Verdacht

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Polydeukes verpasst Drabik einen Kinnhaken, der diesen vom Stuhl wirft und dessen Hand von Helenas wundervoll geformtem Po reißt. „Mir kommt da ein Gedanke. Was ist, wenn es nicht um die Ekliptik geht, sondern nur um die Person selbst?" Er steht auf, hebt Helena kurzerhand auf seinen Stuhl und setzt sich auf ihren. Zwar ist Helena die Wächterin ihrer Drillingsbrüder, des Sternzeichens Zwillinge, aber wie Krotos sind die Dioskuren selbst wehrhaft genug und benötigen eher jemanden, der sich um ihre Bedürfnisse sorgt als einen Beschützer. Ich erlebe es oft hautnah mit, wie Helena ihre Brüder fürsorglich bemuttert und die beiden dafür jeden verprügeln, der dieser traumhaft schönen Frau gegen deren Willen zu nahe kommt. Was der unbelehrbare Drabik schon des Öfteren hat erfahren müssen.

„Dann erhebt sich die Frage, was jemand ausgerechnet gegen Astraia haben könnte", grübelt Aidos. „Sie hat nie jemandem etwas zuleide getan."

Drabik steht in aller Ruhe auf, rückt seinen Stuhl zurecht und stellt seinen Becher wieder auf, der sich auf der Stelle wieder füllt. „Das würdest du nicht sagen, wenn du jemals eine ihrer Strafpredigten gehört hättest." Der Schlag hat ihn nicht sonderlich erschüttert; er ist daran gewöhnt, für seine Anzüglichkeiten und Grapschereien regelmäßig zur Rechenschaft gezogen zu werden.

„Die tun nicht weh!", weist ihn Aidos zurecht. „Und du hättest dich eher schämen sollen als ihr zu verübeln, dass sie dich auf dein Fehlverhalten aufmerksam gemacht hat."

‚Eins', denke ich und muss unwillkürlich lächeln. So oft haben Astraia und ich bei den Sitzungen gezählt, wie Aidos, die Göttin der Scham, das Wort ‚schämen' in den Mund nimmt. Während Astraia den Missetätern Predigten gehalten hat und Nemesis ihnen mit ihrem Schwert droht, ermahnt Aidos sie, sich zu schämen und in sich zu gehen. Als Wächterin der Nemesis hat sie damit sogar Einfluss auf ihren Schützling. Die Rachegöttin Nemesis, die Waage und Schwert symbolisiert, ist ihr zuliebe bereit abzuwarten, ob die Täter tatsächlich ihr Fehlverhalten einsehen und schlägt erst dann zu, wenn Aidos mit ihren Ermahnungen erfolglos geblieben ist.

„Wenn jemand es auf ein einzelnes Sternzeichen abgesehen hätte, würde ich eher glauben, dass Asklepios das Opfer sein würde", bemerkt Skorpion und wirft dem Schlangenträger einen Blick zu, der vermuten lässt, dass es ihm um den Gott der Heilkunst nicht leid getan hätte.

„Wage es nicht, etwas gegen Asklepios zu sagen!" Cheiron ist erst seit einigen Tagen Wächter, geht aber bereits voll in seiner Rolle auf.

„Hey, immer langsam mit den jungen Pferden." Helenos lümmelt lässig auf seinem Stuhl und tut so, als sei es völlig normal, einen Kentauren mit ausgerechnet dieser Redensart zu traktieren. „Skorpion hat ja nicht gesagt, dass er Asklepios tot sehen möchte oder dieser den Tod verdient hätte, sondern nur, dass er ihm als das wahrscheinlichere Opfer erschienen wäre. Ich stimme Skorpion da übrigens zu. Es sind nicht alle glücklich über die Entscheidung, den Schlangenträger in die Ekliptik aufzunehmen."

„Umgekehrt könnte aber auch der Mord um Asklepios' willen geschehen sein." Hydras dunkle Stimme lässt uns alle zusammenfahren. Sie ergreift nur sehr selten das Wort und normalerweise auch nur, um ihrem Schützling Krebs beizustehen. „Für den Anfang wird das Gebiet des Schlangenträgers klein sein. Wenn aber ein Zeichen entfernt wird und die Bereiche neu verteilt werden müssen, hat der Schlangenträger eine größere Verantwortung und somit auch wesentlich mehr Einfluss."

„Das ist mir aber nicht wichtig", trotz dieser Anklage bleibt der Heilgott gelassen. Ich habe ihn auch so niemals wütend gesehen. Einer der Gründe, warum ich ihn mag und der cholerische Skorpion ihn nicht ausstehen kann. Die meisten Zodiaks brüllen zurück, vor allem Löwe und Krotos, wenn er wieder einmal stichelt, oder beginnen zu weinen wie Astraia, aber Asklepios bleibt völlig ungerührt. Ich kann mir denken, dass sich Skorpion dann etwas dumm vorkommt.

„Es kann aber anderen wichtig sein." Adonis leuchtet Skorpions Argument offenbar ein. Er verübelt es Asklepios wohl immer noch, dass dieser ihn nicht zum Leben erweckt hat, als Aphrodite ihn darum angefleht hat. Ein neues Leben hat er erst bekommen, als Apollon ihn zum Wächter seiner Geliebten Aphrodite und ihres Sohnes ernannt hat. Seitdem lassen die Gerüchte nicht nach, dass Eros vielleicht gar nicht Ares', sondern Adonis' Sohn sein könnte. Die drei Betroffenen schweigen sich darüber aus und ich für meinen Teil hege ohnehin die Vermutung, dass es Aphrodite selbst nicht sagen kann.

„Dir zum Beispiel", Helenos wendet sich an direkt an Apollon. „Er ist dein Sohn. Übelgesinnte könnten annehmen, du hättest ihm mehr Geltung verschaffen wollen. Nun glaube ich nicht, dass du dem Kreis Schaden zufügen wollen würdest", entschärft er seine Worte sofort, bevor Apollon hochgehen kann. „Aber andere könnten dies von dir denken oder ähnliche Gedankengänge hegen, was Asklepios' Einfluss anbetrifft. Oder jemand könnte der Meinung sein, dass es nur zwölf Zeichen geben darf und hat daher das angreifbarste Zeichen entfernt, nachdem die Ernennung des Schlangenträgers bekannt wurde."

Zufällig sehe ich in diesem Moment zu Krotos und bemerke, dass er die Stirn runzelt. Irgendetwas scheint ihn an Helenos' Worten zu stören, aber er sagt nichts dazu. Wie ich ihn kenne, wird er das, was ihm aufgefallen ist, in den Hinterkopf verschieben und in den nächsten Tagen darüber nachgrübeln. Wenn wir über debattieren, ist es oft ähnlich. Krotos schweigt auf einmal; ich sonne mich in dem Gefühl, ihm rhetorisch überlegen gewesen zu sein und Tage später platzt er während eines Gesprächs über völlig andere Dinge mit einem Argument heraus, welches ich nicht widerlegen kann.

„Oder aber jemand fühlte sich überfordert und wollte ein Ende machen", hetzt Phaeton. „So sehr wir alle Astraia liebgewonnen haben, lässt es sich doch nicht leugnen, dass sie der anstrengendste Zodiak war. Sie musste nicht nur körperlich beschützt werden, sondern gehegt und gepflegt werden, psychisch ständig neu aufgebaut werden, getröstet werden, gefüttert werden – ich meine, man musste nicht nur für sie kochen, sondern sie auch ans Essen erinnern, weil sie sich selbst sonst vernachlässigt hätte. Hesiod und Aratos haben sich damals sehr beschwert und immerhin geriet Astraia ja mehrmals in Gefahr, weil ihre Wächter auch einmal eine Erholung von ihrem Dienst brauchten. Ich habe mich oft gefragt, wie Keto das aushält. Und jetzt frage ich mich, was, wenn Keto es eben nicht mehr ertragen konnte?"

Seine Frage löst eine wilde Diskussion aus. Krotos brüllt empört, dass mir so etwas niemals zuzutrauen wäre, Skorpion schreit dagegen an, Löwe grollt aus tiefster Kehle, Krebs klappert erregt mit den Scheren, als suche er eine Kehle zum Zerquetschen, Stier muht seine Verteidigung meiner Person dazwischen, Drabik verhöhnt mich von ganzen Herzen und auch von den anderen ist kaum einer still, wenn auch leiser als die Vorgenannten. Und Apollon versucht einige Minuten lang vergeblich, für Ruhe zu sorgen.

Meletes zweiter Arm legt sich nun auch um mich. „Kümmer nicht darum", flüstert sie mir ins Ohr. „Dieser Vorwurf ist ja lächerlich! Phaeton ist nur eifersüchtig, weil er schon einige Male ermahnt wurde, besser auf Skorpion zu achten und du ständig über den grünen Klee gelobt wirst."

Mir steigen schon wieder die Tränen in die Augen. „Skorpion lebt aber noch", gebe ich zurück. „Während Astraia ..."

„Nicht durch deine Schuld gestorben ist", Krotos hat aufgehört, Phaeton anzuschreien und neigt sich zu mir. „Sowas kann nur ein Irrer glauben. Aber von Phaetons Verstand habe ich noch nie viel gehalten. Allein schon die Idee, er als Sterblicher könnte die Sonnenrosse beherrschen - pah! Mich hätte es ja auch in den Fingern gejuckt, es zu probieren, aber so leichtsinnig bin ich dann doch wieder nicht."

„Zum Glück." Melete lächelt. „Ich habe schon genug damit zu tun, dich von übereilten Ideen abzuhalten."

Apollon ist es inzwischen gelungen, sich Gehör zu verschaffen. „Wir haben alle Hinweise zur Kenntnis genommen und werden dem nachgehen", verkündet er. „Bis dahin erwarte ich, dass keiner von euch irgendwelche Verdächtigungen oder Gerüchte verbreitet, verstanden?" Er blickt alle streng an; sein Blick wird allerdings etwas weicher, als er auf unsere miteinander verschlungene Dreiergruppe fällt. „Vor allem wird keiner von euch auf Keto losgehen. Sie ist ebenso als Opfer wie Astraia anzusehen, bis wir Genaueres wissen. Und bis dahin wird sie unter dem Schutz von Melete und Krotos stehen. Wie bereits am Strand beschlossen wurde, wird Krotos fürs Erste von seinen Aufgaben entbunden und Asklepios diese übernehmen ..."

„Eine Einweisung wäre allerdings ganz nett", unterbricht der Schlangenträger. Krotos lächelt ihm zu. „Bekommst du. Sei in elf Stunden bereit, dann wäre ich wieder dran."

Apollon ist sichtlich verärgert über die Unterbrechung und fährt in etwas lauterem Ton fort: „Nemesis übernimmt Astraias Aufgaben, bis wir auch dafür eine Lösung gefunden haben. Andere Zodiaks bitte ich von Hilfsangeboten abzusehen; da sowohl Astraia als auch Nemesis für Gerechtigkeit stehen, ist Nemesis am besten geeignet dafür."

Aigina, die Najade, die auf den jungen Ganymed achtet, hebt die Hand wie in der Schule. Apollon nickt ihr zu und sie fragt stockend: „Können – können wir nicht Baba Wanga fragen, wo der Mörder ist? Sie weiß sicher nicht, wer es ist, aber es würde helfen, wenn sie uns seinen Aufenthaltsort verraten könnte."

Apollon gibt ihr recht: „Daran habe ich auch schon gedacht. Es ist aber wesentlich schwerer, jemanden zu lokalisieren, von dem man nicht einmal weiß, wer es ist. Wanga, möchtest du es trotzdem probieren?"

„Darauf konzentriere ich mich schon die ganze Zeit", erklärt die alte Seherin. „Ich kann es nur sehr ungenau ausmachen, aber – es scheint, als ob der Mörder hier ist."

„Hier im Ratssaal?" Ich habe gar nicht gewusst, dass Apollon dermaßen hoch kommt mit seiner Stimme.

„Ja – oder nicht weit entfernt." Auf diese Worte hin schweigen alle und sehen einander fassungslos und verwirrt an.

Löwe beginnt. Dann folgt Phaeton seinem Blick und Adonis schließt sich an. Und dann – sehen alle auf eine einzige Person im Raum.

Auf mich.

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