266-abgeknutscht

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Das Klappern meiner Schlüssel hallt im Hausflur wieder, als ich mit unkoordinierten Bewegungen versuche meine Haustür aufzuschließen, um endlich in das weiche, wenn auch kleine Bett fallen zu können. Dieser Abend muss einfach vergessen, aus meinem Kopf gelöscht werden.

Auch wenn die Tatsache, dass ich diese Nacht nicht mehr schlafen kann, schon fest steht und es kein Entkommen gibt, da alleine jetzt, wo ich in meinem Flur die schmutzigen Turnschuhe von meinen Füßen kicke, eine Illusion von Harry vor mir her in die Küche geht, worauf ich ihm folge.

Ich beobachte, angelehnt an den Türrahmen, wie er meinen Kühlschrank öffnet, diesen lange, auf Grund der Leere, durchsucht, bis er doch noch etwas Essbares findet, sich dann zu mir umdreht und breit grinst.

Seine Grübchen treten dabei zum Vorschein und die grünen Augen strahlen, während er locker an die Theke angelehnt dort steht, einen Bissen von der gekühlten Schokolade nimmt. Die Haare liegen lässig, durcheinander und trotzdem perfekt auf seinem Kopf. Einige seiner Tattoos kann man betrachten, da die Ärmel des dunkelblauen Hemdes hochgekrempelt und nur drei Knöpfe geschlossen sind. Die langen Beine stecken in einer schwarzen, engen Jeans enden in schwarzen Boots. An seinem Arm trägt er einige Bändchen, welche man meistens auf irgendwelchen Feiern hier erhält, aber meistens nach ein paar Wochen dann auch verliert, weil sie einfach kaputt gehen.

Er sieht, selbst in meiner Illusion so wunderschön und anziehend aus, dass ich langsam auf ihn zu schreite, wie hypnotisiert von einer Kraft angezogen werde, die mit einem Mal zerspringt.

"Endlich bist du da", ertönt es laut stöhnend hinter mir, worauf ich mich erschrocken umdrehe, Ethan anstarre, der in meine Küche gelaufen kommt, die Arme vor der Brust verschränkt. Wegen dem Schock pocht mein Herz stark gegen meinen Brustkorb. "Wir haben Stunden auf dich gewartet", meckert er weiter, mich dann fragend ansehen, da ich immer noch nicht antworte.

"Hast du einen Geist gesehen oder wieso siehst du so kreidebleich aus?", erkundigt der Braunschopf sich dann, wobei er seinen Kopf leicht schräg legt, mich skeptisch mustert. Sein Blick fällt auf meine Lippen, über die ich mir aus Reflex einmal lecke, worauf er mich verschmitzt dann fragt: "Sag schon, wen hast du geküsst?"

Was?

Verwirrt, überrascht und hektisch nach einer guten Ausrede suchend starre ich ihn an, bekomme keinen Ton hervor. Meine Wangen glühen jedoch schon, das spüre ich deutlich, und mein Herz pocht noch schneller, als schon vor ein paar Sekunden.

"Wieso soll ich jemanden geküsst haben?", entgegne ich. Zusätzlich verdrehe ich meine Augen, gebe ein amüsiertes 'Pfff' von mir, bevor ich vergeblich versuche vom Thema abzulenken: "Warum seid ihr überhaupt hier?", worauf er jedoch nicht einmal eingeht.

"Deine Lippen sind leicht angeschwollen und mega rot, genauso, wie deine Wangen", erklärt er mir frech, sowie feixend und sich sein blödes Grinsen nicht verkneifen können. "Also, Madame, wen haben wir abgeknutscht?"

"Ich hab niemanden abgeknutscht!"

Kopfschüttelnd drehe ich mich von ihm weg, um den abwartenden Blicken der blauen Augen aus dem Weg zu gehen. Den Kühlschrank öffnend, auf der Suche nach etwas zu Essen oder wenigstens zu Trinken, erinnere ich mich kurz daran, wie Harry plötzlich seine Lippen auf meine legte und ich mich auf einmal so frei fühlte.

All die Fächer sehen ziemlich leer aus. Nur an einigen Stellen befindet sich noch Essen. Ein paar restliche Erdbeeren liegen ganz oben und die Flasche Orangensaft ist zur Hälfte leer, die Butter steht wie immer da, obwohl ich sie in letzter Zeit wenig benötige. Mein Kühlschrank besteht mehr aus Luft als Essen, weil ich in den vergangenen Jahren kaum noch große Mahlzeiten zu mir nahm, eher mal einen Snack zwischendurch genoss.

"Ach, Rub", seufzt Ethan, einen Arm von hinten um mich legend. "Erzähl schon, wer es war."

Leicht traurig, da ich angeprangert werde, weil ich jemanden küsste, drehe ich mich um, die Tür hinter mir zufallen lassend. Ich verspüre erneut keinen Hunger, lehne mich gegen den Schrank hinter mir, mein Gesicht in meinen Händen versteckend.

Harry bringt mich zu sehr um den Verstand, verwirrt mich häufig, ohne es wahrscheinlich zu wollen. Ich liebe ihn, werde es immer tun, bin aber auch wütend, sowie enttäuscht. Und all diese tausenden Gefühle in mir kann ich nicht kontrollieren, weiß nicht, auf welcher Seite ich stehen soll. Er raubte mir jegliche Luft zum Atem, tut dies weiterhin.

"Mmmh? Erzähl schon. Es ist doch nichts Schlimmes, wenn du jemanden küsst."

"Es fühlt sich aber falsch an, obwohl ich es genossen habe", entgegne ich grummelnd.

"Soll ich raten?" Stumm nicke ich, ahne bereits, dass er die richtige Antwort kenne wird. "Harry?"

"Er hat angefangen", meine ich sofort. "Er beugte sich einfach nach vorne und küsste mich dann und da konnte ich nicht mehr widerstehen."

In mir ging so viel vor, als ich seine Lippen auf mir spürte, die bekannte Wärme nach drei Jahren wieder bei mir hatte, seine Hände auf meinen Wangen lagen und ich mich an ihm halten konnte. Er rettete mich aus der tiefen, dunklen See, doch warf mich gleich in den nächsten Ozean.

"Irgendwann drückte ich ihn dann von mir weg, meinte, dass es keine Entschuldigung sei, aber... Trotzdem, bevor ich ging küsste ich ihn nochmals", berichte ich Ethan, der mich weiterhin hält, seine Hände auf meinen Schultern liegend. "Harry wollte mir alles erklären, sich entschuldigen und mich sogar nach Hause fahren, was ich aber verneinte."

"Er wollte dir alles erklären?", harkt mein bester Freund nach.

"Ja. Wieso seine Mom heute im Dinner war, er sich plötzlich wieder mit ihr trifft und wieso er vor Jahren diesen blöden Brief schrieb", antworte ich, ihn mit großen Augen ansehen. "Aber ich sagte, dass ich noch zu wütend bin, um seine Erklärungen überhaupt verstehen zu wollen."

"Um ehrlich zu sein, kann ich das verstehen. Aber willst du nicht endlich Antworten, egal ob in der noch ein sturer Bock herrscht oder nicht?", fragt er mich vorsichtig, während wir beide nun langsam ins Wohnzimmer gehen, wo Nathan auf meiner Couch liegt und schläft, eingerollt in der dünnen Decke schnarcht, worüber ich kurz kichere.

"Schon", meine ich leicht mürrisch. "Nur will ich es ihm nicht so einfach machen. Er tat mir so verdammt weh und... Harry soll sich anstrengen."

"Du willst, dass er ein wenig für deine Schmerzen bezahlt, oder?"

"Etwas."

Irgendwo verdient er es doch auch, oder?

Unsicher, seufzend und müde nehme ich auf dem bequemen Polster der Couch Platz, ziehe meine Knie an meine Brust ran und schaue zu Ethan, der sich neben mich setzt, kurz zu Nathan schaut, der jedoch weiterhin seelenruhig schläft.

"Du wirst deine Antworten bestimmt noch bequemen, Rub, und dann... Ihr beide werdet euch bestimmt irgendwann wenigstens wieder vertragen. Ich sage nicht, dass ihr wieder zusammen kommt, aber probiere es und springe, ebenso wie Harry es tun muss, über deinen Schatten", rät er mir, daraufhin ein zustimmendes Nicken erhalten.

"Ich verstehe aber auch nicht, wieso er plötzlich wieder Kontakt zu seiner Mutter hat", bringe ich dann hervor. "Ich meine, die Frau schlug ihn vor Jahren und jetzt redet sie darüber, wie stolz sie auf Harry ist und all dieses Zeug. Wieso?"

Immer noch besitze ich kein gutes Bild von dieser Frau, bekomme jedes Mal, wenn ich an sie denke, Bilder vor meinen Augen, in denen ein kleiner Junge mit grünen Augen und wunderschönen, braunen Locken geschlagen wird, weinend darum bettelt, dass sie aufhört ihm weh zu tun.

Vielleicht stelle ich es mir auch nur zu dramatisch vor, aber diese Frau schlug ihren eigenen Sohn!

"Du kennst nicht die Hintergründe, Honor, und weißt auch nicht, was zwischen den beiden in den letzten Jahren geschah", beruhigt Ethan mich ein Stück, erneut einen Arm um mich legend, wodurch er mich dichter zu sich zieht. "Warte ein wenig ab, bis du dich bereit fühlst und lass dir dann alles erklären. Von Harry, weil nur er dir wirklich die ganze Wahrheit beibringen kann."

"Denkst du, er will noch immer mit mir reden, obwohl ich ihn so sehr abwies?"

"Er hat dich geküsst, oder?", fragt Ethan, einen bestimmten Gedanken dabei im Hinterkopf habend und ein Nicken von mir erhaltend. "Dann wird er nochmal mit dir reden wollen. Drei Jahre lang nicht mit dir reden und dich dann küssen. Honor, ich will nichts Falsches sagen, aber gib die Hoffnung nicht auf und lass die Dinge ihren Lauf mit der Zeit nehmen."

"Wie lange soll ich denn noch warten, Ethan?" Jaulend, traurig mein Gesicht verziehend lehne ich mich nun zu ihm rüber, meinen Kopf an seine Schulter lehnend. "Diese drei Jahre waren schon so unendlich lang und... Wie lange soll ich denn noch auf ihn warten, dass er mir einiges erklärt?"

"Ich weiß es nicht." Seufzend zieht mein bester Freund mich nun in seine Arme, drückt mich fest an sich und streicht gleichzeitig liebevoll mit seiner Handfläche über meinen Rücken. Enttäuscht schluchze ich einmal gegen seine Brust, wische mir eine Träne weg, bis ich mich wieder aufrichte, ihn dann fragend ansehe.

"Was wollt ihr beide überhaupt hier?"

"Übernachtungsparty", antwortet er mir verschmitzt, dann zu seinem Freund schauend. "Hat nur nicht so geklappt, wie es geplant war."

Wir beide kichern darüber, amüsieren uns leise, um den schlafenden Mann nicht aufzuwecken, der sich einmal dreht, dann auf dem Rücken liegend weiter schnarcht. Sein Mund steht ein Stück offen, der eine Fuß hängt von der Couch und seine Hand liegt auf seinem Buch.

Ethan beugt sich nun ein Wenig vor, streicht dem Blondschopf einmal durch die Haare, wobei er verträumt reinschaut, dann müde gähnt, was sich auf mich überträgt.

"Willst du bei ihm schlafen?", erkundige ich mich bei ihm, erhalte ein Nicken und ein 'Schlaf gut', bevor ich stöhnend aufstehe, mich kurz strecke und ihm eine gute Nacht wünsche.

Müde und mit kleinen Schritten schleife ich mich ins Badezimmer, putze mich flüchtig meine Zähne, wasche mein Gesicht mit Wasser und kämme meine -auch von Harry- zerzausten Haare durch.

Im Schlafzimmer schlüpfe ich in meine kurze Hose, will mir gerade mein Oberteil überziehen, als eine Idee aufkommt, gegen die ich nicht ankämpfen kann. Wenn auch etwas widerwillig tapse ich zu dem Kleiderschrank rüber, ziehe mir aus der untersten Schublade das weiße Oberteil hervor, welches der Lockenkopf damals hier vergaß.

Eigentlich trug ich es sehr lange nicht mehr, doch kann jetzt nicht widerstehen.

Der schmiegt sich an meine Haut als ich ins Bett steige, die Bettdecke über meinen Körper ziehe. Es macht keinen Unterschied, ob ich jetzt gut oder schlecht schlafen werde, da ich sowieso nicht schlafen kann, aber es gibt mir wenigstens ein besseres Gefühl.

Die Fragen wollen mich nicht loslassen und selbst Ethan konnte es nicht besser machen. Da gibt es so viele ungeklärte Dinge, so viele Unerklärlichkeiten und unterschiedliche Zusammenhänge, die ich aber alle nicht verstehen kann.

Er küsst mich, schreibt aber in dem Brief, dass er nie wirklich Liebe für mich empfand. Er wartet fünf Stunden vor dem Dinner, um mir einiges zu erklären, schrieb, aber damals so viele Gründe auf, durch die ich verwirrt wurde.

Zurzeit passiert eine Menge. Und vor einigem dieser Menge fürchte ich mich gewaltig.

Wie zum Beispiel alleine die Abschlusszeremonie, zu der meine Eltern und Großeltern erscheinen werden.

Sie werden sehen, wie ich neben Harry sitze, werden denken, dass wir immer noch zusammen sind und sich dann aber wundern, wieso er nicht mit nach Hause kommt, wieso die Wohnung so anders aussieht. So leer und einsam. Aufgebaut, dass eine einzige Person überleben kann.

Was wenn sie raus finden, dass ich sie so lange belog?

Gähnend kuschele ich mich mehr in die Decke, lasse meine Füße wegen der Hitze aber unten rausgucken und überschlage sie bei meinem Bauch. In mir herrscht jedoch auch eine Wärme, die mich innerlich aufkocht, die Schweißperlen auf meiner Stirn verursacht.

All diese Geschehnisse nehmen mich so sehr mit, dass ich mich nicht mehr klar konzentrieren kann und froh darüber bin, meine Prüfung schon bestanden zu haben. Würde ich sie jetzt schreiben, dann falle ich entweder durch oder breche alleine beim Ergreifen des Stiftes zusammen, da es eine zu hohe Anforderung an mich darstellt.

Wieso küsste er mich? Wieso, wenn es doch so wenige Gründe dafür gibt?

"Gott", stöhne ich genervt auf, mich im Bett hin und her wälzend, ständig tief Luft holend, weil ich nicht einschlafen kann. "Kannst du mir nicht einfach sagen warum? Und das kurz und knackig?", rege ich mich weiter auf, wütend meine Decke nun aus dem Bett strampelnd.

Ich schwitze so sehr, als sei ich gerade einen Marathon gelaufen, schnappe ständig nach Luft, die sich aber stickig anfühlt, weswegen ich irgendwann aufstehe, um mein Fenster zu öffnen.

Schon seitdem Harry verschwand, finde ich das Schlafzimmer nicht mehr schön, konnte es nur etwas besser, mit der günstigen Renovierung gestalten. Eine Leere herrscht, die mich bedrückt und sie wird erst verschwinden, wenn ich den Mann wieder sicher an meiner Seite habe.

Aber wann wird dies sein? Oder wird es nie passieren?


*Was sagt ihr dazu, wenn um 22 Uhr noch ein weiteres Kapitel online kommt?:)*

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