*The Core*

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"Okay, Jones. Denken Sie daran: Verhalten Sie sich unauffällig und haben Sie einfach nur Spaß. Tun Sie so, als wäre das ein Besuch in einer Disko, wie sonst auch", wandte sich Chief Constable Miller an Mairi, als der Bus drei Straßen weiter von dem Nachtclub in einer dunklen Gasse hielt, in dem sie hergefahren worden war.

"Leichter gesagt, als getan, Miller. Normalerweise gehe ich mit Freundinnen in solche Clubs und ich kann mich nicht erinnern, jemals im Core gewesen zu sein. Es hatte schon immer einen gewissen Ruf", erwiderte sie ihm skeptisch. Ihr schlug das Herz bis zum Hals und aus der anfänglichen Unsicherheit, die sie in den letzten Tagen mehr und mehr befallen hatte, waren nun ausgewachsene Zweifel entstanden. Sie war sich auf einmal gar nicht mehr so sicher, dass es eine gute Idee gewesen war, dem hier zuzustimmen. Es gab so viel, dass es zu beachten galt und vor allem so viel zu vermeiden. Von nun an würde Vorsicht ihr oberster Begleiter sein und jeder Schritt würde sie verraten können - angefangen bei dem ersten."Werden die nicht misstrauisch, wenn ich alleine da aufkreuze?"

"Was denn? Ist unsere Wildkatze nervös?", konnte Reece sich nicht davon abhalten, sie aus dem hinteren Bereich des Busses zu necken und sie verdrehte die Augen, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.

"Halten Sie sich einfach an den Plan, Jones. Ihr Cousin hat mir gesagt, dass sie oft mit dem Kopf durch die Wand wollen. Das sollten sie tunlichst vermeiden", merkte Miller schmunzelnd an und wieder hatte sie einen Grund, um die Augen zu verdrehen und ein knappes "Danke, James!" nach hinten zu rufen.

Dass nun auch noch James und Reece zu der Sondereinheit hinzugezogen worden waren, um aus dem Hintergrund alles zu überwachen, machte es ihr nicht einfacher. Auf der einen Seite wusste sie, dass James ihre Eltern auf dem Laufenden halten würde und sie war froh darüber, denn die würden sich so definitiv weniger Sorgen machen müssen. Andererseits würde er ihnen aber mit Sicherheit auch Dinge erzählen, die ihren Eltern bestimmt den Schlaf rauben würden.

"Ganz ruhig, Jones! Wir haben ihren Cousin und Cox ins Team aufgenommen, weil die beiden sie besser kennen, als jeder andere. Sie sind da drin vollkommen auf sich alleine gestellt. Vergessen sie das nicht", ermahnte Miller sie nun. Wie könnte sie das vergessen? Sie sollte nichts am Körper tragen, was sie auffliegen lassen konnte, falls jemand in dem Club sie abtasten würde, um ihre Vertrauenswürdigkeit zu testen - kein Mikro, keine Bodycam, keine Waffe."Zwei aus unserem Team werden sich immer im Nachtclub unter die anderen mischen und sie im Blick behalten und ihre Wohnung wird ebenfalls überwacht. Sie sind also nicht ganz allein. Außer natürlich, wenn sie sich außerhalb unserer Reichweite in Byrnes Kreisen aufhalten, sollten sie so weit kommen. Haben sie ihren Notrufbutton?", versuchte er sie dennoch mit den Vorsorgemaßnahmen zu beruhigen, die sie getroffen hatten und Mairi zückte ihr Schlüsselbund mit dem Schlüsselanhänger in Form eines keltischen Musters. Darin war ein GPS Sender versteckt, um sie immer orten zu können, wie auch ein versteckter Knopf, den sie auslösen sollte, sobald sie in Schwierigkeiten war."Gut. Dann viel Erfolg und seien sie vorsichtig", verabschiedete er sich dann mit einem Schulterklopfen von der jungen Frau, die ernst nickte. Sie wandte sich noch einmal ihrem Kollegen und ihrem Cousin hinter ihr zu, die mit zwei weiteren Kollegen aus der Abteilung für verdeckte Ermittlungen in dem Bus saßen und die Monitore im Blick behalten und über Kopfhörer zuhören würden, was die Bodycams und Mikrofone der anderen beiden Detectives aufnahmen, die bereits in dem Club waren. Reece nickte ihr ebenfalls ernst zu, während James andeutete, dass er ihr die Daumen drückte. Sie lächelte ihnen beruhigend zu, atmete noch einmal tief durch und stieg dann aus.

Kaum hatte sie die Tür hinter sich zugeworfen, überkam sie das ungute Gefühl, das sie schon seit ein paar Tagen hatte, stärker denn je, aber sie ignorierte es und ging in die Richtung, in der der Nachtclub lag. Die Gasse war beinahe vollkommen finster, aber sie fand ihren Weg dennoch. Sie hatten den Weg auf der Karte so oft besprochen, sie würde ihn sogar mit verbundenen Augen finden.

Als sie schließlich um die Ecke bog und den Eingangsbereich des Nachtclubs mit dem Namen 'The Core' entdeckte, musste sie doch noch einmal schwer schlucken.

Von Außen sah er aus, wie jeder andere Nachtclub, in dem sie schon gewesen war. Bunt beleuchtet und mit zahlreichen Leuten davor, die alle hinein wollten, aber aus irgendwelchen Gründen nicht durften. Hier war sie noch sicher, aber wenn sie den Club erst einmal betreten hatte, würde sie in eine andere Welt treten, in der sie ein anderer Mensch sein würde. Sie hoffte nur, dass sie das hinkriegte und sich nicht irgendwie verriet. Sie nahm all ihren Mut zusammen, atmete noch einmal tief durch, bevor sie zielsicher und mit selbstsicherem Gang auf den Eingang zusteuerte.

Schon im Herannahen fiel ihr auf, dass alle abseits standen und die Tür frei war. Entweder war der Club voll oder die Leute, die draußen standen, gehörten nicht zu den üblichen oder, eher gesagt, den erwünschten Besuchern. Die meisten von ihnen schienen höchstens Mitte 20 zu sein, die scheinbar auf Spaß in einer neuen Location aus waren. Junge Erwachsene, nicht viel anders als sie, höchstens ein bisschen jünger.

Das sah nicht gut aus, aber sie musste es wenigstens versuchen. Immerhin hatten sie alle Eventualitäten durchgesprochen und es gab immer einen Weg in so einen Club. Man musste den Türstehern oft nur etwas anbieten. Sie steuerte erst einmal direkt auf die offenstehende Tür zu und warf dem Türsteher ein liebliches Lächeln zu, als sie an ihm vorbei ging, um in der Tür zu verschwinden.

"Du bist neu hier, Kleines!", stellte er aber mit tiefer Stimme fest, als er sie am Arm ergriff und an sich heran zog, um sie im letzten Moment noch davon abzuhalten, hineinzugehen. Innerlich fluchte sie leise, ließ sich aber nichts anmerken.

"Oh, das ist dir aufgefallen?", erwiderte sie ihm amüsiert und zwinkerte dem stämmigen Kerl zu, der fast so alt sein musste, wie ihr Vater. Mit Männern in diesem Alter flirten zu müssen verursachte ihr eine Gänsehaut, aber es half ja nichts.

"Was nicht schwer ist. Hierher kommen normalerweise meist nur Stammkunden. Wir lassen nicht jeden rein." Er war wenig beeindruckt, aber ihr entging nicht, dass er sie immer noch festhielt und auch nicht, dass seine Augen immer wieder an ihr hinab und wieder hinauf wanderten. Ob ihm gefiel, was er sah? Unauffällig warf sie dem anderen Türsteher auf der anderen Seite der Tür einen Blick zu, doch der war gerade dabei einen sommersprossigen Jungen abzuweisen, der sie stark an Norman Price erinnerte - auf jeden Fall war dieser Kerl hier mindestens genau so aufdringlich.

"Ach, komm schon, Großer. Ich will einfach mal einen relaxten Abend und ein bisschen Spaß haben", jammerte sie und schaute aus traurigen Augen zu ihm auf, während sie einen Schmollmund machte - ein Blick, der ihren Vater immer erweicht hatte. Dieser Kerl aber rümpfte nur eine Augenbraue. Er war wirklich eine harte Nuss!"Abropos Spaß", fing sie dann grinsend an und drängte sich ein wenig näher an ihn, fuhr ihm mit zwei Fingern über die von einem Hemd verhüllte Brust, während sie ihm mit einem Blick in die Augen sah, der keinen Zweifel daran ließ, worauf sie aus war."Wann hast du denn Feierabend, mein Großer?", fragte sie ihn kokett und schmunzelte, als sie ein verräterisches Schmunzeln in dessen Mundwinkel entdeckte.

"Spät. Hältst du so lange durch?", erwiderte er ihr und sie hörte die Herausforderung in seiner Stimme.

"Hm...das finden wir wohl nur raus, wenn du mich rein lässt, was?", antwortete sie ihm frech und zwinkerte ihm wieder zu. Sie spürte, wie er im Widerstreit mit sich selbst war, bevor er seinem Kollegen einen schnellen Blick zu warf, der noch immer mit dem mittlerweile tobenden Jungen beschäftigt war, bevor er ihr mit einem Nicken bedeutete, hineinzugehen und ihren Arm los ließ."Danke, mein Großer. Bis später!", flüsterte sie ihm noch einmal zu und zwinkerte frech, bevor sie durch die Tür schlüpfte und sogleich die Musik lauter wurde.

Die erste Hürde hatte sie schonmal geschafft. Jetzt musste sie nachher nur noch ungesehen wieder hinaus kommen, um zu verhindern, dass der Türsteher später ihre Schulden bei ihm nicht doch noch einfordern konnte.

Sie hasste es so sehr, auf ihren Körper reduziert zu werden, aber in dieser Szene war es nun einmal so, dass man nur weiter kam, je verruchter man sich gab. Also würde sie notgedrungen dieses Spiel weiterspielen müssen. Immerhin war es ja für eine gute Sache - wenn alles nach Plan lief zumindest.

Nachdem sie an der Kasse den Eintritt bezahlt und ein Armband erhalten hatte, auf dem ihre Drinks digital auf einem integrierten Chip gespeichert werden würden, damit sie die später beim Verlassen des Clubs bezahlen konnte, folgte sie dem Gang und der Musik, ehe sie in einen großen Raum trat, der eher einer Halle glich. Alte Ziegelwände waren nur mit großen Bannern geschmückt, während buntes Licht im Takt der Musik flackerte. Die Strahler in verschiedenen Farben bewegten sich an der Decke und tauchten den ansonsten dunklen Raum in eine wilde Partyzone. Schwarzlicht ließ weiße und neonfarbene Kleidung der Tänzer besonders aufleuchten. Durch die flackernden Lichtsequenzen wirkten die Bewegungen der Tänzer abgehackt. Links und rechts von ihr standen entlang der kompletten Länge der Wände lange Theken, wo sich die Leute ihre Getränke holen oder an der Theke selbst auf den davorstehenden Barhockern platz nehmen konnten, um eine Pause zu machen. Weiter hinten, am Ende der Halle war eine Bühne aus Metallrahmen zusammengebaut, auf der das DJ Pult aufgebaut war. Die Bühne gab aber noch viel mehr Platz her und wurde sicher auch für die ein oder anderen Auftritte der anderen Art genutzt. Nebel schoss unter der Bühne hervor und verlieh der Halle noch zusätzlich ein unheimliches Flair.

Um nicht aufzufallen, mischte sie sich unter die Leute und fand sich bald schon im Takt der Musik mit dem Finger schnippen oder dem Kopf wippen. Sie registrierte die Augen des ein oder anderen Kerls interessiert zu ihr herumfahren. Mit drei tanzte sie zur Musik, um ihre Fassade aufrechtzuerhalten und die Zeit zu nutzen und ihre Augen unauffällig durch den Raum schwenken zu lassen. Sie hatte niemals Berührungsängste mit fremden Männern gehabt. Ihre Brüder hatten schon Recht. Seit sie 16 war hatte sie nie wieder ernsthaft nach einer Beziehung Ausschau gehalten und sich immer nur treiben lassen, um zu sehen, was auf sie zukam. Dennoch meldete sich das schlechte Gewissen schnell an diesem Abend, denn sonst fokussierte sie sich auf die Männer, die ihr gefielen und mit denen sie Zeit verbrachte. Heute Abend war es allerdings nur ein Job für sie, eine Möglichkeit, um den Club unauffällig über dessen Aufbau auszuspähen.

Sie ließ den Ersten schnell stehen und ebnete ihren Weg weiter durch die Menge, bis sie beim nächsten ankam, der ihr gefiel. Doch da machte sie unbewusst dasselbe Spiel. Ihre Augen waren überall, aber am wenigsten auf dem Kerl vor ihr, der eindeutig auf sie abfuhr. Der bemerkte früher als der letzte, dass sie nicht bei der Sache war und ließ sie dieses Mal stehen. Beim Dritten - und der war wirklich ziemlich gutaussehend und anziehend - erspähte sie dann, was sie vorher noch nicht gesehen hatte. Über dem Eingang in die Halle war eine Art Empore, wie ein großer Balkon, angebracht und dahinter war eine große Öffnung in der Wand, die komplett verglast war. Das musste sicher der VIP Bereich sein. Dort musste sie hin!

Sie hatte auch noch mehr Glück als Verstand, als sie die Schilder darunter an der Wand ausmachte, die darauf hinwiesen, dass dort hinten auch die Toiletten waren. Ein wenig wehmütig entschuldigte sie sich von ihrem letzten Tanzpartner, indem sie ihm bedeutete, dass sie auf die Toilette gehen wolle. Über die laute Musik war keine wirkliche Verständigung möglich, aber er verstand sie und sie ihn ebenso, dass er sie hier wieder erwarten würde. Lächelnd stahl sie sich davon und schaute dem restlichen Abend nicht mehr ganz so nervös entgegen. Hatte CC Miller nicht gesagt, dass sie Spaß haben sollte?!

Sie erreichte den vorderen Bereich der Halle wieder und wandte sich den Toiletten Schildern zu. An der Wand war eine Metalltreppe montiert, die zu der Empore hinauf führte und darunter befand sich ein Durchgang zu den Toiletten. Ein pfeilförmiges Schild wies darauf hin, dass sie dort hineingehen musste, aber sie wollte hinauf und sie brauchte einen guten Grund, falls sie oben jemand abfing.

Der eigentliche Plan hatte vorgesehen, dass sie sich unter die Leute mischte und später bei einem Drink versuchen würde, einen Job an der Bar zu kriegen. Aber das hier war ein Bonus, der sich ihr grade bot, den sie unmöglich auslassen konnte.

Unauffällig drehte sie das Schild ein wenig an der Wand, so dass der Pfeil nach oben deutete und lächelte selbstbewusst, als sie die Treppe hinauf ging. Sie konnte nur hoffen, dass ihr Plan auch funktionieren würde.

Oben angekommen entdeckte sie drei Pärchen, die in über die Empore verteilten Sitzgruppen miteinander rum machten und sie befürchtete schon, in einen speziellen Bereich eingedrungen zu sein, nachdem ihr so gar nicht der Sinn stand. Von unten hatte man nicht einmal erahnen können, was hier oben los war.

"Wo wollen wir denn hin?" Sie schrak zusammen, als eine tiefe Stimme sie aus ihrer Fassungslosigkeit über die Frauen riss, die hier oben mit den Männern in aller Öffentlichkeit wild knutschten und kein Geheimnis daraus machten, dass das heute Nacht nicht alles sein würde, was die Pärchen miteinander anfangen würden. Eines der drei Pärchen bewies das ziemlich deutlich, als sie aufstanden und durch eine Seitentür nach hinten verschwanden. Sie war sicher alles andere als prüde und hatte selbst schon den ein oder anderen One-Night-Stand hinter sich, aber das hier ekelte sie an und sie konnte noch nicht einmal sagen, warum. Der Kerl, der sie aufgehalten hatte, hatte sie am Arm ergriffen und im Gegensatz zu dem Türsteher draußen griff dieser hier beherzter zu. Sie war auf der richtigen Spur.

"Sachte, sachte, Großer. Ich suche nur die Toilette", ereiferte sie sich, als sie versuchte, den Griff des Kerls, der aussah, als wäre er mal Profi-Bodybuilder gewesen, abzuschütteln.

"Die sind unten. Ganz schlechte Ausrede, Süße. Was willst du wirklich?", knurrte er sie an, aber was der konnte, konnte sie schon lange. Immerhin hatte sie ja das verdrehte Schild als Alibi.

"Aufs Klo und wenn du nicht willst, dass ich mir gleich hier ins Höschen mache, lässt du mich lieber mal los und sagst mir, warum das Schild unten nach hier oben zeigt!", maulte sie ihn an und als wäre das Glück ihr hold, tauchte auf der Treppe gerade in dem Moment eine Frau auf, die vollkommen verwirrt und auch ein wenig eingeschüchtert beim Anblick des Kerls bei Mairi fragte, ob hier nicht die Toiletten waren."Siehst du? Ich bin nicht die Einzige, die sich verirrt hat", nutzte sie diese Gelegenheit sofort und der Typ verdrehte genervt die Augen, bevor er hinter sich an die Scheibe der Tür klopfte, die tatsächlich in eine Lounge führte. Sie konnte mit einem schnellen Blick erkennen, dass die offensichtlich nur mit dem besten Inventar ausgestattet war. Eine Theke ganz hinten, diverse Rundtische mit Bänken darum herum. In der Mitte eine kleine Bühne für Privatvorstellungen, wie die Striptänzerin, die gerade dort an einer Stange tanzte. In den hinteren Bereichen war eine etwas lauschigere Ecke mit diversen Sesseln und Zweisitzersofas ausgestattet. Offensichtlich war hier oben die Elite der Gang zu finden.

"Okay, okay. Chris, zeig den beiden, wo die Toiletten sind und schau mal, ob das Schild nicht mehr richtig hängt", gab der Terminator für Arme, wie sie ihn in Gedanken getauft hatte, nach, als auf sein Klopfen hin ein anderer Kerl hinter ihm aus dem Raum trat und Mairi unsanft in Richtung Treppe stieß. Widerwillig folgte sie der anderen Frau die Treppe hinunter, die es nicht eilig genug haben konnte, während dieser Chris hinter ihr ging.

Sie registrierte nicht die zu Schlitzen verengten Augen, die auf ihr lagen, bis sie auf der Treppe nicht mehr zu sehen war.

"Willst du mich weiter ignorieren, um dir irgendwelche Rothaarigen anzuschauen?", riss den Mann die Stimme seiner Begleiterin aus seinen Gedanken, in die er gefallen war, seit er auf die rothaarige Frau aufmerksam geworden war, die dem bulligen Bodyguard so stur die Stirn geboten hatte. Er schaute zu der Frau auf, die noch immer über seinem Schoß hockte und ihn so vor dem Blick der Rothaarigen abgeschirmt hatte, und wusste, dass sie darauf wartete, dass er damit weitermachen würde, womit er eben aufgehört hatte.

"Tut mir leid, Baby. Aber für heute ist die Luft leider raus. Mir ist eingefallen, dass ich nochmal zum Boss rein muss", erwiderte er ihr und versuchte aufzustehen, doch sie ließ ihn nicht entkommen.

"Zum Boss oder willst du doch dieser rothaarigen Schlampe hinterher?", maulte die Tänzerin ihn beleidigt an.

"Sei nicht eifersüchtig, Baby. Das steht dir nicht! Du weißt, dass ich kein Typ für was Festes bin, also mach hier keine Szene, okay?!", knurrte er sie an, gab ihr dennoch einen besänftigenden Kuss auf die Nasenspitze, bevor er sie von seinem Schoß hob und neben sich auf der Couch absetzte, um selbst aufzustehen.

Beleidigt blieb die Tänzerin noch einen Moment auf der Couch sitzen, bevor sie alleine nach hinten verschwand, als sie sah, wie der Mann, von dem sie seit Monaten mehr wollte, als der von ihr, nicht durch die Glastür zum Boss selbst ging, sondern sich nach einem kurzen Gespräch mit dem Bodyguard vom Boss vor ihm auf das Geländer lehnte, um im Auge zu behalten, was unten in der Halle los war - und ganz sicher auch diese Rothaarige!

Mairi indessen hatte diesen Chris auf das schief hängende Schild hingewiesen, bevor sie mit der anderen Frau auf die Toilette geflüchtet war. Nach einem kurzen Small Talk mit der Fremden beim Händewaschen, kam sie aus dem Raum heraus, nur um festzustellen, dass dieser Chris wieder verschwunden war und das Schild auch gerade hing.

Seufzend, dass sie dort oben nicht mehr erfahren hatte können, fügte sie sich in ihr Schicksal und arbeitete sich durch die Menge zu der Theke auf der linken Seite der Halle hin, um zu dem ursprünglichen Plan zurückzukehren. Den Kerl, mit dem sie zuletzt getanzt hatte, entdeckte sie mit einer anderen und verdrehte genervt die Augen. Kerle waren alle gleich!

Seufzend setzte sie sich auf einen Stuhl und bestellte bei einem der Barkeeper, der für den Bereich zuständig zu sein schien, an dem sie saß, einen Whiskey-Cola.

Die Musik war hier nicht ganz so laut, wie in der Mitte der Halle, stellte sie überrascht fest. Es musste an der Art liegen, wie die Boxen im Raum ausgerichtet waren. Sie musste zwar immer noch lauter reden, aber es war nicht so unangenehm wie auf der Tanzfläche.

"Du bist nicht von hier, oder?", fragte der Barkeeper sie grinsend, als er ihr den bestellten Drink hinstellte und sie stutzte. Sie hatte vorher gar nicht auf ihn geachtet, doch jetzt fielen ihr seine durchdringenden grünen Augen und das braune Haar auf. Er war ungefähr in ihrem Alter und sah alles andere als übel aus. Sein Lächeln würde Eisberge zum Schmelzen bringen und er machte den Anschein, als wäre er sich dessen nicht einmal bewusst. Genau ihr Typ!

"Sieht man mir das so sehr an?", erwiderte sie ihm und verzog kurz das Gesicht, um ihr gespieltes Missfallen darüber zum Ausdruck zu bringen, bevor sie ihm das Armband an ihrem linken Handgelenk hinhielt, damit er mithilfe seines Tablets ihren Drink auf dem darin befindlichen Chip einscannen konnte. Er warf ihr ein vielsagendes Lächeln zu."Ich komme aus Cardiff", antwortete sie ihm dann, ohne eine Antwort abzuwarten. Miller und sein Team hatten beschlossen, so nah wie möglich an der Wahrheit zu bleiben, während sie ihre Hintergrundgeschichte besprochen hatten, damit sie nicht Gefahr lief, sich in einem Gespräch zu verplappern. Cardiff war zwar nicht ihre Heimat, aber durch die Zeit an der Akademie hatte sie genug Zeit dort verbracht, um es ziemlich gut zu kennen.

"Und dann kommst du hierher? Newtown ist doch ein weitaus weniger aufregendes Pflaster, als Cardiff", stellte er amüsiert, aber auch ein wenig verwundert fest.

"Dafür aber weitaus sicherer", antwortete sie ihm und trank einen Schluck, sah aber über den Rand ihres Glases, dass sie die volle Aufmerksamkeit ihres Gegenübers hatte. Er war neugierig."Ich bin abgehauen. Mein Freund war...sagen wir mal, ihm ist öfter die Hand ausgerutscht", erklärte sie ihm dann und stellte zufrieden fest, dass sie sich erfolgreich gab, als wäre es ihr unangenehm, darüber zu reden.

"Und Schluss machen allein reichte nicht?", hakte der Barkeeper dennoch skeptisch nach, als er begann ein Glas, dass er von der Spülen neben sich geholt hatte, trocken zu wischen. Sie indessen zuckte nur mit den Schultern.

"Er hat so eine Romeo und Julia Passion. Wenn er mich nicht haben kann, soll mich auch kein anderer haben. Deswegen hatte ich gehofft, er würde mich nicht finden, wenn ich mich heimlich in eine andere Stadt absetze", erwiderte sie ihm.

"Na dann hoffen wir mal, dass er dich hier nicht kriegt", antwortete er ihr zwinkernd und sie wusste, dass sie sein Interesse geweckt hatte.

"Wird schon. Der hat ja keinen Schimmer, wohin ich mich abgesetzt hab", gab sie schulterzuckend nach und trank noch einen Schluck. Jetzt oder nie! Sie musste es versuchen, irgendwie in den Personalstamm des Clubs rein zu kommen."Der Club gefällt mir. Ich könnte mich daran gewöhnen hier zu sein. Habt ihr nicht noch einen Job für mich? Der fehlt mir zu meinem Glück noch", stellte sie dann fest, als wäre es das Normalste der Welt, im knappen Partyoutfit an einer Bar nach einem Job zu fragen. In dieser Branche war es das sicher auch, wenn sie mit solchen dubiosen Clubs auch keine Erfahrung hatte. Ihr waren die mit dem besseren Ruf immer lieber gewesen.

"Tatsächlich ist hier noch eine Stelle frei. Hast du denn Erfahrungen mit sowas?", wandte der Mann sich ihr wieder neugierig aber auch skeptisch zu, doch sie lachte nur kurz.

"Machst du Witze? Ich habe während meiner Studienzeit nachts in Kneipen gejobbt, um mir mein Taschengeld zu verdienen. Wenn meine Eltern das wüssten, würden die sich heute noch im Grab umdrehen", legte sie den einzigen Teil ihrer Geschichte offen, der ihr so gar nicht gefiel. Zu erzählen, dass ihre Eltern tot waren, brachte etwas in ihr dazu, sich zu sträuben. Aber den Barkeeper brachte ihre Offenbarung offenbar dazu, ihr zu vertrauen.

"Dann zeig mal, was du drauf hast", forderte er sie grinsend auf und stellte ihr ein Glas, einen Mixbecher und diverse Flaschen vor die Nase."Fangen wir mal mit einer Bloody Mary an", forderte er sie heraus und drei Cocktails später war er sichtlich beeindruckt, weil sie jeden schaffte und sogar noch eine eigene Note mit der Zugabe eines kleinen Extras verlieh, wie sie es in der Bar von dem alten, knurrigen, aber liebenswerten Wirt gelernt hatte, bei dem sie gejobbt hatte, während sie in Cardiff studiert hatte. Niemals hätte sie damals für möglich gehalten, dass ihr das über zehn Jahre später mal für ihren Beruf zugute kommen würde.

"Nicht schlecht", lobte der Barkeeper sie nach dem vierten - knapp mit Worten, aber sie sah seinem Gesicht nach jedem Schluck an, wie begeistert er wirklich war."Ich red mit dem Boss. Kannst du morgen um 16 Uhr hier sein?", merkte er dann an und sie schaute ihn mit großen Augen an.

"16 Uhr? Das ist ja beinahe noch mitten in der Nacht", jammerte sie theatralisch, zwinkerte dem Barkeeper aber frech zu, als der stutzte."War Spaß. Ich bin da."

"Prima. Komm an die Hintertür und sag, Finlay schickt dich." Er deutete auf eine Türe neben der Bühne und sie machte schnell aus, dass dann wohl der Personaleingang auf der anderen Seite der Halle war. Aber jetzt hatte sie auch einen Namen zu dem schönen Gesicht. Zu schade nur, dass ihr neuer Flirt sich nur auf die Arbeit beschränken würde.

"Okay. Finlay, also hm?", stimmte sie also zu und machte ihn darauf aufmerksam, dass er ihr seinen Namen verraten hatte. Jetzt war sie wohl dran."Ich bin Mairi."

"Ein schöner Name für eine noch schönere Frau", sprang Finlay sofort auf ihren Flirt an und lehnte sich lässig vor ihr auf die Theke."Was trifft von dessen Bedeutungen auf dich zu?" Das brachte sie nun doch ein wenig aus der Fassung.

"Häh?", antwortete sie daher nur, weil sie eher mit einer plumpen Anmache gerechnet hatte, als damit.

"Der Name Mairi hat mehrere Bedeutungen. Die Geliebte oder die Geschenkte, wie auch die Widerspenstige oder die Ungezähmte", erklärte er ihr dann, als er über ihre Verwirrung kurz gelacht hatte und nach einem Glas griff, dass ein anderer Kunde gerade neben ihr auf der Theke abgestellt hatte, um es mit einer Hand im Spülbecken durch die Waschbürsten zu ziehen."Ich bin Schotte und meine Cousine heißt auch Mairi", erklärte er ihr dann, woher er die Bedeutungen ihres Namens so genau kannte, was sie nur noch mehr verwirrt hatte.

"Dann passt wohl eher Letzteres. Was bedeutet dein Name?", wechselte sie sofort wieder in den Flirtmodus und erntete direkt einen neugierigen Blick des Barkeepers dafür.

"Der blonde Krieger", antwortete er ihr stattdessen auf ihre Frage und Mairi konnte nicht anders und musste lachen.

"Na, mit dem Blond hats ja nicht geklappt", stellte sie dann fest und deutete mit den Augen auf seine dunkelbraunen, wuscheligen Haare.

"Nicht wirklich. Das ist rausgewachsen", erwiderte er ihr mit einem verlegenen Lächeln und zuckte die Schultern. Sie mochte ihn wirklich auf Anhieb. Sie hoffte nur, dass er am Ende nichts mit Byrnes krummen Geschäften zu tun haben würde.

"Macht nichts. Braune Haare entsprechen eher meinem Typ", gab sie ihm mit einem frechen Zwinkern zurück und Finlays Lächeln wurde nur noch breiter, bevor sie den Rest eines der Cocktails hinunterkippte, die sie sich mit ihm geteilt hatte. Sie spürte bereits, dass es seine Wirkung zeigte. Ihr Alter Lehrmeister hatte ihr schon immer gesagt, sie solle bloß niemals zu viel durcheinander trinken. Das ging nie gut und das merkte sie heute wieder mal."Mann, das Zeug knallt vielleicht. Ich glaube, es wird Zeit für mich. Dann sehen wir uns morgen, Finlay?", hakte sie also nach und der nickte lächelnd.

"Ich hoffe doch!", antwortete er ihr zwinkernd, als sie aufstand und sie ihm noch kurz winkte, bevor sie sich den Weg durch die Menge zum Ausgang bahnte.

Sie hatte an diesem Abend ihr Ziel erreicht und würde morgen wieder kommen. Gut gelaunt bezahlte sie an der Kasse ihre Zeche, ehe sie den Moment nutzte, um sich an den Türstehern vorbei zu schleichen, die gerade damit beschäftigt waren, zwei betrunkene Kerle davon abzuhalten, sich Zugang zu dem Club zu verschaffen. So konnte sie wenigstens umgehen, dem älteren der beiden die versprochene Belohnung nicht darbringen zu müssen, dafür dass der sie rein gelassen hatte. Was sie ihm als Entschuldigung darlegen würde, wenn sie ihm morgen wieder über die Füße lief, darüber würde sie sich später noch Gedanken machen können. Für heute wollte sie erst einmal in ihre Wohnung, kurz duschen und sich was bequemes anziehen, bevor sie ins Bett ging.

Sie ging direkt zu der schlicht eingerichteten Wohnung, die etwa 15 Minuten Fußweg vom Nachtclub in einem alten und ziemlich heruntergekommenen Haus war. Bisher hatte sie nur deren Lage auf der Stadtkarte zu sehen gekriegt und hatte ihren Kollegen ein paar Taschen übergeben, die die dort in den letzten Tagen abgestellt hatten, während ihre Wohnung für sie renoviert und eingerichtet worden war.

Sie hatte den ganzen Abend, während sie mit Finlay geflirtet und Cocktails gemixt hatte, nicht bemerkt, dass der Mann von der Empore sich einige Plätze weiter an die Theke gesetzt und sie unauffällig beobachtet hatte. Genauso wenig hatte sie wahrgenommen, dass er ihr gefolgt war und, sich in den Schatten haltend, nicht einmal ihren Kollegen aufgefallen war, die den Eingangsbereich des Hauses, wie ihrer Wohnung selbst via Überwachungskameras aus einem Van ohne Fenster heraus beobachteten.

Nichts ahnend betrat sie ihre Wohnung und schaute sich nur kurz um. Sie gab nicht viel her und passte somit zu der Geschichte, dass sie Hals über Kopf vor einem wütenden Exfreund geflohen war. Schnell suchte sie sich aus den Taschen Unterwäsche, eine Jogginghose und einen Sweater zusammen und ging damit ins Bad, um kurz zu duschen. Einrichten würde sie sich morgen früh in Ruhe und die Schränke einräumen, die ein wenig aussahen, als würden die bei der kleinsten Berührung ineinanderfallen.

Jede Bewegung in der nach und nach in Licht aufgehenden Wohnung beobachtete ihr Verfolger aus dem Schatten an der Hausecke heraus durch die Fenster, bevor sie das Bad betrat und sich ihre Silhouette deutlich durch die Vorhänge in dem hell erleuchteten Raum abzeichneten.

Grünblaue Augen verengten sich zu Schlitzen, während er zusah, wie sie sich auszog und ihre Haare zusammenband, bevor sie aus seinem Blickfeld verschwand. Er wartete geduldig in den Schatten der dunklen Gasse, bis sie wieder aus der Dusche heraus stieg und sich abtrocknete, ehe sie das Handtuch um sich schlang und ihren wohlgeformten Körper damit verhüllte. Ihre Umrisse wurden kleiner und schließlich ging das Licht im Badezimmer aus.

Er atmete tief durch und schüttelte kurz den Kopf, beinahe so, als müsse er einen klaren Kopf kriegen. Er setzte sich in Bewegung und verschmolz so unauffällig mit den Schatten, wie er gekommen war.

Fortsetzung folgt... 

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