049 ** völlig überrumpelt ** Mi. 25.9.2019

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Ich wache auf, wie ich eingeschlafen bin – mit dem Kopf auf den Beinen von Frau Süß und mit den Gedanken: "Boah, is mir schlecht, kann das nicht endlich aufhören? Ich kann nich mehr."
Die Süße hat mich anscheinend die ganze Zeit festgehalten, und auch jetzt streicht sie über meinen Rücken und spricht mich leise an.
„Max, wie geht's dir? Ist dir immernoch schlecht? Oder sollten wir langsam mal anfangen zu probieren, ob jetzt was drinbleibt? Du brauchst Flüssigkeit."

Ich öffne die Augen. Neben ihr steht ein kleiner Tisch mit benutztem Geschirr, sie hat also wohl was zu essen gebracht bekommen. Ich drehe den Kopf, um ihr ins Gesicht zu sehen.
„Danke für Ihre Hilfe. Ja, ich habe irren Durst."
„Gut, es wird auch Zeit. Aber wir versuchen es langsam."
Sie zieht mich näher zu sich ran, damit ich in eine aufrechtere Position komme. Dann hält sie mir einen Becher mit Wasser hin, weil meine Hände etwas zittern.
„Immer mit der Ruhe, Max. Nimm kleine Schlucke, behalte sie einfach eine Weile im Mund und schluck sie dann vorsichtig runter. Wir wollen versuchen, dass alles drinbleibt."

Ich gehorche wie eine Marionette und schlucke mit kleinen Pausen nach und nach den Inhalt des Bechers. Immerhin, es bleibt alles drin. Aber mein Kopf fühlt sich an wie Watte, in meinen Ohren knistert und pfeift es, mir ist schwindelig wie nach fünf Runden Achterbahn und meine Hände liegen schlapp auf der Bettdecke.
„Sollen wir mutig sein?"
Ich schaue sie verständnislos von unten an.
„Freddy hat mir Salzstangen gebracht für dich."
Ich schüttele den Kopf. „Ich bin froh, dass das Wasser dringeblieben ist."
Sofort dreht sich alles um mich und in mir heftig, und ich halte schnell meinen Kopf wieder still.

Ein winziger Gedanke huscht mir durchs Hirn, und meine Hände fangen an zu suchen.
„Suchst du was?"
„Ja. Meinen ... mein ... eine kleine Graugans aus Plüsch."
„Die habe ich vorhin in deinem Bett gesehen. Warte, ich hole sie."
Kurz darauf drückt sie mir mein „hässliches Entlein" in die Hand, und meine Finger greifen automatisch um Hals und Kopf, wie sie es seit über zwölf Jahren tun.
Hoffentlich hält sie mich jetzt nicht für ein Baby!
Ich dämmere wieder weg und merke kaum noch, dass die Süße mich zurück in eine liegende, etwas bequemere Position schiebt.

Als ich das nächste Mal aufwache, nehme ich wieder viel mehr meiner Umgebung wahr. Die Geräusche in meinen Ohren sind bis auf ein leises Pfeifen verschwunden, neben mir steht ein Eimer mit frischem Wasser, der Geruch von Erbrochenem hat sich verflüchtigt. Frau Süß sitzt an einem Tisch, liest etwas und schreibt ab und zu etwas auf einen Zettel oder an den Rand. Neben dem Bett stehen ein Becher mit Wasser und eine Packung mit Salzstangen. Ich fühle mich nicht mehr so glühend sondern frischer, und die Luft ist angenehm kühl. Also greife ich nach den Salzstangen, aber schon bei der kleinen Armbewegung wird mir so schwindelig, dass ich es ganz schnell wieder lasse.

„Örks, stell doch mal einer das Karrussell aus!"
Frau Süß dreht sich zu mir um und lächelt.
„Schwindelig? Du sollst doch nicht lügen!"
„Ha ha ha. Das fühlt sich an wie Achterbahn im All. Nur dass ich nicht weiß, wie ich da rauf gekommen bin."
Wir grinsen uns an.
„Hast du Hunger?"
„Ja, ich wollte grade danach greifen, aber ich treffe nicht, weil sich alles dreht."
„Warte, ich geb dir was. Bleib einfach liegen."
Sie kommt zu mir rüber, hockt sich im Schneidersitz vor mich auf den Boden und hält mir einzelne Salzstangen hin. Vorsichtig knabbere ich ein paar davon, um zu sehen, ob sie drinbleiben. Dann werde ich mutiger und esse eine ganze Weile vor mich hin. Dazwischen trinke ich immer wieder ein paar Schlucke mit einem Strohhalm.

Ich fühle mich jetzt deutlich wohler, aber der Schwindel geht leider nicht davon weg.
„Was passiert eigentlich bei einem Sonnenstich?"
„Die Hitze auf Kopf und Nacken löst sozusagen einen Hitzschlag im Kopf aus. Das Hirn wird so sehr gereizt durch die Überhitzung, das es mit einer ganzen Reihe von Symptomen reagiert, die dich zur Vorsicht mahnen und dich in den Schatten treiben sollen. Ruhe, Kühlen, Schatten sind die besten Möglichkeiten, dein Hirn und deinen Körper wieder in den Normalzustand zu befördern. Der Schwindel könnte auch mit dem Kreislauf zusammenhängen. Aber da das Essen wieder klappt, hoffe ich, dass sich das bis morgen wieder gibt. Ich würde dich gerne heile zu Hause abliefern am Freitag."

Ich nicke gaaaaanz vorsichtig.
Jepp, das wär mir auch lieber ...



Völlig erschöpft ist Max auf meinen Beinen eingeschlafen. Ich rühre mich nicht, um ihn nicht zu wecken. Da kommt Freddys Frau und bringt mir ein leckeres Mittagessen.
„Dank dir. Das riecht gut. Und ich kann jetzt echt was vertragen."
Vorsichtig, um Max nicht zu wecken, greife ich mir den Teller und verspeise genüsslich das Kartoffelgratin.

Kurz darauf wacht Max auf. Seine Hände zittern, und er verkrampft sich, ihm ist also noch immer schlecht. Ich streiche ihm mit der Hand über den Rücken und spreche ihn an. Immerhin trinkt er nun in kleinen Schlucken einen ganzen Becher Wasser leer, und alles bleibt drin. Die Salzstangen will er jedoch noch nicht probieren. Er atmet nun ruhiger und entspannt sich. Dann schläft er wieder ein. Ich schiebe meine Beine unter seinem Kopf vor, erneuere die Wadenwickel und Kühlpacks, lege ihn vorsichtig im Bett ab und gehe erstmal ins Bad, um den Eimer auszuspülen und mit etwas frischem Wasser zu füllen.

Als Max in tieferen Schlaf fällt, schnappe ich mir die Matheklausuren und starte den zweiten Korrekturdurchgang. Heft für Heft gehe ich die Aufgaben durch, vergleiche sie mit meinen Rechenwegen und Lösungen und markiere entsprechende Fehler. Ich bin ganz froh, dass das Schlimmste überstanden ist und Max jetzt schläft. Ich kontrolliere ab und zu seinen Puls, seine Temperatur und denke nun doch, dass wir heile durch die Nacht kommen werden. Hauptsache, er behält jetzt wenigstens die Flüssigkeit bei sich.

Ich habe nur noch zwei Klausuren vor mir liegen, als ich hinter mir ein Rascheln und dann Max leise Stimme höre.
„Örks, stell doch mal einer das Karrussell aus!"
Ich drehe mich um und lächle ihn an. Wenn er schon wieder Witze reißen kann, geht es ihm eindeutig besser. Und er hat jetzt auch Hunger. Ich hocke mich vor ihm auf den Boden und reiche ihm Salzstangen und den Becher Wasser mit einem Strohhalm. Nach und nach verschwindet eine ganze Menge in ihm, aber der Schwindel bleibt ihm noch erhalten. Er bewegt sich also so wenig wie möglich und lässt sich dann nochmal erklären, wie ein Sonnenstich entsteht und sich auswirkt.

Nachdem er gegessen hat, unterhalten wir uns eine ganze Weile über dies und das. Ich möchte gerne, dass er nicht schon wieder einschläft, damit er heute Nacht noch schlafen kann, sonst kommt er völlig durcheinander. Er verrät mir ein bisschen mehr über Antoine, ich erzähle ihm, was die anderen grade alles erleben. Als ich ihm dabei in die Augen schaue, sehe ich seine Trauer, dass er nicht mehr dabei ist – und dieses tiefe, leuchtende Braun, das mich ja schon einmal in seinen Bann gezogen hat. Wieder bin ich verblüfft und halte einen Moment inne.

Schnell lösen wir unsere Augen wieder voneinander.
„Was schreiben Sie denn da so eifrig?"
Hat er mich beobachtet? Süß.
„Ich korrigiere eure Matheklausuren. Deine und zwei andere hatte ich ja Frau Schiller gegeben. Sie hat mir grade zurückgemeldet, dass sie ein kleines, aber feines Rechenspielchen angestellt hat. Zu deinen Gunsten."
„Wie das denn?"
„Sie hat von der Gesamtzeit der Klausur das abgerechnet, was dir ab der Hartmann-Episode verloren gegangen ist. Und dann hat sie von der möglichen Gesamtpunktzahl die entsprechende Menge Punkte abgerechnet. Alles in allem hast Du zwar keine Aufgabe ganz zu Ende bearbeitet, aber doch zu jeder so viel Richtiges hingeschrieben, dass sie für eine Vier plädiert."

Max schließt die Augen und atmet tief durch.
„Gott sei Dank!"
„Wäre eine Fünf so schlimm gewesen?"
„Mein Vater hat die nebulöse Bemerkung fallen lassen:'Wehe, ich schmeiße mein Geld zum Fenster raus!' Ich hatte Angst, dass er mir doch noch den Geldhahn zudreht."
„Oh Mann. In deiner Haut möchte ich echt nicht stecken. Ich bewundere dich wirklich, dass du jetzt schon so weit gekommen bist. Ich hatte etwas Angst, dass dich die erste Klausurenphase dann doch zersemmelt. Aber du hast es geschafft!"

Wieder schauen wir uns in die Augen.
„Ich bin unglaublich stolz auf dich!"
Sie verhaken sich ineinander wie vier Kletten.
Zwei traumhaft braune und zwei leuchtend grüne Kletten.
Augen.
Die Zeit steht still.
Mein Hirn verabschiedet sich.
Es ist, als würde ich hineingezogen in diese neugierig und intensiv auf mich gerichteten, wunderschönen braunen Augen.

Ich merke nicht, dass ich mich vorbeuge. In seinen Augen ist keine Irritation oder Unsicherheit. Da ist nichts als – Glück. Sehr sanft finden unsere Lippen zueinander. Ich schließe meine Augen und spüre seine Hand in meinem Nacken. Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit kribbeln wohlig durch meinen ganzen Körper und reißen alle in den letzten Jahren mühsam aufgerichteten Schutzmauern ein.

Gleichzeitig jagt mir Panik durch die Adern. Ich reiße meine Augen auf.
Hei, Hirn! Schön, dass du auch mal wieder vorbeischaust!
Ich löse mich schnell und lege meine Stirn gegen seine.
Nur nicht mehr in diese Augen sehen!
Ich schlucke ein „Scheiße!" runter und flüstere stattdessen:"WOW!"
„Hm-mm."
Max brummt voller Genuss und gibt mir einen süßen kleinen Kuss auf die Wange. Dadurch kann ich ihm wieder in die Augen sehen, und was ich da entdecke, haut mich endgültig um. Ich sehe nicht die Schwärmerei eines Teenies. Ich sehe, dass da einer vor mir liegt, der mich aufrichtig liebt. Ein vor der Zeit gereifter junger Mann, der mir sein Herz hinhält.

Das ich nicht annehmen darf.
Mensch, Hirn! Kannst du nicht einmal deinen Job richtig machen??? Los, an die Arbeit. Wie kommen wir da wieder raus? Und wehe, du tust Max weh. Das hat er nicht verdient!
Meine Gedanken rasen.
Los, sag was! Du wolltest nicht, und du darfst nicht. Reicht das nicht als Argumente? Gib Gas!

„Ist ... das für dich in Ordnung, Max?"
Er nickt bloß und lächelt.
Ein federleichter Kuss.
„Für mich auch."
Hirn??? Stooooooop!!!
„Jetzt haben wir nur ein klitzekleines Problem."
„Hm-mm."
Schon wieder so ein feengleicher Kuss, der mich um den Verstand bringt.
„Max. Ich darf das nicht. Das ist schlicht und einfach verboten."
„Hm-mm."
Kuss.
Mein Verstand verabschiedet sich endgültig. Ich ergebe mich. Ich rücke ein Stückchen näher ans Bett ran, und wir küssen uns schon wieder, so sanft, so zärtlich, so genussvoll, so endlos wundertraumhaft schön.

Die letzten funktionierenden grauen Zellen in meinem Oberstübchen erkämpfen sich mühsam die Oberhand über mein Stammhirn und schieben mich wieder vom Bett weg. Vertrauensvoll schauen mich seine Augen an. Ich greife nach seinen Händen, weil ich selbst den Abstand kaum aushalte, und streiche sanft über seine Handrücken. Er lächelt. Erneut drohe ich, in diesem tiefen Braun zu ertrinken.
„Max, können wir ... versuchen, erstmal ..."
Reiß dich zusammen!
„... könnten wir erstmal ... versuchen, unsere Hormone in den Griff zu kriegen? Ich glaube tatsächlich, ich ... ach, scheiß drauf. Ich bin grade hoffnungslos verliebt in deine braunen Augen und in dein wunderbares Wesen und in dieses ganze tolle Du. Aber wenn wir uns jetzt hinreißen lassen, reiten wir uns beide in eine berufliche Katastrophe, aus der wir vielleicht nie wieder heile rauskommen."

Max hat wohl das sehnsüchtige, verzweifelte Flehen in meiner Stimme verstanden. Er löst seine Hände nicht, aber er rutscht nun auch ein Stück rückwärts.
„Ich weiß. Aber so schnell gebe ich nicht auf."

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2.11.2020

Jaaaaaaa - auf dieses Kapitel habe ich jetzt sooo lange gewartet!

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