298 Tage zuvor

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Abwartend sah mich Dr. Michel an, doch ich starrte weiterhin nur auf meine Füße. „Weißt du, Mia, es gibt nichts zu befürchten und auch nichtss, für das du dich schämen musst. Ich werde auch nichts von dem, was wir besprechen weitergeben. Auch wenn es vielleicht am Anfang weh tut, über Matteo zu sprechen, wird es dir danach besser gehen", erklärte sie sanft.

Als sie seinen Namen aussprach, zog ich scharf die Luft ein, blickte aber weiterhin auf meine Schuhe. „Wir können uns auch erstmal gerne anschweigen, aber ich glaube, du verstehst das, wenn ich dir sagen, dass deine Eltern sich hierdurch eine Besserung erhoffen. Nicht, dass du das nur für deine Eltern tun solltest, ich denke, dir liegt ebenso wie ihnen etwas daran, dass es dir besser geht", fuhr sie fort,

„Weißt du, mit den Kleineren, die zu mir in diese Praxis kommen, spiele ich immer zu Beginn ein Spiel. Abwechselnd dürfen wir uns eine Frage stellen. Jedoch ist der Schlüssel an diesem Spiel natürlich, wie du dir bestimmt denken kannst, die Wahrheit zu sagen. Wärst du bereit, dass mit mir zu spielen?", fragte sie mich und sah mich weiterhin so durchdringend an, dass ich mich beinahe dazu verpflichtet fühlte, ja zu sagen.

„Fang du ruhig an, dann kommst du besser in das Spiel rein", forderte sie mich auf und so begann ich.

„Warum tun Sie das hier?" „Weil ich gerne jungen Leuten wie dir helfen möchte", antwortete sie wie aus der Pistole geschossen. Wahrscheinlich hatte sie diese Frage schon tausenden Kindern beantwortet. „Wie alt bist du jetzt, Mia?", fragt sie mich und riss mich damit aus meinen Gedanken. „17. Und Sie?" „36. Und in welche Klasse gehst du?" „In die 12. Sind Sie verheiratet? „Ich war es mal", antwortete und ich bildete mir einen kurz einen verletzten Blick wahrzunehmen.

Doch Sie begann sofort weiter zu fragen: „Und hast du einen Freund?" Sofort schüttelte ich den Kopf und sah sie dann herausfordernd an. „Wieso fragen Sie mich das eigentlich alles? Ich nehme an meine Mutter hat Sie schon über alles Mögliche informiert? Also warum verschwenden Sie Ihre Zeit mit diesen Fragen?", fragte ich sie diesmal jedoch mich einem angriffslustigen Unterton.

„Gute Fragen und auch wenn das jetzt eigentlich gegen unsere Spielregeln ist, werde ich dir alle Fragen beantworten. Ja, wie du richtig vermutet hast, weiß ich ziemlich viel über dich. Aber ich wollte dich nicht direkt damit überfallen, weißt du. Ich wollte Antworten von dir und nicht von deiner Mutter, auch wenn es nur so belanglose sind. Aber natürlich können wir, wenn du das willst, auch direkt mit den anderen Fragen beginnen", erwiderte sie mir und nun war es an ihr, einen herausfordernden Unterton mitschwingen zu lassen.

Nur um nicht nachgeben zu müssen, zuckte ich nur mit den Schultern. „Ok. So haben wir beide auch mehr von der Stunde. Jedoch ist ganz wichtig, dass du nicht auf jede meiner Fragen antworten musst. Irgendwann, ja, aber nicht, wenn du dich nicht bereit fühlst. Außerdem solltest du wissen, dass du dich, wie vorhin schon erwähnt, für nichts schämen musst, wenn du weinen musst, ist das okay. Aber es ist auch okay, wenn du schreien möchtest, verstanden?", fuhr sie nun fort, jedoch wieder mit ihrer sanften Stimme.

Widerwillig nickte ich, auch wenn ich ganz bestimmt nicht vor hatte zu weinen. „Als Erstes würde ich gerne wissen in welchem Verhältnis du und Matteo zueinanderstanden", begann sie mit ihren Fragen und sah mich an. „Beste Freunde", nuschelte ich und sofort begannen meine Augen wieder zu brennen. Schnell blinzelte ich, damit ja keine Träne fließen konnte. „Warum trägst du die Cap?" „Weiß nicht", murmelte ich wieder.

„Würdest du sie für mich ausziehen, damit ich dein Gesicht sehen kann?" „Um dann aus meinem Gesicht was ablesen zu können, oder sehen zu können, wenn ich weine? Nein", widersprach ich und spannte meinen Kiefer ab. „Weißt du, Mia, du bist wirklich intelligent. Aber eigentlich hätte ich nur gerne mal gesehen, wie deine neue Frisur aussieht", erwiderte sie und überging meine aggressive Antwort damit.

„Ach, davon hat meine Mutter Ihnen also auch erzählt? Hat Sie Ihnen auch erzählt, dass sie findet, ich sehe aus, als hätte ich Krebs, so wie sie es mir gesagt hat?", antwortete ich und wurde von Wort zu Wort lauter. „Denkst du das auch?", fragt Sie jedoch nur. „Und wenn es so wäre? Ist doch scheißegal!", schrie ich nun schon fast und sprang auf.

Wütend zog ich mir die Cap vom Kopf und knallte sie ihr vor die Füße. Dr. Michel zuckte jedoch nicht einmal zusammen, als ich wütend zum großen Fenster ging und auf die Straße schaute. Hinter mir hörte ich, wie die Ärztin auf mit Kugelschreiber auf ihr Klemmbrett schrieb.

„Schreiben Sie das jetzt auch noch auf, oder was? Schreiben Sie auf „wird schnell aggressiv"? blaffte ich sie an. So, als hätte ich gerade etwas komplett anderes gesagt, schrieb sie in Ruhe zu Ende und sah mich dann mit einem leichten Lächeln an.

„Du hast eine der Regeln vergessen, die ich dir vorhin gesagt hatte. Ich habe gesagt, dass du dich für nichts schämen brauchst, was du hier erzählst, oder welche Gefühle du hier zeigst. Du machst gerade etwas sehr Schwieriges durch, was nicht viele in deinem Alter müssen. Es ist okay, wenn es dir manchmal zu viel wird. Das ist ganz normal. Setz dich doch bitte wieder, ich möchte dir etwas erzählen", erklärte sie mir und fuhr, als ich wieder saß, langsam fort.

„Du hast mich ja vorhin gefragt, weshalb ich das alles hier mache. Ich habe dir geantwortet, dass ich gerne Menschen helfe und mich damit an unsere Spielregeln, die Wahrheit zu sagen, gehalten habe. Das erzähle ich allen Kindern und Jugendlichen, die hier hinkommen. Jedoch erzähle ich den wenigsten, was ich dir jetzt erzählen kann. Ich würde dir nämlich gerne zeigen, dass es nicht schlimm ist zu trauern und seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen.

Vor 6 Jahren ist mein Mann gestorben, auch an Krebs, so wie Matteo. Und ja, ich habe ihn geliebt und ich liebe ihn immer noch. Aber wie du siehst, bin ich trotzdem fröhlich. Ich kann dir versichern, dass das nicht immer so ist, das ist ganz natürlich. Aber du solltest wissen, dass es gut ist, sich mit seiner Trauer auseinanderzusetzen.

Ich habe damals dann die Fortbildung zur Trauerbegleiterin gemacht. Und das will ich dir jetzt mitgeben. Es ist wichtig Mia, dass du dir nichts verbietest, nur weil er jetzt nicht mehr da ist. Es ist wichtig, dass du lernst, damit umzugehen und es zu akzeptieren. Verstehst du jetzt besser, weshalb du hier bist?"

Schnell wischte ich mir die Tränen, die sich in meinen Augen gesammelt hatten, mit meinem Handballen weg und schluckte. Vielleicht hatte sie Recht, natürlich hatte sie Recht, sie hat das gelernt. Aber wie sollte ich so etwas je akzeptieren können?

Ein Klopfen riss mich aus meinen Gedanken und meine Mutter kam ins Zimmer. „Ach, Sie sind wieder da, Frau Hauser. Sehr gut, dann ist unsere Stunde jetzt hier beendet, Mia. Wir sehen uns dann nächste Woche wieder. Und als ich ihre Hand schüttelte, sah sie mir noch ein letztes Mal so tief in die Augen, dass ich nun sicher war, sie hatte direkt in meine Seele gesehen.

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