• Kapitel 2 •

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Im vergangenen Jahr hat mich nicht nur meine Verletzung runtergezogen, es war viel mehr das, was daraus resultierte. Nicht mehr auf der Bühne stehen und spielen zu können war für mich die absolute Folter. Fast schon so, als würde etwas wichtiges in meinem Leben fehlen, etwas, das mich erfüllt und glücklich macht. Und egal, wie sehr ich mich angestrengt habe, wie oft ich auch zur Krankengymnastik und zur Physiotherapie gegangen bin; es half alles nichts. Nichts, außer die Zeit.

Die Musik, die aus den Lautsprechern im Auto dröhnt, sauge ich auf, wie die Luft zum Atmen, während ich ein wenig über dem Tempolimit unterwegs bin. Dass ich heute morgen verschlafen und dann meine Autoschlüssel nicht gefunden habe wäre mir beinahe zum Verhängnis geworden. Doch mein Navi sagt mir, dass ich es noch rechtzeitig schaffen werde.

In meinem schwarzen Mini, den mir meine Eltern nach meinem Unfall und dem damit verbundenen Totalschaden meines Autos geschenkt haben, fahre ich mit offenem Dach über die Autobahn. Die Sonne scheint mir ins Gesicht und der Fahrtwind lässt meinen Pferdeschwanz nach hinten wehen. 

Dieser Moment erinnert mich an meine frühe Kindheit, wie ich mit sieben Jahren hinten in dem Cabrio meines Vaters saß, zur Musik gesungen habe und mir sicher war, dass ich später einmal etwas mit Musik machen würde. Noch bis heute bin ich meinen Eltern dankbar dafür, dass sie mich in meinem Vorhaben immer unterstützt haben. Sie schickten mich schon früh zum Gesangsunterricht, unterstützten meine Leidenschaft für das Theater, kamen zu jedem meiner Auftritte und bezahlten schließlich auch meine Ausbildung an dem Wiener Konservatorium. Dass ich das Schauspielen und das Singen kombinieren möchte war mir nach meinem ersten Besuch in dem Musical Phantom der Oper klar. Ich war so fasziniert davon, wie die Darsteller mit ihrer Erscheinung und ihrer Stimme einen ganzen Saal fesseln konnten, dass ich nichts anderes mehr werden wollte, als Musicaldarstellerin.

Direkt nach meinem Abitur habe ich mit 18 Jahren meine Ausbildung begonnen und war mit 22 fertig. Seither habe ich schon viele verschiedene Rollen gespielt, manche größer, manche kleiner; doch jede habe ich geliebt. Drei Jahre lang konnte ich nach der Musical Ausbildung Erfahrungen sammeln und Menschen aus dem Business kennenlernen, die die selben Interessen haben wie ich. Daraus haben sich viele gute Freundschaften entwickelt, aber auch die ein oder andere Enttäuschung. Nach meinem Autounfall hat sich herausgestellt, wer mir wirklich ein Freund ist und wer nicht.

Die Welt von Musicaldarstellern ist manchmal gar nicht so golden, wie es von außen scheinen mag. Sie ist voller Missgunst, Neid und ständigem Konkurrenzkampf. Doch vorne herum lächeln sie dir alle freundlich ins Gesicht, das habe ich schon sehr früh lernen müssen. Im letzten Jahr meiner Ausbildung habe ich die Hauptrolle in einem eher kleinen Stück ergattern können. Kurz vor dem Auftritt musste ich feststellen, dass plötzlich mein Kleid aus der Garderobe verschwunden war. Ich habe den Kollegen aus der Kostümabteilung geschworen, dass ich es nicht habe, doch wer glaubt schon einer jungen Frau, die relativ neu im Geschäft ist und sich noch keinen Namen machen konnte. Meine Stimme war nicht viel wert. Ich durfte die Rolle zwar trotzdem in einem anderen Kostüm spielen, doch man hat mir danach deutlich zu verstehen gegeben, dass ich für die Kosten des verschwundenen Kleides aufkommen müsse, obwohl ich nichts damit zu tun gehabt habe. Ich kann nicht beweisen, dass es mir jemand aus der Garderobe geklaut hat, konnte es mir aber schon damals sehr gut bei einigen meiner Mitstudenten vorstellen.

Aber natürlich gibt es auch Ausnahmen. Menschen, die mir sehr ans Herz gewachsen sind und mir in meiner schwierigen Zeit eine echte Stütze waren. Ich habe Leute kennenlernen dürfen, wie zum Beispiel Jan und Lucy, die mir unglaublich weitergeholfen haben in meiner Entwicklung. Mit Jan an der Seite die weibliche Hauptrolle bei Tanz der Vampire zu spielen hat unglaublich viel Spaß gemacht und ich möchte diese Zeit auch nicht mehr missen. Mit ihm habe ich jemanden gefunden, an den ich mich immer wenden kann, der mir zuhört und immer einen guten Ratschlag parat hat. Umso trauriger bin ich darüber, dass er für diese Saison nicht den Grafen spielen kann, da er andere Rollen wahrnehmen muss.

Als ich gerade dabei bin mein Auto zu parken, schiebt sich eine Wolke vor die Sonne und lässt alles mit einem Mal dunkler werden. Ob das ein schlechtes Omen ist, dass die Sonne gerade dann verschwindet, wenn ich an meinem Ziel bin?

Meine Nervosität steigt ins unermessliche. Das wird sich wahrscheinlich niemals ändern. Egal, auf wie vielen Auditions man schon war, es ist immer wieder einzigartig. Manchmal sieht man Gesichter, die man noch nie zuvor gesehen hat, neue Talente am Musicalhimmel und manchmal sieht man Gesichter, die man schon auf einigen Castings zuvor gesehen hat oder mit denen man schon einmal gemeinsam auf der Bühne stand.

Ich bin froh, dass bei der heutigen Audition nur die vier Hauptdarsteller gesucht werden; Sarah, Graf Krolock, Alfred und Professor Abronsius. Manchmal kommt es vor, dass der Casting Director die wichtigsten Rollen gleichzeitig einlädt, um bei schwierigen Entscheidungen auch das Zusammenspiel der jeweiligen Rollen zu betrachten. Im Gegensatz zu Auditions für Nebendarsteller, bei denen manchmal bis zu 500 Leute gecastet werden, ist es bei den Hauptrollen etwas anders, da werden oft nur 100 Darsteller gecastet. Hier trifft ein Team schon vorab eine Vorauswahl, schaut sich Lebensläufe, Erfahrungen, Auftritte an, um die richtigen Leute einzuladen.

Das Metronom Theater in Oberhausen ist ein imposantes Gebäude, mit einer Außenfassade, die besonders am Abend wunderschön leuchtet und einer Inneneinrichtung, die einem Musical ebenbürtig ist. Immer mehr Menschen tummeln sich vor den Glastüren und unterhalten sich. Es mag komisch klingen, aber ich kann mit großen Menschenansammlungen nicht sehr gut umgehen, was natürlich nicht wirklich förderlich für meine Karriere ist. Manchmal zeigt sich das in Form von einem rasenden Herzen, schwitzenden Händen oder gar Schwindel. Wenn ich auf der Bühne stehe, kann ich das Publikum jedoch  vollkommen ausblenden. Ich vergesse sofort, dass hunderte Menschen vor mir sitzen und alle Augen nur auf mich gerichtet sind. Doch wenn ich inmitten dieser Menschen stehen würde, würde sich Panik in mir ausbreiten, was auch der Grund dafür ist, dass ich nur sehr selten Konzerte besuche.

Nachdem ich aus sicherer Entfernung beobachtet habe, wie alle nach und nach reingegangen sind, mache auch ich mich auf den Weg und betrete durch die große, schwere Glastür das wunderschöne Theater.

_____

Wie gefällt euch das zweite Kapitel? Ich muss sagen, dass es mir unglaublich viel Spaß macht, mich in die Rolle von Mia hineinzuversetzen und mir vorzustellen wie es wäre Musicaldarsteller zu sein. 🙊♥️

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro