Perigune

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„Skata!" Es kommt etwas undeutlich heraus, da ich mit der Nase im Dreck liege.

„Teri, benimm dich!" Ariadne kann es nicht ausstehen, wenn ich fluche. Obwohl ‚Scheiße' doch kein so böses Wort ist. Meiner Meinung nach.

„Ich kann ihn verstehen", Theseus, seines Zeichens Prinz von Athen, hilft mir auf. „Ich würde mir auch ziemlich dumm vorkommen, wenn ich mit neunzehn Jahren nochmals laufen lernen müsste."

„Das ist aber kein Grund zum Fluchen", bemerkt meine Cousine Medea. Großartig. Jetzt habe ich beide auf dem Hals. Medea ist ebenso bestimmend wie meine Schwester Aria. Und als Königin von Athen kann Medea auch durchsetzen, was sie will. Solange ihr Aigeus das zugesteht. Mein erster Eindruck von einem in seine junge Frau vernarrten alten Mann ist rasch geschwunden. Verliebt ist König Aigeus schon in sie, aber seine beeindruckende Autorität zähmt selbst meine wilde Cousine. Zumal sie auch ihm sehr zugetan ist. Eindeutig hat sie mit der zweiten Ehe sehr viel mehr Glück als mit der ersten.

Mit Tess' Hilfe stelle ich mich wieder auf die für mich ungewohnten Menschenfüße und zucke zusammen, als die Sohlen die Erde berühren.

„Kitzelt es immer noch?" Mein Freund Ikaros ist wie immer sehr aufmerksam.

„Nein. Aber es tut weh", gebe ich zu. Schmerzen an den Füßen bin ich nicht gewöhnt. Darum bin ich auch gestolpert, als ein scharfer Stich durch meine Ferse gefahren ist und ich den Fuß hochgezogen habe.

„Zeig mal!" Aria springt von ihrem Pferd und holt bereits ihre Beutelchen mit Salben und Tränken hervor. „Setz dich hin und lass mich deine Füße sehen."

Typisch. Kaum bin ich auf den Füßen, soll ich wieder runter. Ich habe meine menschlichen Beine erst seit etwa zwei Stunden und immer noch Mühe, sie zu sortieren. „Muss ich?"

„Ja!" Auch Medea schwingt sich von ihrem Pferd, ihren Sohn Pheres fest im Arm. Ich muss grinsen, als sie auf mich zukommt. Medea ist eine zierliche, winzige Frau, Pheres ein kräftiger Vierjähriger, der offenbar im Gegensatz zu seinem Bruder Mermeros nach seinem Vater Iason kommt. „Wer von euch trägt eigentlich wen?"

„Mach jetzt keine dummen Witze!" Medeas Brauen sind sorgenvoll gerunzelt. „So lädiert, wie du gerade bist, verstehe ich nicht, wie du noch scherzen kannst."

Aria seufzt. „Was glaubst du, warum er dauernd mit Minos aneinandergeraten ist. Es müsste einen Zauber geben, mit dem man Teri den Mund schließen kann. Egal, wie schlimm es ist, er hat immer noch etwas zu sagen. Setz' dich endlich." Sie schubst mich leicht vor die Brust. Ich habe damit nicht gerechnet, trete erschrocken zurück und belaste eine besonders schmerzende Stelle mit meinem vollen, nicht gerade geringen Gewicht. „Autsch!" Ich ziehe den Fuß ein und falle erneut. Diesmal nach hinten.

„Fein", kommentiert Aria trocken. „Ganz so schnell hätte es nicht sein müssen, aber wenigstens sitzt du jetzt."

So fein finde ich das nicht. Nun tut mir auch noch das Hinterteil weh. Macht aber nichts, die Schmerzen an den Füßen sind schlimmer.

Medea hat sich bereits meinen rechten Fuß genommen und betrachtet nun die Sohle. „Das hab ich befürchtet", sie hält meinen Fuß Aria zur Ansicht hin, ohne daran zu denken, dass ich noch dranhänge und verdreht mein Bein dabei. Medea mag eine gute Ärztin sein, aber ihre Behandlung ist nicht immer angenehm.

Aria guckt und reißt die Augen auf. „So schlimme hab ich noch nie gesehen!"

„Was ist denn los?" Jetzt will ich auch wissen, was die beiden an meinen Füßen sehen.

„Du hast dir Blasen gelaufen", informiert mich Medea. „Mehrere. Und die meisten auch schon aufgerissen. Warum hast du nichts gesagt?"

Ich zucke die Schultern. „Woher sollte ich wissen, dass das nicht normal ist?"

„Also Schmerzen sind auf keinen Fall normal. Die meldest du bitte immer mir oder Medea", schimpft Aria. „Das müssen wir erstmal verbinden. Und laufen solltest du dann auch nicht mehr. Medea, wir hätten daran denken sollen, dass Teris Füße noch neu und weich sind. Kleine Kinder lässt man auch nicht so lange laufen, wenn sie es gerade erst lernen. Und die sind leichter als er und lernen nicht auf steinigem Boden."

Medea runzelt die Stirn. „Wir brauchen noch etwa zwei Stunden bis nach Athen. Verbinden nützt nichts, Aria, wir haben immer noch kein Pferd, auf das wir ihn dann setzen können und die Wagen sind schon überladen."

Aria nimmt meinen Fuß und begutachtet ihn nochmals. „Die Zehennägel sind in Ordnung." Sie sieht auf und mir in die Augen. „Hopp, zurück in den Minotaurus", kommandiert sie. „Danach verbinden wir dich und du kannst trotzdem ohne Schmerzen weiterlaufen."

Ich gehorche und konzentriere mich auf meine eigentliche Gestalt. Das ist einfach, bis vor zwei Stunden habe ich ja nicht einmal gewußt, dass ich sie wechseln kann. Aria scheint sich schneller daran gewöhnt zu haben als ich.

Nach einem Moment bilden sich meine Füße und Unterschenkel wieder zu Rindergliedmaßen um, mein Schwanz erscheint und mein Kopf wird zu einem Stierschädel mit riesigen Hörnern. Mein Mittelteil bleibt menschlich, somit sind weder die zahlreichen Verbände noch Gürtel und Perizoma von meiner Verwandlung betroffen.

Medea nickt zufrieden. „So ist es besser. Aria, kümmer du dich um die anderen Blessuren, ich mache das schon. Hier halt mal!" Das letzte ist an mich gerichtet. Sie setzt mir ihren Sohn in den Schoß und nestelt ihre Arzttasche vom Sattel ihres Pferdes.

Ich halte brav Pheres fest. Da der Knabe vorhin erst versucht hat, von einer vierzig Meter hohen Klippe zu springen, kann ich verstehen, wenn seine Mutter ihn vorerst nicht frei herumlaufen lassen will.

Aria richtet den Verband um mein geprelltes Knie, der bei der Verwandlung verrutscht ist. Aus ihrer eigenen Tasche holt sie einen Salbentopf und trägt den Inhalt auf die Kratzer und Abschürfungen auf, die Pheres und ich bei der Turnerei an der Klippe davongetragen haben. Die Binden um meine rechte Hand und meinen linken Arm löst sie ebenfalls und erneuert auch hier die Heilsalbe.

Währenddessen streicht Medea die hellgrüne Paste, die mir Tess schon im Labyrinth gegeben hat, auf die Außenseite meiner Rinderfüße. Die Blasen sind bei der Umwandlung nicht verschwunden und selbst Medeas zarte Berührungen schmerzen heftig. „Tut mir leid", entschuldigt sie sich, als ich zusammenzucke und greift nach einigen fest gewebten Wollstreifen. „Du hast es gleich hinter dir."

In diesem Moment höre ich das Rascheln.

Ikaros bemerkt als erster, dass ich das Gebüsch in einiger Entfernung mit den Augen absuche. „Was ist los?"

„Wir werden beobachtet."

„Von wem?" Ikars Frage beantwortet sich von selbst, denn nun kommt eine junge Frau aus den Sträuchern hervor und läuft auf Tess zu. „Zeus sei Dank, dass ich euch gefunden habe!"

„Perigune?" Theseus lächelt erfreut, bemüht sich dann aber schnell um eine gelassene Miene. Ihm ist noch rechtzeitig bewußt geworden, dass seine Braut Aigle ihn im Blick hat. „Warum bist du uns entgegengekommen? Noch dazu ohne Geleitschutz?"

Perigune wirft sich ihm an den Hals. „Pallas!", keucht sie, als sage das alles.

Tess fasst sie vorsichtig an den Schultern. „Was hat der denn schon wieder angestellt?"

„Das würde mich auch sehr interessieren." Aigeus tritt zu den beiden. „Beruhige dich erstmal und dann erzähl uns, was mein Bruder treibt."

„Ihr dürft auf keinen Fall weiter reiten."

„Aha, und warum?"

Aber Perigune hat inzwischen mich gesehen. „Aber – du hast den Minotaurus gefangen genommen? Du wolltest ihn doch töten?"

„Das wollte ich nie. Außerdem ist es genau andersrum, ich habe ihn befreit."

„Aber er ist ein Monster!"

„Nein, ein Freund. Und sehr lieb." Ich würde Tess da nicht direkt zustimmen, aber  zumindest habe ich noch nie jemanden gebissen oder gar gefressen. Vielleicht meint er das.

„Mama!" Von hinten kommt Melanippos gerannt und umarmt Perigunes Hüfte. Aigle hingegen stellt sich demonstrativ neben Tess. Perigune wird aufmerksam. „Wer ist das?"

„Meine Braut", teilt Tess strahlend der Mutter seines Sohnes mit. „Sie ist ein Schatz, ihr werdet sicher bald Freundinnen werden!"

Ihren Blicken nach teilen weder Aigle noch Perigune diese Meinung. „Deine Braut", wiederholt Perigune gedehnt. Auch wenn Tess die Beziehung zwischen ihnen offenbar längst als beendet ansieht, fürchtet Perigune sichtlich, Tess oder ihren Status am Königshof zu verlieren.

Tess merkt wie üblich nichts davon. „Ja, ich habe sie auf Naxos kennengelernt, wo Dionysus meine erste Braut Aria entführen wollte."

Genau die richtigen Worte, um die aufsteigenden Wogen zu glätten, denke ich. Aigeus offenbar auch, denn er mischt sich jetzt ein. „Das alles kannst du Perigune später erzählen. Was ist los, Mädchen, warum bist du gekommen?"

Perigune wird blass, als ihr wieder in den Sinn kommt, was sie eigentlich wollte. „Pallas hat sich in deiner Abwesenheit zum Herrscher von Athen und ganz Attika erklärt, weil weder du noch Theseus zurückkehren würdet. Aber er hat Späher ausgesandt und als die gemeldet haben, dass Theseus den Minotaurus besiegt hat und nach Athen kommt, hat er euch mit seinen Söhnen einen Hinterhalt gelegt."

„Wo?" Aigeus hält sich nicht lange mit Hintergründen auf.

„Am Ymittos-Pass. Ihr dürft nicht da lang gehen."

„Wieviele Männer?"

Perigune zögert. „Ich weiß nicht genau. Hundert – oder zweihundert ..."

„Athener?"

„Nein, nur seine eigenen Leute."

Aigeus blickt zu Tess. „Dann wissen wir etwa, wieviele es sind und wie es um ihre Kampfkraft bestellt ist. Was meinst du?"

Tess' Augen blitzen. „Ich denke, wir sollten ihnen in die Falle laufen!"

„Aber das ist gefährlich!", jammert Perigune.

„Ja! Für sie!"

„Diejenigen, die nicht kämpfen können, müssen wir zuvor in Sicherheit bringen", beschließt Aigeus. Sieht so aus, als ob er der gleichen Meinung ist wie sein Sohn.

„Ich kämpfe!" Melanippos zieht sein Holzschwert. „Ich helfe euch, Onkel Pallas besiegen! Dann kann der mir nie mehr den ganzen Honigkuchen wegessen!"

„Oh, wie schade", bedauert Medea. „Ich hab gehofft, du würdest mich und Perigune zusammen mit Pheres und Mermeros beschützen. Unter deiner Hut würde ich mich viel sicherer fühlen."

Seine Miene nach überlegt Melanippos, ob ihn Medea auf den Arm nimmt oder wirklich seine Hilfe braucht. Tess schluckt ein „Dazu bist du zu klein!" herunter und bemerkt stattdessen: „Und ich wollte dir Aigle anvertrauen. Ich kann besser kämpfen, wenn ich sie gut behütet weiß."

„Ist gut", lenkt Melanippos ein. „Dann beschützen wir die Frauen. Komm, Pheres, ich weiß, wo dein Schwert liegt."

Aigeus blickt mich an. „Asterios, wie sieht es mit dir aus? Und deinen Gefährten? Steht ihr uns bei?"

„Natürlich!" Laus klopft sich an den Griff seines Xiphos. Wie auch Ikaros hat er sowohl das gerade, zweischneidige Schwert mit der blattförmigen Klinge als auch die kurzschäftige Doppelaxt dabei, die außerhalb Kretas kaum bekannt ist.

Aria hat ihre Salben und Tränke in einen der Wagen gepackt und kommt nun zurück. „Selbstverständlich helfen wir euch."

Aigeus starrt sie verdutzt an. „Du bleibst natürlich bei den Frauen und Kindern."

„Unsinn!" Aria hat Dolch und Xiphos in den Gürtel gesteckt und ihren langen Rock ausgezogen. Ausgerechnet heute trägt sie eine Kombination aus zwei verschieden langen Röcken übereinander und der äußere lässt Beine und Füße bis zum Knie frei. „Ich bin genauso im Schwertkampf ausgebildet wie meine Brüder!"

„Ich auch", erklärt Fee. „Da ich aber etwas kurz geraten bin, werde ich mit den Jungen die Verteidigung derjenigen übernehmen, die nicht kämpfen können." Sie ist zwar größer als Medea, aber nicht sehr viel und wird gegen einen hochgewachsenen Krieger einen schweren Stand haben.

Aigeus gibt sich geschlagen. „Dann werden wir euch Brustpanzer geben", beschließt er. Laus und Aria bedanken sich, Ikaros grinst zu Aigeus herunter. „Für mich werdet ihr keinen finden." Recht hat er. Seine Flügel hindern ihn ja sogar daran, einen Chiton zu tragen.

Ich habe noch nichts dazu gesagt. Angst vor dem Kampf habe ich nicht. Aber die Vorstellung, jemanden absichtlich zu verletzen oder gar zu töten, widert mich an. Andererseits kommt es gar nicht in Frage, Aigeus, Tess oder meine Gefährten jetzt in Stich zu lassen.

Aria wirft mir einen besorgten Blick zu. „Mit deinen vielen Wunden solltest du vielleicht nicht ..."

„Das sind doch nur Kratzer", unterbreche ich sie. Inzwischen stehe ich wieder auf den Hufen und kann schmerzfrei laufen, wenn auch mit leichtem Hinken aufgrund des verrenkten Knies. „Ich komme mit euch!"

Innerhalb weniger Minuten hat Aigeus alles organisiert. Zwei Wagen bleiben mit den Kindern, Dienerinnen und einigen älteren Sklaven sowie Fee, Aigle, Perigune und Medea zurück. Die anderen folgen mit den waffenfähigen Dienern den Reitern und mir, dem einzigen Fußgänger der Gruppe. Selbst für Ikaros hat sich ein kräftiges Pferd gefunden. Aber ein Ross, welches einen zwei Meter dreißig hohen und 180 Kilo schweren Stiermann tragen kann, hatte Aigeus nicht mitgenommen, um seinen Sohn vom Kap Souníon abzuholen.

Dank Perigunes Vorwarnung sind alle bewaffnet und, soweit vorhanden, auch mit Brustpanzer, Beinschienen und Helmen ausgestattet. Damit rechnet Pallas ebensowenig wie mit unserer Vorkenntnis. Es wird keine Schrecksekunde und keine Panik geben, wenn Pallas mit seinen Männern aus dem Hinterhalt kommt. Zudem, versichert uns Tess, hat sein Onkel zwar mehr Männer bei sich als wir zählen, aber diese verfügen über weniger Kampferfahrung und schlechtere Bewaffnung.

Aigeus merkt dazu an, dass er seine Krieger, aber auch seine kampffähigen Sklaven stets gut ausrüstet und regelmäßig trainieren lässt. Sein Bruder Pallas hält so etwas für überflüssig. Sowohl der Athener König als auch sein Sohn sind zuversichtlich, dass wir diesen Hinterhalt mit Leichtigkeit überstehen werden.

Ich kann nur hoffen, dass sie recht haben. Und dass wir es schaffen, ohne jemandem das Leben nehmen zu müssen.

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