Wenn in Narnia...

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          Was Katastrophen anbelangte, war diese wenigstens ästhetisch ansprechend. Ana stand für mehrere Sekunden in der Tür und starrte die goldenen Adern und die riesigen Wurzeln an, halb erwartend, dass sie sich vor ihrer Nase auflösen würden. Sie waren überall. Wanden sich um die Häuser wie ein riesiges Baumhaus auf dem Boden. Frost breitete sich über ihnen aus und ließ die nächtliche Stadt golden in ihrem Licht glitzern.

Fast hätte sie den verpasst, wie der Kerl vor ihr sich wieder in Bewegung setzte. Sie hätte ihn gerne gehen lassen. Jeder Kerl, der sich von ihr entfernte, war eine Erleichterung. Aber sie durfte nicht. Diesen hier brauchte sie vielleicht noch.
„Hey?"

Er hörte sie nicht beim ersten Mal und beinahe hätte Ana ihn doch ziehen lassen. Sie hatte sich irgendwie selbst hierher bekommen. Sie würde sich auch irgendwie wieder herausholen. Sie wusste nur nicht wie. Also rief sie noch einmal. Lief ein paar Schritte aus dem Schutz des Gildenhauses heraus.

Der Mann im langen Mantel drehte sich erst zur Hälfte und dann ganz zu ihr um, als könne er nicht glauben, wer ihm da hinterherlief.
„Oh nein- verschwinde", mit seiner freien Hand, die nicht seine Reisetasche umklammert hielt, machte er eine scheuchende Bewegung, als wäre sie eine Katze, „Ich habe gerade keine Zeit, lose Enden zu beseitigen."

Lose Enden? Der Satz ergab für sie so wenig Sinn, dass sie kurzzeitig tatsächlich stehen blieb und ihre Erinnerungen nach einer Erklärung durchforstete. Unangenehme Bilder eines furchtbaren Abends warteten dort auf sie, die nicht einmal was mit ihrer jetzigen Situation zu tun hatten. Sie schob sie alle hinter eine große Wand. Einfach nicht daran denken.

Stattdessen fokussierte sie sich auf den Kerl vor ihr. Goldene Augen und rötlich braune Haare, die im Dunkel der Nacht eher die Farbe von Matsch angenommen hatten.
Du hast mich hierhergebracht, richtig?" Sie hoffte, dass sie richtig lag. Ganz sicher war sie sich nie.

Aus ihrer Sicht gab es zwei Möglichkeiten, was passiert war.
Entweder, sie lag gerade in ihrem Bett und hatte einen von diesen Träumen. Logisch gesehen war es wahrscheinlich. Realistischer. Denn die Alternative war, dass Magie echt war, all die Leute um sie herum echt waren und sie entführt worden war an einen Ort, an dem noch nicht einmal True Crime sie finden würde.

Die erste Variante wäre ihr lieber. Weniger gefährlich. Keine drohende stationäre Aufnahme in einer Anstalt, weil sie immer noch nicht zuhause angekommen war. Kein Weltbild, das auf den Kopf gestellt worden war, wo ihres schon vorher nicht mit dem allgemeinen Konsens übereinstimmte.

Aber das hier war kein Traum. Das hier war eine Katastrophe.

Sie hatte es gewusst in der Sekunde, da sie die Augen aufgeschlagen hatte.

Sie ballte ihre Hände zu Fäusten, um Kontrolle ringend, von der Judy ihr zu oft versichert hatte, dass sie sie nicht besaß. Sie konnte jetzt keine Panik haben. Logik würde helfen. Musste helfen.
„Du musst mich so schnell es geht zurückbringen. Bitte."

Der Kerl musterte sie noch einmal, runzelte die Stirn und... „Nein?" Er sagte es, als könne er gar nicht glauben, um was sie ihn gebeten habe. Als wäre es das Letzte, was ihm in den Sinn kommen würde, wenn er sie so ansah.

Er wollte wieder loslaufen, doch Ana folgte ihm. Das war keine Antwort, die sie akzeptieren konnte. Wie lange war sie bereits unterwegs? Und wie schnell konnte man eine Vermisstenanzeige bei der Polizei aufgeben?
„Nein, du willst nicht oder nein, du kannst nicht?"

Er hielt inne, offensichtlich debattieren, ob sie eine Antwort überhaupt wert war. Doch kurz bevor sie die Frage wiederholte, drehte er sich wieder um.
„Du bist neu hier", sein geduldiger Tonfall wurde von seinem Gesicht Lügen gestraft, Lächeln oder kein Lächeln, „Und du hattest einen furchtbaren Tag, also erkläre ich es dir gerne noch mal: Das. Ist. Nicht. Möglich. Reisen zwischen Welten ist-..."

„... eine Einbahnstraße. Hat man mir bereits gesagt", schnitt Ana ihm das Wort ab. Sie behielt ihn im Auge, wie jemand einen abgelenkten Bären im Camp beobachtete. Sie hatte das Bedürfnis den Bären mit einem Stock zu pieken.
„Man hat mir außerdem erzählt, dass ich angeblich eine Trägerin bin und du ein Weltenwandler. Der Weltenwandler?"

Sie hatte einen Nerv getroffen. Es war nur eine kleine Veränderung in seinem Kiefer, doch Ana hatte ihr ganzes Leben damit zugebracht kleine Gesten zu entdecken, bevor sie zu ausgewachsenen Problemen wurden. Zu Nachmittagen im Rektorat. Zu spontanen Terminen bei Dr. Neill oder betrunkenem Atem im Nacken und klebrigen Fingern unter T-Shirts.

Ein unheilvolles Leuchten in seinen Augen begleitete seine ausholende Geste.
„Der Älteste."

Sie arbeitete so hart daran, ihre Ängste auszublenden, dass sie die Warnung in dem letzten Wort verpasste. Ein klein wenig der immer präsenten Müdigkeit zulassend, stemmte sie die Hände in die Seiten.
„Der Weltenwandler, der hierher zurückgekehrt ist?"

Sein Gesicht stoppte, was auch immer es davor getan hatte. Die goldenen Augen spiegelten die Lichter der Wurzeln wider und den Wunsch, sie zu erwürgen und danach in Ruhe seine Einkäufe erledigen.
„Alle machen einmal Fehler."

Die Müdigkeit wurde schwerer.
„Welche Einbahnstraße macht einen Fehler und lässt einen zurückreisen?" Es war sinnlos mit ihm zu diskutieren. Judy erwartete sie seit Stunden zuhause und sie war in einer anderen Welt. Wahrscheinlich hatte sie bereits Anas Koffer gepackt.

Ein goldenes Auge zuckte. Er ließ sich wieder Zeit mit seiner Antwort, jede ihrer Bewegungen in sich aufsaugend, als suche er nach dem perfekten Moment sich auf sie zu stürzen.

Ana schluckte und machte instinktiv einen Schritt zurück. Hatte sie aus dem letzten Abend nichts gelernt?

„Na los", sagte er schließlich, die Stimme eine tiefe, dunkle Versuchung, „Frag das Universum, was es sich dabei gedacht hat."

Es war die Art, wie er es sagte. Als hätte er die Frage schon tausend Mal gestellt und wäre kurz davor die Stille mit einer Explosion zu füllen. Es war sein Tonfall, der Ana aus der Dämmerung herausblinzeln ließ. Sie kannte diesen Tonfall. Er ließ sie den Rücken durchdrücken.

Jeder Schritt vollkommen bewusst gesetzt, wie eine Raubkatze kurz vor dem Sprung, kam er näher. Er sprach ruhig, halb amüsiert, doch das hätte niemanden getäuscht.
„Frag das Universum, warum es deinen Pfad mit einem Monster gekreuzt hat, das normalerweise seine Träger in kleine Stücke zerfetzt, bevor es sich ein neues Opfer sucht."

Ana blinzelte stumpf, ihre Kehle plötzlich eng. Ihr Blick flatterte zu der roten Kerbe in seiner Augenbraue und etwas anderes klickte in ihrem Verstand. Versetzte sie zwei Schritte neben sich- nicht mehr gefangen in eisiger Panik, sondern... entfremdet?
„Bist du... okay?"

Er stockte, als hätte sie ihn geohrfeigt. Für einen langen Herzschlag versuchte er, sich zu sammeln, ehe er sich aufrechter hinstellte und sie einer neuen Musterung unterzog.
Monster und zerfetzt sollten eigentlich deine roten Flaggen sein, hier aus der Konversation zu verschwinden."

Ana widerstand dem Bedürfnis, ihm eine Hand auf die Schulter zu legen. Das war vielleicht Dr. Neill, die aus ihr sprach aber...
„Niemand der okay ist, bezeichnet sich selbst als Monster und droht anderen, sie zu zerfetzten. Sie haben in dem Wald auf dich geschossen. Wenn du Schmerzen hast..."

Es war das Falsche gewesen. Oder zumindest las sie das aus dem dunkler werdenden Blick: „Spar mir dein Mitleid. Ich werde dir nicht helfen", er zog eine Grimasse und deutete auf seine Brust, „Dazu bräuchte ich ein Herz und mir wurde mehrfach versichert, dass ich nur noch Kohle besitze."

Das hatte Ana nicht gemeint. Überhaupt nicht. Aber sie brauchte seine Hilfe und er hatte sie überhaupt erst hierhergebracht.
„Bitte! Ich bin einen Schritt entfernt davon, meinen Abschluss zu verpassen, weil meine Mutter mich in eine An-" Sie klappte energisch den Mund wieder zu.

„Das ist wirklich alles sehr tragisch...", ihm fehlte jedes Mitleid und er gab sich auch keine Mühe, „Und vielleicht gibt es einen Weg zurück. Vielleicht auch nicht. Ich weiß es inzwischen nicht mehr. Aber was ich weiß, ist, dass ich nicht dein Ritter in weißer Rüstung bin."

„Das sehe ich. Du hast mich hierhergebracht."

„Die Welt ist ein furchtbarer Ort. Jede Welt, meiner Erfahrung nach. Ich habe dich gebraucht, um aus deiner Welt wegzukommen. Das macht mich nicht wirklich zu einem Helden, oder?" Er gab ihr Zeit, darüber nachzudenken. Musterte sie, als könne er direkt in ihren Kopf hineinsehen. Und als sich dort keine Antwort formte, nickte er.
„Exakt. Also finde jemand anderen, der dich rettet. Oder noch besser: Probiere es doch mal selbst."

Ana stand bewegungslos vor ihm. Judys Worte drangen wie durch einen langen, dunklen Tunnel zu ihr hindurch. Echoten in ihr wieder, bis sie die einzelnen Worte kaum noch auseinanderhalten konnte. 'Du hast dich nicht gerettet, du hast alles nur noch schlimmer gemacht!"

Der Kerl, den sie Mika'il nannten, kam einen Schritt auf sie zu, „Freunde dich mit diesem Leben an und bete, dass wir einander nicht noch einmal über den Weg laufen."

Die Drohung war so direkt, so wenig physisch, dass Anas Angst von Verzweiflung zu Frustration umschlug.
„Das würde jeder tun, glaube mir. Aber ich muss zurück", erwiderte sie schließlich. Judy würde sie suchen. Die Polizei würde eingeschaltet werden. Judy würde sie weggeben müssen und dann würde sie Cassy niemals wiedersehen.

„Das sagen sie alle am Anfang", zuckte der Weltenwandler lediglich mit den Schultern und wandte sich wieder zum Gehen, „Ich wäre sowieso vorsichtig. Jede Weltenreise ist ein Münzwurf für den Träger. Die eine Hälfte wird wahnsinnig, die andere beinahe. Vielleicht wartest du erstmal ab, bis du weißt, was von Beidem du bist."

Ana beobachtete ihn, wie er die Straße hinunterlief und um die nächste Häuserecke verschwand. Sie war bereits wahnsinnig. Was passierte mit Menschen, die schon vorher den Verstand verloren hatten?

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           „Was tust du da?"
Kaïa lehnte im Türrahmen, die Arme vor der Brust verschränkt wie ein Türsteher. In ihrem dunklen Aufzug sah sie wie eine Mischung aus Ninja und Assassins-Creed aus. Beides Gestalten, die Ana nicht persönlich hatte kennenlernen wollen.

Erschrocken von ihrem lautlosen Auftritt fuhr Ana nach oben und schlug sich prompt den Kopf an der Truhe an, die von der Wucht zuklappte und sie beinahe traf. Ana schloss einfach die Augen. Sie fühlte sich müde. Gefühle waren anstrengend und sie hatte an diesem Ort zu viele. Die Gleichgültigkeit lockte sie wie ein dunkles Bett, mit Vergessen und Frieden.

Nach Mika'il war sie hier hoch zurückgekehrt, wo die alte Frau sie ursprünglich alleine gelassen hatte. Es war eine Art Schlafsaal direkt unter dem Dach, der sie an eine Jugendherberge erinnerte, nur das kein Bett zu dem anderen passen wollte.

Dutzende Teppiche machten den Boden weich und warm und unterschiedlich geformte Fenster ließen die Lichter der Nacht herein. Hier hatte sie die Kraft verlassen und sie hatte sich neben der Truhe auf den Boden gelegt, Arme und Beine von sich gestreckt. Vielleicht war das Universum ja gnädig und ließ sie einfach wieder in ihrem Bett aufwachen.

Aber das Universum hatte sie laut Mika'il ja bereits an ihn gebracht, also richtete Ana sich umständlich auf und sah Kaïa an.
„Weißt du, wo meine alte Kleidung ist?"

„Warum?" Die schwarzhaarige Frau bewegte sich keinen Zentimeter. Lediglich ihre Augen wanderten über die verschiedenen verstreuten Kleidungsstücke zwischen den Betten. Es war beeindruckend, wie still sie war. Als würde sie nicht atmen.

„Es war der Pulli meines Vaters." Ana kaute auf ihrer Unterlippe, „Es ist furchtbar nett von euch, dass ihr mich angezogen habt, aber der Pulli..." Cassys Otter war in diesem Pulli gewesen. Sie wäre am Boden zerstört, wenn Ana ihn verloren hätte. Er half ihr, sich zu fokussieren. Realität zu finden, wo sonst keine war. Sie hätte es auch fast ausgesprochen, doch im letzten Moment sah sie den Hauch von Skepsis in Kaïas Augenwinkeln. Ihr Mund klappte zu und sie presste die Lippen aufeinander, als könne sie so noch die letzten Worte zurücknehmen.

Falls Kaïa den Mund verzog, dann konnte sie es unter der dunklen Maske nicht sehen. Aber schlussendlich trat sie in das Zimmer, hob einen Unterrock vom Nachtschrank und warf ihn Ana zu.
Pullis", das Wort klang merkwürdig von ihren Lippen, „... sind nicht die gewöhnliche Bekleidung der Leute hier."

Ana fing den Unterrock mit ihrem Gesicht.
Mit einer hastigen Bewegung wischte sie ihn fort, die Wangen rot.
„Ich wollte nicht damit rausgehen", versuchte sie sich verzweifelt zu erklären, „Aber ich-... es ist..." Sie ließ die Hände in den Schoß fallen. Erklärungen waren anstrengend und sinnlos. Kaïa würde nur den falschen Eindruck bekommen und *zack* würde sie sich in der diesigen Version einer Klapse wiederfinden.

Kaïa starrte sie unbewegt an.
„Das hier ist kein Traum." Sie sagte es, wie einen Test. „Oder glaubst du, du hättest die Fantasie dir all das hier auszudenken?"

Ana wusste, dass sie die hatte. Der Ort hier war lebendig, aber ihre Träume von der gespaltenen Stadt ebenso. Sie bevölkerte ihre Träume mit Menschen, Tieren und Dingen, von denen sie noch nie gehört oder gelesen hatte. Aber Kaïa sprach offensichtlich von gewöhnlichen Träumen und erwartete ein Kopfschütteln, also gab sie es ihr.

„Du bist in einer anderen Welt und hier wirst du auch bleiben", fuhr sie fort und warf nacheinander weitere Stoffstücke nach Ana, bis sie das schmale Bett freigeräumt hatte und sich darauf plumpsen ließ, „Es ist eines der drei Weltenwandlergesetze. Es wird sich nicht für dich ändern."

Ana sagte nichts. Sie sagte nicht, dass sich diese Gesetze für Mika'il geändert hatten. Dass jemand offensichtlich Interesse daran gehabt hatte, dass er zurückgekommen war und diese Person aller Wahrscheinlichkeit nach auch wusste, wie man die Gesetze des Weltenwandelns umging. Aber dass sie genau in diesem Moment nichts sehnlicher wollte als Cassys hässlichen kleinen Otter.

Sie sagte nichts davon. Weil allein die Vorstellung, dass sie wirklich in eine andere Welt gereist war, eine Katastrophe war. Und die konnte nur eines bedeuten: Sie hatte wirklich und wahrhaftig den Verstand verloren. Und das auszusprechen würde es wahr machen.

Ohne ein Wort legte sie die einzelnen Kleidungstücke zusammen und vermied Augenkontakt.

Kaïa kniff die Augen zusammen, sodass sich ihre dunklen Wimpern gegen das merkwürdige Leuchten abhoben.
„Was würdest du den Leuten zuhause überhaupt sagen, wo du gewesen bist?"

Noch ein Test. Ana hörte es in jedem Wort. ‚Was geht in deinem Kopf vor?' ‚Warum bist du wie du bist?' Die Antwort war niemals leicht. Sehr sorgfältig suchte Ana nach ihr, nahm sich Zeit, ehe sie Kaïa schließlich ansah. Judy musste sie inzwischen suchen. Wahrscheinlich hatte sie sogar bereits die Polizei informiert. Und irgendeiner von denen würde über Anas Akte stolpern. Aber das war ein Problem für die Ana, die wieder zuhause war.
„Nicht die Wahrheit, das ist sicher. Keiner würde mir glauben."

„Und was ist deine Alternative?", gab Kaïa ruhig zurück.

Ihre Frage bohrte sich wie ein rostiger Schraubenzieher in Anas Magen. Wenn sie nicht zurückkehrte, würde sie Cassy und ihre Familie niemals wiedersehen. Und das erschien ihr als eine noch furchtbarere Zukunft als ein fester Platz im betreuten Wohnen.

Jemand anderes hätte mit den Tränen gekämpft, doch Ana war dafür zu müde.
„Weißt du nicht, wo mein Pulli ist?"

Kaïa machte mit den Lippen ein leises Plop-Geräusch, als hätte sie sich selbst daran erinnert, ab und zu Bewegung zu zeigen.
„Wir haben ihn verbrannt."

Ana nickte stumpf. Natürlich. Warum hatte sie auch etwas anderes erwartet? Erinnerungen an Cassys stolzes Gesicht kamen zu ihr zurück. 'Otter bringen nicht nur Glück', hatte sie ihr erklärt, 'Sie können auch deinen Kopf aus dem All zurückholen.'

Ihre Schultern sackten ab und jede Kraft sickerte aus ihr heraus in den Boden. Sie musste zurück nach Hause. Bevor Judy Ärger mit dem Jugendamt bekam.
„Dann brauche ich Hilfe. Denn solange der Kleiderschrank da drüben kein geheimes Portal nach Narnia beinhaltet, weiß ich wirklich nicht weiter."

Kaïas Blick wurde weicher. Sie erhob sich vom Bett und reichte Ana die Hand.
„Ich weiß zwar nicht, wo Narnia liegt, aber nur Luftdämonen können Portale erschaffen und es gibt in ganz Anderthal nicht genug, um auch nur eine Luke zu produzieren."

Ana ließ sich aufhelfen, den kurzen Augenblick genießend, in dem sie mal jemand anderen anstarren konnte, als hätte der den Verstand verloren. Dämonen? Diese Welt hatte Dä... oh Gott, Cassy würde diesen Ort lieben. Wenn es jetzt noch Vampire hatte-...
„Wer...", sie zögerte, „Wer in dieser Welt wäre mächtig genug, um das Gesetz des Weltenwandelns zu brechen?"

„Die Seelenweberinnen", erwiderte Kaïa, doch es klang wie eine Frage, „Ihre Aufgabe ist es, das Land zu schützen. Sie sind alt genug, um solche Tricks zu kennen. Eine von ihnen ist gestern in unsere Stadt gekommen."

„Danke." Ana hatte das Wort noch nie so leise gesprochen und so sehr gemeint. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie zwar um Hilfe gebeten, aber nicht wirklich welche erwartet hatte. Dann würde sie eben eine Seelenweberin finden.

Aber Kaïa sah offensichtlich keinen Grund, ihr nicht zu helfen. Sie nestelte an ihrer Maske, die schwarzen Augenbrauen grimmig zusammengeschoben. Es war ihr eindeutig unangenehmer, dass Ana sich bedankt hatte.

Statt einer Antwort gestikulierte Kaïa zur Tür und huschte so schnell aus dem Zimmer, dass Ana kaum Zeit hatte die Kleider in ihren Armen zurück in die Truhe zu stopfen.

Nervös kratzte sie sich am Handgelenk, als sie Kaïa die ungleichmäßig steile Treppe hinunter folgte, die ins Hauptforum des Hauses führte. Ihre Haut war bereits gerötet, vermutlich eine allergische Reaktion auf eine der Pflanzen im Wald.

Mitten auf der Treppe blieb Kaïa stehen und drehte sich noch einmal zu Ana um. Sie musterte sie von Kopf bis Fuß, ehe sie schließlich sagte: „Die Seelenweberinnen geben nichts umsonst. Wenn du nach Hause willst, wirst du dafür kämpfen müssen." Sie starrte sie in Grund und Boden, als könne sie so sichergehen, dass Ana jedes Wort nicht nur hörte, sondern auch verinnerlichte.

Ana nickte hastig, doch Kaïa drehte sich bereits wieder um und Ana wurde das Gefühl nicht los, dass die junge Frau unzufrieden mit ihr war. Aber sie fragte nicht nach. Schweigend erreichten sie das Foyer, ein großer, offener Raum, der sich über zwei Stockwerke erstreckte. Drei Treppen schlängelten sich zwischen dutzenden gleichaussehenden Türen nach oben.

Die alte Dame saß wieder unten und sechs weitere Gestalten gingen unbestimmten Aufgaben nach, jeder zu beschäftigt, um Ana oder Kaïa Aufmerksamkeit zu schenken.

Durch riesige Fenster fiel das erste Licht hinein. Bodentief. Ohne Halt oder Brüstung. Der Anblick, der Ana vor einem Tag noch den Atem geraubt hätte, drängte sie jetzt dichter an die andere Wand zurück. Das Glas war so dünn. Schutzlos.

Sie kämpfte mit den Erinnerungen und verlor. Fiel für eine kleine Unendlichkeit in sich selbst hinein und wurde nur von Kaïas kritischem Blick über ihre Schulter zurückgerufen.

Die drei Gestalten, die auf sie hinabblickten. Die Handykameras. Sie hatte sich doch nur entschuldigen wollen. Es wieder gutmachen.
Judy hatte sie gewarnt. Dass sie alles nur noch schlimmer machte.
Ana wollte sich auf den Boden setzen und verschwinden. In einem letzten Versuch der Kontrolle, sah sie zu der anderen geschlossenen Seite des Raums. Starrte förmlich hinüber, als könne sie dort ihre Erinnerungen nicht sehen.

Bilder hingen an den braunen Wänden, manche wahre Meisterwerke, genauso unwirklich wie realistisch, andere einfache Skizzen oder sogar anatomische Zeichnungen. Aber nicht alle von direkt menschlichen Körpern. Skizzen auf braunem Papier. Ölmalerei auf dicken Leinwänden, die den Eindruck vermittelten, man hätte eine kleine Tür in eine andere Welt geöffnet.

Anas Schritte liefen aus, halb erwartend, dass sich die Bilder auflösen würde.
„Diese Bilder...", ihre Stimme war rau, vorsichtig, ob sie vielleicht die Einzige war, die sie sehen konnte., „... sie sind wunderschön." Sie wollte nähertreten. Mit den Fingern über die Pinselstriche fahren und sich vergewissern, dass sie wirklich nur 2D waren.

Kaïa wartete in der Mitte des Raums, die Arme wieder verschränkt. Sie beobachtete Ana- machte sich ihre eigenen Gedanken. Aber in diesem kurzen Moment störte Ana sich nicht daran.
„Mika'il hat einige von ihnen bei seinem letzten Besuch gema-..."

„Achtung!" Der Ruf schnitt Kaïa den Satz ab und warnte sie beinahe nicht rechtzeitig, als neben Kaïa die Fronttür aufgestoßen wurde. Ana, die langsam zu ihr heruntergekommen war, ohne die Bilder aus den Augen zulassen, wäre sicher von ihren schweren eichenen Flügeln erwischt worden. Es war allein Kaïa zu verdanken, dass sie im letzten Augenblick aus dem Weg gezerrt wurde, als zwei Männer herein gestolpert kamen. Ihnen folgte eine kleine Gruppe Jugendlicher, die nacheinander in den Raum fielen und hektisch hinter sich die Tür zuzogen.

In gemeinsamer Anstrengung krachten dicke, hölzerne Barren in metallische Verankerungen vor dem Eingang. Ketten wurden gezogen, die weiter oben über einen Mechanismus Luken öffneten, die Schießscharten offenbarten.

Der Lärm war genug, um das gesamte Haus zu wecken.
„Was ist geschehen?", fragte Kaïa über die Geräusche aufgehender Türen hinweg. Stimmen untermalten den Aufstieg zweier Jungen, die, gleich mehrere Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf hasteten und Leitern zu den Schießscharten erklommen.

Alle rangen sie nach Atem, als wären sie den ganzen Weg hierher gerannt. Einer von ihnen, ein blonder großer Mann, der zuerst durch die Tür gekommen war, wischte sich mit beiden Händen über das Gesicht, ehe er sich an Kaïa wandte.
„Der Nachtfuchs ist hier."

Eine Erinnerung, die nicht ganz ihr Gesicht zeigen wollte, legte ihre kalte Hand auf Anas Rücken. Sie wusste nicht, wer der Nachtfuchs war, aber ein einziger Blick zu Kaïa hinüber reichte.

Ihr Gesicht blieb vollkommen starr, den Kopf in den Nacken gelegt, während sie die zwei Jungen hinter den Schießscharten beobachtete, wie sie sich Fernrohre und Armbrüste reichen ließen. Aber ihre Finger tippten einen unregelmäßigen Rhythmus auf dem Kopf ihres Schwertknaufes.

Über ihnen hatte sich die Galerie mit Menschen gefüllt, doch keiner von ihnen machte einen Laut. Sie bewegten sich wie ein stummgeschaltetes Publikum, das gerade einen Mord beobachtet hatte. Vorgehaltene Hände. Zugewandte Gesichter. Riesige, angsterfüllte Augen. Sie waren ein noch dunkleres Spiegelbild der Gesichter, die nach Anas Sturz zu ihr hinabgesehen hatten.

„Er wirdhinter Mika'il her sein", Kaïa drehte sich zur ihr um, „Und nach allem, was mitihm in Verbindung steht." 

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"Drückt das Sternchen und beschwört euren eigenen Luftdämon, um ein Portal in eure Lieblingsgeschichte zu finden." - Kaïa

Hogwarts oder das Auenland? Weil... ich bin mir ziemlich sicher, dass keiner von euch in die Tribute von Panem will, hab ich recht? :D

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