218-Knisterschokolade

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*Überarbeitete Version mit vielen Änderungen*

"Wenn du jemanden gefunden hast, der dich ganz doll liebt, dann heiratest du ihn doch und wirst Kinder bekommen, deren Tante ich werden, oder? Ell?"

Ihre Haare zu einem Zopf blind flechten, hockt meine beste Freundin in einem Schneidersitz auf meinem Bett, sieht mit einem Lächeln zu mir. Etwas unwohl überlege ich, bis ich antworte: "Mich mag doch aber niemand."

"Doch, natürlich mag dich jemand", antwortet sie schnell, amüsiert den Kopf schüttelnd. "Du hast ihn nur noch nicht gefunden. Oder er befindet sich direkt vor deiner Nase und du bemerkst es nur nicht", spricht das braunhaarige Mädchen weiter, das nun nach dem Zopfgummi, der um ihr Handgelenk hängt, greift.

"Und an wen denkst du da?", frage ich sehr leise, fast schon hauchend, als würde ich Luft ausatmen. Unbeholfen versuche ich den Logarithmus umzustellen und die Variable Y auszurechnen, jedoch sehe ich nur log und viele Zahlen, die allesamt keinen Sinn ergeben. Da stellt Sky eine gute Ablenkung dar.

"Naja, vielleicht Marcel oder... Harry." Bei Letzterem lacht sie laut los, auch wenn ich dies nicht kann.

"Harry mag mich nicht. Ich bin doch nur der erbärmliche Freak für ihn", säusele ich. Zu gut erinnere ich mich noch daran, wie er mich heute erneut durch den Schulflur jagte und es ihm Spaß machte.

Er hat immer seine Freude dabei, nur ich nicht.

"Naja, vielleicht auch nicht Harry. Aber auf jeden Fall wirst du deinen Traumprinzen finden, mit ihm viele kleine Kinder bekommen, die alle die beste Patin auf der ganzen Welt haben werden", strahlt sie, wobei sie nun vom Bett aufsteht. "Mich!"

Schlürfend kommt Sky zu mir gelaufen, wirft nun sträubend einen Blick über meine Schulter, worauf sie ihr Gesicht verzieht. "Muss ich das auch noch machen?", erkundigt sie sich. Mathe ist ihr absolutes Hassfach. Sie mag es nicht, verabscheut es.

"Ja", antworte ich, nicke dabei und grinse ein Stück süffisant.

"Eleanora Chapel", beginnt sie sofort. Ich hab es geahnt. "Du lässt doch bestimmt deine allerbeste Freundin später die Hausaufgaben abschreiben, weil sie gleichzeitig die beste Patentante deiner Kinder wird. Oder?" Liebevoll werden zwei Arme um meinen Hals geschlungen und ich seufze ergeben.

"Meinetwegen. Aber ich mach die erst morgen." Entschlossen klappe ich den blauen Hefter zu, bevor ich zu meinem Bett laufe, auf das ich mich fallen lasse. Sky gleich folgend, die ihre Hände hinter ihrem Kopf verschränkt.

"Sky?" Unsicher und peinlich berührt nuschele ich nach einer Weile, in der Stille herrschte, ihren Namen, drehe meinen Kopf ein Stück zu ihr.

"Ja, Rub?", entgegnet sie, halb weggetreten, die Augen geschlossen.

"Hast... Also, hast du deinen Traumprinzen schon gefunden?"

"Nein. Aber ich ruf dich an, wenn ich es sollte und falls er noch einen Bruder besitzt, den du abhaben kannst", scherzt meine Freundin, grinst dabei breit.

Ihren Humor, diese unbeschwerte, freie Lebensart liebe und bestaune ich so sehr. Jeden Tag bin ich so verklemmt, unsicher und schüchtern, während sie stark und frech ist. Ich bewundere sie, sehe sie vielleicht sogar -ganz heimlich irgendwo in mir- als mein Vorbild an.

"Was du aber wissen musst ist, dass wenn du merkst, er ist der Richtige", beginnt sie nun, ernst und setzt sich auf. "Jeder begeht Fehler, Honor. Jeder! Und du darfst nicht so streng mit ihm sein, weil du ihn liebst und nicht verlieren willst."

"Aber wenn er einen großen Fehler begangen hat?", hacke ich mehr nach. "Stell dir vor, dein Freund würde dir deine Knisterschokolade klauen!"

Sky liebt ihre Knisterschokolade und würde dafür töten, weshalb ich es als ein gutes Beispiel ansehe.

"Wenn ich mein Leben mit ihm verbringen will, muss ich meine Knisterschokolade wohl oder übel teilen", seufzt sie und fällt wieder entspannt zurück in meine Kissen. "Jedoch sollte er es nicht übertreiben", zischt sie dann noch, kichernd warnend.

Ebenfalls lache ich, ihre Worte mir durch den Kopf gehen lassend.

Das Wasser wurde nun mit der Zeit immer kälter und meine Kleidung klebt wie eklige Spaghetti zusammen. Ich weinte viel, schluchzte und hielt tausendmal meine Luft unter dem Wasser an, vermischte salzige Tränen mit dem Nass in der Wanne.

Um meine Beine habe ich vor wenigen Minuten meine Arme geschlungen, weil ich langsam friere, bibbere und trotzdem nicht raus steige. Irgendwie habe ich Angst, neben der in mir herrschenden Trauer.

Bestimmt ein halbes Jahr lang hätte er mir schon von dieser Sache erzählen können, wenn er es raus fand, als Louis zu ihm kam. Dadurch dass er log schwimmt nun irgendwo am Grund der Wanne ein Stück Vertrauen.

Ganz unten am Boden liegt es zerbrochen. Oder es hängt an nur noch einem dünnen Faden an dem Teil, der Harry vertraut.

Es tut einfach weh und ich denke zu viel drüber nach, mache mir Gedanken, wie er mir solch eine wichtige Sache verheimliche konnte.

Sie bedeutete mir immer so viel und ich war zerstört, als sie starb, da kann er mir solch eine Sache nicht enthalten -egal wie sehr er sich dafür schämt oder Angst vor folgenden Dingen hat.

Wir alle begehen Fehler, jedoch müssen wir auch mit den Konsequenzen leben können.

Ich liebe ihn, werde dies für immer tun.

Doch gerade bin ich wütend, enttäuscht und weiß nicht, was ich tun soll, da tausende Bilder in meinem Kopf stecken, auf denen ich den fünfzehnjährigen, betrunkenen Lockenkopf sehe, der mit seinen Freunden in einer Bar hockt, in die keiner der Jungen dürfte, und wie er ganz plötzlich einfach sagt, dass es eine schöne Trophäe, Erinnerung wäre, wenn man sich beim Sex filmt.

Und dann erscheint das böse, verschmitzte Grinsen auf den Lippen Louis, der somit genau plant, wie er die Blondine, die auf seiner Liste steht, verführen kann, damit er seine erste Trophäe erhält.

Diese Gedanken erscheinen einfach und ich kann nichts dagegen unternehmen, frage mich, wie meine beste Freundin früher so abschalten konnte, wenn es ihr schlecht ging. Mir hilft es nicht, weil ich nur friere, bibbere, in nassen Klamotten hier unentschlossen, durcheinander und mit einem verweinten Gesicht in dem kalten Wasser sitze.

Wie kann jemand nun so hin und her gerissen sein?

Ich weiß, dass ich ihm irgendwann verzeihen werde, wir auch dieses durch Leonard ausgelöste Problem überstehen werden, jedoch weiß ich auch, dass es mich am Anfang zerreißen wird, wenn ich in die grünen Augen blicke und dass ich weinen werde.

Er meinte es nie böse, nie ernst, sagte es aber, bereitete damit Sky Leiden, Scham, weil sie verfiel einem Stadium, aus dem sie nicht mehr entkam, bis sie sich das Leben nahm. Harry trägt keine Schuld für ihren Tod, das sage, behaupte ich nicht, aber irgendwie fühle ich mich schlecht, dumm, wenn ich jetzt einfach weitermache, als habe er mir nicht eine so bedeutende Sache verschwiegen.

Mein Kopf will nicht mehr klar denken, überlegt so viele Dinge, spielt so viele Szenarien durch, bis ich aufgelöst erneut unter das Wasser tauche.

Diesen Mann liebe ich so sehr und ich kann mich wegen der Erinnerung an Skys Worte von früher nicht entscheiden, was ich nun tun soll.

Sie hat Recht, dass ich ihn nicht gehen lassen darf, aber ich kann nicht einfach weitermachen, als sei nicht ein Vertrauensbruch zwischen uns geschehen. Ihr Tod sorgte für so viel –auch in Bezug auf unsere Beziehung-, da kann ich solch so einen wichtigen Punkt nicht einfach vergessen.

"Scheiße", fluche ich weinend, kaum dass ich mich wieder über der Oberfläche befinde, nach Luft schnappe. Tränen fließen in Flüssen, wie das Wasser vor einer Stunde aus dem Hahn, über meine Wangen, tropft in das Nass. "Wieso musstest du es mir verschweigen, Harry?"

Er hört meine Frage nicht, die ich so schluchzend hauche, danach mein Gesicht in meinen Händen vergrabe, weil ich so aufgelöst, unentschlossen und ratlos bin.

Mir fällt keine Lösung für dieses Problem ein. Ebenso für Leonard, weil ich es irgendwie schaffen muss, ihm aus den Weg gehen zu können.

Nach weiteren Minuten, in denen ich im Wasser saß, meine Haut noch schrumpliger, wie die Haut einer alten Frau wurde, drücke ich mich unter einem großen Kraftaufwand an dem Rand der Wanne hoch, klettere raus.

Nun, da die Flüssigkeit mich nicht mehr umgibt, wird mir noch kälter, weshalb ich mit einer zitternden Hand schnell nach einem kuschligen Handtuch greife. Mir fällt auf, dass Harry dies öfters trägt, einfach um seine Hüfte geschlungen, jedoch beachte ich diesen Fakt nicht weiter.

Eine Distanz zwischen unsere Nähe möchte ich nicht bringen. Ich will bei ihm bleiben, liebe ihn und werde ihm diese Sache auch verzeihen -irgendwann.

Doch in mir herrscht ein Gefühl von Schuld, Beklommenheit, ein schlechtes Gewissen, weil Sky meine beste Freundin war.

Sie sagte zwar, dass ich dem Mann seine Fehler verzeihen soll, ehe ich ihn verliere -und der Lockenkopf stellt diese Person eindeutig da- doch kann ich nicht sofort verzeihen.

Mir würde es dann so vorkommen, als würde ich Sky hintergehen, auch wenn ich genau weiß, dass ich dies nicht tue.

Wieso muss alles immer so verwirrend, kompliziert und anstrengend sein?

Wieso musste Leonard hier auftauchen, solch Dinge auf die Straße sprühen und eine Szene abziehen?

Nach dem Vorfall vor Silvester dachte ich, er würde mich nun in Ruhe lassen, weil ich genau dies von ihm erwarte. Er ging zu weit, verletzte mich und erscheint trotzdem noch? Wie gerissen kann er eigentlich sein?

Harry ist kein Mörder!

Den Stoff fest um meine Schultern gezogen, betrachte ich mich kurz im Spiegel, entdecke rot unterlaufene Augen und rote Wangen. Sie glühen, schmerzen, ebenso wie mein brennender Hals, in dem sich ein Kloß befindet.

Tief Luft holend, keinen Blick mehr auf mich werfend tragen meine Füße mich zu der Tür, die ich mit einer zitternden Hand aufschließe, langsam aufschwingen lasse, wobei ein elendiges Quietschen ertönt.

Harry steht nicht vor der Tür, sondern ich entdecke ihm, als ich meine Augen durch den Flur gleiten lasse, auf der Couch im Wohnzimmer, dicht an der Tür sitzend, die Ellenbogen auf seinen Oberschenkeln abgelegt, den Oberkörper nach vorne gebeugt und sich die Haare verzweifelt raufend.

Er sieht traurig von der Seite aus, niedergeschlagen und murmelt die ganze Zeit etwas vor sich hin, das ich aber nicht verstehe. Oftmals schüttelt er seinen Kopf, als habe er sich eine Frage gestellt, auf die er nun mit Nein antwortet.

Dieser Anblick tut weh, zieht mein Herz zusammen, sticht in den Faden, an dem das Vertrauen noch hängt.

Barfuß im Türrahmen stehend starre ich zu ihm, beobachte ihn schweigend, bis ich mich, auf Grund des Kratzens in meinem Hals, räuspern muss, er erschrocken aufsieht. Seine grünen Augen schauen groß in meine, worauf ich wegen der Trauer meinen Blick senke auf den Boden starre.

"Honor, ich-", beginnt er haspelnd, steht auf und kommt auf mich zugelaufen. "Es tut mir so unendlich leid."

Seine Arme breitet er aus, will mich entschuldigend umarmen, aber ich trete schnell einen Schritt zurück, schüttele meinen Kopf. "Kann ich auf der Couch schlafen?", murmele ich leise, teile ihm meinen Entschluss mit, zu dem ich irgendwann in der Badewanne kam.

Heute Nacht kann ich nicht neben ihm liegen.

"Ich schlafe auf der Couch, du-"

"Nein!", unterbreche ich ihn schnell, wenn auch nicht so willensstark, wie ich es klingen lassen wollte. "Bitte, akzeptiere es einfach und lass mich auf der Couch schlafen!"

"Honor, es tut mir-"

"Ich weiß, Harry!" Erneut unterbreche ich ihn, muss eine Träne wegwischen, die über meine Wange kullerte, bevor ich wieder spreche: "Aber verstehe, dass ich heute Nacht nicht einfach so vergessen kann und dass ich Zeit zum Nachdenken benötige."

Vergleichsweise ruhig, im Gegensatz zu meinem inneren Zustand rede ich mit ihm. Meine Stimme zittert, klingt schwach und genau so, schwach und brüchig, fühle ich mich. Meine Beine schmerzen, meine Brust, mein Kopf, mein Hals, meine Füße.

"Wenn du möchtest", gibt er sich nun leise geschlagen. Ein kleines Nicken bekomme ich von ihm, ehe er meint: "Ich hol dir trockene Kleidung und eine Decke."

"Das mache ich selber", halte ich ihn auf und überhole ihn. Ihn an seinem Arm zurückzuhalten konnte ich nicht, weshalb ich nun vor ihm her, ins Schlafzimmer laufe, wo ich mir hastig eine trockene Hose und ein Oberteil nehme, ehe ich eigentlich wieder gehen will.

Harry umfasst plötzlich mein Handgelenk, nur locker und sanft, ohne mir weh zu tun, schaut mit diesem leidenden Blick direkt in meine Augen. "Ich wollte es dir wirklich sagen, Honor! Wirklich. Nur du musst verstehen, dass ich ein Weichei, ein Feigling war und bin und aus Angst dich zu verlieren, es dir nicht sagte."

Hart schlucke ich bei dieser Aussage.

"Es war egoistisch, dass ich diese wichtige Information vor dir geheim hielt, nur damit du mich nicht verlässt", beendet der Lockenkopf dann seine Worte, bevor er mich loslässt, ich tief Luft hole und ohne eine Antwort den Raum verlasse.

Mir fällt keine passende Antwort ein und meine Gefühlslage schaffe ich nicht in Worte zu fassen.

Eine Decke und Kleidung in meiner Hand haltend, das Handtuch um meine Schulter gelegt, begebe ich mich, schon wieder den Tränen nahe, ins Wohnzimmer, wo ich mich endliche umziehe, aus den klebenden Sachen rauskomme, in warme, frische Klamotten schlüpfe.

Schluchzend, tausende Gedanken in meinem Kopf lege ich mich hin, ziehe die Decke hoch, bis an mein Kinn, starre in der Dunkelheit an die Wand. Aus dem Schlafzimmer höre ich Schläge, die ich Harry und seinem Boxsack zuordne, weshalb ich nicht aufstehe. Es geht nicht.

Verzweifelt, weinend, müde und fertig irgendwie versuchend einzuschlafen liege ich hier, denke über eine einzige Frage nach.

Wie soll es jetzt weitergehen?


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