Kapitel 2: Zwei Welten

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"Und du gehst da jetzt ernsthaft hin?" "Klar macht sie das, stimmt's, Sammy?"
Meine Freunde saßen nebeneinander auf Leas Bett und sahen zu mir herüber. Ich hatte auf meinem Bett gegenüber Platz genommen und lehnte an der Wand.

"Ja. Wie soll ich sonst herausfinden, ob der Inhalt dieses Briefes stimmt? Irgendwie macht es ja schon Sinn", antwortete ich und sah Lea bittend in die Augen, in der Hoffnung, dass sie nicht ausrasten würde.

Die Blondine atmete tief ein und aus. "Wenn du meinst", sagte sie schließlich und durchbohrte mich mit ihren türkisblauen Augen. "Dylan und ich haben vorhin geredet" "Als du nochmal bei Jenn warst" "und wir haben etwas beschlossen", erklärten die beiden abwechselnd.

Auf Dylans Gesicht bildete sich ein Grinsen. "Wir werden mitkommen und dir in deiner Zauberwelt beistehen."

"Oder dich aus den Fängen der Betrüger befreien", fügte Lea hinzu, ebenfalls mit einem Grinsen.

So wie die zwei mir gegenüber saßen, vorgebeugt und mit dem gleichen entschlossenen Grinsen erinnerten sie mich an Verbrecherkumpanen. Oder ein genau aufeinander abgestimmtes Pärchen.

Auf meinen Lippen bildete sich nun ebenfalls ein Grinsen und ich sah meinen Freunden in die Augen, als hätten wir gerade einen Schlachtplan zusammengestellt.

"Danke, Leute. Mit euch werde ich das überstehen."

Lea entwich ein vorfreudiges Lachen, in das Dylan und ich einfielen. Wir waren das perfekte Team.

Ich stand auf, um den Brief aus meinem Schreibtisch hervorzukramen und zog daraus eine Liste mit den Dingen, die ich brauchte, hervor.

Noch bevor ich sie auffalten konnte, hatte Dylan sie mir schon aus der Hand gerissen und ließ Lea mit reinschauen, die mit gerunzelter Stirn das Geschriebene musterte.

Die beiden skeptisch musternd verschränkte ich die Arme und hob eine Augenbraue, darauf wartend, dass sie aufsahen.

Doch stattdessen schienen sie vorzuhaben, die ganze Liste zu durchkämmen, denn es fiel ihnen nicht schwer, mich zu ignorieren.

"Lea, das gibt Falten", bemerkte ich in einem zynischen Ton und musste mir ein zufriedenes Lächeln verkneifen, als die Blondine endlich aufsah. Auch Dylan schenkte mir nun wieder Aufmerksamkeit und faltete die Liste wieder zusammen.

"Da stehen echt abgefahrene Sachen drin, aber es passt zu dem Bild einer Hexe", er reichte mir den Brief. "Naja, es klingt vielleicht etwas zu typisch. Ich meine, ein Hexenhut, ein Zauberstab, eine schwarze Katze...", begann Lea aufzuzählen.

"Da stand nichts von einer schwarzen Katze! Entweder eine Kröte, eine Eule oder eine Katze! Die könnte auch weiß sein", bestritt Dylan dies jedoch und funkelte sie herausfordernd an.

Augenrollend wandte ich mich während ihrer Diskussion dem Brief zu und überfolg ebenfalls die Liste. Schulbücher, Schuluniform, Schreibkram und sonstiger Kram für verschiedene Fächer.

Doch was mir ins Auge fiel, war weitaus interessanter. Ein Zauberstab! Ich würde meinen eigenen Zauberstab bekommen! Wie der wohl aussah? Ich bezweifelte, dass er dem eines Show-Magiers oder einer guten Fee aus Kinderserien ähnelte. Vielleicht so einer wie der von Gandalf? Oder wie ein magisches Zepter?

"Nein, Sam kann doch keine Kröte mitnehmen!", riss Leas entsetzte Stimme mich aus meinen Träumereien. "Was, wieso nicht?", erwiederte Dylan belustigt, "ist doch lustig, wenn das Teil auf ihrer Schulter sitzt. Oder rein zufällig in der Unterwäsche von 'nem anderen Mädchen landet"

"DYLAN!", kreischte Lea entrüstet und sah so aus, als würde sie ihm jeden Moment ins Gesicht springen.
"Hey, Leute, regt euch ab!", unterbrach ich die beiden belustigt. Dylan wandte sich mir zu doch Lea wirkte immer noch so, als könnte sie  ihm jeden Moment mit einem Messer die Kehle durchtrennen.

"Was hast du Lea, ist doch eine gute Idee", fügte ich grinsend hinzu und endlich schenkte sie mir ihre Aufmerksamkeit.

Ihr Gesichtsausdruck war Gold wert. Sie sah aus, als hätte sie gerade erfahren, dass ihre Mutter noch lebte und eigentlich die Königin des Hexenreichs, zu dem ich nun gehörte, war.

"Ist das dein Ernst, Sam Pears? Du jetzt auch noch?", haareraufend stand die Blondine auf und funkelte abwechselnd Dylan und mich an. Dann schüttelte sie den Kopf und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Ihr seid verrückt. Aber das klingt wirklich nicht schlecht."

"Wusste Ich es doch! Egal wie unschuldig du tust, insgeheim himmelst du meine teuflisch guten Pläne an", grinste Dylan sie an. Leicht schlug die Blondine ihm gegen den Oberarm.

"Wie gut, dass ich weiß, dass Sam ein armes Tier niemals nur für so etwas benutzen würde. Hast du überhaupt vor, dir ein Tier zu kaufen?", wollte sie von mir wissen.

Ich zuckte die Schultern. Ich musste zugeben, ich liebte Tiere und mir gefiel die Vorstellung einer weißen Eule, die auf meiner Schulter hockte, doch wenn ich so an mein Taschengeld für diesen Monat dachte, das ich bereits für den nächsten Band einer Fantasy-Reihe, die ich gerade las, auf den Kopf gehauen hatte, bezweifelte ich, dass ich mir überhaupt etwas kaufen konnte, das nicht unbedingt nötig war.

Jenny war zu fein, als dass sie mir schon gebrauchten Schulzubehör kaufen würde, zumindest nicht, wenn er schon total abgenutzt war, allerdings konnte sie auch nicht wirklich tief in die Tasche greifen. Außerdem wollte ich ihr nicht für ein Haustier auf der Tasche liegen.

Also schüttelte ich den Kopf. "Ich glaube nicht. Vielleicht ein andermal."

Lea nickte verständnisvoll und setzte sich wieder hin. "Ich glaube auch, dass du dich erst mal einleben und erst danach über ein Tier nachdenken solltest. So etwas erfordert viel Verantwortung."

Ich lächelte sie dankend an und setzte mich zwischen die beiden. "Irgendwie komisch, sich vorzustellen, dass ich bald ein Internat besuche. Ich meine, wir werden uns nur noch zweimal im Jahr sehen! Ich war noch nie so weit weg von Zuhause", seufzend stützte ich die Ellenbogen auf meine Beine, "Meint ihr, ich bekomme das hin? Ich meine, ich weiß nichts über diese Welt. Spricht man da überhaupt unsere Sprache? Was ist, wenn ich dafür verurteilt werde?"

"Klar kriegst du das hin. Du bist doch unser Hauptpsycho!", versuchte Dylan, mich aufzumuntern.

Ich musste kurz über seine Wortwahl lächeln. Lea beugte sich nun auch zu mir vor und strich mir über den Rücken. "Du packst das schon! Da sind bestimmt noch andere, die vorher nichts von dieser Zaubererschule wussten. Und wenn nicht, dann komme ich da hin und trete allen, die dich nur schlecht anschielen, in den Hintern!"

Überzeugt von ihrer Aussage ballte die Blondine ihre Hand zu einer Faust und starrte einen imaginären Feind an.

Kichernd lehnte ich mich wieder zurück und legte meine Arme um die Schultern meiner Freunde. "Danke, ihr seid die Besten."

"Immer wieder gerne, Sammy", grinste Dylan und klopfte mir auf die Schulter, "Kommt ihr nochmal mit in den Wald? Alle zusammen?"

Überlegend legte ich den Kopf schief. "Naja, jetzt raus in die Kälte...", doch ich hatte mich schon längst entschieden. Die Sonne draußen schien und ich würde vorerst wohl wirklich nicht mehr diesen Wald betreten. Ich stellte mir schon vor, wie ich durch das Unterholz stapfte und die frische Waldluft einatmete.

"Gut, dann kommt mit!", sagte Dylan, als hätte er meine Gedanken gelesen und zog uns hoch.

"Hey, ich kann selber aufstehen!", beschwerte sich meine beste Freundin, wehrte sich aber nicht.

Wir folgten ihm die Treppen hinunter und zogen uns unsere Schuhe über, bevor wir hinauseilten.

Dankbar dafür, dass Matthew uns nicht aufgelauert war, atmete ich auf und spürte, wie sich ein letzter Knoten aus meiner Brust löste. Den Idioten würde ich vorerst auch nicht mehr zu Gesicht bekommen.

Auf dem hellen Gras des Geländes, das vom Morgentau funkelte, spielten ein paar Kinder, die von Jenny beaufsichtigt wurden.

"Hey, Jenn!", machte sie Dylan auf uns aufmerksam. Ihr Kopf schnellte zu uns und sogleich durchbohrte mich ihr strenger Blick. Dylan ließ sich davon jedoch nicht beirren und zeigte mit dem Daumen auf den Wald.

Ich kniff die Augen zusammen, um ihre Reaktion zu erkennen, doch die Heimleiterin wandte sich einfach ab und beschäftigte sich wieder mit den Kindern. Ein Lächeln schmückte mein Gesicht. Das hieß wohl, dass sie heute ein Auge zudrücken würde. Vielleicht sogar zwei.

"Danke!", rief Dylan noch einmal laut und hielt wieder auf den Wald zu. "So meine Damen. Ich wollte euch ja noch etwas zeigen."

Sofort stöhnte Lea genervt auf. "Mensch, das habe ich ganz vergessen. Und ich dachte, wir machen uns einen schönen Tag im Wald!"

Dylan drehte sich zu uns um und lief rückwärts weiter, als wüsste er genau, wie der Weg hinter ihm aussah. "Das wird es doch auch!", er breitete seine Arme aus, "es ist nichts unheimliches wie sonst und auch wenn du es nicht siehst, bezweifle ich, dass unsere kleine Hexe dies nicht tun wird", er zwinkerte mir zu, "du kannst sie sehen, oder Sammy? Du hast sie immer gesehen."
Schwach nickte ich.

Ungläubig sah Lea von einem zum anderen. "Jetzt wirklich? Ich komme mir hier immer blöder vor! Sam soll eine Hexe sein, ihr beide seht Sachen, die ich nicht sehen kann...seid ihr verrückt oder bin ich es?"

Ich zuckte mit den Schultern.

"Wahrscheinlich sind wir alle etwas angematscht. Auch wenn du wahrscheinlich die Normalste bist, mein Engelchen", warf Dylan ein und wuschelte ihr durch die blonden Haare. Empört verschränkte Lea die Arme und sah weg. "Nenn mich nicht so."

Ich umarmte Lea und schob sie weiter nach vorne. "Komm schon, Lea. Du kennst Dylan. Und ein Waldspaziergang hat noch nie geschadet."

Unsicher sah ich zu dem Brünetten, in dessen Augen ein belustigtes Funkeln lauerte, während wir tiefer in den Wald vordrangen.

"Du hast dir eine komische beste Freundin ausgesucht, Sammy, aber ich sehe da noch mal drüber hinweg. Vielleicht kannst du ihr die fantastischen Wesen, die wir nun bestaunen, nachher mit deinen vorzüglichen Zeichenkünsten aufzeichnen. Oder wer weiß, vielleicht findest du sie ja in einem deiner brillianten Hexeninternatlektüren. Habt ihr da einen Fabelwesenarzt? Für Einhörner und so'n Kram? Der soll mir mal ne'n Tipp geben, hier sind mega viele verletzte Fabelwesen. Erst neulich hab ich ne tote Fee-"

"Klappe, Dylan", unterbrach Lea seinen Redefluss genervt, "jetzt zeig uns deine ach so tolle Entdeckung, damit wir schnell was normales machen können!"

Ich lächelte schwach. Lea hasste es, wenn Dylan sie so nannte und war danach meistens beleidigt, auch wenn sie oft nur so tat, was sie allerdings niemals zugeben würde.

"Leise", zischte Dylan plötzlich und schlich hinter einen Brombeerbusch. Ich tat es ihm nach und winkte Lea zu mir, die sich augenrollend neben uns hockte.

Vorsichtig lugte ich über die Dornenranken, während die Blondine sich demonstrativ auf den Boden setzte und die Arme verschränkte. Augenblicklich tat sie mir Leid. Es war bestimmt kein schönes Gefühl, die einzige zu sein, die nicht das sehen konnte, was die anderen um sich herum mitbekamen.

Ich wollte gerade etwas Tröstendes sagen, als Dylan mich aufgeregt antippte.

"Sam. Schau mal. Da!" Er zeigte auf einen Baum am Rande der Lichtung auf der anderen Seite des Busches.

Zuerst bemerkte ich nichts, doch dann entdeckte ich rötliches Fell, das sich vom Waldboden abhob. Von dort aus purzelte ein weiteres rotes Fellbüschel auf den kahlen Boden und sprang auf seine kleinen Beinchen.

Es war ein katzenhaftes Geschöpf mit außergewöhnlich großen Ohren und einem gepunkteten Fell. Aus dem Dickicht löste sich ein weiteres Wesen dieser Art, das ungefähr doppelt so groß war.

Es musste sich um die Mutter des kleinen handeln! Diese beugte sich herunter, um ihr Junges am Nackenfell zu packen und es wieder zurückzutragen.

Ein schwaches Maunzen erklang aus dem Mäulchen des kleinen und ein weiteres antwortete aus dem Versteck hinter dem Baum.

Mein Herz schien bei diesem Anblick zu schmelzen. Selten bot sich mir so ein rührender Anblick einer Tierfamilie.

Wir durften im Heim keine Tiere halten, damit wir uns nicht daran gewöhnten, falls wir in einen Haushalt aufgenommen wurden, in dem dies nicht möglich war. Außerdem litten einige Kinder unter einer Tierhaarallergie, was dies erst recht vereitelte.

"Seid ihr jetzt fertig?", zerriss Leas ungeduldige Stimme den Wald.

Sofort zuckten die großen Ohren der Mutter in unsere Richtung und mit peitschendem Schwanz verschwand sie innerhalb von wenigen Sekunden mitsamt ihrem Wurf im Wald.

Enttäuscht sah ich wieder zu Lea. "Jetzt hast du sie verscheucht!"

Die Blondine zog nur eine Grimasse und stand auf. "Dann habe ich sie ja vor zwei Stalkern gerettet. Kommt ihr jetzt? Lasst uns in einen helleren Teil des Waldes gehen!"

Dylan und ich stimmten ihr kurz zu und schlängelten uns mit ihr an den dunklen Kiefern vorbei. Immer wieder sprangen merkwürdig aussehende Wesen an uns vorbei, die mir bei sonstigen Besuchen nie wirklich aufgefallen waren.

Lea schien sie gar nicht zu bemerken und je lichter der Wald wurde, desto weniger merkwürdige Geschöpfe liefen uns über den Weg, bis irgendwann gar nichts mehr von ihnen übrig war.

Es war, als hätten wir eine unsichtbare Grenze überschritten, die das magische von der gewöhnlichen Welt trennte.

Würde ich irgendwann ebenfalls so von meinen nichtmagischen Freunden getrennt sein?

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