018 * Bucket List * So. 11.8.2019

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Ich hab zwar meine Playstation weggepackt, aber trotzdem kann ich mir ja nach getaner Arbeit ab und zu was gönnen. Nur: wenn dann Ende der Fahnenstange ist und ich mir was gönnen will, dann fällt mir wahrscheinlich vor lauter Müdigkeit nichts mehr ein. ... Vielleicht sollte ich mir ein paar Sachen aufschreiben, auf die ich Lust haben könnte.

Irgendwann bin ich wieder aufgetaucht aus dem „Fade out" und habe etwas ganz Verrücktes getan. Ich habe mir eine Bucket List geschrieben. Welche Filme ich schon immermal sehen wollte. Wohin ich schon immer einen Wochenendtripp machen wollte. Welchen Sport ich gerne mal ausprobieren würde. Welchem Politiker ich gerne mal einen Brief schreiben würde. Was ich gerne kochen können würde. Je länger ich nachgedacht habe, desto mehr fiel mir ein. Kindheitsträume wie „einmal in einem roten Käfer Cabrio aufs Land fahren". Jugendliche Heldenphantasien wie „eine Katastrophe verhindern" oder „jemand retten". Aber auch ganz erwachsene Wünsche wie: „einen Baum gegen den Klimawandel pflanzen" und umweltverträglicher leben". Irgendwann bin ich dann richtig eingeschlafen und habe auch den Ruf zum Abendessen nicht mehr gehört.

Als ich heute morgen aufwache, liegt neben mir meine Liste auf dem Kopfkissen. Ich kann erstmal gar nichts sehen oder kapieren. Aber als meine Augen dann endlich richtig scharf stellen, sehe ich, dass jemand etwas dazugeschrieben hat. Es ist Tanjas Schrift.

„Mir selbst treu bleiben."
Sie hat wohl nach mir geschaut, als ich nicht zum Abendessen gekommen bin.

Ich lese mir meine Liste nochmal durch. Manches davon sind einmalige Events, manches sind Lebensaufgaben. Aber die ganzen einzelnen Events schreibe ich mir auf lauter Karten und klebe sie mit Tesa von innen an meine Tür. Denn immer, wenn ich das Gefühl habe, ich müsste jetzt mal abschalten und was Ungeplantes machen, dann will ich mir eine der Karten schnappen und einfach machen.

Nach einem Blick auf die Uhr gehe ich erst unter die Dusche und dann runter zum Frühstück. Tanja und Papa sitzen bereits am Frühstückstisch auf der Terrasse.
„Morgen. Ich hoffe, ihr habt nicht auf mich gewartet."
„Neinnein, Max. Wir haben uns wirklich auch erst den Moment hingesetzt."
Wir machen es uns miteinander gemütlich und essen uns so lange quer durch den Kühlschrank, dass es schon fast als Brunch durchgehen kann.

„Und, Max, was hast du heute vor?"
„Den Stoff für Bio und Erdkunde rekapitulieren, damit Moritz die Lernthemen für uns vorbereiten kann. Und die Facharbeit gliedern, Literatur dazu suchen, den roten Faden ein bisschen ausarbeiten. Die anderen machen das auch, und dann wollen wir am Montag mit der Süß absprechen, ob das so durchgeht. Naja, und heute Nachmittag fangen wir mit der Planung an für die praktischen Prüfungen."
Dass das auch für die Aufnahmeprüfungen ist, muss ich ihm ja nicht unter die Nase reiben.

„Und deshalb möchte ich mich jetzt entschuldigen, ich sollte anfangen für heute."
Ich greife nach unseren Tellern und der Aufschnittplatte. Aber Tanja nimmt mir die gleich wieder weg.
„Lass gut sein, Max. Du wirst in diesem Schuljahr so viel arbeiten wie ein Banker mit Workoholic Syndrom. Wenn du mal Abwechslung vom Sitzen brauchst und dich im Haushalt betätigen WILLST, dann hab ich damit kein Problem. Aber wegen mir musst du jetzt erstmal gar nichts mehr."
Papa schaut sie empört an, aber Tanja lächelt das weg und wedelt mit der Hand Richtung Haus.
„Los! Ab an die Bücher."
Papa klappt den Mund zu und starrt nur noch sauer auf seine Schuhspitzen.
Nix wie weg hier!

Die nächsten Stunden sitze ich stramm am Schreibtisch, ackere mich durch Mitschriften, googele Informationen, durchsuche Online-Bibliotheken und schreibe die Themenlisten für Moritz. Ab und zu stehe ich auf, trinke was oder mache ein paar Dehnungsübungen als Mini-Päuschen. Grade scheint alles so viel besser zu laufen als noch vor einer Woche, dass ich hochmotiviert und konzentriert arbeiten kann.

Wir hatten uns für das Sonntags-Training auf 17.00 geeinigt, damit an dem Tag auch mal eine Familienaktivität oder eine Einladung zum Kaffee bei Oma drin ist. Also arbeite ich bis kurz vor 16.00, habe bis dahin alles Wesentliche geschafft und klappe erleichtert die Bücher zu. Es wird bestimmt noch härter werden, aber für den Moment kann ich es so aushalten und schaffen.

Draußen springt der Rasenmäher an, und als ich aus dem Fenster lunze, sehe ich Papa beim Mähen, wie er ab und zu einen finsteren Blick zu meinem Fenster raufwirft.
Oha, der ist geladen. Tja, das musste er jetzt eine ganze Weile nicht mehr machen. Schönen Gruß vom Amt, das waren meine letzten Sommerferien ...

Ich entscheide mich also um, gehe NICHT nach draußen in die Sonne zum Relaxen sondern hole mir in der Küche was zu essen, denn allmählich macht sich doch wieder Hunger bemerkbar. Ich schnappe mir das letzte Brötchen vom Frühstück, packe noch ein paar andere Sachen auf ein Tablett und verziehe mich wieder nach oben. Zu einer chilligen Playlist esse ich mich genüsslich satt.
Hauptsache genießen, alles bewusst genießen. Ommmmm ... Naja, irgendwie muss ich mich ja selbst motivieren. Und wenn dabei dann Musikhören zu Quality Time wird – dann ist das eben so. Das Ziel heißt: Abi und Traumstudium.

Da piept Lasse in den Gruppenchat.
„Jungs, wollen wir uns ein paar Minuten eher beim Möhrchen treffen und ein Eis schlabbern?"
Es dauert nicht lange, bis alle begeistert zugestimmt haben und auch Milly informiert ist. Und bereits eine Viertelstunde später stehen wir auf der Rü in der langen Schlange vorm Möhrchen. Im Sommer sind immer viele Mitarbeiter da und so richtig auf Zack. Wenn man also nicht grade einen unentschlossenen Grübler vor sich in der Schlange hat, geht es doch recht schnell weiter.

Bald schon haben wir unser Eis in der einen Hand, schieben mit der anderen Hand unser Rad und sind quer durchs Mädels-Viertel auf dem Weg zum Studio. Das letzte Stück an der Müller-Breslau-Straße fahren wir dann. Ich kann spüren, dass die anderen vier genauso vorfreudig-kribbelig-gespannt sind wie ich. Sogar Lasse ist angesteckt, obwohl er doch erst nächstes Jahr ran muss. Aber wir hatten hier jetzt jahrelang so eine tolle Zeit miteinander, unser Abschied soll einfach großartig werden.

Luis ist schon da und probiert lauter komische Drehungen und Sprünge aus, während wir uns aufwärmen. Dann begrüßt er uns alle.
„Hallo, Jungs. Bereit für das härteste und beste Jahr eures Lebens?"
Spontan rutscht mir der Konter raus.
„Na, das Anstrengendste bestimmt, aber das beste? Das wage ich doch zu bezweifeln."
„Wer weiß, Max. Die Wahrscheinlickeit steigt jedenfalls, wenn Du Dir das schonmal vornimmst. - Hallo, Milly. Ich finds toll, dass du dabei sein kannst. Ich hatte beim letzten Mal echt das Gefühl, dass bei euch die Chemie stimmt und ihr was richtig Gutes zusammen auf die Beine stellen werdet."

Und schon geht es los. Luis hat eine mögliche Struktur unserer Performance aufgeschrieben und einzelne Stile, Figuren, Wechsel und anderes schonmal reingeschrieben. Aber da ist noch viel Platz.
„Auf geht's. Ich habe ein sehr luftiges Raster gemacht. Nichts steht fest, alles kann sich ändern, auch mehrfach. Eine Performance zu entwickeln, bei der schon so viele Parameter vorgegeben sind wie durch eure einzelnen Stile, muss wachsen und reifen. Betrachtet das bitte nicht als einen Sprint sondern als einen Marathon. Klammert an nichts, hört gut aufeinander – dann habt ihr viel Freude daran und den Erfolg schon fast in der Tasche."

Da unsere Performance ja zeigen soll, was im Bereich Tanz alles möglich ist, und das Contemporary dann alle miteinander verbinden soll, probieren wir heute einfach alle miteinander rum, was für Schritte oder Figuren überhaupt für so einen Mix sinnvoll sind. Schnell wechselt die Musik, Ideen sprudeln, Lasse legt mit Milly kreuz und quer durch Standard und Latein eine flotte Sohle aufs Parkett, bis sie sich für die Rumba entschieden haben.
„Ich denke das ist viel Körperarbeit und viel Neues für mich. Aber dieses langsame, genussvolle, betörende der Rumba hat mir am besten gefallen. Vielleicht bauen wir gegen Ende noch was Schnelles, Freches ein, aber zum Rauskommen auf die Bühne sollten wir was Langsames wählen. Dann haben Moritz und Paul auch die Möglichkeit, auf uns und die Unterbrechung durch uns zu reagieren."
„Ich mag diese langsamen Sachen sowieso lieber tanzen. Es ist mehr Herausforderung, denn bei was Schwungvollem kannst du viele kleinere Fehler einfach durch den Schwung vertuschen. Aber bei so einer Rumba wird jeder Fehler sofort abgestraft. Und ich mag dieses Feintuning sehr."

„Ich überlege die ganze Zeit, was für ein Stück ich am Anfang tanzen sollte."
„Darüber habe ich auch schon nachgedacht, Paul, und mal nachgeschaut, was du hier im Laufe der Zeit schon für Männerpartien getanzt hast. Denn wenn das auch für die Aufnahmeprüfung sein soll, wäre es sinnvoll, tatsächlich eine bekannte klassische Partie einzustudieren und daraus ein Stück an den Anfang dieser Performance zu stellen. Dann bist du auf der sicheren Seite."
„Gut, dann werde ich mich mal durchs Internet und Youtube wühlen und sehen, was sich da findet, was ich schaffen kann."
„Genau, und ich suche auch und schicke dir Links. Gemeinsam finden wir eine gute Partie für dich."

„Moritz. Wenn du dazu kommst und Paul bei seinem Tanz störst – wie machst du das? Und was tanzt du dann?"
„Lass uns doch einfach mal rumprobieren."
Luis holt einen Ghettoblaster raus, Moritz setzt sich die Basecap auf und hängt sich riesige Kopfhörer um den Hals, und dann probiert er sich durch seine Playlist und improvisiert ein bisschen. Die Vorstellung, dass er damit Ballettmusik zudröhnt, ist schon witzig.

„Sagt mal, Jungs, habt ihr eigentlich schon eine Vorstellung, an was für einem Ort sich diese verschiedenen Tänzer begegnen? Ich mein' - ein Balletttänzer probt doch im Studio oder auf einer Bühne. Ein Street Dancer tanzt – auf der Straße, unter 'ner Brücke, im Szene-Treff. Ein Standardtänzer trainiert im Tanzsportverein oder einer großen Sporthalle oder springt auf einem Turnier rum. Ein Contemporary ... und so weiter. Wo ist der Ort, an dem wir alle glaubwürdig übereinander stolpern können?"

Spontan hören wir alle auf mit dem, was wir grade tun, denn Milly hat eine sehr wichtige Frage gestellt. Sogar Luis sieht jetzt ratlos aus.
„Und wie stellen wir diesen Ort dar? Mit Kulissen? Pantomimisch?"
Schweigen. Ich kratze mich am Kopf.
Uff.
„Kulissen gehen nicht. Für die Studio-Gala im April schon. Aber nicht fürs Abi und noch weniger für die Aufnahmeprüfungen."
„... Apropos Aufnahmeprüfungen."
Ich fange an zu grinsen.
„Wir könnten doch einfach alle in einer Warteschlange bei solchen Aufnahmeprüfungen stehen, mehr oder weniger hibbelig, jeder mit seiner eigenen Musik und seinem eigenen Style beschäftigt. Und weil wir alle so hibbelig sind, funken wir uns einfach gegenseitig rein. Dann ist es nämlich wirklich völlig Wurst, wo wir das aufführen, der Hintergrund stimmt immer."
„Cool. Und Luis ist unser Prof., der die Prüfungen abnimmt."

„Wenn ihr euch einbildet, dass ich wochenlang mit euch von Aufnahmeprüfung zu Aufnahmeprüfung tingele, habt ihr euch geschnitten. Das müsst ihr schon selbst hinkriegen."
„O.K. - dann der Wartesaal für die Aufnahmeprüfungen, wo wir uns alle gegenseitig auf die Nerven gehen, bis wir dran sind."
Wir schlagen alle mit Moritz ein, denn das ist wirklich die beste Idee. Also fängt Luis an, uns ein bisschen mehr zu erzählen, wie solche Aufnahmeprüfungen überhaupt ablaufen, welche Fehler man vermeiden sollte, worauf es ankommt. Und schon sind wir geistig in diesen Warteraum gebeamt und tun alle so, als würden wir warten, uns dabei aufwärmen und nervös für unser Fach proben, um uns sicherer zu fühlen. Milly macht wie verrückt Handstände, wir murmeln Schrittfolgen vor uns hin, rempeln uns an und gehen uns gegenseitig nach Strich und Faden auf die Nerven. Aber am Schönsten ist es, wenn der elegante, würdige Balletttänzer Paul vom rotzfrech-ignoranten Freestyle Dancer Moritz einfach übertönt und schulterzuckend zur Seite geschubst wird.

„So, dann wünsche ich euch morgen beim Beantragen des gemeinsamen praktischen Abiturs viel Erfolg!"

..................................................................

2.10.2020    -    9.4.2021

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro