140 ** Katinka ** Mo. 4.5.2020

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Nur langsam kämpft sich mein Bewusstsein in den Vordergrund. Das erste, was ich spüre, ist heftiger Muskelkater. Dann sagt mein Kurzzeitgedächtnis: „Eh ichs vergesse. Du hast grade zwei Tage am Stück durchgetanzt ..."
Der Weg zum Pott fällt entsprechend humpelig aus. Dort schlafe ich fast wieder ein, bis mir bewusst wird, dass ich jetzt vier Tage Pause habe, bis es am Donnerstag mit den nächsten Bewerbertagen in Köln weitergeht. Also schlurfe ich einfach wieder ins Bett und döse sofort wieder ein.

Und das selbe nochmal von vorne. Nur langsam kämpft sich mein Bewusstsein in den Vordergrund. Das erste, was ich spüre, ist heftiger Muskelkater. Dann meldet mein Hörzentrum, dass es an der Tür klopft.
„Max, bist du wach?"
„Hmmm?"
Ich höre Tante Jana lachen, während meine Zimmertür aufgeht.
„Mann, Mann, Mann – müssen die euch rangenommen haben. Du hast tatsächlich seit Samstag Abend mehr oder weniger durchgeschlafen. Als wolltest du den verpassten Schlaf des ganzen Jahres nachholen."
„So ungefähr fühle ich mich auch. Also – als müsste ich noch viel mehr schlafen."

„Gerne. Aber wahrscheinlich nicht mehr heute. Ich darf dir mitteilen, dass Axel und Tanja seit heute früh, drei Uhr im Krankenhaus sind. Axel hat sich nur noch einmal gemeldet – Tanja schlägt sich wacker. Und jetzt müssen wir einfach abwarten."
Bei „Axel und Tanja" bin ich schlagartig hellwach und sitze senkrecht im Bett.
„Und bevor du mich jetzt anfällst vor lauter Adrenalin – ich habe keine Ahnung, wie es den dreien geht, wie lange es dauern wird, wie sie es überstehen werden. Das entscheiden jetzt ganz allein Tanjas Körper und das Kind. Aber ich glaube, du musst dir keine Sorgen machen. Bisher ist ja alles normal und glatt gelaufen."

Erwähnte ich bereits – ach ne, Jana – Adrenalin.
„Wie stellst du dir DAS denn vor? Ich kann doch hier jetzt nicht ruhig rumsitzen und Däumchen drehen und abwarten!"
Leider nimmt meine herzallerliebste Tante mich kein Stück ernst und lacht mich einfach aus.
„Hm. Wenn du irgendwann mal bei der Geburt deiner eigenen Kinder dabei sein willst, musst du aber noch etwas Gelassenheit üben. Die Menschheit wäre längst ausgestorben, wenn das nicht zu schaffen wäre."
„Uff! Hmpf. Ähm ... Aber was mach ich denn jetzt den ganzen Tag???"
„Geh ins Studio und tanze deinen Muskelkater weg. Geh Moritz und Paul auf die Nerven. Irgendwas. Aber nicht Axel und Tanja. Die sind grade beschäftigt."

Es dauert noch eine Weile, bis ich meine Hirnwindungen wieder richtig rum gewickelt habe und eine erste Entscheidung fällen kann.
Heiß baden gegen den Muskelkater! Und dann vielleicht tatsächlich tanzpowern. Mann, ist DAS aufregend!
In der Badewanne schlafe ich fast nochmal ein, aber die Wärme entspannt auch meine Muskeln ganz wunderbar. Dann ziehe ich mir gleich Sportklamotten an, frühstücke was und radele zum Studio. Luis macht um die Zeit oft Verwaltungskram. Er lässt mich sofort rein, fragt mir nur ein kleines Loch in den Bauch über Frankfurt, drückt mir für Tanja und das Baby die Daumen und scheucht mich in den großen Saal.
„Viel Spaß!"

Zwei Stunden später kann ich wieder klar denken, meine Muskeln sind wieder warm und tun nicht mehr so weh. Und ich kann endlich eine vernünftige Nachricht in die Gruppe unserer Clique und an Anni schicken.
ES ist unterwegs!!!!!
Dazu dann noch gefühlte 300 Emojis und Sticker der eher durchgeknallten Art.

Und jetzt???
Nach Hause radeln.
Wird gemacht.
Zu Hause stürze ich atemlos in die Küche.
„Tante Jana, wie lange dauert denn eigentlich so eine Geburt?"
Nicht, dass sie nicht auch mit ihren Gedanken bei Tanja ist, ich sehe es ihr ja an. Aber sie hat das halt dreimal selbst durchgezogen, und darum lacht sie mich schon wieder aus.
„Lasse hat zehn Stunden gebraucht. Lotta war nach sechs Stunden draußen. Und Ole lag quer ..."
„... wie immer!"
Ein strafender Blick.
„...lag quer und hat darum sieben Stunden gebraucht. Weißt du jetzt mehr?"

Äh. Mal nachrechnen.
Ich nehme meine Finger zu Hilfe.
„Drei, vier, fünft sechs, sie..."
„Bist du sicher, dass es gerechtfertigt war, deiner Anni so viel Geld für Mathenachhilfe in den Rachen zu schmeißen, wenn du dafür jetzt an den Fingern abzählen musst?"
Wenn Blicke töten könnten!
„Das hier ist keine Bühne, das ist das Leben, und ich bin halt aufgeregt!"
Dann schaue ich auf die Küchenuhr – 13.00 Uhr. Minus drei Stunden.
„Ahhhhh – das sind ja schon zehn Stunden! Die arm..."

Mein Handy klingelt in meiner Hosentasche. Ich lasse es beim Rausholen vor Schreck erstmal fast fallen und
... Papa!
„Und???"
„Hallo, Max. Es ist geschafft. Wir sind alle drei ziemlich erschossen, aber Tanja und Katharina geht es gut. Wir br..."
„Ein Mädchen! Katharina. Juchuuuuu!"
Tante Jana atmet tief durch. Dann lächelt sie.
„Hei, Lotta kriegt Verstärkung."
Ich höre wieder Papa zu. Er klingt müde, aber unglaublich glücklich.
„Wir werden uns jetzt ein bisschen ausruhen und uns aneinander gewöhnen. Aber ich denke, so um 17.00 Uhr freuen wir uns dann auf unsere Großfamilie."

„Naja, ich alleine bin ja wohl kaum eine Großfamilie."
„Nö, ihr könnt ..."
Tante Jana nimmt mir das Telefon aus der Hand.
„Gratuliere, Axel. Ich freue mich ganz, ganz riesig für euch. Aber wir werden NICHT alle auf einmal kommen, denn das würde Tanja und Katharina total überfordern. Glaub mir, es ist besser, wenn wir in kleineren Verpackungseinheiten bei euch auftauchen. Heute kommt erstmal Max. Morgen komme ich mit ihm zusammen, sobald ich die vier anderen hier los bin. Und dann sehen wir weiter."
Wir reden gar nicht mehr lange, damit Papa sich wieder um Tanja und Katharina kümmern kann.

Ich stecke mein Handy wieder in meine Hosentasche und falle Tante Jana um den Hals.
„Ich hab eine kleine Schwester! Das ... das ... wow. Ich freu mich so. Und ich bin so stolz auf Tanja. Und ich bin soooo froh, dass wir unsere Familie rechtzeitig wieder in die Reihe gekriegt haben. So kann meine Katinka in einer friedlichen und behüteten Umgebung aufwachsen."
Tante Jana hat mich fest umarmt, aber jetzt schiebt sie mich ein Stück von sich weg.
„Katinka? Wie kommst du denn darauf?"
Ich bin etwas verdutzt, denn ich hatte das einfach so gesagt, ohne drüber nachzudenken.
„Keine Ahnung. Das hat mein Hirn grade ausgespuckt. Aber eigentlich ... find ichs schön. Ich glaube, ich bleibe dabei."
„Ich finde das auch sehr schön. Es klingt so nach Liebe und Nähe. Katinka wird wirklich geliebt."

Ich fange schon wieder an zu hibbeln.
„Ich glaub, ich muss gleich nochmal ins Studio. Wie soll ich das denn jetzt aushalten NOCH vier Stunden lang???"
„Schrei es in die Welt hinaus, wie glücklich du bist. Kauf Tanja Blumen. Renn dreimal um den Block. Einfach irgendwas. Dir fällt schon was ein."

Wo sie recht hat, hat sie recht.
Ich flitze die Treppe rauf in mein Zimmer, schmeiße mich auf mein Bett und füttere als erstes meinen Status mit einem Foto von einer Babyhand und „Katinka ist da!" Dann spamme ich den Gruppenchat mit meinem Glück zu. Und schließlich hoffe ich einfach, dass Anni schon zu Hause ist und mich irgendwie wieder runterholt.
Puh, ist Bruder werden anstrengend!

Anni ist zu Hause und lässt sich telefonisch mindestens eine halbe Stunde lang einen Knopf an die Backe labern. Ab und zu wirft sie ein „Schööön!" oder ein „Ich freu mich." in meine Atempausen und wartet ansonsten geduldig ab. Irgendwann unterbricht sie mich dann doch.
„Max? Ich glaube, wenn du jemals bei der Geburt einer deiner Kinder dabei sein dürfen willst, dann solltest du vorher noch ein bisschen Gelassenheit üben."
Für einen Moment bin ich sprachlos.

„Äh ... was weißt DU denn davon?"
„Naja, ich weiß, dass du mit Sicherheit ein toller, aufopferungsvoller, kreativer und liebender Vater sein wirst. Und ich weiß, dass du theoretisch Nerven wie Drahtseile hast. Aber wenn du SO vorm Kreissaal stehst, dann bist du schneller wieder draußen, als du Piep sagen kannst. Wenn die irgendwas da drinnen nicht brauchen können, dann sind es Väter, die kurz vorm Hyperventilieren und Umkippen sind."
O.K., ich halt meinen Mund, die Weiber sind in der Überzahl. Sowieso. Oder? Jana, Tanja, Anni, Lotta, Katinka. Sind fünf. Thorsten, Papa, Lasse, Ole, ich. Auch fünf. Ah – ich zähl einfach Onkel Uwe mit!
„Wie gut, dass wir Männer noch in der Überzahl sind in der Familie. Ihr seid mir unheimlich. Genau das hat Tante Jana heute morgen auch schon gesagt."
„Deine Tante ist eine sehr vernünftige Frau!"
„Hmpf. Ich geh dann mal Blumen kaufen."
Ich höre Annis Lachen, bis ich aufgelegt habe.

Als ich vom Blumenladen wiederkomme, steht Tante Jana mit etwas Unförmigem im Flur.
„Max, Tanja hat mich angerufen. Sie möchte gerne, dass du ihr ihre Stillschlange mitbringst. Kriegst du dieses Ding aufs Rad?"
Sie hält mir einen riesigen, wabbeligen, knisternden Stoffwurm entgegen.
„Äh ... - wenn du die Luft rauslässt?"
Irgendwie haben die Frauen heute alle komische Ideen.
„Wir packen das stramm in einen Müllsack. Wenn du das dann gut angurtest, müsste das doch gehen."
Wie ich dann noch die Blumen mitkriege, is ja egal ...
„Kuck nicht so grantig. Bald hast du deinen Führerschein, dann ist das eh kein Problem mehr."

Vor lauter Hibbeligkeit sammele ich meine sämtlichen Schulunterlagen von der Oberstufe in meinem Zimmer zusammen, sortiere das durch, entscheide, was weg kommt, und füttere mit dem Rest eine Kiste für den Dachboden. Ich räume mein Zimmer auf. Ich beziehe mein Bett neu. Ich starre aus dem Fenster. Ich checke meine Mails. Ich ...

Eeeeeendlich!

Ich schnappe mir die Blumen und hänge mir den Strauß locker in einer Stofftasche auf den Rücken. Dann wurschtele ich die Stillschlange mit Tante Janas Hilfe auf den Gepäckträger – und starte durch.
Hoffentlich gerate ich jetzt nicht in eine Radarfalle ...
Zumindest fühlt mein Tempo sich so an, als ich auf dem kürzesten Weg zum Alfried-Krupp-Krankenhaus radele. Die Gynäkologie ist nicht schwer zu finden. Ich frage mich durch, und werde im Kreissaal dann zum Familienzimmer gebracht.
„Sind Sie der große Sohn? Ihr Vater hat sie schon angekündigt. Die drei dürfen noch bis morgen früh hier im Familienzimmer bleiben, weil grade gar nichts los ist. Das ist bequemer. Schau'n Sie mal den Gang entlang. Das ist die Tür mit dem Mobilé daneben."
„Danke sehr."

Ich sprinte zu der Tür, hole tief Luft und zwinge mich, ein bisschen runter zu fahren. Nicht, dass Katinka ihren großen Bruder gleich schrecklich findet! Dann klopfe ich leise. Keine Antwort. Ich klopfe nochmal, etwas fester. Keine Antwort. Also öffne ich ganz leise die Tür und lunze um die Ecke.
Aha. Familienzimmer bedeutet also, dass da ein richtiges breites Bett steht.
In diesem Bett liegt Tanja auf dem Rücken, mit dem Baby auf dem Bauch, und schläft. Papa liegt daneben – und schläft auch.
Hilfe, sieht DAS süß aus!
Ich schließe leise die Tür von innen, schleiche näher ran und mache ein paar Bilder von dieser Szene. Die schicke ich dann an Jana, Thorsten und Anni.

So leise wie möglich tüddele ich die Blumen aus der Tasche und stelle sie in eine Vase. Aber es raschelt wohl doch zu laut, denn Katinka klappt die Augen auf. Ich schwöre – ich habe noch NIE so ein Blau gesehen. Es ist, als hätte ich die Deckel von zwei Töpfen Königsblau abgemacht. Hektisch fängt dieses winzige Wunder an zu strampeln und mit den noch winzigeren Fäustchen zu wedeln.
Hm. Die beiden schlafen grade so ruhig. Ich versuchs einfach mal.
Tanja hat mir vor ein paar Wochen, als Papa noch nicht da war, ein bisschen was vom Geburtsvorbereitungskurs erzählt. Wie man ein Baby hält, wie man es wäscht, wie man es wickelt, ...

Ich schnappe mir ein Spucktuch, dass neben Tanja liegt, dann schiebe ich meine Hände unter meine kleine Schwester und hebe sie hoch. Ihre königsblauen Augen schauen mich groß an. Ich fange an, irgendwelche Töne zu summen, lehne dieses Wunder gegen meine Schulter und spaziere langsam mit ihr durch den Raum. Ich summe immer weiter, und das scheint sie zu mögen. Tanja hat auch immerzu gesungen in der Schwangerschaft.
Hätte ich mal schon vorher angefangen, die entsprechenden Schlaflieder zu üben, dann könnte ich die jetzt auswendig!

Ich kann gar nicht anders, als an Katinka zu schnuppern, denn ihr Babygeruch ist betörend süßlich und einzigartig. Und so trage ich die kleine Maus eine ganze Weile spazieren, bis sich Papa endlich regt. Er streckt sich, schaut in die Glaswiege neben Tanja – und schießt in die Senkrechte wie ich heute morgen.
„Pst! Papa, ich hab sie."
Papa setzt sich bequemer hin und schaut uns beiden einfach zu.
„Wie schön, Max! Ich bin ... so glücklich, dass wir miteinander so weit gekommen sind. Ist sie nicht ein kleines Wunder?"
Ich kann nur nicken.
„Ein großes Wunder!"

„Hast du die Stillschlange aufs Fahrrad gekriegt?"
„Ja, klar. Da in der Tüte."

Als die Tüte anfängt zu knistern, wacht schließlich auch Tanja auf.
„Max, bist du schon lange da?"
Ich drehe mich zu ihr rum.
„Schon eine Weile. Aber ich habe die Zeit genutzt, um Katinka kennen zu lernen."
„Katinka?"
„Hm. Wenn ihr einverstanden seid. Das fiel mir spontan zu Katharina ein. Ich finde, es klingt lieb. Soll ich sie dir geben?"
Kaum hat Tanja angefangen zu reden, hat Katinka viel mehr Körperspannung und versucht, ihr Köpfchen in Richtung der Stimme zu drehen. Tanja lässt sich erst die Stillschlange geben und bastelt die neben sich. Das hat ihr wohl die Hebamme gezeigt. Und dann reiche ich ihr unser kleines Mädchen, das nun inzwischen doch schon ziemlich ungeduldig wirkt.

Ich drehe mich dezent weg, während Tanja die Kleine anlegt. Papa klingelt, und es kommt eine Krankenschwester.
„Könnten Sie beim Anlegen helfen? Das klappt noch nicht alleine."
Sehr geduldig ruckelt die Schwester alles zurecht, bis mir ein leises, zufriedenes Schnaufen signalisiert, dass Katinka nun wohl trinkt.
„Max, wenn es dich nicht stört, darfst du ruhig kucken. Das wird bestimmt noch öfter vorkommen, wenn du grade dabei bist."
Ich überlege nur kurz, dann schnappe ich mir einen Stuhl und setze mich neben das große Bett. Ich bin ganz verzaubert.
„Tanja?"
Sie hebt ihren Blick von dem Baby und schaut mich an.
„Das hast du ganz einmalig gut gemacht!"
Tanja und Papa lächeln. Dann schaut Papa sie ganz verliebt an.
„Ja, das hat sie. Sie hat das alles einmalig gut gemacht. Sonst wären wir anderen drei jetzt nicht hier."

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2.2.2021

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