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Der Boden bebte unter ihnen. Jedes Mal, wenn die Hufen den Boden berührten, schien dem grün bewachsenen Untergrund zu vibrieren. Der schwarze Körper, das schwarze Fell, des Lipizzaner glänzte in dem Licht des aufgehenden Mondes. Ein fröhliches Wiehern ertönte, anschließend ein glockenhelles, engelsgleiches Lachen, das nur diesem jungen Mädchen auf dem Rücken des schwarzen Pferdes gehören konnte.

Ihre Haut braungebrannt, das Gesicht rundlich, das lilafarbene Haar, das in der Luft flatterte. Und dann noch ihre Augen. Groß und weinrot, glitzerten vor Fröhlichkeit, vor Glück. Das Mädchen ritt ohne Sattel und Zaumzeug, es hielt sich stattdessen in den wallenden Zöpfen des prächtigen Wallachs fest.

Mit einem sanften Schenkeldruck der Reiterin steigerte der Rappe sein Tempo noch weiter. Es war, als würden Pferd und Reiter fliegen, die sanften Bewegungen des Pferdes waren kaum zu spüren. Ob es daran lag, dass sie zu sehr in ihrer eigenen Fantasie lebte, konnte man jedoch nicht sagen.

„Guter Junge", lobte das Mädchen, klopfte sachte auf seinen Hals, was ihm ein Wiehern entlockte.

Das Mädchen wurde aus ihrer eigenen kleinen Welt gerissen, als sie beinahe von einer Sturmböe erfasst und sie fast von dem Rücken ihres Lipizzaners rutschte. Noch in letzter Sekunde fasste sie die geflochtenen Zöpfe ihres Wallachs fester und rutschte wieder an ihren vorherigen Platz zurück.

Als sie wieder richtig saß, ließ sie nur für eine Millisekunde ihr Kinn auf ihre Brust sinken, atmete erleichtert aus. Sie betrachtete ihre Umgebung. Es hatte inzwischen angefangen zu regnen, die Tropfen landeten unaufhaltsam auf ihrem Kopf und durchnässte in kürzester Zeit ihr lilafarbenes Haar, das nun in nassen Strähnen um ihre Ohren flog. Der Wind, der durch die hohe Geschwindigkeit auf sie zu kam, ließ sie erschaudern. Eine Gänsehaut überzog ihre nackten Arme, zog über den Rücken bis hin zu ihrem Nacken.

Das hellgrüne Top mit den Spaghettiträgern, das zuvor schön locker saß, klebte nun unangenehm an ihrem schmalen Körper, von ihrer schwarzen Leggings mal abgesehen. Zu ihrem Glück waren wenigstens noch ihre Socken, die in schwarze Stiefel gepackt waren, trocken.

Plötzlich knallte es laut im Hintergrund. So laut, dass selbst das Mädchen, das sonst immer so unerschrocken war, heftig zusammenzuckte. Ihr geliebter Wallach wieherte ängstlich, stieg und warf seine Reiterin ab.

Sie schrie auf, Panik durchflutete sie in großen, starken Wellen. Mit vor Angst zitternden Händen versuchte sie noch, Halt zu finden, doch es war zwecklos. Die nassen, vor Kälte tauben Fingern glitten durch die Zöpfe. Sie spürte, wie sie immer weiter dem sicheren Halt entglitt.

Der Sturz durch den Regen und die Sturmböen fühlten sich für sie wie eine ganze Ewigkeit vor, in Wirklichkeit waren es nur sehr wenige Sekunden. Der Aufprall auf der nassen Erde fühlte sich schmerzhaft an - doch nicht so, wie das, was sie bald zu sehen bekommen würde - der Matsch spritzte in ihr Gesicht und versperrte, beeinträchtigte so ihre Sicht. Ein übler Schmerz pochte in ihrem Bein, mit dem sie als erstes auf dem Boden aufkam, jede Bewegung ließ es pulsieren und sie ein leises, wimmerndes Geräusch ausstoßen.

Mit einer Hand wischte sie sich etwas von dem braunen Schlamm aus dem Gesicht, öffnete nun blinzelnd die weinroten Augen. Zuerst war ihre Sicht verschwommen, doch nach jedem Blinzeln konnte sie ihre Umgebung schärfer wahrnehmen. Ihre Augen weiteten sich, als sie die Szene vor sich besah.

Ihr geliebter Wallach stieg, wirbelte seine Vorderhufen wild durch die Luft, Dreck löste sich von ihnen. Dann geschah es: Ein lauter Donner erschreckte den Rappen, ließ ihm abermals auf seine Hinterbeine stehen, dann der Blitz. Wild zuckte er über den Himmel, suchte sich im Zickzack-Muster einen Weg durch den Himmel, dann hinab auf die Erde, nur wenige Zentimeter neben dem Lipizzaner.

„Nein! Airaway!", schrie das junge Mädchen panisch, die Augen weit aufgerissen, nackte Panik loderte in den weinroten Iriden. Das konnte nicht wahr sein, nicht ihr geliebtes Pferd!

Sie kämpfte sich auf die Beine, das Rechte gab unter ihrem Gewicht nach, ein Schmerz durchzuckte es und sie schrie auf. Ein Schrei aus Schmerz und purer Verzweiflung und Panik. Doch das hielt sie keines Falls von ihrem Vorhaben ab. Erneut erhob sie sich wieder, das verletzte, blutige Bein schonend. Leider nicht so einfach, jede leichte Bewegung erschütterte es und jagte weitere Schmerzen durch ihren Körper.

Ein Kampfschrei drang aus ihrer Kehle, die plötzlich wie verdorrt war, vollkommen ausgetrocknet, als sie sich auf die Füße zwang. Tränen flossen über ihre geröteten Wangen, während ihr restliches Gesicht aschfahl wirkte.

Plötzlich drehte sich die komplette Welt vor ihren Augen, alles kreiste, als gäbe es kein Morgen. Ihre Sicht verdunkelte sich zunehmend, ihr wurde schwindlig. Dann wurde es auf einmal schwarz und eine ihr sehr bekannte sich besorgt anhörende Person rief ihren Namen.

„KAYLA!"

Mit heftig klopfendem Herzen schreckte sie auf, stieß beinahe mit dem Kopf zusammen, der über ihrem eigenen schwebte. Weinrote Augen, wie die ihrer, wanderten besorgt über ihr Gesicht.

„D-dad?", hauchte Kayla tränenerstickt. Sie war leise und zitterte, man konnte die Gefühle förmlich in ihrer Stimme ablesen, so offensichtlich waren sie.

Der Mann, Niklaus Emberheart, nickte sachte, ein erleichtertes Lächeln zierte sein langsam alterndes Gesicht. Er hatte eigentlich gerade im Wohnzimmer gesessen und einen Film angesehen. Er war friedlich. Seine Tochter wollte früher ins Bett gehen, weil sie schon müde war. Doch dieser Vorfall machte ihr da einen Strich durch die Rechnung. Das plötzliche „Nein! Airaway!" ließ in ihm sämtliche Alarmglocken läuten.

Der schwarze Lipizzaner Wallach war vor einigen Monaten bei einem Gewitter umgekommen. Kayla und ihr geliebtes Pferd waren gemeinsam ausreiten, doch sie wurden von einem Gewitter überrascht, er hatte bei einem Donnerschlag abgeworfen und wurde ein paar Meter weiter von einem Blitz erwischt. Er hatte es nicht überlebt. Seit dem war Kayla nicht mehr auf einen Pferderücken gestiegen. Sie hatte Angst davor. Das Vertrauen in sich selbst war weg ...

Niklaus setzte sich auf die Bettkante ihres Bettes, seine Hand ruhte in ihrem Haarabsatz, kraulte sanft durch die lilafarbenen Wellen. „Schlaf noch ein bisschen, mein Schatz", flüsterte er leise, als er sah, wie sich ihre Augen schlossen, ihre Atmung tiefer und entspannter wurde.

Er sah auf die Uhr, ein Funkwecker, dessen Zahlen eckig waren und in einem kräftigen Blutrot in Kaylas Zimmer leuchtete. 02:47 Uhr. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er selbst ziemlich lange wach war, aber schließlich hatte er noch etwas sehr Wichtiges für den morgigen Tag vorbereiten müssen und dann wollte er noch ein bisschen die Ruhe genießen, bevor der Tumult losging.

***

Nicht sonderlich ausgeruht öffnete Kayla Emberheart ihre Augen und gähnte herzhaft. Durch den Albtraum letzter Nacht war ihre Vorfreude für diesen Morgen und Tag vergangen.

Als sie ein leichtes Gewicht auf ihrem Bauch wahrnahm, stutzte sie, wanderte mit ihren Augen ihren Körper entlang. Da lag ein dunkelbrauner Haarschopf auf ihrem Bauch, ein leises Schnarchen drang zu ihr hinauf und sie lächelte. Ihr Vater war gestern letzte Nacht also noch bei ihr geblieben und schien eingeschlafen zu sein.

Sachte schüttelte sie an seiner Schulter. „Dad? Komm, aufwachen!" Sie grinste breit, als ihr Vater seine Augen öffnete, sich verwirrt umsah, bis er bei seiner seit heute 20-jährigen Tochter hängen blieb.

„Guten Morgen, mein Sonnenschein!", sagte er fröhlich. Niklaus' Lippen hauchten einen sachten Kuss auf ihre Stirn. „Alles Gute zum Geburtstag. Komm, ich habe eine Überraschung für dich!"

Er löste sich von Kayla und stand schließlich auf. Auf leisen Sohlen lief er hinaus und holte aus dem Kleiderschrank seiner Frau eines der vielen Halstücher. Ohne es richtig zu merken stand er tief in seinen Gedanken versunken vor dem Schrank, ein Griff des offenen Schrankes in jeweils einer Hand. Erst die Schritte im Flur ließen ihn in die reale Welt zurückfinden.

„Hey, ich bin fertig!" Kayla steckte ihren Kopf durch den Türspalt, bis sie schließlich ganz eintrat. Sie war hübsch, sehr hübsch in seinen Augen. Die junge Frau trug ein wunderschönes Sommerkleid in limettengrün und dünnen Spaghettiträgern, ihre Füße steckten in schwarz glänzenden Ballerinas. Das Haar, das normalerweise in sanften Wellen über ihre Schultern floss, hatte sie zu einem eleganten Dutt gebunden.

„Sehr gut. Ich muss nur kurz etwas erledigen." Während der Vater das sagte, trat er an seine Tochter heran und band das Halstuch seiner Frau über die weinroten Augen Kaylas.

Diese wollte gerade protestieren, doch sie wusste, dass sie gegen ihn keine Chance hatte, also hielt sie doch lieber ihren Mund. Sie spürte, wie Niklaus einen festen Knoten fand, sodass das Halstuch nicht zu eng saß und trotzdem nicht von der Stelle rutschte. Dann fasste er sie an den Schultern und führte sie aus dem Haus hinaus in die Richtung des Stalles, den die Familie besaß.

Obwohl sie seit Monaten nicht mehr geritten war, liebte sie trotz allem den Duft darin, das frische Stroh, und die Geräusche, der scharrenden Hufen der Pferde. Sie lächelte, als dieser altbekannten Duft in ihre Atemwege strömte.

Natürlich vertraute Kayla ihrem Vater, aber trotzdem war ihr doch etwas Bammel zumute. Der Boden war uneben und sie war schon öfter so tollpatschig gewesen, dass sie über irgendeinen erhöhten Pflasterstein stolperte. Doch die warmen Hände ihres Vaters hielten sie dieses Mal aufrecht, ließen nicht zu, dass sie fiel.

Sie konnte nicht sagen, wie lange sie liefen - oder wie lange er sie schon führte - aber irgendwann blieb er stehen, ließ seine Tochter vor sich stehen. Anschließend löste er den Knoten an ihrem Hinterkopf und entfernte dann den Sichtschutz von ihren Augen.

Sie traute ihren Augen nicht. Sie stand vor einer Box, auf dessen vergoldeten Schild ein Wort, ein Name in schwarzen, verschnörkelten Buchstabe eingraviert war. „Dancedream", las sie leise vor, fuhr währenddessen mit ihren Fingerspitzen hauchzart über die Gravur, dann hob sie den Blick.

In der Box stand ein Pferd mit wunderschönem braunem Fell und ebenso dunkler Mähne und Schweif. Die dunklen, treuen Augen des Pferdes sahen in ihre und es war, als sehe er direkt in ihre Seele.

Niklaus umarmte sein kleines nun 20-jähriges Mädchen und flüsterte leise in ihr Ohr: „Happy Birthday, mein Schatz." Damit löste er sich wieder und betrachtete lächelnd seine Tochter, die nun sachte über die Blesse des braunen Pferdes strich.

Plötzlich hatte sie das Gefühl, dass dieses Pferd ihr ganzes Leben auf den Kopf stellen wird, aber das würde sie liebend gerne annehmen. Sie wusste, mit diesem Pferd würde sie irgendwann wieder das Vertrauen fassen können, das sie mit Airaways Tod verloren hatte.

Drei Monate später

Das Lachen, das über die Wiese hinter dem Haus der Familie Emberheart, hallte, war wie Musik in den Ohren der Familie. Sie hatten geglaubt, sie nie wieder lachen zu hören.

Als Kayla vor drei Monaten dieses Pferd bekam, war sie fast ununterbrochen bei ihm. Es war ein KWPN Dunkelfuchs, ein Wallach, den sie auf den Spitznamen NuNu getauft hatte.

Wie an dem Tag, als sie das letzte Mal geritten war, saß sie ohne Sattel oder Zaumzeug auf dem Rücken des Wallachs. Sie lachte fröhlich, ihre Augen glitzerten in der Sonne, die gerade am Horizont den Himmel verließ, um dem Mond Platz zu machen.

Zum ersten Mal seit mehr als einem halben Jahr saß sie wieder auf einem Pferd. Sie hätte niemals geglaubt, jemals wieder zu reiten. Doch dieser Dunkelfuchs unter ihr, war ihr zu sehr ans Herz gewachsen, war zu ihrem besten Freund geworden. Er war es, der ihr geholfen hatte, den Mut und das Vertrauen in sich selbst wiederzufinden.

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