☬ Seelen der Nacht I

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

•°☬°•

SEELEN DER NACHT

➸ Kurzgeschichte

➸ Fantasy / Action

➸ 2 Teile

°•☬•°

• Y A N A •

Die Nacht bringt Unglück, sagen sie. Die Nacht ist gefährlich - keine Zeit, zu der man sich draußen herumtreiben sollte. Wenn sich der finstere Schleier der Dunkelheit übers Land senkt, erwachen übernatürliche Mächte. Umschmeicheln dich, greifen nach dir und reißen dich in die Tiefe, um deine Seele zu rauben.

Doch wer nach unten stürzen kann, muss vorher hoch geflogen sein. Und dieser Rausch, dieses kurzzeitige Gefühl der Unbesiegbarkeit ist der Grund für das Risiko, welches sie jede Nacht auf sich nehmen. Der Grund für die irrationale Waghalsigkeit, die sie nach Sonnenuntergang in den Wald treibt.

„Hey Neuling – sind deine Füße irgendwie mit dem Waldboden verwachsen, oder warum trödelst du so?"

Die ungeduldige Stimme meines Begleiters hallt unnatürlich laut zwischen den knorrigen Ästen der Bäume wider und lässt mein Herz einen erschrockenen Hüpfer vollbringen.

Das ungute Gefühl einer bösen Vorahnung ignorierend, schüttele ich kaum merklich den Kopf und reiße mich zusammen, um den Blick vom hell erleuchteten Gebäude abzuwenden. Um der Sicherheit des Internats endlich den Rücken zu kehren.

„Ich komm ja schon...", murmele ich, wobei ich dem schlanken Jungen ein paar Meter weiter einen Blick zuwerfe, in dem hoffentlich mehr Entschlossenheit liegt, als ich tatsächlich empfinde.

Zu sagen, dass mich die Erscheinung von Jared Allistor auf den ersten Blick nicht eingeschüchtert hätte, wäre gelogen. Bereits damals schienen seine vielen Tattoos mit teilweise wirklich gruseligen Motiven, zusammen mit den zahlreichen Piercings das Wort Schwierigkeiten geradezu leuchtend rot auf seine Stirn zu schreiben.

Vielleicht hätte ich nicht auf ihn zugehen sollen.

Vielleicht wäre es schlauer gewesen, dieses langweilige, eintönige Leben einfach so fortzuführen.

Nur ist es dazu mittlerweile leider etwas zu spät.

„Das Sternbild des Nachtgeistes wird bald am Himmel erscheinen", belehrt Jared mich, während wir unseren Weg fortsetzen; weiter unter abgestorbenen Ästen voranschreiten und allmählich von der Finsternis verschluckt werden. „...und wenn wir bis dahin nicht bei den anderen sind, dann-"

„Ich weiß schon." Abwehrend hebe ich eine Hand, um mir den Rest seiner vorwurfsvollen Rede zu ersparen. „Das ist zwar erst mein zweiter Besuch bei den Seelen der Nacht, aber so viel habe ich vorgestern bereits aufgeschnappt."

Jareds einzige Antwort auf diese Aussage ist ein leises Knurren. Er schiebt die Hände, welche vom Handrücken bis zu den Oberarmen mit verschiedensten Bildern bedeckt sind, tief in die Taschen seiner dunklen Jeans und eilt voran. Ich habe das Gefühl, dass er seine Schritte absichtlich etwas beschleunigt, um mich abzuhängen.

„Dann bin ich mal gespannt, was du mir nach diesem Treffen über den Kult erzählen kannst, Superhirn."

Nach einer schier endlosen Stecke, die wir beide stumm, jedoch in erhöhtem Tempo und stets im unausgesprochenen Ausdauer-Duell mit dem anderen zurückgelegt haben, schälen sich endlich die Umrisse einer alten, zerfallenen Villa aus den fast schon bedrohlich wirkenden Silhouetten der toten Bäume.

Unwillkürlich werden meine Schritte langsamer. Ich kann spüren, wie mein Gehirn anfängt zu arbeiten; wie der rational denkende Teil meiner Selbst verzweifelt versucht, noch etwas Vernunft in mir zu wecken.

„Na sieh mal einer an. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, dass unser kleiner Neuzugang doch noch Schiss bekommen hat..."

Mehr hat es nicht gebraucht, um eine trotzige Sturheit in mir zu wecken. Mein Kopf schnellt hoch, mein Blick bohrt sich in die dunkelbraunen Augen meines Gegenübers.

Und in diesem Moment weiß ich, dass ich nicht umkehren werde.

Dass ich der Versuchung nicht werde standhalten können. Dem unstillbaren Verlangen nach Freiheit – und nicht zuletzt auch der Verlockung, ihn wiederzusehen.

Den unscheinbaren Jungen aus der letzten Reihe, der sich während des gesamten Treffens stets im Schatten verborgen gehalten hat. Wie durch Zufall habe ich ihn später in der Nacht gesehen, und gegen meinen Willen hat er mich fasziniert.

Ich möchte noch einmal spüren wie es sich anfühlt, wenn diese unbändige Kraft durch meine Adern fließt. Ich möchte noch einmal das aufgeregte Pochen meines Herzens empfinden; das Adrenalin durch meine Adern strömen lassen. Und ein kleiner Teil von mir möchte auch ihn wiedersehen.

So hebe ich langsam das Kinn, trete ein paar Schritte zur Seite und zeige Jared einen gewissen Finger, ehe ich herumwirbele, um mich mit großen Schritten der holzwurmzerfressenen Eingangstür zu nähern.

Noch eine Nacht, schwöre ich mir gedanklich. Nur noch eine einzige Nacht...

Dielen knarzen. Die gedämpften Stimmen mehrerer Leute hallen dumpf zwischen Wänden aus bröckeligem Putz wider. Ich lasse meinen Blick über die vielen Silhouetten im Dämmerlicht schweifen, erkenne jedoch niemanden. Nicht einmal in der hintersten Ecke scheint eine Spur von dem geheimnisvollen Jungen zu sein, der die Zeremonie bei meinem ersten Besuch hier im Schutz der Schatten verfolgt hat.

Sicherlich kommt er noch, rede ich mir ein, um das beklemmende Gefühl in meiner Brust zu verdrängen.

Bestimmt hat er einfach...

„Freunde!"

Eine verhüllte Gestalt in unserer Mitte breitet theatralisch ihre Arme aus und zieht meine Aufmerksamkeit damit auf sich. Die ehemals schwarze Robe auf ihrem Haupt ist ausgebleicht und mottenzerfressen, erreicht aber dennoch den erwünschten Effekt.

Das Auftreten des Botschafters beeindruckt uns. Die tief ins Gesicht gezogene Kapuze weckt Ehrfurcht, zusammen mit der Neugier auf das, was sich im Schatten des abgewetzten Stoffes verbirgt.

„Gefährten, Nachtläufer!"

Im Raum ist es totenstill. Einzig und allein das leise Ächzen der Wände ruft mir ins Gedächtnis, wo ich bin.

In einem Haus, das eigentlich jeden Moment einstürzen sollte.

„Es freut mich sehr, dass auch diese Nacht viele von euch mutigen Bewohnern des Diesseits erschienen sind, um das Geschenk des Nachtgeistes entgegenzunehmen!"

Wie zur Demonstration streckt der Botschafter seine Hand nach einer der staubigen Kerzen aus, die auf den schiefen Bänken der zugenagelten Fenster stehen.

Augenblicklich fängt der ausgebrannte Docht Feuer. Eine zischende, violette Flamme taucht das kleine Zimmer in gespenstisches Licht und lässt ein leises Raunen durch die Menge wandern.

Ich verziehe leicht das Gesicht, während Jared neben mir es wagt, seinen Gedanken laut auszusprechen.

„Angeber...", grummelt der hochgewachsene Typ und fährt sich ungeduldig durch seine blonden Locken. Er scheint kurz davor, eine unverschämte Bemerkung einzuwerfen, da erfüllt die durchdringende Stimme der Kapuzengestalt auch schon wieder den Raum.

„Doch bevor ihr diese Kraft für eine weitere Nacht verliehen bekommt, müsst ihr mit dem Preis einverstanden sein, den dieses besondere Geschenk mit sich bringt..."

Der unheilvolle Unterton in seiner Stimme erzeugt ein mulmiges Gefühl in meiner Magengegend und lässt mich hart schlucken.

Der Preis.

Das Risiko, welches wir jede Nacht von neuem auf uns nehmen.

Der lange Ärmel der dunklen Robe rutscht nach oben; entblößt ein blasses Handgelenk, an dem zwei pechschwarze Würfel mithilfe eines schmalen Lederbandes befestigt worden sind.

„Wenn sich die Sonne wieder über den Horizont hebt, werden die Würfel fallen. Das Schicksal wird entscheiden und das Opfer für diese Nacht auswählen."

Es ist still. So still, dass man selbst das leise Klackern der beiden todbringenden Gegenstände am Armband des Botschafters vernehmen kann, als dieser den Ärmel wieder über seine Hand fallen lässt.

„Geschenke der Geister sind nie umsonst", werden wir – wie bereits beim letzten Mal - an den unbestreitbaren Umstand dieser Welt erinnert.

„Mögen das Schicksal euch gnädig sein. Und möge es die Seele begleiten, die uns bei Morgengrauen verlassen wird."

Kurz nachdem diese Worte den Mund der verhüllten Gestalt verlassen haben, flackert das violette Feuer der Kerze auf. Flammen fressen sich in unnatürlicher Geschwindigkeit durch den Docht, das Wachs und wandern schließlich vom Fensterbrett hinab auf den morschen Dielenboden.

Ungläubig verfolgen meine Augen das unheimliche Schauspiel, welches alle Anwesenden schon bald in einen intensiven, violetten Schimmer hüllt.

Jareds Blick brennt in meinem Nacken und ich weiß ganz genau, dass er an die Nacht von vorgestern denkt, in der ich bei diesem Anblick einen entsetzten Schrei ausgestoßen habe.

Grimmig presse ich meine Zähne aufeinander. Diesmal wird sich kein einziger Laut aus meiner Kehle lösen.

So verharre ich stumm, die Augen wie hypnotisiert auf die violette Feuersbrunst gerichtet, die schon bald den gesamten Boden des Versammlungsraumes eingenommen hat. Die Flammen lecken an meinem Hosenbein, hinterlassen anstelle von brennendem Schmerz jedoch nur ein elektrisierendes Kribbeln. Ein Kribbeln, das von Sekunde zu Sekunde intensiver wird.

Mit einem tiefen Atemzug schließe ich die Augen und lege meinen Kopf in den Nacken, während sich die Magie des Nachtgeistes in jeder einzelnen Zelle meines Körpers ausbreitet.

Es kann sein, dass ich bei Tagesanbruch nicht mehr am Leben bin. Aber selbst wenn – diese Nacht, diese paar Stunden, in denen das Land in vollkommene Dunkelheit getaucht ist; diese Zeit gehört mir.

Ein pfeifendes Heulen erfüllt die schier endlose Leere, die zwischen den obersten Wipfeln der Bäume und den weit entfernten Sternen liegt. Windböen fahren in die Baumkronen, lassen Äste knacken und zerren an meiner Kleidung.

Langsam strecke ich eine Hand aus, um zu spüren wie die kühle Luft an meiner Handinnenfläche vorbeistreicht. Eigentlich müsste ich hier oben frieren. Ich müsste permanent zittern und hätte morgen sicherlich eine dicke Erkältung.

Dieser Gedanke zaubert ein schiefes Lächeln auf meine Lippen.

Wo wir gerade dabei sind...

Mein Blick schweift weiter über die bemoosten Dachziegel bis hin zum Waldboden, der mehrere Meter unter mir liegt. Eigentlich sollte ich auch nicht in der Lage sein, innerhalb von dreißig Sekunden auf das Dach der mehrstöckigen Ruine einer Villa zu klettern.

Doch solche realistischen Gesetzte des Alltags werden nun einmal bedeutungslos, sobald Nachtmagie im Spiel ist.

Menschen, denen der Nachtgeist einen Teil seiner Kraft verleiht, können sich aus den Fesseln dieser normalen Zustände befreien. Sie sind stärker, schneller und...lebendiger.

Genießerisch schließe ich meine Augen, um den friedlichen Eindruck des Waldes in mich aufzunehmen, dessen kahle Baumwipfel sich bis zum Horizont erstrecken. Die Welt liegt mir zu Füßen.

Hier oben, auf einem unsicheren Dach mit fehlenden Dachziegeln und knarzenden Balken, unter dem finsteren Schleier der Nacht fühle ich mich freier denn je. Die elektrisierende Magie des Nachtgeistes pulsiert in meinen Adern, scheint meinen Körper mit ungeahnter Kraft zu erfüllen und löst in mir die euphorische Gewissheit aus, einfach alles schaffen zu können.

Ich wage einen weiteren Schritt, balanciere über eine schmale Dachlatte, die als letzte Brücke oberhalb eines riesigen Loches thront. Normalerweise hätte mein Körper allein beim Anblick dieses gähnenden Abgrunds das Gleichgewicht verloren, doch jetzt bringe ich die waghalsige Aktion nahezu mühelos hinter mich.

Meine Bewegungen hier oben werden immer sicherer, merke ich erfreut. Scheint so, als würde sich mein Körper allmählich an die neuen Fähigkeiten gewöhnen.

Hinter einem Giebel mit zerborstenem Fenster erstreckt sich ein weiterer Teil der halb zerfallenen Dachziegellandschaft. Moosbewachsene Flächen, klaffende Löcher und kahle Balken, die sich gespenstisch dunkel vor dem schwachen Licht der Sterne abzeichnen.

Auf dem obersten der einzeln verteilten, wenige Meter hohen Türmchen wird ein rostiger Wetterhahn gnadenlos vom Wind umhergewirbelt. Selbst durch das permanente Rauschen der Böen dringt das hässliche Quietschen des Metalls bis an meine Ohren.

Kurz konzentriere ich mich und sammele meine Kräfte. Dann nehme ich ein paar Schritte Anlauf und springe. Wieder einmal erreiche ich eine für Menschen eigentlich unmöglich zu erreichende Höhe nicht nur beim ersten Versuch, sondern lande auch noch einigermaßen sicher auf dem gemauerten Rand des höchsten Türmchens.

Es geht tatsächlich um Einiges besser als vorgestern.

Dieser Umstand, zusammen mit der Tatsache, dass sich eine gewisse Person von damals immer noch nicht hat blicken lassen, rufen Erinnerungen in mir wach. Erinnerungen an die Nacht vor zwei Tagen. An mein erstes Mal als Nachtläufer.


Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? Nein - es ist die erste Kurzgeschichte auf meinem Profil! :O

Komische Begrüßung? - Check. :'D

...Jedenfalls lade ich hiermit meine Interpretation des Gewinnercovers der letzten Schattenprompts (made by der lieben unlelo <3) hoch.

Über konstruktives Feedback jeder Art würde ich mich sehr freuen, hihi. ^-^

Wir sehen uns dann morgen wieder, wenn der zweite Teil dieser Kurzgeschichte veröffentlicht wird. c;

LG Loony ♡

PS: Das ganze hier *deutet um sich* das ganze Buch hier wird mein neues Nebenbei-Projekt. Mehr Infos folgen aber noch. ;)




Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro