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„Sag mal, war der eine nicht der hübsche Kellner aus dem ‚Hygge'?", erkundigt sich Elly.

Ich widerstehe dem Drang, mich nach hinten umzudrehen. Sven und Freddie sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen; es ist unwahrscheinlich, dass einer von beiden unser Taxi verfolgt.

„Hübsch?", gebe ich zurück. So eine Debatte über Männerschönheit ist vielleicht das Richtige, um mich etwas abzulenken.

„Findest du ihn nicht hübsch? Mir gefällt er."

„Mir auch. Aber ich würde ihn nicht als hübsch bezeichnen." Ich denke einen Moment über Freddie nach. „Gutaussehend, charismatisch, charmant, ja. Aber für hübsch ist sein Gesicht zu markant. Hübsch hat für mich mehr mit äußerlicher Schönheit zu tun. Bei Freddie ist es eher seine Ausstrahlung. Sven ist hübsch, mit seinen regelmäßigen, weichen Zügen." Verflixt, ich fange wieder an, die beiden zu vergleichen.

„Wer von beiden ist das eigentlich? Der blonde oder der dunkle?" Elly lacht leise. „Aber egal, ich glaube auch schon zu wissen, wer von beiden dir besser gefällt."

Unfug. Für mich sind beide Männer erstmal eine potentielle Gefahr und ein unabwägbares Risiko. Eher ein Grund, mich von ihnen fernzuhalten als mich ihnen zu nähern. Leider ... Mist, Elly hat recht. In einem Fall bedauere ich es sehr, nicht zu wissen, inwieweit ich vertrauen kann.

Jetzt drehe ich mich doch um. Aber hinter uns ist weder der katzenaugengrüne Passat noch der feuerrote Cayman zu sehen, nur ein zweites Taxi fährt hinter unserem her. Taxis hat es viele hier, schließlich sind wir hier in einer Großstadt.

„Ich glaube nicht, dass uns einer von ihnen folgt", beruhigt mich Elly. „Die müssen erst einmal ihren Händel austragen."

Elly scheint es nicht gewundert zu haben, dass die beiden sich zwar unübersehbar feindlich gegenüber gestanden haben, aber keiner von ihnen Anstalten gemacht hat, den anderen körperlich anzugreifen. Wenn sie ebenfalls Telepathin ist, hat sie vielleicht auch den geistigen Kampf gespürt, den die beiden miteinander austragen. Freddie hat ja gemeint, sie wäre begabt. Aber Sven hat erklärt, dass Freddie mir damit nur Angst hat machen wollen. Verflixt, ich weiß nicht mehr, was ich denken soll.

Elly legt den Arm um mich. „Mach dir keine Gedanken mehr um die zwei. Die werden das schon unter sich regeln. Und bilde dir ja nicht ein, dass du dem ‚Sieger' dann gehören würdest. Das entscheidest immer noch du."

Ich hoffe, mein Lächeln fällt nicht allzu kläglich aus. „Ja, wie bei Katzen."

„Hm?" Elly blickt mich verständnislos an und ich erkläre: „Wenn sich zwei dominante Kater um eine rollige Katze raufen, ist es gar nicht so selten, dass die Katze sich inzwischen mit einem eher untergeordneten Kater davonmacht. Katzen lassen sich auch nicht vom Sieger einnehmen."

Elly lacht leise. „So könnte man deine momentane Situation auch sehen."

Stimmt. Nur dass ich mich nicht mit einem dritten Mann davonmache, sondern mit einer Frau, die sicher keine derartigen Absichten mit mir hat.

Ellys Arm um meine Schultern ist mir unangenehm; so gut stehen wir eigentlich nicht miteinander. Aber da sie es gut mit mir meint, wehre ich mich nicht.

Die Fremdheit, die ich im Café gespürt habe, schwindet ohnehin mehr und mehr. Obwohl mir keine Einzelheiten einfallen, wird mir Elly während der Fahrt vertrauter. Ich erinnere mich nicht an Dinge, die ich mit ihr erlebt habe, an geführte Gespräche oder frühere Abendessen. Dafür fallen mir etliche Eigenheiten von ihr ein. Ich weiß, dass sie etwas ausgefallene Kleider mag, gerne Blau und Violett trägt, auf Countrymusik steht und Orchideen züchtet. Sie dekoriert das ganze Haus in Lila-Tönen, lässt aber die Finger von Mortimers Arbeitszimmer, weil sie respektiert, dass er die Farbe nicht mag. Obwohl sie mühelos von Mortimers Gehalt als Abteilungsleiter leben könnten, arbeitet Elly noch freiberuflich als Schmuckdesignerin. Sie hat ein Faible für Mode, Makeup und raffinierte Frisuren und liebt es, mich „zurechtzumachen". Was ich mir auch immer wieder gerne gefallen lasse.

Wieder blicke ich mich um. Immer noch sind weder Passat noch Cayman hinter uns, nur ein Taxi. Oder ist es dasselbe wie vorhin? Aber warum sollte Freddie oder Sven uns im Taxi nachfahren, wenn sie ihre eigenen Wagen da stehen haben?

Ich schaudere bei der Vorstellung, dermaßen gestalkt zu werden und bin sehr froh, dass Elly bei mir ist. Mit solchen Typen wie Sven und Freddie wird sie leichter fertig als ich. Eben darum hat meine Mutter die alte Bekanntschaft ja aufgewärmt und Elly darum gebeten, ein bisschen auf mich zu achten; sie weiß, dass ich mich zu leicht ausnutzen lasse.

„Sollen wir uns einen schönen Mädelsabend machen?", fragt Elly mich. „Du siehst aus, als könntest du Entspannung und Ablenkung brauchen. Ich habe einige neue Kleider, die dir sicher auch toll stehen würden und ich könnte dich mal wieder so richtig ausführlich schminken. Die Fotos schicken wir dann deiner Mutter, sie freut sich immer so, wenn sie sieht, wie gut wir uns verstehen. Und danach können wir uns Cocktails mixen und einige Folgen ‚Sex and the City' ansehen. Mortimer muss ohnehin noch ein Meeting vorbereiten, das auf morgen vorverlegt wurde und hat kaum Zeit für uns."

„Gute Idee", sage ich. Und denke gleichzeitig, irgendwas stimmt mit dem Abendprogramm nicht, welches mir Elly so fröhlich präsentiert. Die Sondierungen der beiden Männer müssen mich völlig durcheinandergebracht haben. Tatsächlich fühle ich mich auch leicht benommen und das Denken fällt mir schwer. Vor einer Migräne geht es mir oft so und dafür spricht auch das Hämmern in meinem Schädel.

„Du klingst nicht so begeistert wie sonst", Elly runzelt die Stirn.

„Schon gut", wehre ich ab. Und platze dann doch heraus: „Elly, hast du bemerkt, auf welche Weise Freddie und Sven sich gegenseitig angegriffen haben?"

„Ja, sicher, Kind, aber ..." Elly unterbricht sich, blickt mich genauer an und stellt fest: „Du weißt jetzt also auch davon."

„Freddie hat mir davon erzählt, dass es viele können."

Elly nickt. „Ja, und leider gibt es so einige, die das ausnutzen. Deine Eltern haben mir gesagt, dass du keine Ahnung hast und sie noch darauf hoffen, dass du die Kraft auch irgendwann entdecken wirst."

„Freddie sagt, ich bin völlig taub."

„Das ist der blonde Kellner, oder?"

„Ja, er meinte, er wäre sehr begabt und könnte das feststellen."

„Nun, so gut bin ich nicht und ich würde mir auch nicht anmaßen, so ein Urteil über jemand anders zu fällen. Viele entdecken es erst lange nach der Pubertät, häufig erst, wenn sie angegriffen werden und das instinktiv abwehren."

„Naja, ich wurde ganz offensichtlich angegriffen und habe es nicht abwehren können. Ich kann nicht einmal sagen, wer von beiden es getan hat oder ob es vielleicht beide waren."

Unwillkürlich drehe ich mich erneut um. Keine Ahnung, wie weit solche Kräfte reichen, aber vielleicht können mich die beiden oder zumindest Freddie auch über größere Strecken ausfindig machen? Aber hinter uns ist nur wieder eines der allgegenwärtigen Taxis.

„Elly, ich glaube, beide haben in meinem Gehirn herumgepfuscht. Ich kann nicht mehr auseinanderhalten, welche meiner Erinnerungen wahr sind. Sie haben wohl alles kaputtgemacht. Ich weiß, dass wir schon mehrmals solche Abende zu zweit verbracht haben, aber ich erinnere mich nicht daran. Seltsam, nicht wahr?"

„Du armes Kind!" Elly drückt mich fest an sich. „Vermutlich wollten sie dich isolieren und dir einreden, dass du in der Stadt keine Freunde hast, damit du niemanden um Hilfe bitten kannst. Jetzt bin ich doppelt froh, dass ich nochmal zu deiner Wohnung gefahren bin. Erzähl mir nachher alles, dann helfe ich dir, das zu sortieren."

Ich zucke zurück. „Willst du auch in mein Gehirn ...?"

Elly lacht. „Aber nein, Kind, das würde ich niemals tun. Aber ich kann dir sagen, was wahr und was falsch ist, soweit ich es selbst weiß. Das wird doch schon einmal eine Hilfe sein."

„Habe ich dir je erzählt, dass ich in einer Beziehung bin, Elly?"

„Da bin ich mir ganz sicher, Pascha", versichert mir Elly. „Nein. Du hast niemals so etwas gesagt. Du hast mir zwar von dem einen oder anderen Mann berichtet, der dir gefiel, aber eine Beziehung – nein!"

So, dann weiß ich jedenfalls, dass Sven zumindest in dieser Beziehung gelogen hat. Bleibt nur noch Freddie zu klären.

„Wir sind da!", teilt Elly mir mit, als das Taxi hält. In einem Winkel meines Hirn frage ich mich, warum sie mir das sagt, wenn ich doch schon öfters hier gewesen bin. Andererseits weiß Elly ja nicht, wieviel ich vergessen habe. „Geh doch schon mal vor, während ich zahle, ja?" Sie drückt mir den Schlüssel in die Hand.

Eigentlich möchte ich lieber auf sie warten. Aber ich nehme den Schlüssel entgegen, laufe den geschwungenen Weg entlang, der zur Haustür führt und schließe auf.

Elly holt mich ein, als ich die Tür öffne, lässt mich vor und schiebt hinter uns den Riegel vor. „Schatz, ich bin wieder da-ha!", ruft sie den Flur entlang. „Ich gehe gleich rauf, in Ordnung?"

Von irgendwoher kommt ein abwesendes „Okay!" zurück. Ich überlege, warum Elly "ich" und nicht "wir" gesagt hat und warum mich Mortimer nicht begrüßen kommt. Er muss doch wissen, dass Elly nochmals losgefahren ist, um mich zu holen. Aber irgendwie bin ich zu träge, diese Gedanken laut zu äußern.

Elly weist auf die Treppe. „Geh schon mal hoch und setz dich aufs Bett. Ich komme gleich nach." Sie drückt mir die Tasche in die Hand, die sie dabei gehabt hat. „Die kannst auch gleich mitnehmen."

Ich will Elly sagen, dass ich gar nicht weiß, in welches Zimmer ich gehen soll. Aber meine Beine tragen mich bereits die Treppe hinauf und schlagen den Weg zu Ellys Schlafzimmer ein, meine Hände stellen die Tasche vor dem Friseurtisch ab und mein Po sinkt von selbst auf Ellys Bett. Als hätte ich das schon tausend Mal gemacht.

Einige Minuten später betritt Elly den Raum, in dem ich gewartet habe, ohne nach einem Buch zu greifen, mit einer Kastanie zu spielen, sogar ohne mich umzusehen. Irgendetwas daran kommt mir falsch vor, aber ich kann es nicht genauer erfassen. Mein Geist ist wie umnebelt. Die Herumstocherei in meinem Geist hat mehr Schaden angerichtet, als ich zuerst gedacht habe. Ich fühle mich seltsam abwesend, als ob mir mein Körper nicht mehr gehören würde.

„Steh auf", fordert mich Elly auf und ich gehorche. Sie mustert mich gründlich und lächelt zufrieden. „Du bist wirklich sehr hübsch und wirst mit dem richtigen Makeup eine Schönheit sein. Und deine Figur ist genau richtig." Sie geht zum Kleiderschrank, holt ein blaues Seidenkleid mit fließenden Flügelärmeln heraus und gibt es mir in die Hand. „Probier das mal an."

Ich glaube, ich mag Kleider nicht sonderlich, andererseits ist dieses Kleid wirklich hübsch. Ich habe nichts dagegen, es einmal anzuziehen.

Elly klatscht erfreut in die Hände. „Es passt wie angegossen! Ich wusste es doch!"

Ich verstehe nicht, was sie daran so freut, aber es ist nett, dass wenigstens eine von uns Spaß hat.

Elly holt ein weiteres Kleid hervor. Dieses ist hellviolett, mit langen, geknöpften Manschetten und einem Bubikragen. Ich habe keine Ahnung, woher ich auf einmal die Namen von Kragen- und Ärmelformen kenne, aber ich bin mir sicher, dass mir dieses Kleid nicht gefällt. So wenig, dass ich es nicht einmal anprobieren möchte. Das Gefühl der engen Manschetten, die den halben Unterarm hinaufreichen, möchte ich nicht eine einzige Sekunde ertragen.

„Hier!" Elly reicht mir das Kleid. Und ich ziehe es ohne ein Wort des Widerspruchs an.

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