1 🔯 Mein Bekannter, der Tod

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Einige Wochen später...

In Krimis und im Fernsehen waren Banküberfälle echt spannend. Man bangte um das Leben der Protagonisten, aber mit großer Wahrscheinlichkeit überlebten diese das. Manche waren mutig und lieferten sich einen krassen Schlagabtausch mit den Tätern, aber die meisten blieben ruhig. Aber immer wurden alle Menschen gerettet, außer vielleicht bei Supernatural.

Ich hatte nicht so viel Glück. Nenne man es Schicksal oder Strafe, völlig egal. In dem Moment, als der maskierte Kerl, der im Eingangsbereich stand, seine Knarre hob und uns zum Hinsetzen aufforderte, drehte ich einfach durch. Der Weg zur verglasten Drehtür schien frei zu sein und gerade machte der Aufpasser ein paar Schritte mit dem Rücken zu mir.

Nur wenige Meter in die Freiheit. Ich konnte es schaffen. Adrenalin schoss in meine Adern und ich spannte die Muskeln an. Dann schoss ich unvermittelt los, rannte, lief so schnell wie noch nie in meinem Leben. Hinter mir wurden Stimmen laut und dann fand ich mich plötzlich auf dem Boden wieder. Der kalte Fliesenboden drückte gegen mein Gesicht und mein Körper wurde schmerzhaft auf den Boden gedrückt. Ächzend versuchte ich mich wieder aufzurappeln, aber ich wurde festgehalten.

So zahlte es sich also aus, dass ich nie für den Sportunterricht trainierte. Ich war selbst auf kurzer Distanz so langsam, dass man mich schnell einholen konnte. Ich roch den Schweiß der Person, die mich jetzt auf die Knie zwang, indem sie mich mit einem schmerzhaften Griff an den Oberarmen hochdrückte.

»Mädchen«, sagte eine rauchige, definitiv weibliche Stimme, »Das war dumm.« Mit schmerzverzerrtem Gesicht würgte ich hervor: »Wieso? Wollen Sie mich jetzt dafür umbringen?« »Nicht ganz«, zischte die Frau, »aber du wirst den Ehrenplatz bekommen.« Ehrenplatz? »Los«, bellte meine Wächterin, wobei einige der Leute zusammenzuckten.

Sie brachte mich zurück an einen Platz nahe einem der Tresen, an dem sich ein Telefon befand. Jeder Schritt informierte mich, was für einen großen blauen Fleck ich mir durch den Sturz eingefangen hatte. Von draußen ertönten Polizeisirenen, was mein Herz ein wenig erleichterte. Einer der Bankangestellten piepste mit verängstigter Stimme: »Wenn Sie jetzt gehen, können Sie entkommen. Nehmen Sie doch einfach das Geld, das Sie schon haben und lassen...«

Weiter kam er nicht, denn der Aufsichtstyp richtete seine Waffe auf den kleinen, dicken Angestellten, der sofort verstummte und mit weit aufgerissenen Augen das verhüllte Gesicht des Mannes anstarrte. Ein einzelner Schweißtropfen perlte über seine bleiche Stirn und er schluckte hörbar.

Vor der Southern Hills Bank hatte sich eine Reihe von Polizeiwagen versammelt, um die herum zahlreiche Beamte standen und mit auf die Glasfront gerichteten Waffen ausharrten. Sie hatten einen perfekten Blick auf die Situation und ich bezweifelte stark, dass sie das Gebäude stürmen würden. Ein weiterer Mann, wie ich anhand der Statur erkennen konnte, kam mit schnellen Schritten aus der Richtung des Tresorraumes und direkt auf den Tresen vor mir zu.

»Wir brauchen mehr Zeit«, informierte er die Frau, die mich noch immer mit eisernem Griff festhielt. »Sie werden jeden Moment für die Verhandlungen anrufen«, antwortete sie und verstärkte ihren Griff. »Es ist wichtig, dass die Cops merken, dass wir es ernst meinen. Ich kann mich doch auf dich verlassen?« Der Mann nickte schnell und sah zum Telefon.

Der mützenartige Schleier ließ nicht viel mehr als seine Augen erkennen, die mich erschrocken nach Luft schnappen ließen. Wenn mein Puls nicht vorher schon bei dreihundert war, dann war er das spätestens jetzt. Wer war so verrückt, goldene Kontaktlinsen bei einem Banküberfall zu tragen?!

Einige Minuten vergingen, in denen die Frau hinter mir immer mal wieder genervt ausatmete. Wo war Debbie, wenn man sie wirklich mal brauchte? Warum war nicht sie, sondern ich heute an dieser Stelle? Gerne hätte ich geflucht - und das nicht nur ein bisschen -, aber es schien mir irgendwie ein unpassender Moment zu sein, da ich wohl als Vorzeigegeisel herhielt.

Das Schrillen des Telefons ließ nicht nur mich zusammenzucken. Mein Gott, ich würde niemals, niemals dieses nervige Geklingel einstellen! Was war nur mit den Menschen heutzutage los? Der Mann vom Tresorraum nahm das Gespräch an, nicht ohne vorher mit seinen goldenen Augen zu meiner Peinigerin zu schielen.

Mein Magen meldete sich mit einem lauten Knurren. Wenn das nicht mal der unpassendste Moment war, hungrig zu sein! Würde hier ein Spiegel hängen, hätte ich mir selbst einen ungläubigen Blick zugeworfen. Die beiden Bankräuber beachteten mich gar nicht, sondern konzentrierten sich ganz auf das Telefonat. Durch den peinlichen Zwischenfall mit meinem Magen hatte ich gar nicht mitbekommen, was gerade gesagt wurde.

»Gar nichts werden wir! Nein, nein, jetzt hören Sie mir mal zu. Sie geben uns jetzt fünfzehn Minuten oder es stirbt noch jemand. Bei irgendeiner auffälligen Bewegung sterben sie alle, all die Leute hier drin. Also überlegen Sie es sich gut, ob Sie den Deal annehmen«, schnauzte der Kontaktlinsen-Mann in den Hörer und knallte ihn auf den Tresen, ohne aufzulegen. In Gedanken wiederholte ich diesen einen Satz. Oder es stirbt noch jemand?

Wie war das gemeint?
So schnell, das ich gar nicht richtig begreifen konnte was passierte, hob der Mann mit den goldenen Augen seine Knarre, zielte auf mich und drückte ab. Der Knall hallte in meinem Schädel wider, aber ich hatte keine Zeit, zu schreien. Für eine Sekunde spürte ich einen stechenden Schmerz, der durch all meine Glieder tobte, dann wurde alles schwarz.

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Leider blieb das nicht so. Fast sofort öffnete ich die Augen wieder und setzte mich schwungvoll auf. Heftig atmend starrte ich meinen Möchtegern-Mörder an, der mich allerdings überhaupt nicht beachtete. Auch alle anderen ignorierten mich. Fassungslos bemerkte ich, dass ich keinerlei Schmerz spürte. Das war doch nicht normal! Hungrig war ich auch nicht mehr. Das musste der Schock sein.

Ein Feuer entflammte in mir, kroch durch meine Adern und füllte mein Herz. Es war weiße, glühende Wut. Hatte man gerade wirklich versucht, mich zu töten?! Ich stand unsicher auf und blickte an mir herunter. »Was zur Hölle - !« Kein Tropfen Blut, nicht mal eine Schusswunde. Doch das war es nicht, was so verrückt war. Ich stand vor mir selbst.

Ja, da lag ich, eins zu eins, bis auf die Tatsache, dass die Morgan da auf dem Boden meine fehlende Schusswunde aufwies. Und sie sah sehr tot aus. Schauer jagten über meinen Körper. »Wa- wa- was...« Eine Stimme unterbrach mich. »Du bist tot.«

Zwischen all den knienden Menschen bahnte sich eine schmale, hochgewachsene Gestalt hindurch, bis hin zu mir. Wenn ich jemanden zu sehen erwartet hätte, dann wäre das ganz und gar nicht der gewesen. Verdammt, eigentlich hatte ich mir das ganz anders vorgestellt, mit endloser Schwärze und so...aber nicht das hier.

Ich kam mir vor wie in einem schlechten Film. Vor mir lag ich selbst, blutend und bewegungslos. Die Leute sahen mit starren Blicken auf meinen Körper und einige hatten verzweifelt angefangen zu schluchzen. Sie alle schienen Nathan gar nicht zu bemerken, der jetzt vor mir, beziehungsweise beiden meiner Versionen, stand und mich mit seinen dunklen Augen fixierte.

Mir fiel nichts anderes ein, als angepisst »Was glotzt du so?«, zu murmeln. Nathan verzog keine Miene. Was hatte ein Typ aus meiner Jahrgangsstufe hier zu suchen? Der bekam ja schon so nichts mit, da er ständig wie abwesend war. Ich hatte immer vermutet, dass er unter Drogen stand. Was zu der Tatsache passte, dass das hier ein wirrer Traum sein musste.

Ich träumte immer von irgendwelchen gruseligen Typen, die mich durch skurrile Gegenden jagten. Ja, warum war ich nicht gleich darauf gekommen? Es war alles nur ein Traum. Allerdings ein sehr lebhafter...
Da Nathan nicht antwortete, fragte ich weiter. »Was tust du hier?« Diesmal ließ er sich dazu herab, zu antworten, wobei er seine dunklen braunen Augen zusammenkniff.

Ich hatte ihn vor dem heutigen Tag noch nie reden hören, weswegen die dunkle, ruhige Stimme mich überraschte. Hätte ich raten müssen, ich hätte auf eine kratzige getippt. »Das ist kein Traum, auch wenn du das bestimmt denkst. Überleg doch mal: hat man in Träumen auf diese Art Schmerzen wie nach dem Schuss?« »Bin ich Traumexperte?«, giftete ich, musste ihm aber Recht geben.

Trotzdem war ich ein einigermaßen rational denkender Mensch und so war das unmöglich, was Nathan da andeutete. »Um darauf zurückzukommen, warum ich hier bin: das liegt einfach an der Tatsache, wer ich bin.« Nathan legte den Kopf schief, was einen Schimmer auf seine dunklen Haare warf. Ich verdrehte die Augen. »Ach, und wer sollst du denn sein, Nathan? Der Tod? Der Mensch gewordene Sensenmann? Das ist lächerlich.«

»Nicht so lächerlich wie dein Unglaube.« Seine Stimme glich einem Donnergrollen. »Aber du hast es beinahe erraten. Streich mal die ersten zwei Buchstaben von Nathan. Vielleicht hilft das deinem eingerosteten Verständnis auf die Sprünge.« Ernsthaft? Jetzt fing er mit Buchstabenspielchen an?! »Than. Alles klar. Das hilft mir unglaublich.«

Meine Stimme triefte fast vor Ironie. Nathan, oder wer auch immer, sah echt entnervt aus. Er stemmte die Hände in die Hüften und erklärte mit dieser grollenden Stimme: »Mein Gott, habt ihr nie irgendeine Art Mythologie in der Schule durchgenommen? Die Menschen heutzutage haben echt keinen Funken Respekt mehr.« Da konnte ich ihm sogar zustimmen.

Nathan fuhr fort. »Ich bin Thanatos, der griechische Totengott!« Bei den letzten Worten breitete er theatralisch die Arme aus und sah mich erwartungsvoll an. Okay. Damit war es bewiesen: er war verrückt. Vielleicht war ich das ja auch, aber man sollte bei Verrückten lieber Vorsicht walten lassen.

Also setzte ich ein Lächeln auf, in der Hoffnung, es sehe nicht wie eine Grimasse aus, und verkündete: »Sorry, ich muss mal kurz telefonieren. Warte einfach hier!« Dann drehte ich mich um, lief zwischen die Tresen und zur Feuertür, die ich aufriss und dann rannte ich los.

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