Bin ich hier in einem Buch?!

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Der Wind fegt mir die Haare in die Stirn und ich schließe die Augen, während ich auf eine Antwort meiner Schwester warte, die stillschweigend neben mir hockt. Das Rascheln der Baumkronen, die wir hier oben auf dem Dach sogar noch überragen, dringt zu mir durch, aber ansonsten ist es herrlich ruhig.

Weit unter uns haben sich die Schüler bereits ins Gebäude bewegt, um zu ihrer nächsten Stunde zu gelangen, die bei mir und Cecilia allerdings ausfällt. Wir haben die Vereinbarung, dass immer, wenn wir eine gemeinsame Freistunde haben, wir uns oben auf dem Dach treffen, auf welches man eigentlich nicht darf. Aber hey, wer sollte uns hier finden?

Die Lehrer haben besseres zu tun, die meisten Schüler kennen nicht mal die Tür, die hier hoch führt, und der Hausmeister, den wir so selten sehen, dass er mehr ein Mythos zu sein scheint, hat mit Sicherheit keine Lust sich mit Teenagern zu beschäftigen, die eine kleine Regel brechen.

Also wurden Cecilia und ich in all den Jahren, die wir diese Schule jetzt besuchen, kein einziges Mal hier oben gestört. Es ist, als hätten wir einen eigenen Fleck Erde gefunden, den niemand kennt außer uns. Wie Kolumbus, der damals eigentlich nach Asien wollte, aber stattdessen Amerika entdeckte, so haben wir eine Tür nach oben gefunden, hinter der wir eigentlich eine Abstellkammer vermuteten.

Auf dem Dach wirkt alles verlassen, als wäre schon ewig keiner mehr hier oben gewesen, aber grade das macht diesen Ort für uns so sonderbar und einzigartig. Efeuranken schlängeln sich über den Boden, klettern das Geländer hinauf und vertreiben das triste Grau des Betons um uns herum. Zwischen einigen Platten wächst Löwenzahn in die Höhe, gemischt mit einigen anderen Grünpflanzen, die durch magische Weise ihren Weg zurück ins Leben gefunden haben.
Als Kräuterhexe hat meine Mum uns stets eingebläut, das Pflanzen immer ihren Weg finden sich das zurückzuholen, was ihnen zusteht. Man kann sie vielleicht kurzzeitig vertreiben, aber irgendwann kommen sie immer zurück.

"Du hast also im Park etwas seltsames gespürt", wiederholt sie das Offensichtliche, was ich ihr vor einigen Minuten offenbart habe. Mit meiner älteren Schwester Liliana kann ich über sowas nie reden, weil es sie direkt gruselt, aber Cecilia ist da immer hoch interessiert. Sie ist zwar knapp zwei Jahre jünger als ich, aber mit ihr konnte ich schon immer Gespräche auf Augenhöhe führen, die mit Liliana nicht möglich waren.

Ich liebe meine Schwestern, auch wenn ich das niemals zugeben würde, da müsste man mich schon foltern und unter Qualen dazu treiben diese Worte in den Mund zu nehmen, aber mit Cecilia hatte ich immer ein besonderes Band, welches mit Lily irgendwie nie zustande kam.
Ich kann gar nicht sagen wieso, es ist einfach so passiert.

"Wow Sherlock, ist das alles, was du dazu zu sagen hast?", trieze ich und kann es nicht lassen die Augen zu verdrehen.
"Lass mich doch erstmal darüber nachdenken!", feuert sie empört zurück und rammt mir ihre Faust in den Oberarm, was mich erstickt die Luft anhalten lässt. Sie hat kleine spitze Knöchel, dieses Biest!

Genüsslich beißt sie von ihrem Brötchen ab, während ich mir den geschundenen Oberarm reibe. Der Wind trägt den Geruch von dem Käse zu mir herüber, dessen Duft ich schon seit Jahren ertragen muss, weil sie der Meinung ist es gibt keinen besseren. Wenn man mich fragt stinkt er einfach nur bestialisch und ich komme jedes Mal in Versuchung von diesem Dach zu springen, sobald sie ihre Dose damit herausholt.

"Du hattest schon immer einen Faible für Geister und so ein Zeug", sagt sie schließlich und mustert mich eindringlich, als könnte sie mit ihren eisblauen Augen direkt durch mich hindurch sehen "vor ein paar Jahren hat diese dunkle Präsenz an dir geklebt, die dir ständig Streiche gespielt hast. Vor einigen Monaten hast du dir im Badezimmer die Seele aus dem Leib geschrien, weil du der Meinung warst etwas komisches hat hinter dir gestanden."

Ein Frösteln zieht durch meinen Körper, als wäre die Temperatur plötzlich um mehrere Grad gefallen. Ich erinnere mich genau an die Situation im Badezimmer. Selbst Cecilia weiß nicht, was ich wirklich gesehen habe, weil ich es nie über mich gebracht habe es in Worte zu fassen.

Ich kam aus der Dusche, hatte mir ein Handtuch um die Hüften gebunden und ging vom Bad in mein Zimmer, weil ich vergessen habe mir Kleidung fürs Bett mitzunehmen. Ich hatte den ganzen Tag schon ein seltsames Gefühl, als wäre ich nie wirklich allein. Ich fühlte mich auf Schritt und Tritt beobachtet, aber ich dachte ich würde es mir einfach einreden. Zumindest habe ich gehofft, ich hätte es mir nur eingebildet...

Ich zog mich um, ging zurück ins Bad und wusch mir das Gesicht. Als ich wieder in den Spiegelschrank überm Waschbecken schaute, sah ich es.
Sie stand direkt hinter mir, der Mund weit aufgerissen und mit blutunterlaufenen, leeren Augen, in denen zu Lebzeiten mit Sicherheit sowas wie Glaube, Hoffnung und Wärme steckte.

Jetzt fand man dort nur noch zwei schwarze Löcher, die mich auf bizarre Art und Weise dennoch anblickten, als könnte sie mir damit direkt in die Seele schauen.
Alles in mir erstarrte und ich stellte das Atmen ein, während ich den Blickkontakt hielt. Ihr eisiger Atem strich mir über den Nacken und hinterließ eine Gänsehaut, die ich nie wieder vergessen werde. Panik breitete sich in meinen Knochen aus, aber ich drückte sie runter, sperrte sie in eine Kiste und warf den Schlüssel weg.

Mit all meiner Willenskraft versuchte ich meinen Atem wieder unter Kontrolle zu bringen.
Nicht alle Toten wollen böses, rief ich mir die Stimme meiner Mutter zurück ins Gedächtnis. Manche wollen nur Hallo sagen, egal wie angsteinflößend sie aussehen mögen. Sie suchen sich die, die am empfänglichsten für ihre Präsenz sind, einfach um Aufmerksamkeit zu erhalten. Hab keine Angst, sollte eine Gestalt dich heimsuchen. Warte und hör dir an, was sie zu sagen hat.

Also wartete ich.

Ich bewegte mich minutenlang nicht vom Fleck, egal was für Geräusche ich im Haus vernahm. Ich konzentrierte mich einzig und allein auf die Gestalt im Spiegel, dessen Nähe ich überall auf der Haut so intensiv wahrnahm, als hätte man mich mit Tausend Nadeln durchbohrt.
Um mich herum sank die Temperatur um mehrere Grad, aber auch das versuchte ich zu ignorieren.

Irgendwann, als ich glaubte noch Stunden in dieser Position verharren zu müssen, vernahm ich ein leises Flüstern. Beinahe hätte ich es überhört, wäre es nicht so still um mich herum gewesen.
"Welches Jahr haben wir...?", die Stimme klang verzerrt und als wäre sie Kilometer entfernt, aber auf bizarre Art und Weise verstand ich sie trotzdem.
Ich holte rasselnd Luft und antwortete: "Zweitausenddreiundzwanzig."
"Danke."

Und dann war sie weg.

Innerhalb eines Wimpernschlags ist die Gestalt verschwunden und ich sank auf dem Badezimmerboden zusammen, als die gesamte Anspannung mich schlagartig verließ. Und dann schrie ich.

"Das heute war anders", sage ich an meine Schwester gewandt und schüttle den Kopf, um die Erinnerung des Badezimmers loswerden zu können "Das heute im Park war... böse. Damals schrie ich, weil ich panisch wurde, aber heute... heute hätte ich am liebsten geschrien, weil ich dachte gleich passiert was."
"Rede mit Mum darüber", meint Cecilia nur leichthin und zuckt mit den Schultern, was bedeutet das sie mir nicht wirklich glaubt "Sie hat mehr Erfahrung was sowas angeht und ihre Meinung ist bedeutsamer als meine."

Da hat sie wohl recht, aber ich hasse es, wenn man denkt ich wäre bescheuert. Als würde ich mir die Szene aus dem Park nur eingebildet haben und eigentlich war alles supi und ich hätte lieber an den nicht vorhandenen Rosen riechen sollen, anstatt um mein Leben zu bangen.

Ich atme tief durch und versuche meine Schwester nicht mithilfe von Magie zu erdolchen, was aber sowieso nicht klappen würde. Meine Magie ist anders. War sie schon immer.
Ich kann keine tollen Tränke brauen oder Illusionen erschaffen, die einen in die Irre führen können. Wegen meiner Magie musste ich mich schon beim Zauberei Ministerium einfinden, damit darüber diskutiert werden konnte wie gefährlich ich bin, oder ob ich eine Gefahr darstelle.

Am Ende sind sie zu dem Schluss gekommen das ich niemanden bedrohe, aber das könnte sich jederzeit ändern, wenn jemandem im Ministerium meine Nase nicht passt. Um ehrlich zu sein habe ich dieses ganze Drama nie verstanden, denn ich finde meine Magie nicht sonderlich spektakulär und erst recht nicht gefährlich. Im Endeffekt nutzt sie niemandem etwas, außer mir selbst.

Ich stoße einen langen Seufzer aus und will mich nach hinten fallen lassen, als die Schulklingel ertönt und mich davon abhält.
"Sehen wir uns nach dem Unterricht und fahren zusammen nach Hause?", fragt Cecilia, springt auf die Füße und hält mir ihre Hand hin, um mich nach oben zu ziehen.
Ich nicke ihr zu und halte ihr im Gegenzug die Tür auf, die uns wieder zurück ins langweilige Gebäude bringt, fort von unserer kleinen Oase der Einsamkeit.

Cici steckt den Kopf in den Flur, um sich kurz zu vergewissern das niemand da ist, aber wie immer gibt sie grünes Licht und ich folge ihr ins Innere.
Als die Tür hinter uns zurück ins Schloss fällt, bin ich sofort genervt von dem künstlichen Licht, welches jeden einzelnen Gang flutet. Es kommt mir immer so vor, als würde die Menschheit alles versuchen, um alles natürliche aus dem Alltag zu verbannen und es durch Technik und künstliche Machenschaften zu ersetzen. Was spricht gegen das Sonnenlicht von draußen, welches zwar spärlich, aber trotzdem vorhanden in die Flure fällt?

Es reich den Menschen nicht. Sie wollen mehr.
Also setzt man dem Ganzen die Krone auf und schaltet selbst im Sommer die Neonröhren an den Decken ein, die mir immer diese ätzenden Kopfschmerzen verpassen. Ich strafe die Dinger mit einem genervten Blick und für einen kurzen Moment flackern die Lichter.
"Lass das!", zischt Cici und knufft mich in die Seite "Bring deine Gefühle unter Kontrolle, du Idiot."
"Sorry", murmel ich beschämt und schaue beim Laufen aus den Fenster. Ich war nie besonders gut darin meine Gefühle irgendwie kontrollieren zu können, sonst hätte ich mir in der Vergangenheit viel Ärger ersparen können.

Ich verabschiede meine Schwester zwei Etagen tiefer und schlage dann die Richtung zu meinem Klassenraum ein, der jetzt für eine Doppelstunde Mathe herhalten muss, bevor ich von dem Schultag erlöst werde. In einigen Monaten schreibe ich meine Abiturprüfungen und dann... tja, dann weiß ich nicht weiter. Meine Schwestern wussten schon immer für welches Berufsfeld sie sich interessieren, bei mir sieht das irgendwie anders aus. Ich finde alles und dann auch wieder nichts interessant.

Gedankenverloren schmeiße ich meinen Rucksack auf den Boden an meinen üblichen Platz, aber ein genervter Laut lässt mich aufsehen. Perplex starre ich den Fremden an, den ich noch nie in meinem Leben gesehen habe und sehe mich dann im Klassenzimmer um. Bin ich in den falschen Raum gelaufen? Nein, auf den anderen Stühlen sitzen dieselben Leute wie immer, nur meiner ist nicht leer wie sonst. Leises Getuschel dringt an meine Ohren, aber das blende ich gekonnt aus.

Ich starre den Fremden wieder an, der mich mit seiner Existenz auf diesem Stuhl, den eigentlich ich seit Jahren belege, jetzt schon tierisch nervt.
Düster erwidert er meinen Blick, seine grauen Augen bohren sich in meine und ich betrachte die Narbe, die sich von seiner Stirn über sein linkes Auge zieht, bis hin zum Unterkiefer. Er hat sich die Kapuze seines schwarzen Hoodies tief ins Gesicht gezogen, sodass der obere Teil im Schatten liegt. Was soll dieser Look? Bin ich in einen Fantasy Roman gefallen, oder was soll dieser Bad-Boy Style, den er hier an den Tag legt?

Jetzt noch viel genervter von diesem peinlichen Auftritt öffne ich den Mund und sage das erste, was mir in den Sinn kommt: "Du sitzt auf meinem Platz."

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Es ist eine Weile her, aber Miles ist zurück :)
Als Dank dafür, dass ihr weiterhin dabei seid, hab ich ein kleines Fanart erstellt, so wie ich mir Miles vorstelle... und ja, die Ähnlichkeit mit Hinata sehe ich ;D

Eure Strangy.



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