesichtsausdruck angenommen. Der sanfte Ausdruck, den er mir zuvor geschenkt hatte, war wie jäh von der Leinwand verschwunden. Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen wandte er sich mit seinen nächsten Sätzen nach hinten.

»Jack. Bring sie hier weg.«

»Nein!«, schrie ich als mir klar wurde, dass er über mich sprach.

»Jack...«, knurrte er.

»Tu, was ich dir sage. Jetzt.«

»Vergiss es«, ergriff auch nun er das Wort und ich atmete erleichtert aus, als er ausnahmsweise meiner Meinung war.

»Ich komme mit dir. Ich lass dich nicht allein Shane«, sprach Jack klar und deutlich aus, obwohl ich in seiner Stimme ein leichtes Zittern heraushören konnte. Ob es aus Angst oder aus purer Erregung war wusste ich nicht, aber was ich wusste war, dass ich mich getäuscht hatte. Er war eindeutig nicht auf meiner Seite.

»Jack!«

»Geh und nimm sie mit. Sofort!« Ich konnte zwar nicht sagen, wie Jack just aussehen mochte oder was er anstellte, aber Shane ergriff erneut das Wort.

»Du bist mein Kumpel, Jack. Ich vertraue sie nur dir an, verstehst du? Du wirst sie in Sicherheit bringen. Verdammt nochmal, tu es!« Ein eiskalter Griff klammerte sich um meinen Oberarm und ehe ich die ganze Situation erfasste, war es auch schon zu spät.

»Nein, nein lass mich.« Sein Griff nahm an Stärke zu. Plötzlich wurde ich an der Taille gepackt und hochgehoben, sodass meine Füße nicht mehr den Boden berührte. Ich winselte, versuchte um mich herum zu schlagen. Ich unternahm ebenfalls alles, um mit meinen Füßen zwischen seine Beine zu gelangen, aber es nützte nichts. Er hielt mich gefangen und er lief weiter, entfernte sich weiter von Shane, zog mich weg von ihm.

»Nein! Shane du musst es mir versprechen. Du hast es mir nicht versprochen!«, schrie ich mir die Seele aus dem Leibe, doch er hatte sich von mir abgewandt und mir den Rücken zugekehrt. Ein erneuter lauter Knall ertönte.

»Shane!« Ich streckte meine Hand nach ihm aus, aber er war zu weit weg. Viel zu weit weg.

Während Shane sich in einen immerzu kleiner werdenden Punkt verwandelte, traten Mia, Jessica und Zac hinter mir in mein Blickfeld und versagten mir somit dessen auch das letzte Bisschen, was ich von Shane zu sehen bekam.

Jessica und Mia wirkten genauso niedergeschlagen wie ich, doch Zac hat sich munter die Hände in die Hosentasche gesteckt und blickte sich in der Dunkelheit mitten im Naturreich um.

»Lasst mich! Lasst mich! Bitte, ich muss zu ihm«, kreischte ich und trommelte Jack mit den Handinnenflächen auf den Rücken, aber meinen Lauten wurde keine Beachtung geschenkt. Und je weiter wir gingen und uns entfernten, desto mehr verschleierte sich mein Blick durch die aufkommenden Tränen.

An einem Tunnel angekommen, ließ er mich endlich runter. Stille umhüllte uns ein weiteres Mal, während ich an die Laute, an alles Schreckliche denken musste mit dem wir Shane alleine gelassen hatten. Die anderen schienen einen Augenblick lang in denselben Gedanken genickt zu sein und jedem von ihnen zeichnete die absolute Erschöpfung aus.

Was war das nur für eine elende Nacht? In was waren wir da nur hineingeraten?

Zacs Lachen war wie aus dem Nichts erklungen. Mia hob den Blick, funkelte ihn böse an und wandte sich dann Jack zu.

»Er hat wie immer zu viel genommen...«

»Für diese Spielchen haben wir jetzt keine Zeit«, knurrte er auf, während er Zac mit einem prüfenden Blick analysierte.

»W-was machen wir jetzt?« fragte Jessica mit den Tränen kämpfend, doch als sie mich sah verzerrte sich dieser Ausdruck und ein gespenstisches Biest kam aus ihr heraus.

»DU! Du bist an allem schuld. Du miese, kleine Sch...«, fing sie an und machte große Schritte auf mich zu, doch Jack stellte sich schnell vor mich und auch Mia machte einen Schritt auf uns zu.

»Jess du gehst du weit«, sagte Jack giftig, während er sie angriffslustig betrachtete.

Empört gab sie einen zischenden Laut von sich.

»Und du beschützt sie... Pah, ich glaub das einfach nicht. Dir ist schon klar, dass dein bester Freund in Gefahr ist und dass nur wegen ihr.«

Ich spürte unmerklich wie mein inneres durch ihre Worte zerriss. Wie sich mein Herz krampfhaft zusammenzog. Es war zu viel, ihre Worte waren zu viel für mich.

»Jess hör auf«, griff Mia ein, als sie mein leichenblasses Gesicht sah.

»Du weißt ganz genau, dass unser Zustand Zac zu verdanken ist. All das nur, weil er seinen scheiß Stoff bekommen wollte.«

»Trotzdem, durch sie ist es doch erst eskaliert. Es war von Anfang an ein Fehler, dass sie dort war. Sie ist ein Freak scheiße nochmal. Das ist unser Ding und nichts für so eine wie die da.«

Ein Vibrieren holte mich in die Realität zurück. Abrupt und etwas überrumpelt hob ich den Kopf von meinem Schreibtisch an, an dem ich zuvor Innschriften über Jessica durchgegangen war. Ich fasste mir instinktiv an den Nacken und gab entnervt einige Flüche ab, während ich etwas benommen und verwirrt mit den Händen unter meinen Recherchen fasste, bis ich mein Handy fand und es mir mit geschlossenen Augen ans Ohr presste.

»Ja?«, fragte ich rau und stützte meine Hände an der Tischkante ab, um zu verhindern, dass ich mich nicht wieder mit dem Kopf auf den Tisch legte und einschlief.

»Ist es nicht etwas zu früh, um schlafen zu gehen, chérie?«, erklang im Nu der französische Akzent aus der anderen Leitung.

»Ich bin eingenickt«, gab ich gepresst von mir und unterdrückte dabei nur schwer ein Gähnen.

»Was hat dich beschäftigt?«

Ich blickte über meinen Schreibtisch hinweg auf die gegenüberliegende vollbeklebte große Wand, auf der drei weitere Namen Platz gefunden hatten.

Mia Lades

Zac Daman

Jessica Redford

»Ach nichts wichtiges. Nur etwas Papierkram«, antwortete ich und blickte auf den Zeitungsartikel nieder, in dem über Jessica berichtet wurde.

»Dass du jedes Mal aufs Neue den Versuch startest mich anzulügen ist unglaublich«, wies mich seine raue Stimme zurecht, woraufhin ich ertappt auf die Zunge biss.

Wie konnte er das bloß immer wissen?

»Lass mich raten, es geht um die alte Truppe, die in zwei Tagen an der Charity Veranstaltung teilnehmen wird.«

Mir klappte unaufhaltsam der Mund auf. Dass die Feier überall in den Klatschzeitungen und Medien zwar hin und wieder angesprochen wurde wunderte mich nicht, aber dass er selbst darüber informiert wer an diesem Abend Vertreten sein würden, stimmte mich mit Skepsis.

»Woher weißt du...« Ich klappte den Mund zu und rätselte verschleiert herum.

»Moment....Du bist auch eingeladen, habe ich recht?«

»Oh, Bien sûre. Was hast du denn gedacht? Ich bin einer der Ehrengäste.«

»Du willst doch nicht allen Ernstes kommen, oder?« fragte ich geschockt und spürte wie mir der Schweiß urplötzlich unter den Achseln ausbrach.

»Das kannst du nicht. Ich meine, es ist viel zu riskant. Sobald man uns zusammen sieht könnten mich andere Gäste erkennen.«

»Keine Sorge, chérie. Ich bin nicht daran interessiert. Alessandro Caprino ist immer noch in Moskau. Demnach gehe ich davon aus, dass er auch nicht kommen wird weshalb und du weißt ja, wenn er nicht da ist gibt es auch keinen besonderen Anlass für mich an dieser Veranstaltung teilzunehmen.«

Ich stieß erleichtert die Luft aus und nahm daraufhin im Hintergrund ein amüsiertes Auflachen wahr.

»Ich werde dir deine Show schon nicht vermasseln«, sagte er bestimmt und hielt kurz inne.

»Dir ist hoffentlich klar, dass das nicht einfach werden wird. Es sind mehrere wichtige Personen anwesend, es besteht eine größere Chance, dass du auffliegst.«

»Da irrst du dich. Ich habe diese Menschen all die Jahre gut einstudiert, um zu wissen dass das nicht zutreffen wird. Vor Ihnen steht nämlich nicht mehr das kleine Mädchen was sich hinter ihrer Brille versteckt.«

»D'accord. Sagen wir mal es klappt. Wie willst du dann weiter voranschreiten? Selbst mit einen von Ihnen zurecht zu kommen, war problematisch genug und jetzt...«

»Du denkst zu kompliziert«, schnitt ich ihm in einem ruhigen Ton das Wort ab.

»So viel muss ich gar nicht tun. Ich muss lediglich den richtigen Zünder betätigen.«

Bei diesen Worten lächelte ich und richtete meinen Blick geradeaus auf den Namen, der für diese Aufgabe wie geboren wurde.

Zac Dayman.

»Ab 17 Uhr ist der Einlass. Die Gästeliste schicke ich Ihnen per Mail zu«, echote Elvanas gehetzte Stimme, die sich das Handy zwischen Schulter und Ohr geklemmt hatte und gleichzeitig den Blick auf den Monitor hielt. Standhaft fuhr sie mit einer solchen Schnelligkeit über die Tastaturen, dass mir regelrecht der Kopf bei ihren Bewegungen herumschwirrte.

»Ich werde bereits um 16 Uhr da sein, also können Sie sich bei Fragen gegebenenfalls noch an mich wenden.«Sie lauschte kurz, ehe sie wieder ansetzte:

»Exakt. Meine Kollegin wird später mit den Gästen nachkommen.«

Noch eine gefüllte Zeit lang ging es so weiter. Ich hatte bereits die restlichen Verträge überflogen und beschloss deshalb eine kurze Trinkpause einzulegen. Ich stand von meinem Stuhl auf und spürte wie Elvanas Blick meiner Bewegung folgte. Bevor sie diesen aber abwenden konnte, zeigte ich schnell mit dem Finger auf meine Tasse. Kaffee gefälligst?

Bei meinem Vorschlag blühte sie förmlich auf und das Gesicht erstrahlte durch ihr herzhaftes Lächeln. Sie fuhr mit ihrem Telefonat fort, doch um zu signalisieren wie dankbar sie doch war, formte sie mit den Händen auf ihrer linken Brustseite ein Herz und legte es so dar, als würde es vor sich hinschlagen. Diese kindliche Darstellung ihrer Gefühle sorgte dafür, dass ich belustigt kichern musste. Ich zwinkerte ich keck zu, ehe ich in die Küche trat und mir einen Tee, Elvana hingegen einen Kaffee zubereitete.

Kurz darauf hörte ich wie sie den Hörer ablegte. Doch als ihre Stimme erneut zu mir wiederhallte fragte ich mich, ob sie etwas vergessen und zurückgerufen hatte. Womit ich jedoch nicht gerechnet hatte war, dass eine zweite Stumme im Anschluss erklang. Obwohl die Stimme angenehm zu verstehen war, konnte ich diese nicht identifizieren, da dies durch den Wasserkocher nur schleierhaft wahrzunehmen war. Das Einzige was ich nur noch am Rande mitbekam war, dass Mr. Caprinos Tür geöffnet wurde und als ich mit den Getränken unseren Arbeitsplatz ansteuerte, war außer Elvana niemand sonst anwesend. Beim Abstellen ihrer Tasse, gewann meine Neugierde die Oberhand.

»Wer hat gerade Mr. Caprinos Büro betreten?«

»Ach das waren Mr. Cunningford und...«, aber da klingelte auch schon wieder das Telefon. Augenverdrehend erwiderte ich:

»Ich fühle mich wirklich erschlagen von all diesen Anrufen heute. Das hat ja kaum ein Ende.«

»Morgen steht ein wichtiges Ereignis vor der Tür. Das ist mehr als normal«, erwiderte Elvana gelassener und griff mit einem breiten Grinsen nach dem Hörer. Ihr Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig, als sie der Stimme am anderen Ende der Leitung lauschte.

»Ja Sir. In Ordnung, Sir. Wir sind sofort da.«

»Auf, auf!«, forderte sie mich mit einer fixen Handbewegung aufzustehen. Irritiert warf ich ihr einen fragenden Blick zu.

»Mr. Caprino ordnet uns in sein Büro an« Flott eilte ich ihr hinterher, als sie sich schon in der Nähe der Tür aufhielt.

Mit einem kurzen Klopfer und einem herein, waren wir schließlich im Büro. Zunächst fiel mir auch kein Unterschied auf. Alles war wie immer. Mr. Caprino hatte sich an seinem Schreibtisch abgestützt und Mr. Cunningford hatte daneben hatte sich mit einem Glas Wiskey in einen der Sessel niedergelassen. Ja, alles schien auf dem ersten Blick wie immer zu sein, aber das war es keineswegs stellte ich kurz darauf fest. Mein Körper versteifte sich und ich blickte geradewegs auf die blonde Haarpracht, die wie aus dem nichts neben Shane erschien.

Lange Beine, sinnlicher schöner Körper und ein hübsches Gesicht waren die ich ersten Anzeichen, die ich registrierte. Das konnte nur sie sein...

Ein erheitertes Lächeln zierte sich über meine Mundwinkel. Shane kniff ihr in die Wange und wirkte zum ersten Mal ausgelassen und sorgefrei als er sie anblickte.

»Du hast dich lange nicht mehr blicken lassen. Es ist sehr schön dich wiederzusehen. Komm ich möchte dir jemanden vorstellen. Meine Sekretärin Miss Harvis kennst du ja bereits. Wenn du Fragen oder irgendwelche Besorgungen hast, dann kannst du dich jederzeit an sie wenden. Bitte mach dir um Kosten oder ähnliches keine Gedanken«, sagte er beschwingt und sie schritten auf uns zu, während sie miteinander redeten. Dabei hatte sie kein einziges Mal den Blick zu uns gewandt.

»Mia darf ich vorstellen, meine Assistentin, Miss Duront.«

Vor uns zum Halt kommend, wand sie sich lächelnd in meine Richtung. Einige Sekunden lang blinzelte sie ununterbrochen. Doch als sie mich dann voll und ganz wahrnahm und verstand was hier vor sich ging, entwich all die junghafte Freude aus ihrem Gesicht und es zeichnete sich Fassungslosigkeit ab.

Ich richtete mich auf, lächelte sie höflich an und ergriff die Initiative, indem ich ihr meine Hand entgegenstreckte.

»Freut mich Sie kennenzulernen, Ma'am.«

Doch sie erwiderte diese freundschaftliche Geste nicht.

Nein, ihre brodelnden Augen bohrten sich in meinen Körper ein, während sie den Eindruck erweckte als hätte sich ihr schlimmsten Albtraum bewahrheitet, den sie auf diese Weise zu eliminieren bestrebte.

Und wer weiß, vielleicht hatte sie recht.

Vielleicht würde ich ihr schlimmster Albtraum werden.

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