Kapitel 37 - Schicksal - Teil 2

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Medina

Finnja bestellte sich gerade eine Currywurst, als ich etwas an meinem Haar spürte. Genervt ließ ich meine Hand an meinem Hinterkopf wandern - ich hätte bei dieser riesigen, unvorsichtigen Menschenmenge meine Haare zusammenbinden sollen ...

Meine Augen ruhten auf dem dicken Mann hinter der Theke, der gerade die Pommes in der offenen Fritöse durchschüttelte, als ich erneut eine Bewegung an meinem Kopf wahrnahm.

,,Ich weiß, Kumpel, Medinas Haar ist wirklich atemberaubend schön - du hast eindeutig Papas Geschmack.''

Ich erstarrte. Zur Salzsäule. In diesem Moment. Doch das war noch nicht alles ... Es fühlte sich an, als würde das Blut in meinen Adern gefrieren, während mein Kopf vor Hitze zu explodieren drohte. Diese Stimme ... Diese unglaublich charismatische Stimme, an die ich noch immer so oft dachte - an die ich erst vor wenigen Minuten gedacht hatte, als dieser Imbissstand eine viel zu schmerzhafte Erinnerung in mir hervorrief ... Und nun hatte ich sie gehört, ganz klar - eindeutig.

Ich atmete plötzlich unglaublich schwer, als ich mich fragte, ob ich mich umdrehen sollte. Doch ... War ich bereit für das, was mich hinter mir erwarten würde? Ich zitterte und versuchte meine Lippen zu befeuchten, denn meine Kehle fühlte sich auf einmal staubtrocken an. Und dann tat ich es, ohne darüber nachzudenken. Es war wie ein Drang. Ich hielt den Atem an, als ich mich langsam umdrehte und glaubte, den Boden unter den Füßen zu verlieren, als ich plötzlich in zwei mir so unglaublich vertraute sattgrüne Augen sah. Unsere Blicke verloren sich ineinander und unglaublich viele Emotionen huschten über Levis Gesicht, das noch genauso gutaussehend war, wie vor zwei Jahren.

,,Medina'', raunte Levi und lächelte vorsichtig.

,,Levi'', entgegnete ich zaghaft.

,,Eis'', unterbrach plötzlich die piepsige Stimme auf Levis Arm unseren viel zu intensiven Blickkontakt. Meine Augen wanderten zu dem kleinen Charlie, der wie in meiner Vorstellung engelsgleich aussah, mit seinen blonden Locken und den gleichen grünen Iriden, in die ich mich vor so langer Zeit verliebt hatte.

,,Du bekommst noch dein Eis'', versicherte Levi seinem Sohn, strich ihm durch sein entzückendes Haar und schenkte seine Aufmerksamkeit dann wieder mir. ,,Es ... ist schön dich zu sehen'', sagte er mit leicht verträumten Blick. Meine Brust vibrierte regelrecht unter meinem kräftig schlagendem Herzen.

,,Es ist auch schön dich'', ich räusperte mich, ''euch zu sehen.''

Ich konnte nicht anders, als meine Augen kurz hinter Levi hin und her huschen zu lassen. War er alleine da? Oder vielleicht mit ...?

,,Oh ... Hallo!'', ertönte da auf einmal Finnjas ziemlich überraschte Stimme neben mir. ,,Levi ... Wie gehts? Und hallo kleiner Mann!'', begrüßte meine beste Freundin auch Charlie freundlich.

,,Sag hallo, Charlie'', forderte Levi seinen Sohn auf, doch der Kleine verkrümelte sich schüchtern an den tätowierten Körper seines Vaters. Da gesellte sich eine weitere Person zu uns, es war Diego.

,,Mensch Medina, wie schön dich zu sehen!'', sagte er fröhlich. ,,Und vor allen Dingen, was für ein Zufall!''

,,Hallo Herr Rimera'', sagte ich lächelnd, ''Ja ... Ich bin auch ganz schön überrascht ...'', gestand ich mit glühenden Wangen.

,,Siehst du, Levi, nun hast du endlich jemanden gefunden, der mit dir Riesenrad fahren kann'', fuhr Diego fort, streckte seine Hände nach dem kleinen Charlie aus und drückte Levi grinsend zwei Fahrscheine in die Hand.

Mit großen Augen sah der attraktive Koch erst seinen Ziehvater, dann die Fahrscheine und zu guter Letzt mich an.

,,Ich ... ehm ... Ich bin mit Finnja hier ... Ich kann nicht ... also ...''

Gott ... Es war einfach furchtbar, was für ein Wortgulasch in diesem Augenblick meinen Mund verließ.

,,Das ist kein Problem'', meinte Finnja rasch, ''ich esse doch sowieso gerade ...''

,,Ja, und deine nette Freundin kann mit uns gerne zum Eisstand hinüber schlendern. Leonie und Delphin geistern hier auch irgendwo rum'', fügte Diego hinzu.

,,Eis!'', freute sich Charlie zugleich.

Verlegen sah ich Levi an und biss mir auf die Unterlippe, als ich auch eine leichte Rötung seiner Wangen erkannte.

,,Gut, dann viel Spaß!'', sagte Finnja mit einem schelmischen Lächeln auf dem Gesicht, zwinkerte mir zu und verschwand in der nächsten Sekunde mit Diego und Charlie Richtung Eisstand.

Nervös stand ich da, sah Levi an und wusste nicht so recht, was ich sagen sollte.

,,Okay ... Ehm, wollen wir?'', erfasste er dann das Wort und deutete mit seinem Kopf zum Riesenrad, das nur wenige Meter von dem Imbissstand entfernt war.

,,Okay'', entgegnete ich und zwang meinen betäubten Körper langsam einen Fuß vor den anderen zu setzen. Es war seltsam, Levi nach so langer Zeit wiederzusehen, so viele Gefühle, die plötzlich wieder hoch kamen, so viele Emotionen, die mich überwältigten. Schüchtern und stumm hielt ich meinen Blick auf den geteerten Boden gerichtet, während ich Levis Augen auf mir ruhen spürte, doch auch er sagte nichts, bis wir vor dem gigantischen Riesenrad zum Stehen kamen.

,,Medina'', hauchte Levi leise und zwang mich somit, meinen Blick von dem dunklen Boden loszureißen und ihm in seine viel zu schönen Augen zu blicken. ,,Du musst das nicht tun ... Ich meine, du musst nicht mit mir Riesenrad fahren, wenn du nicht willst ...''

Unruhig hielt ich seinem eindringlichen Blick stand. Ich war so aufgeregt, aufgeregt und verdammt verwirrt, doch eines wusste ich - ich wollte mit Levi Riesenrad fahren.

,,Ich würde aber gerne mit dir Riesenrad fahren'', wisperte ich, strich mir eine lange Strähne meines Haares hinters Ohr und beobachtete, wie sich ein glücklicher Ausdruck auf Levis markantem Gesicht mit dem gepflegten Knebelbart legte.

,,Okay .,. Das freut mich.''

Die Schlange des Riesenrads sah lang aus, doch es ging schneller voran als gedacht. Die Spannung zwischen Levi und mir war unverkennbar. Keiner von uns beiden brachte ein Wort heraus, als wir uns Schritt für Schritt den Waggons näherten, aber unsere Augen gingen auf Erkundungstour. Ich konnte nicht sagen, was Levi dachte, doch ich erkannte Zuneigung in seinen Blicken, die meinen Körper umgarnten. Und auch ich konnte mich nicht an ihm satt sehen - alles an ihm war mir so schmerzhaft vertraut ...

Dann saßen wir endlich in einem der weißen Waggons - nebeneinander, Haut an Haut und mein Herz machte einen Satz, als das Fahrgeschäft begann sich zu bewegen. Beschämt betrachtete ich die Umgebung, die Stadt, die mit jeder Sekunde kleiner und kleiner wurde, unter der beträchtlichen Höhe, zu der wir uns fortbewegten.

,,Geht es dir gut?'', fragte Levi mich da, was mich meinen Kopf zu ihm drehen ließ.

Ich nickte ruhig.

,,Ja, ich darf nur nicht zu lange nach unten starren.''

Er räusperte sich.

,,Ich meine, ob es dir gut geht, in ... naja ... In deinem Leben?'', wollte Levi wissen, was mich überrumpelt meine Lippen öffnen ließ.

,,Ich ... Ja ... Im Großen und Ganzen geht es mir gut. Und ... Dir?''

Levi nickte einige Sekunden lang nachdenklich.

,,Mir auch.''

,,Schön'', flüsterte ich angespannt.

,,Ja ... Schön ...'', murmelte er.

Eine lange Stille folgte, in der wir den höchsten Punkt des Riesenrads erreichten. Die Aussicht war der Wahnsinn - die Frankfurter Skyline, der Main, der Taunus, man hatte einfach auf alles einen unglaublichen Ausguck.

,,Wow'', entkam es mir bewundernd und ein Lächeln schmückte mein Gesicht.

,,Ja, das finde ich auch'', entgegnete Levi. Ich schluckte, als ich verstand, was er damit gemeint hatte - denn seine Augen ruhten nur auf mir.

,,Medina ich ... Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht an dich denke, selbst nach all der Zeit'', platzte es da plötzlich aus ihm heraus, sodass sich meine Lippen überrascht öffneten. ,,Ich ... vermisse dich ...''

Ich schluckte. Dieses Geständnis schnürte mir die Luft ab, weshalb ich konzentriert versuchte, auf meine Atmung zu achten und währenddessen krampfhaft überlegte, was ich antworten sollte. Mir ging es genauso, so viel stand fest ... Doch ... War das der richtige Weg? Die richtige Art von Kommunikation?

,,Wohnst du noch bei deinen Eltern?'', hakte Levi vorsichtig nach.

Ich schüttelte meinen Kopf.

,,Nein, ich wohne jetzt mit Finnja zusammen.''

Ich meinte, einen Anflug von Erleichterung in Levis Zügen zu erkennen.

,,Und du?'', fragte ich und knetete unruhig meine Hände auf meinen Schoß.

,,Ich lebe immer noch in ... derselben Wohnung wie früher'', antwortete der Koch und sah mich vorsichtig an. Ich verstand, warum diese Gegenfrage ihm Unbehagen bereitete, war seine Wohnung doch monatelang unsere Wohnung gewesen. Wir bewegten uns allmählich wieder nach unten, als Levi plötzlich behutsam seine große Hand auf meinen nackten Schenkel legte, was meinen Unterleib zum Kribbeln brachte. ,,Medina ... Mittlerweile ist Charlie jedes zweite Wochenende bei mir, ich hole ihn ab und bringe ihn wieder zurück, doch das alles ohne ... Amelies ... Wohnung zu betreten. Unser Kontakt ist aufs Minimum beschränkt, auch wenn ich ihn Mittwochs für ein paar Stunden bei mir habe, rede ich nur das nötigste mit ihr ...''

Diese Worte schlugen auf mich ein, wie ein erbarmungsloser Hagelschauer ...

Konnte es denn wirklich sein, dass Amelie es nicht geschafft hatte, den Vater ihres Kindes um den Finger zu wickeln und für sich zu gewinnen?

War meine immense Eifersucht in Levis und meiner sonst nahezu perfekten Beziehung wirklich so unbegründet gewesen?

Hatte ich etwa alles, was wir hatten, zerstört?

Das Riesenrad drehte sich weiter - es ging nach unten, genauso wie meine Stimmung, als ich verstand, dass ich meiner großen Liebe nicht genug Vertrauen entgegengebracht und somit alles zwischen uns zunichte gemacht hatte.

,,Medina ... Ist alles okay?'', fragte Levi besorgt und griff zärtlich nach meinen Händen, die vor Verzweiflung zitterten. Mit feuchten Augen schüttelte ich meinen Kopf - gerade als wir zum Stehen kamen.

,,Nein'', hauchte ich, ''Gar nichts ist okay ...''

,,Aber warum? Sind das nicht gute Nachrichten? Du musst wissen, dass ich dich noch immer ...''

Das war zu viel! Die Sicherung des Waggons öffnete sich und noch bevor Levi seine letzten, rührenden Worte hatte aussprechen können, ergriff ich, wie schon so oft, die Flucht. Mit nassen Wangen nahm ich meine Beine in die Hand und rannte durch das tüchtige Treiben des Jahrmarkts, bis ich plötzlich Finnjas helle Stimme hinter mir erkannte.

,,Medina, warte!'', rief sie, was mich abrupt zum Stehen brachte. ,,Medina'', schnaufte sie gehetzt, ''Was ist denn passiert?''

Mit verschwommenen Blick sah ich meine beste Freundin an, bevor ich ihr schluchzend in die Arme fiel.

,,Alles ist passiert'', wimmerte ich. ,,Alles und gar nichts.''

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