112 ** Abi-Vorklausuren ** Mo. 10.2.2020

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Grade noch rechtzeitig für die Abi-Vorklausuren ist dieser ganze Stress und Erpressungsmist beseitigt worden. Anni war die letzte Woche auch vollständig krank geschrieben, um richtig wieder runter zu kommen. Sie hat nur in der Helen-Keller-Schule Bescheid gesagt, dass sie nun ganz freigestellt ist und den vollen Dienst dort aufnehmen kann. Ihre Schulleiterin Luckovski war sehr erleichtert, dass der Unsinn ein Ende haben würde. Anni hat ihre ganze Konzentration auf ihre Gesundheit und auf die Sonderpädagogik gerichtet.

Ich selbst war bei den Lerngruppen wieder nicht mehr nur körperlich anwesend sondern konnte nochmal richtig viel mitnehmen. Wir haben nun seit sechs Monaten intensiv miteinander gelernt und sind total aufeinander eingespielt. Aber meine ganzen Belastungen waren doch auch für die anderen zu spüren gewesen. Es tut uns allen Dreien gut, dass ich jetzt wieder innerlich frei bin, um intensiv zu lernen und meine eigene Lerngruppe vernünftig vorzubereiten.

Und die Nachhilfe findet wieder bei Anni zu Hause statt. Anni durfte zwar ihren Schulschlüssel behalten, aber der liegt jetzt erstmal ganz hinten in der Schublade im Flur. Wir müssen keine Angst mehr haben und können darum wieder konzentriert lernen. So langsam fällt der ganze Druck von uns ab. In acht Tagen werde ich achtzehn Jahre alt. Und dann ist endgültig Ruhe im Karton.

Frau Hartmann ist tatsächlich nichtsahnend bei der Polizei erschienen, weil sie sich so sicher gefühlt hat. Sie musste ihre Fingerabdrücke abgeben, die zweifelsfrei identisch mit denen auf den Ettiketten von den Briefumschlägen waren, und sucht jetzt wahrscheinlich nach einem Anwalt, der überhaupt bereit ist, ihr da wieder aus der Scheiße zu helfen.
Mitleid? Null. Diese Frau hat mir fünf Jahre lang das Leben zur Hölle gemacht. Rache? Nö. Aber endlich Ruhe und Frieden und Gerechtigkeit.

Die Polizei hat sofort ihren heimischen PC beschlagnahmt und nach den Bildern gesucht. Sie waren nichtmal passwortgeschützt. Ein hübscher Ordner auf dem Desktop, mit Unterordnern für jeden von uns und die beiden Pärchen, sauber mit Datum der Aufnahme betitelt.
So viel Dummheit ist echt beeindruckend.
Dr. Fahrendorf und ich haben sie gezeigt bekommen, um angeben zu können, bei welchen Gelegenheiten das war. Anni und Frau Tucher hatten gebeten, davon verschont zu bleiben, weil auf der Hand lag, dass es Anni wieder runterreißen und verunsichern würde, wenn sie sehen kann, WIE oft sie unter Beobachtung gestanden hat.

Zur großen Verblüffung der Polizisten haben wir beiden dann darum gebeten, Kopien von den Fotos zu bekommen. Die Frau ist zwar ein A... mit Ohren und strohdumm. Aber die Bilder von uns oben auf dem Baumwipfelpfad sind toll geworden, und die schöne Erinnerung wollten wir uns nicht nehmen lassen. Immerhin können wir uns nicht selbst alle Vier auf einmal aufs Bild kriegen. Unserem Wunsch wurde entsprochen. Allerdings haben Dr. Fahrendorf und ich die dann zu Hause nochmal gemeinsam gesichtet und doch ein paar wieder gelöscht, bevor wir sie den Mädels gezeigt haben.

Anni hat die Kursbücher und die bereits gestrickten Vor-Klausuren beider Fächer an Herrn Recksing und Herrn Severin übergeben. Sie hat den aktuellen Wissensstand beider Kurse kommuniziert und uneingeschränkte Hintergrundhilfe in allen Belangen zugesagt. Als sie dann am Freitag Mittag in der Mittagspause beide Kurse in einen Klassenraum gebeten hat, um sich zu verabschieden, haben wir alle geheult. Alle. Grade die Sportler sind ihr einer nach der anderen um den Hals gefallen.

Lachend und weinend zugleich versichert Anni allen, dass sie in allen mündlichen und praktischen Prüfungen als zusätzliche Kraft dabei sein wird, damit wir uns sicher fühlen, auch wenn sie den Prüfungsverlauf nicht wird steuern können. Aber alle sind nur heilfroh, dass sie sicher wissen, dass sie Anni nochmal wiedersehen.
„Vielleicht kann ich Ihnen sogar Ihre Abiturzeugnisse in die Hand geben. Das würde ich mir ungern entgehen lassen."
Ein allgemeines „Au jaaaaaa!" treibt ihr schon wieder die Tränen in die Augen. Und als wir alle den Raum verlassen, gibt sie jedem einzelnen von uns einen persönlichen Brief.

Tja - und jetzt beginnen tatsächlich die Abi-Vorklausuren. Wir schreiben zum ersten Mal drei beziehungsweise fünf Zeitstunden lang, damit wir uns an den Umfang gewöhnen können. Ich werde mich wahrscheinlich ganz schlicht in meinem normalen Rahmen bewegen und mir selbst treu bleiben. Nur bei der Mathe-Klausur bin ich doch nochmal etwas nervös. Es ist die allerletzte Mathe-Klausur, die ich jemals schreiben werde.
Ich schwöre es!
Und ich möchte Anni so richtig Ehre machen.

Anni hat die beiden Männer nochmal extra darauf aufmerksam gemacht, aber Herr Recksing und Herr Severin sehen das völlig gelassen, dass Anni die Klausuren noch selbst geplant UND mir in Mathe Nachhilfe erteilt hat. Sie kämen offensichtlich gar nicht auf die Idee, dass wir betrügen könnten. Auch gut. Tun wir ja auch nicht. Aber Anni beruhigt es, dieses Vertrauen so deutlich gezeigt zu bekommen.

Der zweiwöchige Klausur-Marathon beginnt diesmal mit LK-Gruppe 1, also Sport, am Montag und LK-Gruppe 2, bei mir Deutsch, am Mittwoch. Die Sportklausur flutscht ganz gut, aber da muss ich mir sowieso keine Sorgen machen. Und in Sport kommt es ja auch mit auf die Praktische an, die für uns zusätzlich ist. Vor der Deutsch-Klausur geben wir alle wie verabredet Herrn Erdmann unsre Ansammlung von deutschen Sprichwörtern im Faust. Er wird das kontrollieren und auszählen, damit er dann bei der Abi-Feier den 10,-€-Schein verleihen kann vor der gesamten Stufe. Das wird witzig. Ich habe bei beiden Klausuren hinterher ein gutes Gefühl.

Am Wochenende lerne ich nochmal wie ein besessener Geschichte und Bio, während sich Moritz und Paul auf ihre Naturwissenschaftsklausuren konzentrieren. Für Mathe gehe ich zu Anni. Das Gespräch bei Dr. Miegel ist jetzt zehn Tage her, und allmählich kenne ich meine Anni wieder. Sie ist gesund, frech-fröhlich, hat wieder Energie und schaut zuversichtlich auf die nächsten Monate. Nur ein bisschen schreckhafter als vor der Erpesserei ist sie zur Zeit, aber ich hoffe, dass sich auch das bald wieder gibt. Ich bin so unglaublich froh, dass diese ganze furchtbar lange Durststrecke am Dienstag ein Ende hat!

Für heute hat sie sich was ganz Witziges ausgedacht.
„Pass auf. Ich werde dir lauter relativ kurze Aufgaben stellen, und zwar so, dass du selbst kapieren musst, welche Rechenart, welche Formel, welche Fragestellungen du da anwenden musst. Ich will, dass du ganz alleine und sehr flexibel erkennen und bearbeiten kannst, was auch immer dir vor die Nase kommt."
Und schon geht es los. Kreuz und quer durch alle Jahrgänge und Themen muss ich wie in einem Kreuzverhör einfach nur erkennen, was da von mir gefordert ist. Nach einer Stunde bin ich schweißgebadet und Anni sehr zufrieden.
„Reicht für heute. Du bist sattelfest, das wird nicht mehr schief gehen. Pack weg. - Kuscheln?"
Na, das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen.

Wir packen den gesamten Schulkrempel weg und kuscheln uns aufs Sofa.
„Anni? Kannst du denn jetzt wieder richtig schlafen? Oder sitzt dir der Schock noch immer in den Knochen?"
Anni seufzt und legt ihren Kopf auf meiner Schulter ab.
„Ich schlafe wieder. Aber ich fühle mich noch nicht wieder sicher in ... in meiner eigenen Haut? Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Aber es wird. Und wenn ich über irgendetwas unsicher bin, dann fass ich jetzt immer für einen Moment an mein Kettchen. An das Engelchen. Du bist immer bei mir."

Wir schweigen und genießen die entspannte Zweisamkeit. Ich habe zwar das Gefühl, dass mich an der Antwort etwas stört, aber ich kann es überhaupt nicht greifen und schiebe es darum als unwichtig in den Hintergrund. Ich werde weiter darauf achten, ob es Anni gut geht. Sie hat eindeutig genug durchgemacht. Aber jetzt schalte ich wieder um auf das Hier und Jetzt. Wir sehen uns zur Zeit nicht so oft, und darum will ich diesen Augenblick einfach ganz entspannt genießen.

Da plötzlich tritt der Schalk in Annis Augen.
„Du, sag mal, Max. wie sieht eigentlich die kommende Woche für dich aus?"
Nachtigall, ick hör dir trapsen ...
„Am Montag ist die Bio-Klausur, am Mittwoch ist die Mathe-Klausur und am Freitag ist die Geschi-Klausur. Und am Dienstag werde ich keine rauschende Party feiern sondern einfach mit Tanja zu Papa fahren. Dem gehts allmählich besser, und ich möchte ihm zeigen, dass er an so einem Tag ganz besonders wichtig ist für mich. Sollte ich am Abend nach dem Training noch Zeit haben, will ich noch ganz kurz bei meiner Freundin reinschneien und mit ihr darauf anstoßen, dass wir die eine Hürde geschafft haben."
„Ah. Bei deiner Freundin. Schade. Ich wollte dich fragen, ob du vorbei kommen magst. Aber das geht ja dann nicht ..."
Wir müssen kichern.
„Lass mich nochmal überlegen ... Pass auf: Wenns hier einen Piccolo und ein Küsschen gibt, dann könnte es sein, dass ich noch umplane."
Tja. Der Rest unserer kleinen Spinnerei geht "leider" in Küssen unter. Irgendwann fällt mein Blick auf die Uhr, und ich seufze schicksalsergeben.
„Ich muss los, zum Tanzen. Dabei würde ich jetzt gerne einfach hier bleiben."
„Ich weiß, Max. Aber es geht um deinen Studienplatz. Los, auf!"

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5.1.2020

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