Kapitel 2 | Pierson

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Ein Großteil der weißen Parkboxen, die sich gegen den tristen, grauen Asphalt abhoben, waren so überfüllt wie selten, als ich den alten Ford Maverick meines Vaters auf den Parkplatz lenkte. Für einen Moment verfolgten meine Augen zwei tuschelnde Schülerinnen, die vor meiner Motorhaube herumrannten, bevor ich meine Suche nach einem freien Platz fortsetzte. Wüsste ich es nicht besser, könnte ich glatt denken, dass ich irgendwelche Neuigkeiten verpasst hatte. 

Doch an den meisten Tagen glich die Astervile Falls Highschool jeder anderen amerikanischen Kleinstadtschule. Gelangweilte Schüler, die fehlende Spannung in ihrem Leben mit den Partys der Rich Kids wettmachen wollten, und ein überschaubares Anwesenheitsregister. Je höher die schwarze Zahl auf dem Bankkonto, desto seltener wurde der ein oder andere auf dem Schulgelände gesehen. Auch wenn das alles zugegebenermaßen erst vor einem Jahr begann. 

Ein Jahr. Meine Finger verkrampften sich fester um das Lenkrad, als ich an das davor dachte. Die Zeit, in der Astervile Falls ganz und gar nicht wie jede andere Kleinstadt gewesen war. Als fünf selbsternannte Könige die Stadt regiert hatten. Bis vor einem Jahr himmelte die ganze Schule die Kingmaker an, als wären sie Götter. 

Bei dem Gedanken drohte mir, Galle hochzukommen. Wie froh ich war, dass sie sich selbst vernichtet hatten. Wenn es nach mir ging, musste ich keines ihrer arroganten Gesichter jemals wieder sehen. Besonders nicht seines

Riat Malvaines Fratze hatte mich Jahre lang bis in meine Albträume verfolgt und mich Nacht für Nacht wieder erleben lassen, was er tagsüber mit mir in der Schule tat. 

Meine Kiefer verspannten sich instinktiv bei dem Gedanken an ihn.
Nie wieder, war das Einzige, was ich denken konnte. Nie wieder würde ich das mit mir machen lassen. Mit einem Kopfschütteln zwang ich mich dazu, das Thema ruhen zu lassen und richtete meine Aufmerksamkeit stattdessen auf den freien Parkplatz, der sich vor mir auftat. 

Kaum hatte ich den Ford hineingelenkt, griff ich meine Tasche vom Rücksitz und warf die Fahrertür auf. Mit einer Hand zog ich die dunkle Bomberjacke enger um meine Schultern und ließ den Blick unauffällig über das Schulgelände wandern. Wo zum Teufel war Madden? 

Instinktiv hielt ich den Kopf gesenkt, als ich mich in Bewegung setzte. Eine Gewohnheit, die ich nach einem Jahr ohne ihn immer noch nicht abgelegt hatte. Innerlich verfluchte ich mich dafür, wie viel Macht ich Riat immer noch gab. Er war weg und er würde nicht wiederkommen, während ich hingegen nach wie vor in Astervile Falls willkommen war. Ich hatte ihn überdauert und mir etwas Neues aufgebaut, das mir niemand mehr nehmen konnte. Wie um meinen Gedanken Nachdruck zu verleihen, zwang ich mich, das Kinn zu heben und die Schultern durchzudrücken. 

Während ich mich zwischen den parkenden Wagen hindurchschlängelte, stieg mir der Geruch von drohendem Regen und dem salzigen Wasser des nahegelegenen Küstenstreifens in die Nase. Als ich losgefahren war, war der Himmel bereits grau. Nun war er von so dunklen Wolken durchzogen, dass kein Zweifel daran bestand, dass von der Küste her jeden Moment ein ausgewachsener Sturm heranrollen würde. 

Mein dunkler Pferdeschwanz peitschte gegen meine Schultern, während ich auf den Eingang des dunklen Schulgebäudes zueilte. Die schwarz verbrannten Ziegel des riesenhaften Gebäudes waren die einzige Erinnerung an das Imperium der Kingmaker, das Bürgermeister King in seiner persönlichen Vendetta gegen die Fünf nicht hatte ausmerzen können. Die Highschool nach dem Vorfall im letzten Jahr von Grund auf neu zu errichten, war selbst in einer Stadt mit einer Menge reicher Geldgeber nicht möglich. Doch während die meisten Schüler es als letzten Triumph der Kingmaker deuteten, konnte ich nicht anders, als in diesen verkohlten Steinen den Moment zu sehen, in dem sich die ehemaligen Könige von Astervile Falls selbst zu Fall gebracht hatten. 

So überkam mich unweigerlich jedes Mal, wenn ich über die Schwelle der breiten Eingangstür trat, ein erleichterndes Freiheitsgefühl. Als würde ich jeden Tag aufs Neue lernen, wie man atmete. Hier hatte mir Riat jahrelang das Leben zur Hölle gemacht. Doch mit ihm war auch das schüchterne Mädchen verschwunden, das sich nicht traute, ihm in die Augen zu schauen, aus Angst allein unter seinem Blick zu verbrennen. 

Kaum hatte ich die Türschwelle passiert, schaltete sich mein Körper regelrecht auf Autopilot und trug mich in Richtung meines Spindes, während ich mein Handy hervorzog. Normalerweise wartete Madden morgens auf dem Parkplatz auf mich und wir gingen gemeinsam zur ersten Stunde. Eine Vorsichtsmaßnahme vom Anfang unserer Freundschaft, die mittlerweile zur Routine geworden war. Doch heute hatte ich ihren blonden Haarschopf nirgendwo zwischen den anderen Schülern aufmachen können, obwohl sie wegen ihrer langen Beine sonst einfach auszumachen war. Auch auf meine Nachrichten von gestern Abend war sie nicht mehr eingegangen. Dabei klebte sie normalerweise fast an ihrem Handybildschirm. 

Ein mulmiges Gefühl machte sich in meiner Magengrube bemerkbar, während ich wie automatisch das Zahlenschloss meines Schließfaches betätigte. Ich zog meine Unterlippe zwischen meine Zähne, bis es schmerzte, als könnte ich damit mein rasendes Gedankenkarussell verlangsamen. Vermutlich machte ich mir Sorgen um nichts. Gedanklich war ich ständig in Alarmbereitschaft, doch ich weigerte mich, diese schlechte Angewohnheit die Kontrolle übernehmen zu lassen. 

Bestimmt war ihr Akku leer gegangen und sie war gestern nicht dazu gekommen, ihn aufzuladen. Egal wie untypisch das für Madden wäre. Schließlich gelang es ihr immer wieder, mich doch noch zu überraschen, wenn ich am wenigsten damit rechnete. Sie war nicht umsonst seit ihrem ersten Tag an dieser Schule das Mädchen, um dessen Freundschaft sich jeder riss. Dass sie die Schwester eines Kingmakers war, hatte damit nur bedingt etwas zu tun. Schließlich hatte sie, als eine von wenigen, selbst nach deren Verschwinden ihre Position behalten. 

Mit einer Hand fischte ich meine Bücher aus dem Schließfach und setzte mich in Bewegung, um nicht zu Mr. Steinbergs erster Stunde zu spät zu kommen. Dieser Mann verteilte viel zu gerne Nachsitzen fürs Zuspätkommen und hatte damit beinahe die ganze Schülerschaft innerhalb von kurzer Zeit gegen sich aufgebracht. 

Auf dem Parkplatz war mir bereits das Getuschel aufgefallen, doch auf dem Flur war es noch deutlicher, dass mir irgendetwas entgangen sein musste. Eine Gruppe Juniors hatte die Köpfe zusammengesteckt, tuschelte jedoch so leise, dass ich nur zusammenhanglose Fetzen aufschnappen konnte. Immer wieder bemerkte ich Mitschüler, die den Gang hinauf und hinab schauten, als wären sie auf der Suche nach jemandem oder etwas. Für gewöhnlich hatte das neuste Drama spätestens am Ende der Woche die Runde gemacht, doch heute schien es sich wie ein Lauffeuer zu verbreiten. Die Luft brizelte vor Anspannung und als ich meine Laborpartnerin in der Kurve zum Klassenraum kreuzte, überlegte ich für einen Moment, sie zu fragen, ob sie wusste, was los war. Möglicherweise hatte ich ja Glück und Mr. Steinberg war in irgendein Drama verwickelt, das mich fürs Erste vor Algebra rettete. 

Doch das zweite, mahnende Klingeln der Schulglocke hielt mich davon ab, den Plan in die Tat umzusetzen. Stattdessen umrundete ich die letzte Biegung und ging auf die Tür zu, die zum Glück noch offen stand. Gerade als die Türschwelle bereits in Sicht kam, brachte mich ein Ruf jedoch zum Erstarren: "Pierson, warte." 

„Madden?", die Dringlichkeit in ihrer Stimme brachte mich dazu herumzufahren. Doch im Chaos der übrigen Schüler, die zu ihren Kursen hetzten, gelang es mir nicht, sie ins Auge zu fassen.
„Miss Carnegie", erklang hinter mir Mr. Steinbergs penetrante Stimme gereizt: "Der Unterricht fängt jeden Moment an. Kommen Sie in die Klasse oder Sie können direkt weiter zum Direktor gehen. Ich habe genug von dem leichtfertigen Umgang mit Unpünktlichkeit an dieser Schule. Wenn man Jugendlichen so etwas nicht früh genug beibringt -" 

Mit einem Augenrollen blendete ich die Worte des Lehrers, der mittlerweile fast zum Inventar gehörte, aus und stellte mich auf die Zehenspitzen. Als es mir gelang, Madden zwischen einer Gruppe von Freshman, an denen sie sich vorbei kämpfte, auszumachen, zuckten meine dunklen Augenbrauen in die Höhe. Maddens Wangen waren leicht gerötet und ihr Rucksack hing ihr so weit von der Schulter, dass er jeden Moment Bekanntschaft mit dem Boden zu machen drohte. Davon bekam sie allerdings nichts mit, sondern rannte einfach weiter auf mich zu, als hinge ihr Leben davon ab. Ihr Anblick ließ mir das Herz in die Hose rutschen. 

„Da bist du ja, Pierce", Erleichterung tropfte von ihrer Stimme, als sie vor mir zum Stehen kam. Aus aufgerissenen grünen Augen musterte sie mich, als versuchte sie herauszufinden, ob es mir gut ging.
„Komm, wir müssen weg", ihre Finger schlossen sich um mein Handgelenk, bevor ich reagieren konnte, und versuchte, mich mit einer Stärke, mit der ich nie gerechnet hätte, mit sich zu ziehen. 

Instinktiv stolperte ich ihr ein paar Schritte lang hinterher, bevor ich mich gegen sie stemmte und uns beide zum Stehen bleiben zwang: "Madden, was ist los? Rede mit mir. Wir müssen in den Unterricht."
Ihr Blick huschte zwischen mir und irgendwas hinter mir hin und her, bevor sie sich auf mein Gesicht fokussierte.
„Pierson ... ich ...", stammelte sie, während sie sich mit der Hand immer wieder durch das lange Haar fuhr, als könnte sie die Hände nicht stillhalten: "Ich habe gestern selbst erst davon erfahren. Hätte ich es eher gewusst, wärst du die Erste gewesen, der ich davon erzählt hätte. Das musst du mir glauben." 

Ein weiteres Mal huschte ihr Blick hinter mich, als würde dort jeden Moment der Teufel höchstpersönlich aus der Hölle emporsteigen. Sanft aber bestimmt nahm ich ihre Hände in meine und trat in ihr Sichtfeld, um ihre Aufmerksamkeit zurück auf mich zu lenken: "Natürlich glaube ich dir, Madds. Aber du musst mir sagen, was los ist."
Das ungute Gefühl von zuvor war in meiner Brust mittlerweile zu einem lebendigen Wesen ausgewachsen, das seine Klauen um mein Herz schlang. 

„Mein Vater hat Carson gestern aus dem Internat hierher zurückgeholt. Seine Verbannung ist aufgehoben", Maddens Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, als sie die Worte aussprach, die mir den Boden unter den Füßen wegzog: "Und die der anderen Kingmaker auch. Riat ist zurück, Pierce." 

Für einen Moment vergaß ich, wie man atmete, als ihre Worte in meinem leer gefegten Kopf widerhallten. Egal, wie oft ich sie wiederholte. Sie wollten einfach keinen Sinn ergeben. Die Kingmaker waren weg. Verbannt von Bürgermeister King nachdem sie bei der letzten Fire Night die Highschool in Schutt und Asche gelegt hatten. Die Polizei hatten alle fünf noch in der Nacht geschnappt und am nächsten Tag war die Stadt eine andere gewesen. Ohne die fünf Jungen, die noch wenige Stunden zuvor Legenden gewesen waren. 

Doch als ich wie in einer Tranche gefangen herumfuhr und sie über den Flur schlendern sah, als gehörte alles innerhalb der Stadtgrenzen ihnen, war es, als hätte sich nichts verändert. Selbst nach einem Jahr wirkten diese Fünf noch immer wie die Könige, die sie vor ihrem Verschwinden gewesen waren. Arrogant, egozentrisch und selbstgefällig. Wahrhafte, wandelnde Teufel. 

Lasse Melano, Sohn eines Software-Tycoons, und gerüchteweise in alles andere als legale Geschäfte verwickelt.
Crestan Volkov, Sohn eines Luxusgiganten, den man vor seinem Verschwinden nirgends nüchtern antraf.
Creighton Thorne, Sohn eines einflussreichen Immobilienentwicklers, der den Großteil von Astervile Falls erbaut hatte, und den Madden vor einem Jahr vor der ganzen Schule gedemütigt hatte.
Carson Vaylor, Sohn eines Medienmoguls, und berüchtigter Anführer der Gruppe.
Und Rita Malvaine, Sohn eines globalen Exporteurs mit Einfluss auf die amerikanische Politik, und der Junge, der mir mein Leben jahrelang zur Hölle machte. 

Beinahe wäre ich gegen Madden gestolpert, als die Jungen achtlos an uns vorbei stolzierten und sich die Menge der umstehenden Schüler für sie teilte wie das Rote Meer. Dumpf hörte ich, wie Madden neben mir immer wieder meinen Namen sagte und mich von dem Spektakel wegzuziehen versuchte, doch mein Körper hatte jede Reaktion eingestellt. Glücklicherweise bewahrte das meine Kinnlade damit davor, herunterzufallen. 

Fieberhaft versuchte ich mir einzureden, dass nichts hiervon real war. Dass ich im nächsten Moment aufwachen würde und sich alles nur als böser Albtraum entpuppen würde. 

Jegliche Hoffnung darauf erstarb, als sich Riats vernichtender Blick im Vorbeigehen auf mich richtete. Kaum merklich zuckten seine Brauen und seine Kiefer verspannten sich bei meinem Anblick zu einer harten Linie. Doch er wischte den Gesichtsausdruck bei Seite, bevor ich ihn richtig zu deuten beginnen konnte. Ersetzt wurde er von einem Lächeln, das sich langsam über seine Lippen zog und seinen Augen ein Funkeln verlieh, das in mir vor einem Jahr sämtliche Fluchtinstinkte geweckt hätte. 

Doch obwohl er mich offensichtlich nicht vergessen hatte, hatte Riat keine Ahnung, wem er nun gegenüberstand. Ich war schon lange nicht mehr das Mädchen, das sich von ihm kinderleicht schikanieren ließ. Wenn er sich duellieren wollte, musste er erstmal auf mein Level kommen. 

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