262-atmen Sie so und so

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So gestaltet es sich, dass ich hinter Maja alleine her trotte, immer wieder nur darauf warte, dass einer der Verantwortlichen mich mustert und dann laut vor allen anderen fragt, wo mein Partner sei.

Diese Frage kann ich ihnen dann selber nicht so genau beantworten, weiß nur, dass er scheinbar meinetwegen verschwand.

Schon zum vierten Mal müssen wir zurück zum Eingang, uns ordentlich, stramm und gesittet in einer Reihe aufstellen, stolz die Köpfe heben und genau auf den fünften Takt der Musik mit dem Einmarsch beginnen, wobei ich mir sicher bin, Harry würde diese Einweisung nicht schaden.

Eine Frau mit Brille und Klemmbrett, einen engen Bleistiftrock und Bluse tippt mit ihrem Fuß auf den Boden, beäugt uns alle kritisch, um jegliche Fehler sofort festzustellen. Die blauen Augen schauen leicht über den Brillenrand hinweg, mustern nun mich, bis ich an ihr vorbei bin und erleichtert aufseufze.

Immer noch verstehe ich nicht ganz, wieso Harry einfach verschwand und was er mit seinen Worten meinte. Sie verwirren mich, weniger als der Brief, aber gut genug, dass ich Maja aus Versehen in den Hacken laufe und sie vor Schmerzen leise auf quiekt. Sofort nuschele ich, peinlich berührt, ein Entschuldigung, schaue verlegen auf den Boden.

Unser ganzer Trupp wird von der Schülersprecherin angeführt, auf der gleich Charlotte folgt. Ihre Eltern spenden jährlich einen Haufen an Geld an die Uni. Vielleicht hat ihre Führungsposition etwas damit zu tun oder es liegt daran, dass ihr Studium zu den unwichtigen und kleinen gehört.

Um ehrlich zu sein, habe ich keinen blassen Schimmer, was sie überhaupt studierte, kenne nicht einmal mehr den fachmännischen Namen dafür. Ein Studium für Tussis scheint wohl aber noch nicht zu existieren.

"Warum ist Harry abgehauen?", zischt Maja mir zu, erneut den Rückweg antreten. Wir sollen, laut einem alten Mann mit gestreiften Pollunder und grauen Bart, die Treppe nicht im Takt der Musik hoch gegangen sein. Deshalb wird dies erneut geübt. Natürlich ganz von vorne.

"Frag ihn das lieber selber", entgegne ich ihr, unwissend mit den Schultern zuckend.

"Ihr habt aber wieder miteinander gesprochen?", fragt sie mich weiter aus. Ihre Augen strahlen dabei neugierig. "Stimmt's?"

"Wenn du es als miteinander sprechen bezeichnest", zucke ich mit den Schultern, da ich diese Art von Konversation, die ich mit Harry führte, nicht einmal als solch eine bezeichnen würde. Eher als ein Austausch von wütenden, sowie unverständlichen Worten nach mehreren Jahren.

Er verwirrt mich einfach zu sehr.

Erschöpft lasse ich meinen Kopf hängen, hole tief Luft und versuche an etwas anderes, als die Schmerzen in meinen Füßen und Nacken zu denken, was mir aber nicht leicht fällt. Das Ziehen in meinem Hals tut weh, breitet sich bis in meinen Kopf aus, wodurch mich auch noch Kopfschmerzen plagen. Meine Füße brennen, sodass ich nicht mehr stehen, sondern nur noch liegen möchte.

Und wenn es auf dem schmutzigen Boden stattfindet, auf dem wir nun schon zum sechsten Mal laufen -es stört mich nicht.

"Worum ging es denn?" Maja dreht sich wieder, in einem unbeobachteten Moment, um. "Habt ihr über den Brief gesprochen?"

"Sozusagen", meine ich bloß, worauf sie genervt ihre Augen verdreht, aufstöhnt. "Also ich habe ihm ein wenig meine Meinung dazu gesagt. Eher ging es jedoch, um die Sache mit Jonathan, da er davon Wind bekommen hat."

"Jonathan hat von Harry Wind bekommen?", erkundigt Maja sich, durcheinander ihr Gesicht verziehend. Irgendwie sieht es lustig aus, doch ich kann nicht drüber lachen, da ich ihr die Sache mit Harry und dem eingebildeten Mann erklären muss.

"Nein. Harry von Jonathan und mir." Etwas energischer spreche ich. Nur leise genug, dass ich die Aufmerksamkeit der anderen nicht auf uns ziehe. "Wenn man es als irgendwas bezeichnen kann. Am Samstag sprach ich halt schon mit ihm und jetzt wollte ich das einfach klar stellen."

Langsam tritt die Verständnis auf das Gesicht der Schwarzhaarigen, die sich nun auch wieder nach vorne dreht, mir dann aber noch zu flüstert: "Lass mich raten, er war eifersüchtig?", und keck zwinkert.

Wieso sollte er eifersüchtig sein?

Vor drei Jahren schrieb er, er würde keine Liebe mehr empfinden oder er tat dies nie, erhoffte sich nur, dass vielleicht irgendwann mal die Gefühle aufblühen. Er verließ mich, will ein Leben ohne mich führen. Wieso sollte Harry eifersüchtig auf jemanden sein, den er früher als Konkurrenz, Gefahr sah, der aber heute keine mehr für ihn ist, da ich nichts mehr für ihn bin?

Ich bin nichts für ihn und deswegen wird er nicht neidisch auf Jonathan sein. Mit dem ich ja zumal nichts hatte.

Da gab es einfach so viele Missverständnisse, die ich vorhin ausräumte.

Aber wieso tat ich dies überhaupt?

Ich möchte ohne Harry leben, rechtfertige und vermittle ihn meine Taten, meine Gedanken. Er wird aufgeklärt, dass ich Jonathan nur küsste, obwohl es für ihn keine Bedeutung trägt. In mir verspüre ich diesen Drang gut bei ihm dar zu stehen, ihm zu erklären, wieso ich Dinge tue und falsche Aussagen richtig zu erklären.

Aber es gibt keinen Grund, wieso ich dies tun sollte.

Für seine angebliche Eifersucht existiert kein Grund, ebenso wie für meine Rechtfertigungen, gegenüber-

Gegenüber Harrys Eifersucht.

Verträumt, vertieft in Gedanken marschiere ich Maja einfach nach, bewältige es, die Treppe ohne Fehler oder gar Stolpler nach oben zu gelangen und dann an meinem Platz zu stehen, der rechts von mir leer ist. Auf dem Plastikstuhl steht Harry Styles mit schwarzem Filzstift geschrieben.

"Noch einmal, damit es auch wirklich klappt", ruft der alte Mann laut hallend durch die Halle, worauf er schon einige genervte Stöhner und fluchende Worte als Antwort erhält. Keiner von uns verspürte noch die große Lust, ein siebtes Mal denselben Weg zu laufen, während ihn die Füße brennen.

Wir wissen, dass uns noch die Dekoration erklärt wird, der weitere Ablauf und wir eingewiesen werden, wie wir aufzustehen und zu gehen haben, wenn man uns aufruft.

"Laufen Sie voller Anmut zu ihren Professoren, die ihm, neben der Leitung, ihr Zeugnis überreichen werden", teilt die strenge Frau uns, durch ein Mikro sprechend, mit, sieht dabei scheinbar jeden einzelnen einmal warnend an. "Auch wenn Sie diese Institution nun verlassen, heißt dies nicht, dass Sie nun die Erlaubnis haben, sich wie Affen oder Kinder zu benehmen. Sie treten in die Welt der Erwachsenen -in das Arbeitswesen- ein. Verhalten Sie sich auch dem angemessen."

Die wenigsten von uns nicken, da sie ihre Rede toll fanden oder mit Bestreben umsetzen müssen. Einige sehe ich, eher gleich einschlafen und auch Maja neben mir, stützt sich nun schon gähnend an meiner Schulter ab.

"Noah wollte letzte Nacht zu viel", erklärt sie mir, kurz wieder grinsend.

"Danke für die Info", scherze ich, deute dann nach vorne. "Möchtest du ihr das vielleicht auch noch mitteilen?"

"Blöde Kuh", meckert sie, darauf aber schon gähnend. Ihre Augen fallen gleich zu und unter ihnen erkenne ich eine kleine Schicht von Concealer. Sie und Noah verstehen sich immer besser, was ich nie erwartete, und die beiden planen schon, gemeinsam in die USA aus zu wandern, wo Maja sich eine Arbeit sucht und Noah als Künstler seine Werke verkauft. Mit Majas Eltern wurde das Meiste auch schon abgesprochen.

Vor ungefähr einem Jahr stellte Maja sie einfach vor die Wahl. Entweder sie unterstützen sie und Noah, oder ihre Tochter wird vollkommen den Kontakt abbrechen.

Da sind sie, denke ich mal, aufgewacht und ließen sich dann auf ein Dinner mit der Schwarzhaarigen und ihrem Freund ein.

Wenn es für alle von uns so gut laufen würde.

Dabei denke ich nicht einmal an mich selber, sondern an Niall, der vor ein paar Wochen ein Mädchen in einer Bar kennen lernte, von der er nur noch schwärmt. Daisy soll sie heißen. Sein Problem. Sie hält ihn auf Abstand, möchte nichts überstürzen, worunter der Ire leidet.

Und dieses Leid formuliert er in Gedichten, die ich dann immer in der Mittagspause vorgetragen bekam und seitdem wir nicht mehr zur Uni müssen, entweder in einem Brief oder als SMS.

Wenn ich ihn dann aber, frage, wieso er nicht einmal eins dieser Werke an seine Angebetete -wie er sie schon häufig in den Texten nannte- schickt, meint er immer nur, dass dies peinlich sei. Ich antworte dann: "Spring doch einmal über deinen Machoschatten und zeige ihr, dass in dir noch mehr steckt, als sie denkt."

Bis jetzt änderte sich aber, glaube ich, noch nichts, da ich erst gestern eines der Gedichte wieder erhielt, wo drunter noch die Frage stand, ob ich ein gutes Sushirestaurant in London kenne.

Ich persönlich bin kein Fan von Sushi, auch wenn ich es noch nie probierte. Rohe Dinge sind nicht so mein Fall und eigentlich hielt ich Niall auch für eine Person, die eher alles gebraten isst.

Deprimiert und mehr als fertig den Weg zurück gehend, erschrecke ich sehr, als die Eingangstür aufgeht, Harry reingestampft kommt, einen riesigen Blumenkübel schleppend. Ein schlecht gelaunter Ausdruck ziert sein Gesicht, welches griesgrämig durch die ihn beobachtende Menge schaut, bis er bei mir stoppt. Ohne eine andere Emotion als seine Wut, stellt er die Blumen ab und kommt dann direkt auf mich zu gestampft, weswegen mein Herz aussetzt.

Dann mit einem Mal schlägt es aber wieder schneller, springt fast aus meinem Brustkorb, während meine Atmung flach und schwer geht. Mit zitternden Fingern, wackligen Beinen und glasigen Augen verfolge ich, wie er große Schritte macht, sich dann einfach, schnaubend neben mich stellt.

"Vielen Dank, Mr. Styles, dass Sie mir bei den schweren Kübeln helfen wollten", spricht eine hohe Stimme von einer Frau, die nun in die Halle kommt, wobei die Absätze ihrer Schuhe von den Wänden wiederhallen. "Sie sind ein grandioses Beispiel für die Hilfsbereitschaft der Studenten dieser Universität."

Am liebsten würde ich lachen, als Maja hinter mir sie mit der Kröte Umbridge, aus Harry Potter vergleicht, doch verkneife mir mein Feixen, auf Grund des weiterhin brodelnden Harrys neben mir. Er spannt seinen Kiefer an, ballt die Hände zu Fäusten.

Alle Studenten gehen zurück zum Eingang, durch den der Lockenkopf gerade gestürmt kam und nehmen erneut und hoffentlich zum letzten Mal Aufstellung.

Ein letztes Mal möchte ich mich auf den Takt konzentrieren, es Fehlerfrei diese Treppe hoch schaffen, womit die Erwartungen für die Zeremonie hoch stehen. Einfach nur einmal, bevor ich mich nur noch mit Informationen berieseln lassen muss.

Gehen Sie so und so, stehen Sie so und so, sitzen Sie so und so, atmen Sie so und so, höre ich schon die Anweisungen in meinem Kopf, die von der hohen Stimme gesprochen werden, die zu der Frau gehört, welche den Zweiundzwanzigjährigen wieder rein scheuchte.

Der alte Mann hantiert etwas mit der Fernbedienung für die Stereoanlage rum, scheint die Musik nicht mehr an zu bekommen, worüber einige Studenten lachen, da er sein Gesicht angestrengt, angespannt verzieht und es auch noch rot anläuft. Es sieht schon lustig aus, denke ich mir, kichere in mich rein.

"Honor?" Harry lenkt meine Aufmerksamkeit auf sich, stupst mich sanft an. Meinen Kopf drehe ich zu ihm, bin mir nicht ganz sicher, was er von mir möchte, bis er mich fragt: "Könntest du mir die wichtigsten Dinge erklären?" Bittend sieht er zu mir herab, weil ich wirklich immer noch kleiner als er bin -und auch nicht mehr wachsen werde.

Unsicher, nervös mir auf die Unterlippe beißend nicke ich, erkläre ihm dann: "Du musst loslaufen, wenn der fünfte Takt beginnt und mit rechts beginnen." Verstanden nickt er. "Und bei der Treppe solltest du etwas aufpassen. Einfach auf der Stelle weiter marschieren, bis du hoch kannst", rede ich weiter, auf sein Nicken wartend.

"Noch mehr, oder?"

"Nein. Du kannst wieder aufhören mit mir zu reden."

Mein Mund sagt dies schneller als mein Kopf, weshalb ich mich nun beschämt von ihm wegdrehe und auf den Boden schaue. Ich bin einfach verwirrt und weiterhin wütend, verarbeite seine Worte aus dem Brief und von vorhin noch und ebenso das, was Maja zu mir sagte.

Vielleicht klinge ich unfreundlich, sowie wütend, aber ich bin es auch. Und habe das Recht dazu. Wenn er hier geblieben wäre und nicht einfach vor mir weggelaufen, dann hätte er alles mitbekommen, so einen riesigen Kübel nicht schleppen müssen und... Das war es, aber trotzdem.

Die misstrauischen Blicke von Charlotte, die vorne steht bemerke ich nach einer Weile auch. Wie sie mich mustert, dann wieder Harry und dann erneut mich. Warum? Er wird doch heute Abend wieder bei ihr verbringen, so wie sie immer damit prahlt.

"Entschuldige, dass ich dir ein paar Fragen gestellt habe", nuschelt der Mann neben mir, der sich ebenfalls bei dem fünften Takt in Bewegung setzt.

"Meine Fragen fandst du auch immer nervig und außerdem verdienst du es. Einfach weglaufen, nachdem du so etwas sagst oder nur einen Brief schreibst, der tausende Fragen aufwirft, Harry."

Oben, als wir alle stehen und uns setzen wollen, flüstert er mir zu: "Vielleicht wirst du es irgendwann verstehen und dann nicht mehr wütend auf mich sein", meint er, bevor wir kein Wort mehr miteinander sprechen und noch knapp zwei Stunden lang nebeneinander sitzen, der Leitung zu hören.

"Ich werde es nur verstehen, wenn du es mir erklärst."

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