TAPE 23《Game Over》

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Schweigen war mächtig. Schweigen war unzerbrechlich. Schweigen war alles und gleichzeitig nichts. Es war der Ausdruck und doch eine leblose Hülle, die keine Worte, keine Buchstaben enthielt. Während das Schweigen anhielt, sein Gesicht sich krümmte und die Lebendigkeit bei jeder einzelnen Falte zu Ausdruck gebracht wurde, konnte ich mir sicher sein, dass er meine Worte, den Sinn und den Akt dahinter verstanden hatte. Es war lediglich eine kleine Aussage, gleichermaßen könnte es aber das Ende meiner Reise bedeuten.

Der Fall in meine selbst errichtete Grube.

Ich hatte ihn als Lügner, Verleugner und zugleich als Verbrecher der Wahrheit bezeichnet. Ich.
Ich hatte mich gegen ihn gestellt. Ich hatte protestiert.
Ich bekennte mich dafür, dass ich seinen Worten keine Glaubwürdigkeit schenkte. Aber auch ich war es, die nicht bereute. Meine Wut hatte wie so oft die Oberhand über meine Taten gewonnen. Damals hatte ich mich versteckt, den Mund gehalten, nun aber musste ich meiner Vergangenheit stellen und mein Altes-Ich verteidigen. Mit allem was ich hatte.

Wir waren zwar nicht mehr ein und dieselben, aber ohne die Spuren meines alten Ichs wäre ich nichts als ein Phantom meiner selbst. Meine Vergangenheit war meine Geschichte, die immer ein Teil von mir bleiben würde, bis zum letzten Atemzug. Genau aus diesem Grund durfte ich es nicht abstreiten. Weder jetzt noch ein anderes Mal, erklang die entschlossene Stimme in mir und meine Hand bildete eine Faust, als ich Shanes Augen begegnete.

Das kalte schwarz einer verloren geglaubten dunkle Kammer leuchtete auf und öffnete seine geheimen Türen für mich. Der undefinierbare Blick dieser leblos erstarrten Augen weiteten sich von einem Punkt aus und nahmen mich ein. Einzelne Gewitterwolken bedeckten diese Finsternis und der aufkommende Sturm wurde mit einem Mal noch klarer, als er gefährlich den Kopf nach vorne neigte und mit geregtem Kinn, wie ein gefährlicher Löwe, der sich in den Gebüschen versteckte und sein Revier markierte, auf mich hinabblickte. Nur war sein Versteck in diesem Fall kein undichtes Gebüsch, sondern eine feste Mauer meiner Worte und sollte ich es auch nur in Erwähnung ziehen eine Regung von mir zu geben, würde der Löwe dies als ein Angriff auffassen und mich in einzelne Teile zerfetzten.

Also tat ich nichts, außer meinem Blick genauso hart wie seinen zu erwidern.

»Wiederholen Sie das nochmal«, sagte er gefährlich ruhig und taxierte dabei jedem Zentimeter meines Körpers mit seiner sprühenden Dunkelheit ab.

»Sie. lügen«, presste ich emotionslos raus. Wenn er dachte, dass ich meine Worte zurücknehmen würde hätte ich die Wahl, so hatte er sich gewaltig geirrt. Überlegt fuhr er sich über seinen leicht zustande gekommenen Drei-Tage-Bart. Diese Stille hatte eindeutig nichts Gutes zu bedeuten. Ich bewegt3e mich auf unsicherem Terrain, extrem unsicher, aber anmerken wollte ich mir meine Skepsis keineswegs, also streckte ich mich gerade und legte meine Hände ruhig auf meinen Schoß ab.

»Nennen Sie mir einen Grund, warum ich das tun sollte.«

Erstaunt über seine Frage konnte ich nicht verhindern, dass meine Augenbrauen zu meinem Haaransatz rückten. Ganz im Gegenteil zu Shane, der weiterhin den eisigen Blick aufgesetzt und kein einziges Mal auf geblinzelt hatte. Mit Sicherheit ging er davon aus, einen guten Schachzug hingelegt zu haben, weil ich ihm entweder ehrlich antworten oder den Mund halten musste, da er mein Chef war. Doch er hatte sich geirrt. Es war nicht schwer sich für eines der beiden Optionen zu entscheiden.

»Weil Sie, Sie sind. Ich kenne Männer wie Sie...«

»Sie sind anscheinend sehr erfahren in diesem Gebiet.«

»Ist das ein Problem für Sie? Bei Männern ist das durchaus in Ordnung, es wird als ein Siegeszug anerkannt. Wohingegen bei Frauen solche Taten wie feine Dornen ins Augen stechen und sie die schlimmsten Bezeichnungen einstecken müssen.

Sie sind der Typ Mann, der eine Frau als Trophäe ansieht. Das sehe ich an Ihrer Haltung, an Ihrem Gang, Ihrem Blick. Sie würden alles dafür tun einer Frau die Jungfräulichkeit zu nehmen, denn das ist die größte Errungenschaft, die ein Mann erzielen kann. Eine reine, neue, saubere Trophäe.«

Ich schüttelte den Kopf.

»Es reizt Männer ... zieht sie förmlich an.«

Shane presste seine Lippen aufeinander, der Blick so kalt wie je.

»Sie wissen, dass ich Sie für diese Aussage fristlos kündigen könnte.«

Ich unterdrückte mir ein spöttisches Lachen und zuckte lediglich unmerklich mit den Schultern.

»Wenn die Wahrheit eine Straftat ist, dann nur zu. Ich kann gut damit leben«, sagte ich, verengte meine Augen und betrachtete ihn.
Biete ihm nicht die Stirn, warnten mich meine inneren Alarmsirenen, doch mein Zorn war nicht mehr zu bändigen. Ich wollte mich mit ihm anlegen. Ich ließ es bewusst darauf ankommen.

»Das ist Ihre Wahrheit nicht meine«, gab er monoton von sich. Seine Wortwahl traf mich erneut. Immer wieder nutze er sie geschickt aus, um meiner Frage auszuweichen und um sich als Sieger dieses Kampfes abzustempeln. Das würde ich nicht zulassen. Nicht dieses Mal. Nicht in dieser Angelegenheit.

Einige Sekunden lang analysierte er mein Gesicht, ehe er erneut an meinen Augen anhielt.

»Warum macht Sie diese Erkenntnis so wütend?«

Wie bitte?

»Ich bin nicht wütend!«, gab ich leicht gereizt von mir und drückte meine Hand, die zur Faust geballt war auf meinen Schoß.

»Miss Duront ich dachte wir würden ehrlich zueinander sein.«

»Ich bin ehrlich.«

Er atmete schwer aus und fuhr sich durchs angespannte Gesicht. Ich spielte mit seiner Geduld und das wurde mir nur zu deutlich, als er sich durch die Haare ging und mich mit einem diabolischen Blick bedachte, ehe er die nächsten Worte fast schon mit einem leichten unterschwelligen Knurren aus seiner Kehle entließ.

»Sie können froh darüber sein meinen Zorn nicht zu spüren zu bekommen. Noch nicht. Das könnte heftig für Sie hergehen.«

»Ich bin einiges heftige gewohnt, Sir. Ich bin standhaft was sowas anbelangt.«

Er verengte die Augen zu Schlitzen.

»Ihre Wortwahl werden Sie wohl nie zurückschrauben.«

Warum wich er meinen eigentlichen Aussagen aus? Mir platzte fast der Kragen als mir bewusst wurde, dass es seine Masche war um mich von der eigentlichen Sache abzulenken. Nicht mit mir Shane.

»Wissen Sie, was ich denke? Ich denke Sie haben was Jungfrauen anbelangt keine guten Erfahrungen gemacht«, sprühten die nächsten Worte so aus mir heraus und der entspannte, leicht bösartig verspielte Ausdruck auf seinem Gesicht löste sich in Sekundenschnelle auf, während nun er es war, der mir wütend anblickte und zischte:

»Nun reicht's aber. Sie wollen die Wahrheit wissen? Sie wollen es wissen, ja?«
Er stützte sich mit beiden Händen an seinem Pult ab und bückte sich gefährlich nahe zu mir rüber. Seine nächsten Worte waren nur noch ein Hauch eines Flüsterns.

»Ich übernehme nicht die Drecksarbeit. Sie sind zu unerfahren und am Ende klammern sie sich wie kleine Affen an mich, das kann ich nicht ausstehen.«

Das... das hatte er nicht gesagt. Innerlich brach ein Chaos in mir aus, ein klarer Gedanke war nach diesen Worten nicht mehr zu erfassen. Abrupt stand ich auf.

»Wie... wie können Sie es wagen...«, sprach ich empört und aufgelöst aus, bis ich von einer anderen Stimme unterbrochen wurde.

»Ich habe alles-...«, fing Jack seinen Satz an, als dieser das Bürogerade betrat, doch Shane ignorierte ihn gekonnt. Währenddessen hafteten seine Augen weiterhin an mir und er bückte sich ein weiteres Stück über den Tisch, sodass unsere Gesichter einen minimalen Abstand voneinander entfernt waren.

»Was ist? Sie wollten doch die Wahrheit hören. Hier haben sie die. Ich.übernehme. nicht.den.Dreck.«

Angewidert betrachtete ich ihn.

»Sie sind genauso... genauso wie die Medien es gesagt haben. Ein arroganter, selbstverliebter, ignoranter Millionär, der alles in die Schuhe zugeschoben wurde.«

»Und? Stört Sie das?«, fauchte auch er mich an, nachdem ich meine Stimme erhoben hatte.

»Wenn man dadurch seine Menschlichkeit und sein Mitgefühl verliert, dann ja. Abgesehen davon dem anderen Geschlecht derart wenig Respekt entgegen zu bringen, stellt die Krönung des ganzen da.«

»Shane...«, erklang die irritierte Stimme Jacks, der vorsichtig auf uns zuzukommen versuchte. Doch auch er wusste, dass dieses Minenfeld, auf dem wir uns befanden, bei einer falschen Bewegung endgültig in die Luft gehen würde.

»Halt den Mund!«, schrie Shane ihn an, seine Augen immer noch auf mein Gesicht gerichtet. Ich konnte mich nicht mehr halten, konnte es nicht mehr aushalten.

»Wissen Sie was ich glaube?«, wiederholte ich meine Worte langsam.

»Ich glaube Ihre Mutter hat unter dieser Situation am meisten gelitten. Das ist schade... sehr schade sogar.«

Mit diesen Worten legte ich das Kühlpack in meiner Hand beiseite und stampfte an Jack vorbei zur Tür.

»Miss Duront!« Die Stimme war herrisch, auffordernd, aggressiv. Ich hatte ihm den Rücken zugekehrt, trotzdem blieb ich vor der Tür angekommen stehen.

»Sie erinnern sich an meine Worte. Sie erinnern sich daran was passiert, wenn Sie diesen Raum ohne meine Erlaubnis verlassen.« Die Stimme war kalt. So kalt, dass mein Körper augenblicklich einem Schüttelfrost ausgesetzt war.

Ich drehte mich um, bedachte ihn mit einem undefinierbaren Blick.

»Ich erinnere mich«, sagte ich und setzte demonstrativ einen Schritt über die Türschwelle.

»Ich glaube das bedeutet, dass ich gefeuert bin.« Im Anschluss dieser Worte setzte unbeirrt meinen Weg fort. Sein Büro verlassend, lief ich schnurstracks auf meinen Tisch zu, schnappte mit einer schnellen Bewegung meine Tasche, die Tüten und meine Jacke, ehe ich den Aufzug nahm und auf den Knopf drückte, der mich nach unten befördern sollte.

Es war aus. Aus und vorbei.

Im Aufzug lehnte ich mich atemlos nach hinten und atmete tief aus. Ich hatte kaum bemerkt, dass ich die ganze Zeit über die Luft angehalten hatte.

Geh wieder zurück. Entschuldige dich für dein Verhalten... Vielleicht kannst du dann noch etwas retten. Du vermasselst dir die Tour.

Als die Aufzugstüren sich öffneten, meine Gedanken in mir verbarrikadiert, dennoch auf mich zuzusprechen bestrebten und meine Beine sich weiter in Richtung Ausgang begaben, wusste ich, dass zu dieser späten Stunde sich niemanden mehr gegen meinem Sturkopf behaupten konnte.

Draußen angekommen lief ich schleunigst die Eingangstreppen runter und blickte ein letztes Mal auf das herausragende mächtige Gebäude hoch. Du hast versagt. Du hast verloren.

Tränen bildeten sich, die ich mit der Hand ungeschickt wegwischte. Ich würde nicht weinen. Nein, das würde ich nicht tun.

»Miss?« erklang eine Stimme, die ich dem Chauffeur von Shane zuordnete. Ich stellte mich, wie auf Knopfdruck, aufrecht und legte alle Mühe darin mir nichts anmerken zu lassen.

»Ich soll Sie nach Hause fahren«, sagte er höflich und ich schüttelte den Kopf.

»Ich besorge mir ein Taxi. Das geht schon.«

»Nein, nein Madame. Mr. Caprino besteht darauf.« Irritiert blickte ich ihn an. Wollte Shane bis zur letzten Sekunde seine Macht unter Beweis stellen? Wollte er mich damit verhöhnen? Energisch schüttelte ich den Kopf. Nein, nicht einsteigen Aurora.

»Miss... bitte lassen Sie mich meine Arbeit machen«, sagte er leicht erschöpft und da bröckelte meine Entschlossenheit. Er ging nur seinen Befehlen nach. Ich selbst hatte es bereits verbockt, wenigstens er sollte seinen Job behalten. Außerdem war es sowieso zu Ende, also konnte es mir egal sein, was Shane mir noch zu beweisen beabsichtigte.

Ich seufzte auf und begab mich still zum Wagen, der hinter ihm stand. Vornehm öffnete er mir die Tür und ich legte meine Halbseligkeiten auf den hinteren Sitz, ehe ich mich ebenfalls hinten niederließ. Kurz darauf öffnete sich die Fahrertür und er ließ sich ebenfalls auf seinem Sitz nieder. Die abgelegten Tüten neben mir erinnerten mich plötzlich daran, dass ich Elvana noch die Medikamente vorbeibringen musste.

»Bitte fahren Sie mich zu Miss Harvis«, fügte ich hinzu und als er stumm vor sich hinfuhr, nahm ich das als Einverständnis auf. Während das Auto in der Dunkelheit vorbeirauschte, drehte ich mich zum Fenster um und sah mein Spiegelbild an.

Du bist eine Versagerin. Du hast verloren. Dein Stolz hat es so weit gebracht. Hättest du nicht einfach den Mund halten können? Einfach Nicken können auf die Worte, die er da ausgesprochen hatte. Drecksarbeit hatte er gesagt. Er wollte die Drecksarbeit nicht übernehmen. Unrecht hatte er nicht. Die Monate nach diesem Ereignis hatte ich mich wie Dreck gefühlt, wie ein Fleck, wie Staub. Ich hatte es nicht geschafft. Ich konnte meine Wut nicht bändigen. Was war nur los mit mir? Eine Antwort auf diese Frage war nicht mehr nötig, denn ich hatte verloren. Er würde sein Leben weiterleben, so wie er es immer tat und ich... ich würde...

Ein Ruck, welcher mich leicht nach vorne katapultierte, ließ mich innehalten.

»Wir sind da Miss«, sagte der Chauffeur und blickte mich vom Rückspiegel aus an.

»Ist bei Ihnen alles in Ordnung?«, fragte er mich skeptisch und ich ersetzte wie so oft meine eigentlichen Gefühle durch eine Maske, indem ich ein gezwungenes Lächeln zustande brachte.

»Sicher.« Ich nahm die Tüten in die Hand, öffnete die Tür und stieg aus. Kurz bevor ich die Tür hinter mir schloss, bückte ich mich noch einmal runter, um mit dem Chauffeur auf derselben Augenhöhe zu verharren.

»Ich danke Ihnen fürs fahren. Es wird spät werden. Ab hier nehme ich ein Taxi.«

»Mit Vergnügen, Miss. Sie können jederzeit auf mich zukommen.«

»Ich greife gerne auf das Angebot zurück. Danke.« Und dann schloss ich die Tür mit einem Schub hinter mir zu. Nur würde es ein weiteres Mal nicht geben...

Ich winkte ihm ein letztes Mal zu und trat mit schweren Schritten in das Gebäude rein in dem Elvana wohnte. Vor ihrer Wohnungstür blieb ich stehen. Ich musste sie nicht mehr anlügen. Ich konnte ihr alles beichten. Aber wie würde sie reagieren? Würde sie mich verstehen? Ich schüttelte den Kopf. Heute Abend nicht Aurora. Heute nicht...

Auf der einen Seite spürte ich wie die Erleichterung meine Sinne übernahm, andererseits aber fühlte ich mich niedergeschmetterter denn je und mein Versagen lastete wie eine schwere Metallklette über meinen Schultern.

Tief seufzend klopfte ich mit einem festen Schlag an die Tür, nur wenige Sekunden darauf sah ich das bleiche Gesicht Elvanas vor Augen, die umzingelt waren von einer geröteten Nase.

»Hey«, sagte sie und lächelte mich erfreut an, auch wenn sie dieses Lächeln eine Menge Kraft kostete.

»Komm doch rein.«

Ich trat wie mir befohlen in ihre Wohnung und lief direkt im Wohnzimmer, auf den Sessel gegenüber ihrem großen bordeaux farbigen Sofa, zu. Sie hingegen setzte sich auf die Couch und schlag sich die darauf liegende Decke um den Körper.

»Wie geht's dir?«, fragte ich sie und versuchte dabei unbekümmert zu klingen.

Sie schniefte mehrmals. Gesundsein hörte sich anders an.

»Etwas besser. Ich denke dieses Wochenende wird ausreichen, damit ich Montag wieder arbeiten und dich wieder voll unterstützen kann.«

Ich schluckte schwer. Das wird nicht passieren, Ela.

Sie lächelte mich so warm an, dass ich dieser Freude, dieser Reinheit nicht mehr standhalten konnte. All die Jahre, all die Monate hatte ich mich auf diese Tat vorbereitet und mit einem Wimpernschlag war es zu Ende. Zusätzlich diesem Blick ausgesetzt zu sein, der nichtwissend aber ehrlich freundlich war, weil sie dachte ich wäre ihre Freundin, all das war zu viel. Meine Nerven waren nicht immun gegen ihre Güte.

»Hast du was zu trinken?«, fragte ich urplötzlich und wandte den Blick ab.

»Klar, die Küche kennst du-...«

»Nein. Nicht sowas zu trinken, ob du wirklich was zu trinken hast?«

»Oh«, sagte sie leicht verwundert. Mit dieser unerwarteten Wendung hatte sie ebenso wenig wie ich mitgerechnet. Sie deutete auf den Schrank gegenüber von ihr.

»In der untersten Schublade müssten sich alkoholische Getränke befinden«, sagte sie und als sie meinen fragenden Blick sah, fügte sie schnell hinzu:

»Oh klar, klar, bediene dich ruhig.«

Ohne eine Bemerkung abzugeben, stand ich auf und lief zum Schrank rüber. Nach der kleinen Auswahl, die sich mir anbot, schnappte ich mir eine beliebige Flasche, ein Glas und setzte mich wieder auf meinen Platz hin.

»Stimmt etwas nicht?«, fragte Ela viel zu vorsichtig, während ich mir etwas reinschüttete und daraus trank.

»Alles bestens«, sagte ich als ich den brennenden Geschmack in meiner Lunge zu spüren bekam. Wann hatte ich das letzte Mal eigentlich getrunken? Es war viel zu lange her. Elvana schien mir nicht ganz zu glauben, denn sie blickte mich kritisch an.

»Möchtest du auch?«, fragte ich und deutete auf mein Glas, doch sie lachte nur auf.

»Ich nehme Medikamente, Aurora. Ich glaube das ist keine so gute Idee.«

»Stimmt.«

Darauf musste angestoßen werde! Auf meine Niederlage...

»Hier, das sind die Medikamente, die du von mir haben wolltest.« Über den Tisch hinweg reichte ihr die kleine Tüte zu.

»Ich würde dich ja gerne umarmen, aber ich möchte dich ungern anstecken. Übrigens, haben sich Mr. Cunnigford und Mr. Caprino heute wieder vertragen?"

»Warum sollten Sie?" fragte ich argwöhnisch.

»Weil ja heute Mr. Caprinos Geburtstag ist.«

Ich ging auf ihren letzten Satz nicht ein, sondern sagte lediglich:

»Nein, Sie haben sich nicht versöhnt.«

»Und hat sein Vater angerufen?«

»Nein«, antwortete ich auch dieses Mal und schüttete mir noch etwas von der leicht bräunlichen Flüssigkeit in mein Glas rein.

»Das ist gut«, sagte sie, was mich dazu veranlasste in meiner Bewegung innezuhalten.

»Was soll daran gut sein?«

»Mr. Caprino und sein Vater verstehen sich nicht so nahe. Mr. Caprino meidet zumeist Gespräche mit ihm, aber wenn es unausweichlich wird, mündet es zwischen den beiden meistens in einem Disput.«

Was würde mir diese Information jetzt noch bringen? Schließlich konnte ich nichts mehr damit anfangen. Als ich nichts darauf erwiderte, schnitt Elvana ein neues Thema an. Trinkend lauschte ich gebannt ihren Worten, nur um den Klagelauten in meinem Kopf keine Beachtung schenken zu müssen.

»Und und...«, sprach Elvana aufgeregt aus, während sie sich lachend den Bauch hielt und sich auf dem Sofa nach hinten warf.

»Er hatte auch noch eine Zahnspange gehabt und ihh...« Sie verzog belustigt das Gesicht.

»Ich glaub's einfach nicht, dass ich mich damals wirklich in ihn verliebt war. Meine erste Liebe war die reinste Katastrophe, wobei ich mich frage, ob man es wirklich als Liebe bezeichnen kann. Schließlich war ich damals in der siebten Klasse und darauf folgten noch andere weitere, bis... naja du weißt ja bis das mit meinen Eltern passierte. Ab da habe ich erst richtig angefangen nachzudenken. Wie dem auch sei, rückblickend ist es trotzdem sehr witzig zu sehen auf was für Typen ich stand«, gab sie amüsiert von sich und auch ich musste mich ihrem Gackern anschließen. Der Alkohol hatte ein wohliges Gefühl in mir ausgelöst. Mir war unglaublich warm, sodass ich die ganze Zeit über nicht aufhören konnte bei Elas Erzählungen über ihre alten Ex-Lover vor mich hinzugrinsen. Meistens sogar ohne einen ordentlichen Grund.

»Dein erster Kuss hört sich grauenhaft an«, lachte ich, ließ mich in den Sessel sinken und versuchte dabei die Flasche nicht zu verschütten, obwohl ungefähr die Hälfte schon verbraucht war. Komisch, gerade noch war doch die ganze Flasche noch voll gewesen.

»Lach mich nicht aus. Deine Typen waren bestimmt nicht besser als meine erste Jugendsünde Flyn Hiller.«

Mein Lächeln verblasste und nachdenklich senkte ich meinen Blick auf mein Glas nieder.

»Einer...«

»Wie?«

»Ich habe mich nur einmal verliebt. Mit achtzehn«, gab ich fast schon flüsternd von mir, als wäre es ein Fluch, den ich nicht aussprechen durfte.

Elvanas Augen vergrößerten sich auf Anhieb, völlig entgeistert starrte sie mich an.

»Ist nicht dein Ernst?« fragte sie so ungläubig, dass ich kurz wieder grinsen musste.

»Was ist daran so schlimm?«

»Nichts... rein gar nichts, aber du! Ich dachte bei dir würden die Männer reihenweise Schlange stehen.«

Nun musste ich noch lauter Kichern. Oh jap, ein kleines bisschen zu viel hatte ich vielleicht doch getrunken.

»Glaub mir, so war es nicht.«

»Aber der eine, der hat dir bestimmt den Kopf verdreht«, sagte sie zwinkernd.

»Er hat meine Seele eingenommen«, gab ich zu.

»Dir dein Herz gestohlen«, setzte Elvana träumerisch an, als würde sie aus einem Märchen lesen. Nur war das hier kein Märchen, es war die blanke Realität.

»Er hat mich zerstört...«, murmelte ich.

»Was hast du gesagt?«

Ich trank mein Glas aus und stand daraufhin so schnell auf, dass ich kurz ins Schwanken geriet.

»Ich sollte gehen«, sagte ich entschlossen. Plötzlich jedoch vibrierte mein Handy und als ich es aus meiner Tasche herausfischte und den Namen sah, drückte ich den Anruf weg. Seit den lückenhaften Informationen, die er mir über Shane gegeben hatte, hatte ich mich geweigert seine Anrufe anzunehmen. Heute Abend würde es nicht anders laufen. Meine Wut ihm gegenüber war noch nicht gelindert.

»Aber wir waren doch so schön am reden...«, fügte sie durch meinen unerwarteten Aufbruch zerknirscht hinzu.

»Der Arbeitstag war wirklich sehr anstrengend. Ich bin erschöpft.«

»Schlaf doch hier, wenn du möchtest. Dann können wir morgen früh gemeinsam frühstücken«, schlug sie als Kompromiss vor, doch ich winkte ab.

»Danke Ela, aber lieber ein anderes Mal«, sagte ich und spürte wie die Worte in meinem Mund schwerer wurden und wie der Alkohol meine Sinne übermannte.

Als ich mich von ihr verabschiedet hatte, mit dem Versprechen, mich sofort zu melden, wenn ich Zuhause mit dem Taxi angekommen war, lief ich raus.
Vor dem Gebäude wollte ich gerade die Straße hochlaufen, um noch ein Taxi zu erwischen, doch ich stoppte als ich den Chauffeur aus dem Auto aussteigen sah.

»Was tun Sie denn noch hier?« fragte ich und er hob erstaunt die Augenbrauen. Hatte ich etwa gelallt? Oh nein.

»Zu dieser späten Stunde noch ein Taxi zu kriegen ist nicht einfach. Ich fahre Sie wieder nach Hause«, sagte er. Für eine weitere Diskussion hatte ich heute keine Kapazitäten mehr. Ich ließ meine Schultern hängen, ließ mir die Tür öffnen und setzte mich dann wieder in den hinteren Sitz. Der Alkohol hatte seine Wirkung gezeigt, denn ein Nebelschleier nagte stark an meinem Denkvermögen und angestrengt versuchte ich die Augen aufzuhalten.

Kurze Zeit später angekommen, bedankte ich mich und stieg aus dem Auto aus. Der Chauffeur öffnete sein Fenster vorne.

»Und Sie sind sich sicher, dass ich Sie nicht bis in ihre Wohnung bringen soll?« fragte er. Ich nickte heftig und winkte ihm kichernd zum Abschied zu.

»Alles bestens. Sie brauchen sich nicht um mich zu kümmern.« Mit leicht wackeligen Beinen setzte ich einen Fuß nach dem anderen nach vorne und nur mit Mühe hob ich sie leicht in die Höhe, um die Eingangsstufen hinauf zu passieren. Der Alkohol ließ mein Blut aufkochen, welcher mir gleichzeitig das Gefühl übermittelte als würde ich eine schwere Last auf mir tragen müssen. Einige Sekunden, ich musste den Chauffeur nur einige Sekunden in dem Glauben lassen, dass es mir gut ging, dass ich auf eigenen Beinen stehen konnte, auch wenn es nicht der Fall war. Dann würde er von mir ablassen. Als ich den Eingangsbereich meines Apartments in der Dunkelheit betreten hatte, hörte ich einen Motor aufheulen und als Reifengeräusche immer weiter das Weite suchten, setzte ich meine Schritte zurück und spähte in die freie Natur hinaus. Nichts außer einer Straßenlaterne, die über die ersten Stufen des Eingangs empor leuchtete, stand mir im Wege. Also stolperte ich leicht nach vorne als ich die Stufe vor mir übersehen hatte und setzte mich auf die harten Treppenstufen. Die Kälte an meinen Beinen, die sich daraufhin ausbreitete, tat meinem brennenden Körper zur Abwechslung relativ gut. Erschöpft winkelte ich meine Beine an und stützte mich daraufhin mit dem Armen an den Knien ab um anschließend meine Finger in meine Haare zu stecken. Mein Kopf dröhnte und das tock tock innerlich glich einer Bombe, die nicht aufhören wollte zu ticken.

Ein lautes Geräusch in der Ecke ließ mich zusammenfahren, doch als kurz darauf der schwarze Kater neben der Straßenmauer, herausragte atmete ich erleichtert aus.

»Du hässliches Ding. Was willst du denn schon wieder von mir? Reicht dir die Milch nicht, die ich dir täglich zukommen lasse.«

Der kleine Kater blieb einige Meter vor mir stehen, blickte mich ruhig an. Ein leises 'Miauen' entglitt diesem. Spöttisch blickte ich ihn an, als dieser weiterhin jede meiner Bewegungen verfolgte.

Ich lachte hysterisch auf und fuhr mir übers Gesicht.

»Was? Willst du mich nun auch verhöhnen? Mich auslachen, weil ich gescheitert bin?«

Der Kater blickte mich weiterhin still an. Nur das Wenden seines kleinen Schwanzes, war im Schatten ausfindig zu machen.

»Nun komm... Komm lach mich aus!« Mit meinen kühlen Fingern fasste ich mich am Nacken nur um meinen Kopf daraufhin zu heben. Tränen stiegen mir in die Augen, die stickige Luft versetzte mich in Atemnot.

»Ich weiß, dass ich verschissen habe. Hörst du mich, du hässliches Ding... ich sehe es ein«, flüsterte ich gequält und schloss die Augen, weil ich hier und jetzt nicht in Tränen ausbrechen wollte. Ein ungleichmäßiges Rascheln, ließ mich auf das kleine Ding niederblicken, der mit seiner kleinen Stupsnase auf dem Boden roch, was mir. Dieser Anblick verlangte ein erneut ein ironisches Lachen von mir ab.

»Wem erzähle ich überhaupt von meinen Sorgen. DU bist doch nur ein dummer Kater«, flüsterte ich und ehe ich es versah brachen die Dämme und einzelne Tränen fielen runter auf den kahlen Boden.

»Ich habe es nicht geschafft. Ich habe verloren...«

Der Kater kam plötzlich auf mich zu und schlängelte sich um meine Beine herum. Kurzzeitig hörte ich auf mit dem Flennen und betrachtete es erstaunt. Nie war dieses kleine Ding mir so nahegekommen, doch dann winselte ich erneut auf.

»Selbst der Kater hat Mitleid mit mir«, heulte ich und vergrub mein Gesicht in den Händen. Meine Schulter wollten diese Schwere nicht mehr tragen und für einen Moment ließ ich sie gesenkt und weinte stumm vor mich hin. Ich ließ es zu... ließ zu, meine Schwäche zu offenbaren.

Ein plötzlicher Lichtstrahl veranlasste mich aber dazu erneut den Kopf zu heben. Von diesem grellen Licht geblendet hielt ich meine Hände vors Gesicht. Als dieser erlosch und ein lautes Türknallen im Anschluss darauf zu hören war, senkte ich die Hände und versuchte die Gestalt, die auf mich zukam zu identifizieren. Als dies durch meine verschwommene Sicht nicht klappte, wusch ich mir die Tränen weg, bemüht mir eine klarere Sicht zu verschaffe.

Als Shanes angespannten Gesichtszüge und die seine schwarzen Augen mir jedoch in der Dunkelheit plötzlich entgegenblickten, blinzelte ich auf. Das konnte doch nicht wahr sein...
Doch als dieses Bild Sekunden darauf auch nicht verschwand, runzelte ich die Stirn. Und als dann seine Stimme erklang, da wusste ich, dass es nicht an dem Alkohol lag, welcher bei mir Halluzinationen hervorrief. Er war es wirklich. Er war hier.

»Was suchen Sie hier?«, erklang seine harte Stimme.

»Diese Frage müsste ich eigentlich Ihnen stellen«, erwiderte ich spitz und stützte meine Hände an den Stufen ab, um mich leicht nach hinten zu lehnen.

»Die Show ist vorbei. Wenn Sie sich Genugtuung verschaffen wollen, dann sind Sie an der falschen Adresse. Es gibt nichts zu sehen«, sagte ich und lachte verbittert auf.

»Sind Sie betrunken?« fragte er erstaunt, doch dann zierte eine leichte Falte seine Stirn.

»Was geht Sie das an? Sie sind nicht mehr mein Vorgesetzter. Ich kann tun und lassen was ich möchte. Was machen Sie überhaupt hier?«

Was ging ihn das an ob ich trank oder nicht? Selbst jetzt versuchte er mich rumzukommandieren.

»Mein Chauffeur hat mir Bescheid geben, dass er sie vor kurzem hier abgesetzt hat.«

»Wie heißt ihr Chauffeur?« fragte ich verärgert.

»Mavin.«

Ich hob den Finger.

»Sagen sie Mavin, dass ich sauer auf ihn bin. Er hätte mich gar nicht fahren müssen. Sie sind ja noch schlimmer als gedacht. Müssen mir bis zum letzten Moment unter Beweis stellen, dass sie das sagen haben, obwohl ich schon gefeuert bin." Ich bemühte mich diese Worte so standhaft wie möglich rüber zu bringen, aber in Anbetracht des Alkohols stellte dies als eine große Hürde da.

»Sie sind nicht gefeuert. Aber wenn Sie nicht sofort den Mund halten, dann kann ich schnell meine Meinung ändern.«

Ich lachte laut auf.

»Ok... ok wo sind die Kameras?«, fragte ich belustigt und wedelte auffällig mit dem Kopf nach links und rechts.
»Soll das ein Witz sein?«

Er spannte die Kiefer an und fuhr sich durchs Haar.

»Aufstehen.«

»Was?«

»Sie sollen aufstehen«, sagte er kühl.

»Nein...«, trotzte ich und verschränkte die Arme wie ein Kleinkind vor meiner Brust. Mittlerweile war die Wärme aus meinem Körper gewichen und ich spürte die steinharten kalten Stufen auf denen ich saß. Dennoch wollte ich seiner Aufforderung nicht nachgehen.

»Sie stehen jetzt auf. Sonst verspreche ich Ihnen, dass ich auf ganz andere Mittel zurückgreifen werde, die Ihnen noch weniger gefallen werden.«

Ich hielt kurz inne und überlegte. Ich wusste nicht ob es an seiner Tonlage lag oder an dem eisigen fokussierten Blick, welche mich dazu verleitete, aber ich stand kurz darauf schnell auf.

Zu schnell. Denn die rapide Bewegung verursachte plötzlich, dass ich alles auf einmal viel zu verschwommen wahrnahm, für einen Augenblick die komplette Orientierung verlor und leicht zur Seite zu kippen drohte.

Als mich aber ein Arm an der Hüfte fasste, um mich so in eine aufrechte Position zu befördern, spürte ich plötzlich Shanes harte Brust an meinem Körper.

»Wie viel haben Sie getrunken?« knurrte er und ein Gekicher entglitt mir als Antwort.

»Sagen Sie es mir. Sie sind doch der Experte darin.«

Seine Kiefer spannten sich von erneutem an und unmittelbar nach meinen Worten funkelten seine Augen gefährlich auf. Ich rührte mich nicht vom Fleck, sondern betrachtete lediglich das intensive Aufleuchten seiner Augen.

»Sie wollten es nicht anders«, kommentierte er meine Untätigkeit und als ich meine Füße nicht mehr auf dem Boden spüren konnte, schrie ich laut auf. Instinktiv schlag ich nach Halt suchend meine Arme um Shanes Hals.

»Lassen Sie mich runter«, schrie ich, kurz benommen von seiner plötzlichen Nähe, atemlos aus.

»Hören Sie auf sich wie ein Kind zu benehmen«, befahl Shane und die Falte auf seiner Stirn legte sich noch tiefer.

»Aber...«

»Schluss jetzt«, unterbrach er mich und ich hielt den Mund. Ich war einfach zu fertig, zu müde, um mich gegen ihn zu wehren. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, fasste er mich noch fester und trug mich in das Gebäude rein, ehe er die Treppenstufen nahm und hochlief.

Ich betrachtete ihn vom Augenwinkel aus, während sein Blick nach vorne gerichtet war. So schön, so fein war sein Gesicht. Auch in all den Jahren hatte er diese besondere Anziehung an sich.

Doch weiter kam ich nicht mit meinen Gedanken, denn kurz vor meiner Haustür angekommen, kam er zum Stehen und blickte mich wieder an.

»Wo sind ihre Schlüssel?« Stumm überreichte ich ihm diese nachdem ich meine Tasche geöffnet hatte.

Mit einer Leichtigkeit öffnete er diese, trotz das er mich trug und setzte dann einen Fuß in mein Zuhause. Meine Augenlider fielen die ganze Zeit über schon runter und diese langsam nicht mehr standhalten könnend schloss ich sie komplett und lehnte mich an seine Brust. Die Müdigkeit überfiel mich nun ganz. Nur zwei Sekunden, sagte ich zu mir selbst gedanklich. Zwei Sekunden und dann liegst du in deinem bequemen weichen Bett, also mach die Augen auf und reiß dich zusammen. Doch ich konnte meine Augen nicht mehr öffnen oder mich überhaupt aus dieser Position befreien. Seine Schritte hallten währenddessen in meinen Ohren wieder und kurz darauf bemerkte ich das ich nicht auf mein warmes Bett gelegt wurde wie ich zuvor dachte. Nein, plötzlich spürte ich eine eisige Kälte und riss die Augen auf. In dem Moment ließ er mich runter und erst da sah ich es. Er hatte mich in die Dusche gestellt ! Verdammt. Schützend hob ich die Hände über mich, doch es nützte rein gar nichts. Die Wasserstrahlen tropften dennoch achtlos auf meinen Körper nieder.

»Sind sie...«, ich versuchte nach Atem zu ringen, während ich gegen die Nässe ankämpfte die meinen ganzen Körper plötzlich zum Beben brachte.

»Sind sie irre. Was tun sie da?«

»Das ist die einzige Möglichkeit damit sie zu sich kommen«, sagte er unbeeindruckt und schloss urplötzlich meine Duschkabine zu.

»Entkleiden sie sich und bleiben sie wach«, sagte er. Dann hörte ich nur noch wie er die Tür zum Bad öffnete und hinaus ging.

Einige Sekunden lang blieb ich reglos stehen und umschlang mit meinen Händen meinen kurvenreichen Körper. Doch als ich bemerkte, das das rumstehen nichts sonderliches mit sich brachte, kam ich seinen Aufforderungen entgegen und befreite mich von der klischtnassen Hose als auch von der Bluse die ich anhatte und die nun an meinem Körper wie eine zweite Haut klebte.

Dann realisierte ich das er womöglich gegangen war um mir neue Kleidung auszusuchen. Meine Augen weiteten sich und mein Herzschlag beschleunigte sich in einem Takt. Was wenn er den Raum betreten würde ? Ich schnappte hörbar nach Luft. Doch dann fiel mir plötzlich wieder ein, das ich den Raum abgeschlossen und auch all meine persönlichen Sachen zuvor ebenfalls dort verstaut hatte. Mein Körper entspannte sich wieder. Er wird nichts von dir finden Aurora. Es ist alles in Ordnung.

Auf einmal hörte ich das mir allzubekannte Knarren der Tür und Shanes Stimme drang bis in die Kabine ein.

»Ich lege ihnen Sachen hierhin. Ziehen sie sich an«, Ich atmete tief aus und wartete bis er erneut raus ging, was er dann auch endlich tat. Dann begab ich mich ebenfalls aus der Kabine und entdeckte ebenso schnell die gefalteten Sachen vor dem Waschbecken.

Ein Pullover und eine Schlafhose. Als ich unter den Sachen auch Unterwäsche hervorlungern sah wurde mir leicht warm im Gesicht. Reiß dich zusammen Aurora, es ist sowieso zu Ende dachte ich mir und zog mir die Sachen über. Eine mir unbekannte Müdigkeit überfiel mich von erneutem, obwohl ich die Ansicht vertrat nach der Dusche definitiv besser bei Besinnung zu sein. Nachdem ich mich aufgeraffelt hatte begab ich mich ins Wohnzimmer nur um Shane zu begegenen, der sich auf einen der großen Sofa im Raum hingesetzt hatte und in Gedanken versunken war.

Ich schaute ihn nicht an, als ich den Raum betrat. Zielstrebig setzte ich meine Schritte Richtung Sofa, welches ihm gegenüber aufgestellt war, fort. Als ich mich auf diese niederließ spürte ich seinen Blick auf mir. Ich beachtete ihn nicht, nahm die Decke die auf dem Sofa lag und deckte mich zu, während ich durch meine nassen Haare fuhr.

Aus dem Blickwinkel sah ich, das Shane sich die Arme an seinen Knien stämmte und tief ausatmete.

»Sie sind im Büro zu weit gegangen.«

Ich hielt in meiner Bewegung inne und blickte ihn entgeistert an.

»Sind sie hier um mir eine Predigt zu halten ? Wenn ja dann können sie schleunigst wieder gehen. Ich bin gefeuert, ich habs verstanden«

»Das haben sie gesagt, nicht ich«, sagte Shane und da ließ ich meine Hand sinken und blickte ihn zum ersten Mal richtig ins Gesicht. Was hatte dieser Kerl nur vor ?

»Also bin ich...«, fing ich vorsichtig an und bedachte ihn mit einer gewissen Skepsis.

»Nein sind sie nicht. Zumindest nicht solange ich es nicht gesagt habe. Sie sind mir immer noch untergestellt und das heißt das sie nicht über mich hinweg Entscheidungen treffen können.«

»Sie haben es aber angedeutet«, gab ich spitz von mir.

»Ich habe es aber nicht gesagt«, antwortete er gereizt und fuhr sich dann durchs Gesicht.

»Nachdem wie sie sich benommen haben hätte ich sie ohne mit der Wimper zu zucken feuern sollen, aber das tue ich nicht. Sie haben recht mit dem was sie gesagt haben.«

Verwundert aber zugleich misstrauisch betrachtete ich ihn.

»Sie stimmen mir zu ?«

»Teilsweise. Wenn sie ihre Meinung über mich kund geben habe ich das zu akzeptieren und ihre Wahrheit so hinzunehmen. Ihre Meinung über mich ist genau die, die tausend andere Menschen über mich haben. Ich nehme es hin...«

»Heißt das sie entschuldigen sich ?«

Seine Augen funkelten bei meinen Worten auf und er richtete sich gerade.

»Shane Caprino entschuldigt sich nicht. Niemals. Ich gestehe nur lediglich, dass mein Verhalten nicht ganz angemessen war für meine Position und das sie nicht gefeuert sind.«

Ich lehnte mich zurück auf dem Sofa. Mein Kopf war immer noch bestrebt das ganze zu verarbeiten, aber durch den Alkoholeinfluss geriet es immer noch leicht ins stocken.

»Dennoch«, fing er an und irgendetwas an seinen Ton verbreitete mir eine Gänsehaut, sodass ich aufblickte.

»Ihr Verhalten ist ebenfalls zu bemängeln.« Nun wand er sich komplett an mich und »Sie sollten sich bewusst machen, dass sie nicht mit jedem Menschen und insbesondere nicht mit mir so sprechen dürfen wie es ihnen gerade passt. Außerdem, das Recht dazu sich ein Urteil über meine Familie zu bilden ist ihnen untersagt. Sie erledigen ihre Arbeit und das war's. Mehr steht ihnen nicht zu.«

Ich bedachte ihn mit einem stillen Blick, ehe ich mich nach vorne bückte, mich dann auf das Sofa hinlegte und die Decke über mich zog.

»Was machen sie da ?«

Ich öffnete die Augen.

»Ich bin nur von Montags bis Freitags zu ihrem Diensten da. Wir haben nach 24 Uhr. Heißt es ist Samstag und ich darf ab hier meine Privatsphäre genießen. Da ich nicht gefeuert bin können sie mir Montag wieder Anordnungen geben. Nun will ich schlafen, Sir. Sie wissen ja wo die Tür ist«, sagte ich und schloss erneut meine Augen. Hoffentlich machte dies einen unbekümmerten Eindruck. Ich wollte nicht das er vom Gegenteil überzeugt war.

Ein leichtes Lachen war wahrzunehmen.

»Sie werden wohl nie den Mund halten, habe ich recht ?«

»Im Moment sind sie derjenige der mich daran hindert falls sie das bemerkt haben«, sagte ich mit geschlossenen Augen und lauschte meinem gleichmäßigen Atmen.

Ich wusste nicht ob ich erleichtert sein, oder was ich überhaupt denken sollte. Irgendwie kam es mir so vor, als würde eine Seifenblase um mich herum schweben, sodass ich nur schwer etwas zu hören bekam. Doch kurze Zeit darauf sank ich endlich in den Schlaf ein.

***

Wie viel Zeit vergangen war, war mir recht schleierhaft, aber durch eine heftige Übelkeit zuckte ich zusammen und richtete mich auf. Ich konnte meine Umgebung nicht wahrnehmen, weil die Dunkelheit nun endgültig angebrochen war. Das Einzige was ich spürte als ich meinen Magen fest umhielt war, dass ich mich gleich jederzeit übergeben würde. Schnell schob ich meine Decke zur Seite und suchte mir in der Dunkelheit den Weg zur Toilette. Am Türrahmen angekommen stürzte ich eilig zur Toilette, hob den Toilettendeckel und übergab mich sofortig. Während ich das Gefühl hatte, als würde mein Magen zerknüllt und mit heftigen Messerstichen übersät werden, versuchte ich vergebens dabei meine Haare wegzuschieben. Meine Hände zitterten so sehr das immer wieder einzelne Haarsträhnen über mein Gesicht fielen. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meinem Rücken und auf einmal wurde meine Sicht nicht mehr von meinen Haaren überwuchtet.

»Das hört gleich auf«, raunte mir eine Stimme beruhigend zu, während die Hand immer noch sanft über meinen Rücken strich.

»Was suchen sie noch hier ? Sie sollten doch gehen«, gab ich erstickt von mir. Doch kurz darauf kam erneut mein Mageninhalt hoch.

»Sie haben eindeutig zu viel getrunken.«

»Wollen sie mich jetzt wirklich tadeln ?« In dem Moment krümmte ich mich wieder zusammen und spürte wie er fester über meinen Rücken strich.

»Wie ein Kind...«, flüsterte er vor sich hin und ich versuchte alles um ihm die Sicht darauf zu versperren, mitansehen zu müssen wie ich mich übergab. Ich wollte nicht das er mich so sah, doch Einwende erheben konnte ich auch nicht mehr. Dazu fehlte mir schier jegliche Kraft zu.

Als es endlich aufgehört hatte, atmete ich tief aus. Es blieb zunächst still, ehe ich Hände an meinen Beinen und an meinen Rücken spürte und daraufhin wieder hochgehoben wurde.

Ich konnte mich nicht wehren. Ich hatte das Gefühl als wäre alles aus meinen Körper aussaugt worden. Deshalb ließ ich es zu und lehnte mich letztendlich erneut mit geschlossenen Augen an seine warme Brust.

Erschöpft flüsterte ich:

»Sie hätten nicht bleiben müssen.«

Schritte waren wahrzunehmen.

»Das habe ich nur getan damit sie hier nicht alleine vor sich hinkrepieren. Wen hätte ich sonst Extrastunden geben können nach ihrer unverschämten Aktion«, sagte er streng und kurz darauf spürte ich etwas warmes und bequemes um meinen Rücken herum und eine warme Decke, die mir zugeschoben wurde. Schwer öffnete ich leicht meine Augen nur um über mir Shane zu begegnen der mich gerade zudeckte.

Einige Augenblicke betrachtete er mich, ehe er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich und leise zu sprechen begann:

»Ich sehe das Feuer, ich sehe den Hass in ihren Augen. Seit dem ersten Tag an, als sie mein Büro betreten haben tragen sie es in sich. Sie hassen mich...«, sagte Shane so ruhig, dass ich dachte er würde etwas hinzufügen, doch er bedachte mich weiterhin mit seinem dunklen Augen.

Ich öffnete nur mit Mühe den Mund.

»Das tuen sie auch...in ihnen lodert auch das Feuer,« flüsterte ich und schloss erneut meine Augen.

»Wenn Feuer auf Feuer trifft, entsteht eine große gefährliche glühende Flamme, die nicht nur uns mitreißt, sondern alle in unserem Umfeld. Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder wird diese Flamme gemieden, indem ein Aufeinandertreffen verhindert wird oder nur die Existenz eines Feuers überlebt.«

Nach diesem Worten spürte ich wie meine Umgebung verschwamm und unterschwellig hörte ich seine Stimme etwas darauf erwidern, doch was genau gesagt wurde bekam ich nicht mehr mit. Denn im nächsten Augenblick sank ich auch schon wieder in einen ruhigen und lückenlosen Schlaf ein.

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