10. weinselige Zecher

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z e h n

Es war erst sechs Uhr als ich mein Büro am heutigen Tag bereits verließ. Ich konnte mich ohnehin auf nichts mehr konzentrieren und Trisha hatte mich vorhin angerufen, ob ich nicht auf einen Wein vorbeikommen wollte. Ich hatte ohne groß darüber nachdenken zu müssen sofort zugestimmt.
Ich brauchte jemanden zum reden. Unbedingt. Sonst würde ich platzen.
Ich wusste, dass ich mit Trish reden konnte ohne, dass sie es gleich jedem weitererzählen würde.

Ohne mich zu verabschieden verließ ich meine Etage durch den Aufzug, welcher glücklicherweise leer war.
Seit Charles mein Büro überstürzt verlassen hatte war mein Kopf wie leergefegt und ausgeschaltet. Mein Körper bewegte sich nur mechanisch.

Ich hatte mich den Tag über in meinem Büro eingesperrt, da ich heute nicht über die mentale Stärke verfügte Gespräche zu führen.
Klara, die um die Mittagszeit versuchte mich dazu zu bewegen etwas zu essen und eventuell auch an die frische Luft zu gehen, hatte ich einfach so lange ignoriert bis sie mich wieder in Ruhe gelassen hatte.
Meine Arbeit konnte ich dennoch relativ gut erledigen, auch, wenn es zum Ende hin sehr zäh wurde.

Erschöpft drückte ich meine Augen zu. Das Ping des Aufzugs riss mich aus meinen inhaltslosen Gedanken und mit dem Blick fest auf den Ausgang gerichtet durchquerte ich zielstrebig die Lobby.

"Zachary. Hallo." Carolines hübsches Gesicht schob sich in mein Sichtfeld und ihre Hand legte sich zärtlich auf meine Schulter um mich zu stoppen.
Kurz sah ich sie an und wollte wortlos weitergehen, doch die schmale Frau stellte sich mir eisern in den Weg. Ich drückte ein 'Hallo' über meine Lippen und wollte wieder vorbei gehen.

"Hey, alles in Ordnung?" Ihr besorgter Blick entging mir nicht. Ich nickte nur.

Ihre Augenbrauen zogen sich etwas zusammen und beinahe mütterlich strich sie mir eine Strähne von der Stirn. Ich zögerte und trat einen kleinen Schritt zurück um etwas Abstand zwischen uns zu bekommen. Ich hatte keine Interesse ein Gespräch mit ihr oder überhaupt irgendjemandem zu führen. Ich wollte nur zu Trisha und zum Wein.

"Ich habe Interesse und er ist nicht schwul."

Ihre Augen wurden groß und ich zuckte überrascht als sie mich in eine feste Umarmung zog. "Das tut mir so leid, Zachary." Kurz erwiderte ich die Umarmung, löste mich dann wieder von ihr und ohne weiter auf ihre Person zu achten, steuerte ich auf den Ausgang zu.

Ich brauchte einen Wein. Dringend.

"Hey Zach." Auf der anderen Straßenseite stand Riley, der bei der ersten Möglichkeit ohne Verkehr, über die Straße zu mir lief. "Das ist also der Nobelschuppen bei dem du arbeitest?" Mit einem Nicken deutete er auf das Gebäude hinter mir.

Mir kam nur ein genervt Ja über die Lippen. Was wollte er jetzt?

"Schick. Führst du mich mal rum?" Das breite Grinsen auf seinen Lippen, das keines Falls spöttisch war, ließ seine harten Gesichtszüge etwas weicher wirken.

"Eher nicht. Wenn ich als schwuler Mann da drinnen mit einem fremden Mann aufkreuze..." Ich ließ den Satz unvollendet. "Ich bin sowieso schon nicht sehr beliebt."
Riley begann laut zu lachen. "Du Schwuli."
Das brachte mir tatsächlich ein Lächeln auf die Lippen. So sehr ich Riley meistens nicht ausstehen konnte, manchmal war er doch ganz ok.

"Kippe?" Fragend hielt er mir die offene Packung hin und zögerlich nahm ich sein Angebot an. Eigentlich rauchte ich nicht, aber die momentane Situation brachte mich dazu Dinge zu tun, die ich sonst nie tun würde.
Wobei das so nicht ganz richtig ist.
Genau genommen war ich ein Partyraucher oder eben ein 'diese-Situation-verlangt-es'-Raucher. Deswegen war es nicht allzu unüblich, dass ich sein Angebot annahm.

Riley zündete erst meine dann seine Zigarette mit einem hässlichen pinken Feuerzeug an, das Olivia ihm vor x Jahren geschenkt hatte. Damals waren wir alle auf einem Rummel, sogar John war dabei, und bei einem Stand bei dem man mit Bällen Dosen umschießen konnte, hatte Olivia das Feuerzeug als Trostpreis gewonnen. Voller Freude und richtig stolz überreichte sie es damals Riley mit dem sie dato erst wenige Wochen zusammen war. Das er es überhaupt noch besaß wunderte mich. Immerhin war es wirklich richtig hässlich.

"Nettes Feuerzeug." Ein Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. Der Badboy schlecht hin und dann ein pinkes Feuerzeug.

Riley zuckte nur mit den Schultern. "Potthässlich das Teil, aber Liv liebt es." So kalt und unnahbar er wirkte, so liebevoll ging er mit seiner Freundin um. Damals wie heute. Der Junge ist offensichtlich immer noch über beide Ohren in sie verliebt.

Stumm standen wir nebeneinander vor meiner Firma und bliesen den Rauch in die frische Abendluft.
"Bock auf Bier bei mir?", fragte Riley irgendwann und drückte seine Kippe in einem nahestehenden Aschenbecher aus. "Ich–" "Er hat heute keine Zeit." Überrascht sahen Riley und ich zu der Person, die sich ohne Weiteres in unser Gespräch eingemischt hatte.
Charles.

Wer denn auch sonst.

"Ich wüsste nicht, seit wann du über meine Abendplanung informiert bist.", knurrte ich wütend und drehte ihm demonstrativ den Rücken zu.

"Ich habe heute tatsächlich keine Zeit.", es nervte mich gerade extrem, dass ich Charles sogar zustimmen musste, "Trish hat mich eingeladen, aber ich denke nicht, dass sie etwas dagegen hat, wenn ich dich mitbringe." Ich zuckte mit den Schultern und schmiss wie Riley eben meinen Zigarettenstummel weg ohne Charles, der direkt neben dem Aschenbecher stand, eines Blickes zu würdigen.
Er sollte aufhören sich so aufzuspielen.

Eigentlich wollte ich mit Trisha alleine sein und auch, wenn Riley gerade auf meiner Wellenlänge war, wollte ich den Abend ohne ihm verbringen. Warum also hatte ich ihn eingeladen? Wegen Charles? Um ihn eifersüchtig zu machen?

"Zachary." Charles Stimme klang gefährlich ruhig, was gleichzeitig extrem sexy war. "Was?!", zischte ich und machte einen Schritt in seine Richtung. Er wich nicht zurück, musterte mich nur mit seinen grauen Augen.
Sein Blick war unergründlich und noch immer waren seine grauen Augen matt. In mir kam das Verlangen auf ihn glücklich zu machen um das Glänzen in seine Augen zurückzubringen. Ich wollte ihn glücklich sehen. Mit einem Lächeln auf den Lippen.

"Du hast mir etwas versprochen. Vergiss das nicht." Seine Stimme war kalt und nadelte hart auf mich ein.

Wie schlecht dachte er von mir? Sehe ich etwa aus wie eine männliche Hure? Als würde ich mit jedem dahergelaufenen ins Bett hüpfen? Als würde ich mit Riley schlafen. Bah. Da würde ich lieber mein restliches Leben enthaltsam leben als das ich nur einmal in die Nähe von Rileys Penis kam.
Genervt drückte ich meine Augen zu Schlitzen. Dieser Mann brachte mich noch zu Weißglut.

"Sie sehen aus wie ein schlechtes Jo-Double." Rileys kratzendes Lachen hallte zwischen uns wieder. Damit lockerte er die angespannte Situation etwas, wofür ich ihm wirklich dankbar war.

Fragend zog Charles eine Augenbraue nach oben und straffte kaum merklich seine Schultern. Riley, Caleb und Yves hatten John immer Jo genannt, auch, wenn John nach Außen hin nie ein Fan davon war.
Insgeheim, das hatte er mir mal anvertraut, gefiel ihm der Spitzname.

"Ich schätze Sie spielen auf meinen kleinen Bruder Jonathan an.", kurz räusperte sich Charles, "Auch, wenn er eher mein Double war. Immerhin bin ich der Ältere."

"Ah, Sie sind sein Bruder." Riley hielt Charles die Hand hin, die er zu meiner Überraschung ergriff. "Ich bin Riley. Ein Bekannter von Zachary." War ja klar, dass Riley sich als Bekannter vorstellte. Er hatte uns nie als Freunde gesehen. Mich störte es nicht, aber irgendwie wollte ich, dass er Charles gegenüber gesagt hätte, dass wir Freunde waren. In 'Bekannte' konnte man so viel reininterpretieren. Immerhin war Maxi auch ein Bekannter.

"Er ist der feste Freund einer guten Freundin von mir.", fügte ich schnell dazu um keine falschen Signale zu senden. Biss mir im selben Moment jedoch auf die Zunge.
Wieso wollte ich unbedingt, dass er wusste, dass zwischen Riley und mir nichts lief? Dass ich mein Versprechen halten würde?
Kurz sah Charles mich an, ehe er sich wieder zu Riley wand.

"Ich bin Charles." Irgendetwas in seiner Haltung änderte sich, ohne, dass sich etwas änderte. Er wirkte weniger angespannt, weniger gestresst, weniger wütend. Seine Aura erhellte sich und ich wollte vor Freude Purzelbäume schlagen.
Wieso hatte allein diese kleine Gemütserhebung seinerseits so eine Wirkung auf mich?

Aber was stimmte ihn positiv? Der Fakt, dass Riley in einer Beziehung war? Dass er sich keine Gedanken machen musste, ob ich mein Versprechen heute halten würde?

"Wie dem auch sei." Riley wand sich wieder mir zu. "Yves kommt später also passe ich Trisha. Man sieht sich." Mit einem Handschlag verabschiedete er sich von mir und nickte Charles höflich zu. Und so schnell er gekommen war, war er auch wieder verschwunden.

"Schön, dass du denkst ich würde haltlos mit jedem ins Bett hüpfen." Ich konnte es nicht lassen schnippisch zu klingen.
"Du lässt mir auch nichts anderes übrig nach dieser Aktion mit diesem Maxi.", sagte er gewollt gelassen und schob die Hände in die Hosentaschen.

"Im Gegensatz zu dir kann ich meine Sexualpartner an einer Hand abzählen." Wütend stieß ich ihm meinen Finger in die Brust und funkelte ihn an. Ein freches Grinsen erschien auf seinen Lippen, was mich noch wütender machte.

"Was willst du überhaupt hier?" Er war doch nicht allen ernstes hier um zu überprüfen, ob ich mein Versprechen hielt.
"Ehrlich gesagt war ich auf dem Heimweg. Euch habe ich nur zufällig hier stehen sehen."

"Und nur zufällig unser Gespräch belauscht.", knurrte ich und trat einen Schritt zurück. Ich wollte ihm nicht so nah sein. Der Sicherheitsabstand zwischen uns musste unbedingt eingehalten werden.

"Ja, das war tatsächlich rein zufällig." Er nickte als wollte er seiner Aussage dadurch mehr Kraft verleihen. Ich schnaubte.

"Tschüss Charles. Ich werde jetzt gehen." Demonstrativ drehte ich mich weg und ging schnellen Schrittes den Gehweg hinab.
Nach wenigen Metern bemerkte ich jedoch, dass Charles mir folgte.

"Hör auf mir zu folgen."
Ein leichtes Lachen kam von ihm und grinsend holte er zu mir auf. "So sehr du es dir auch wünscht, ich muss dich enttäuschen. Ich folge dir nicht. Ich muss nur zufällig in die selbe Richtung." "Zufällig?", fragte ich skeptisch und zog eine Augenbraue nach oben. "Ja, rein zufällig."

Trisha begrüßte mich mit einer überschwänglichen Umarmung und zog mich gleich in ihre Wohnung. Sie erklärte mir aufgedreht, dass ihre Mitbewohnerin heute nicht da war und erst nachts wieder zurückkommen würde und dass sie bereits Pizza für uns bestellt hatte.

Mit einem breiten Grinsen drückte sie mir das gefüllte Weinglas in die Hand und führte uns ins Wohnzimmer auf die Couch.

Ich entledigte mich meiner Schuhe, meines Jacketts und der nervigen Krawatte und schmiss mich neben sie auf das bequeme Sofa.
Trisha, wie sie zwischen den Sofakissen saß, sah aus als würde der übergroße Pullover, den sie trug, sie gleich komplett verschlingen.

"So und du erzählst mir jetzt warum du so ein Gesicht ziehst." Abwartend setzte sie sich in einen Schneidersitz und sah mich gespannt an. Es war ihr natürlich gleich aufgefallen.
Ich konnte mich glücklich schätzen, dass sie mich auch nach fünf Jahren ohne Kontakt immer noch so gut kannte und genau wusste, wie sie mit mir umzugehen hatte.
Und vor allem, dass sie dennoch dazu gewillt war sich meine Probleme anzuhören.

"Ach, alles ist einfach so kompliziert momentan.", murmelte ich und nahm einen großen Schluck des Weins. Erschöpft rutschte ich tiefer in die Couch, legte meine Füße ungeniert auf den kleinen Wohnzimmertisch und öffnete die obersten Knöpfe meines Hemdes.

"Ich habe mich verliebt.", brach es plötzlich ungehalten aus mir heraus.

"Das ist doch was Gutes.", lächelte Trisha aufmunternd und legte ihre Hand auf meine Schulter. Stumm schüttelte ich den Kopf, starrte dabei fest in mein Weinglas. Am Liebsten würde ich mich direkt in das Glas in das glänzende Rot setzen.

Ihre ordentlich gezupften Augenbrauen zogen sich fragend zusammen, wodurch sich ihre glatte Stirn leicht in Falten legte.
"Spucks aus. Was brennt dir so auf der Seele?" Ihr besorgter Unterton kitzelte in meinen Ohren und ließ mich tatsächlich gewollt und geliebt fühlen.

"Er ist ein richtiger Arsch. Er hat so krasse Stimmungsschwankungen. In dem einem Moment hasst er mich und beschimpft mich, im nächsten Moment ist er so süß und zuvorkommend. Er ist gefühlt immer da. Teilweise kommt er in mein Büro und schaut aus dem Fenster. Grundlos. Ohne was zu sagen und irgendwann geht es wortlos einfach wieder." Ich seufzte und strich mir über die Schläfe. Dieser Mann bereitete mir extreme Kopfschmerzen. "Wir waren was Essen und er hat mich geküsst. So richtig kindergartenmäßig." Bei der Erinnerung daran musste ich ungewollt lachen. "So ein kleines Bussi." Trish fing auch an zu lachen.

Ich nippte an meinem Weinglas und bereitete mich darauf vor den restlichen Verlauf des Abends zu erläutern.
"Auf jeden Fall hat mich dieser Omi-Kuss so geärgert, dass ich ihn daraufhin geküsst habe. Also richtig."

"Und wie war des Kuss?" Ihr großen Augen begannen fröhlich zu glitzern.

"Hammer. Seine Lippen waren so weich und seine kratzigen Bartstoppel–" Ich ließ meinen Satz unvollendet. Die Schwärmerei stieg mir zu Kopf. Ich wollte nicht über ihn schwärmen.

"Süß, wie du schwärmst!", grinste Trisha und lehnte sich gegen meine Schulter.
"Und was ist jetzt das Problem? Über Stimmungsschwankungen kann man hinwegsehen.", blubberte Trish und nahm einen Schluck von ihrem Wein.

"Er hat mich nach dem Kuss geohrfeigt." Überrascht formten sich ihre Lippen tonlos zu einem o. "Wieso??"

"Er hat gesagt, dass es ihm zu viel geworden ist." Leicht zuckte ich mit den Schultern. "Außerdem muss man dazu sagen, dass er mich vor einigen Tagen gebeten hat ihn zu küssen." "Und dann tust du es und er ohrfeigt dich?" Selbst Trisha fiel auf wie kurios das alles klang und begann zu lachen. Ich nickte schmunzelnd. "Heute ist er wieder in meinem Büro gestanden. Wir haben uns wieder geküsst, diesmal richtig und ohne Ohrfeige, und er hat sich entschuldigt. Und–" Ich stockte.

"Erzähl. Weiter." Ungeduldig schüttelte Trisha an meinem Arm. "Ich muss alles wissen.", befahl sie und drückte ihre Finger fester in mein Hemd. Interessiert blitzten ihre Augen.

"Ich musste ihm versprechen nicht mehr mit anderen Männer zu schlafen."

"WAAS?" Die Art und Weise wie sie das A in die Länge zog ließ mich trotz der grotesken Situation wieder schmunzeln.

"Also er küsst dich, ohrfeigt dich und dann ist er wieder so süß und will nicht, dass du was mit anderen Männern hast.", zählte Trisha alles zusammen, schüttelte dabei den Kopf, sah nachdenklich in die Luft und betrachtete die weiße Zimmerdecke. Gut, dass ihr Weinglas schon beinahe leer war, denn dadurch, dass sie es nur am Fuß festhielt, der Kelch gefährlich hin und her kippte, während sie sich kaum still halten konnte.

"Ich weiß nicht, ob ich das süß finden soll.", murmelte ich zögerlich und leerte mit einem letzten Schluck mein Weinglas. Trisha tat mir dies gleich, sprang elegant vom Sofa und kam kurz darauf mit der Weinflasche aus der Küche zurück.
"Und wie geht es jetzt weiter zwischen euch?", fragte sie mit schon rötlich schimmernden Wangen.

"Gar nicht.", brummte ich und ließ den Rotwein, den Trisha mir soeben eingeschenkt hatte, gleich meine Kehle hinunterlaufen. "Wie gar nicht?" Schwungvoll ließ sie sich wieder neben mich auf das Sofa fallen, wodurch die Flüssigkeit in ihrem Glas grenzwertig gefährlich hoch schwappte und beinahe drohte über den Rand zu laufen.

"Die Sache ist viel zu kompliziert."
Der plötzlich aufkommende Kummer ließ mich wieder vom Glas trinken.

Diese verflixte Situation mit Charles bereitete mir tatsächlich Kummer. Dieser Mann hatte es innerhalb weniger Wochen geschafft mein Herz zu erobern und dabei war ich mir nicht einmal sicher, ob er das wollte und ob er sich dem überhaupt bewusst war.
So sehr ich versuchte dagegen anzukämpfen, umso sehr verfiel ich ihm in schwachen Momenten. Ich wollte diesen Mann so sehr und mittlerweile konnte ich wirklich mir sicher sein, dass es nicht nur daran lag, dass er John so ähnlich sah.

Die kleinen aber feinen Unterschiede hatten sich extrem in mein Hirn gebrannt und je besser ich Charles kennenlernte und je näher ich ihm kam, desto mehr Ungleichheiten fielen mir auf. Um ehrlich zu sein überwogen die Unterschiede nunmehr die Gemeinsamkeit um weiten.

"Ach Zachy, du stehst dir selber im Weg. Du hast wieder eine Beziehung verdient. Lass dich doch darauf ein." Beschwichtigend streichelte sie meinen Arm auf und ab. Diese Geste beruhigte mit tatsächlich etwas.

Ich zuckte nur mit den Schultern.
Sollte ich mich auf Charles einlassen? Auf sein komisches Spiel?
Er hat selbst gesagt, dass er nicht schwul ist und obwohl ich ihm das nicht wirklich glaubte - immerhin hatte er mir schon mehrmals gezeigt, wie sehr er mich wollte - sprach es gegen Charles.
Männer, die sich ihrer Sexualität nicht sicher waren, waren gefährlich. Ein Spiel mit Feuer.
Außerdem war da noch immer dieser kleine aber für mich ausschlaggebende Fakt, dass Charles Johns Bruder war.

John, die Liebe meines Lebens.
John, der mir auf brutale Art und Weise mein Herz herausgerissen hat.
John, der einfach gestorben war und mir sein Leben vererbt hat.
John, dem ich überhaupt erst die Schuld an dieser gesamten Situation gab.

Hätte er nicht einfach am Leben bleiben können? Dann wäre ich jetzt noch in New Jersey und hätte vielleicht dort einen netten Kerl kennengelernt und wäre mit ihm glücklich geworden.
Aber nein. Ich musste ja hier in New York sein und meine Gefühle von dem großen Bruders meines verstorbenen Ex-Freundes durcheinander bringen lassen.

Allein John hielt mich davon ab Charles noch einmal näher zu kommen. Es wäre zu unmoralisch.

"Ich glaube, wir brauchen etwas stärkeres.", unterbrach Trisha meine aufwühlenden Gedanken und dankbar nickte ich ihr zu.
Im selben Moment in dem sie sich erhob klingelte es an der Haustür. "Ah, dass muss die Pizza sein. Machst du auf?", fragte Trish, die schon in der Küche verschwunden war.

War ja klar, dass die Dame mich zahlen ließ. Das war unsere gesamte Freundschaft lang nicht anders gewesen also warum sollte ich glauben, dass es sich nach fünf Jahren geändert haben sollte.

Schwerfällig erhob ich mich von der Couch und schlürfte zur Haustür. Gott, diese Situation raubte mir noch den letzten Nerv.

"Ihre Pizza." Grinsend hielt der Pizzabote mir zwei Pizzakartons hin, brachte jedoch ein überraschtes 'Zach' über seine Lippen als er mich erkannte. "Maxi?", antwortete ich perplex und nahm ihm die Kartons ab und stellte sie auf der Kommode neben mir ab, ehe ich meinen Geldbeutel aus der Hosentasche zog.

"Wohnst du hier?", fragte Maxi und zeigte mit einer Handbewegung auf die Wohnung in deren Tür ich stand. Ich schüttelte nur den Kopf. "Ich bin nur zu Besuch. Du bist Pizzabote?" Maxi zuckte nur mit den Schultern und schob seine Hände sichtlich nervös in die Hosentaschen.
"Tja, nach dem Studium muss man erstmal einen guten Job finden. Oder auch nur überhaupt einen." Unbehaglich lachte er auf und hielt mir dann den Kassenzettel entgegen. "Das macht 15 Dollar." Seine Hand zitterte was sich auf das Papier übertrug. "Sei nicht so nervös. Sonst bist du doch auch nicht so.", versuchte ich die Situation für ihn etwas einfacher zu machen und lächelte ihm aufmerksam zu, während ich ihm die Summe mit einem großzügigen Trinkgeld überreichte. Maxi zuckte nur abermals mit den Schultern.

"Was hast du nochmal studiert?" Er hatte es mir nie erzählt. Generell hatten wir nie über persönliches gesprochen, weshalb es eigentlich nicht ungewöhnlich war, dass ich nicht wusste, dass er Pizzabote war. "Finanzwesen.", antwortete Maxi ausweichend und bedankte sich für das Trinkgeld, ehe er es in den großen Geldbeutel packte, der mit einer Kette an seiner Hose befestigt war. "Ich weiß, lahm.", lachte er und wollte sich wieder wegdrehen.
"Wieso findest du keinen Job?", fragte ich weiter nach ungeachtet dessen, dass es ihm offensichtlich unangenehm war und er gehen wollte.

"Ein erste Sahne Abschluss hilft einem nichts, wenn man keine Berufserfahrung hat. Firmen wollen niemanden der frisch von der Uni kommt."

Während er sprach nestelte ich eine meiner Visitenkarten aus meinem Geldbeutel und hielt sie ihm entgegen. "Schick deine Bewerbung mal dahin."
Mit gehobener Augenbraue musterte der großgewachsene Mann das kleine Kärtchen.

Andächtig sah er zwischen mir und der Karte hin und her. Ich konnte mir vorstellen, was er dich gerade dachte. Kurz zog er seine Augenbrauen hoch und musterte mich skeptisch, ehe er eisern den Kopf schüttelte. "Ich möchte nicht, dass du mir hilfst.", presste er heraus und wollte mir die Visitenkarte wieder zurückgeben.
"Ich habe nicht gesagt, dass ich dir helfen werde. Nur, dass du deine Bewerbung dahin schicken sollst."

Nun erschien langsam ein zaghaftes Lächeln auf seinen Lippen und mit einer verabschiedenden Handbewegung drehte er sich weg und verließ das Treppenhaus.

"Kanntest du den?", fragte Trisha, die bereits wieder auf der Couch saß und mir abwartend ein Schnappsglas entgegen hielt und dabei frech grinste. "Ja, flüchtig."

"Ok.", damit war das Thema wieder abgehackt. "Wir spielen jetzt ein Spiel. Pro Pizzastück ein Stamperl." Ein überraschter Laut kam mir über die Lippen. Was soll das bitte für ein Spiel sein?
"Jetzt schau nicht so. Das wird lustig."

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