✧2. Kapitel✧

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DIE ERSTEN Zweibeinernester wurden von der Gerölllawine zerschmettert.

Lilly starrte reglos auf den Berg vor ihr, wie er Stück für Stück riesige Brocken und Tonnen von Erde ins Tal schickte. Sie spürte das Beben unter ihren Pfoten, in ihrer Schwanzspitze, in ihren Schnurrhaaren. Die Kieselsteine sprangen in einem wahnwitzigen Tanz auf und ab und die Grashalme bogen sich, während die ersten Staubwolken über das Dorf hinwegfegten.

Sie kniff die Augen zusammen, als Staubkörner und kleine Erdbrocken ihr Gesicht trafen. Der Lärm war so gewaltig, dass sich alles zu einem einzigen, langanhaltenden Krachen vereinte und schmerzhaft in ihren Ohren wiederhallte.

Der Schock saß so tief, dass sie jegliche Kontrolle über ihren Körper verloren hatte. Gerade als der Schutt den Dorfzaun niederriss und auf die Wiese flutete, spürte sie Zähne in ihrem Nackenfell. Jemand zerrte sie mit einer unglaublichen Kraft aus der Reichweite des Steinschlags, konnte aber nicht verhindern, dass sich ein großer Holzsplitter in ihr linkes Bein grub. Lilly jaulte auf, als der Schmerz durch ihren Körper schoss.

Ein gewaltiger Felsbrocken schlug dort ein, wo sie Sekunden zuvor noch gesessen hatte.

Die tosendende Lawine war noch nicht zum Erliegen gekommen. Neue Wellen näherten sich rasend schnell über die Ruinen, die die Vorgänger hinterlassen hatten. Beim Anblick der meterhohen Erdmassen konnte Lilly endlich genug Überlebenswillen aufbringen, um sich aus dem Griff ihres Retters zu winden und auf eigenen Beinen die Flucht anzutreten. Mit zusammengebissenen Zähnen humpelte sie so schnell sie konnte auf den Wald zu. Vor ihr sah sie, dass die meisten Katzen bereits am Waldrand warteten. Ihre Ohren waren kerzengerade, die Augen entweder zusammengekniffen oder vor Schreck geweitet. Die Schwänze peitschten unruhig durch die Luft.

Am Waldrand brach Lilly zitternd zusammen. Immer noch hörte das Schrillen in ihren Ohren nicht auf. Ihre Flanken bebten. Reglos und mit ausgestrecktem Hinterbein presste sie sich ins Gras, all ihre Muskeln waren verkrampft.

Jemand riss mit einem Ruck den Splitter aus ihrem Fleisch. Fauchend fuhr Lilly herum und bleckte die Zähne. Ein großer, graubrauner Kater ragte vor ihr auf, ein blutiges Stück Holz in seinem Maul. Mit gesträubtem Fell zog sie ihr verletztes Bein an ihren Körper und legte die Ohren an, bevor sie erbost zischte: »Was sollte das, du räudige Ratte? Das kann ich selbst!« Der Unbekannte spuckte den Splitter ins Gras, seine grünen Augen blitzten schelmisch. »Ist das die Art, wie man seinem Lebensretter dankt?« Ein tiefes Schnurren rumpelte in seiner Kehle. Lilly wollte gerade kontern, als sie bemerkte, dass es still geworden war. Auch das alles durchdringende Krachen war verstummt. Mühsam stemmte sie sich hoch und blickte gemeinsam mit den anderen Katzen schweigend zu dem, was von ihrem Zuhause übriggeblieben war.

Es war, als hätte das Dorf nie existiert. Schutt hatte sich über das Tal wie eine Decke gelegt, hatte alles unter sich begraben. Außer eine einzige Wand. Teile des Dachs hingen noch an ihr. Ansonsten erinnerten höchstens ein paar Holzbalken da, eine zerbrochene Tür dort, die Schnauze eines Monsters dort drüben daran, was bis vor einigen Momenten noch auf diesem Fleck gestanden hatte.

Als auch die letzte Mauer mit einem rumpelnden Seufzen in sich zusammensank, stoppte Lillys Herz für einen Moment.

Die Realität traf sie mit voller Wucht. 

Ihr Zuhause war zerstört. Ihre Hausleute tot. Sie eine Streunerin.

Die Stille, die sich über die Katzen gelegt hatte, war erdrückend. Sie sahen sich gegenseitig an. Tröstend strich Pelz an Pelz. Einzelne Klagelaute füllten die Luft. Der penetrante Geruch von Angst stieg in Lillys Nase.

»Wo sind die Hunde? Haben sie überlebt?« Ihr Puls schoss auf 180, als sich die Frage einer Katze über das Schweigen erhob. Bewegung kam in die Katzen. Tuschelnd und mit gesträubtem Fell traten einzelne Mutige weiter auf die Wiese hinaus und suchten das Gebiet ab. »Da drüben, ich sehe sie! Am See!«

Die Neugier packte Lilly. Mit gespitzten Ohren humpelte sie aus dem Schatten der Bäume zurück ins hohe Gras. Sie gesellte sich zu den anderen auf einen kleinen Hügel und suchte das Ufer links der Dorfruine ab. Tatsächlich. Eine ganze Meute Hunde war zwischen den Trümmern und dem See eingeschlossen. Der Wind trug ihr Bellen und Kläffen bis zu ihnen und es klang so verzweifelt und hilflos, dass Lilly sich ihrer eigenen Lage bewusstwurde. Ihnen ging es kaum besser. Die meisten von ihnen waren Hauskätzchen. Noch nie hatten sie auf eigene Faust längere Zeit überleben müssen. Sie konnten weder jagen noch sich richtig verteidigen. Sie waren die warmen Nester ihrer Zweibeiner gewohnt, weiche Kissen und ausreichend Wasser. Wie sollten sie nun zurechtkommen? Und dann waren da noch diese Streuner. Wohl die einzigen, die auf sich selbst aufpassen konnten.

Ein ungutes Gefühl stieg in Lilly auf. Das konnte nicht gut gehen. Über dreißig Katzen auf so engem Raum...

»Lilly! Da bist du ja! Oh, habe ich mir solche Sorgen gemacht!« Sie roch ihre Freundin Mo, noch bevor das Fellknäuel auf den Hügel hüpfte. Im Schlepptau folgten Schimmer und Tau. Beide sahen ziemlich zerrupft aus, waren aber ohne große Verletzungen. Ein riesiger Stein fiel von Lillys Herzen. Überwältigt von der glücklichen Wiedervereinigung schmiegte sie sich an den kleinen Körper der Kätzin und leckte ihr stürmisch über die Ohren. Ihr eigenes Schnurren vermischte sich mit Mos. »Ich habe mir solche Sorgen gemacht, Mo! Es tut mir so leid, dass ich dich allein gelassen habe. Oh, wie froh ich bin, dass es dir gut geht!« Lillys Stimme zitterte vor Erleichterung. Ihr Blick fiel auf Tau. »Und dir auch. Ich dachte schon ...« »Ich habe noch ein Hühnchen mit dir zu rupfen, Tau!«, schimpfte Mo. »Wie kannst du Lilly nur stehen lassen und weglaufen? Was, wenn sie verschüttet worden wäre?« Die Stimme ihrer Freundin überschlug sich zu einem hysterischen Miauen. Tau plusterte aufgebracht ihr Fell. »Ich dachte, sie wäre direkt hinter mir! Wer rechnet denn damit, dass jemand still sitzen bleibt, wenn eine riesige Wand von Steinen auf einen zurollt!« Vorwurfsvoll funkelte sie Lilly an. »Außerdem war da dieser Kater und hat sie in Sicherheit gebracht, also hör auf dir den Pelz von den Knochen zu jammern.« Mit kerzengeradem aufgerichtetem Schweif machte Tau kehrt und verschwand im hohen Gras. Schimmer fauchte wütend ihrer Schwester hinterher und schmiegte sich an ihre Mutter. »Hör nicht auf diesen doofen Fellball, Mutter. Sie ist bloß zu stolz, um ihre Fehler einzusehen.« Mo sah seufzend zu Lilly auf. »Was mache ich nur mit ihnen, Lil? Sie sind schlimmer als zankende Füchse...« Sie strich sanft an Lillys Flanke vorbei, nickte ihr einen Abschiedsgruß zu und folgte ihrer Tochter über die Wiese.

Lilly war nun allein auf dem Grashügel. Die Katzen um sie herum hatten sich in Gruppen zusammengefunden und über den Rest der Wiese verteilt, der nicht verschüttet worden war.

Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie die Rauchschwaden über den Ruinen gen Himmel steigen sah.

In der Ferne fiel ein kleiner Wasserfall die steile Felswand hinab, die nun hinter dem Dorf anstelle des grünen Bergrückens emporragte.

Ein Wasserfall. Als würde der Berg weinen.

Weinen um all die Leben, die er an diesem Tag genommen hatte. 

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